Das Berufungsurteil ist schon deshalb aufzuheben, weil es entgegen § 543 Abs. 2 iVm. § 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Satz 1 ZPO aF keinen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Tatbestand enthält und dieser auch weder nach § 543 Abs. 1 noch nach § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO aF entbehrlich war. Dieser von Amts wegen (st. Rspr. BAG 22. November 1984 – 6 AZR 103/82 – AP ZPO 1977 § 543 Nr. 5 = EzA ZPO § 543 Nr. 5; 16. August 1990 – 2 AZR 182/90 – RzK I 5h Nr. 18; 9. Juli 1998 – 2 AZR 762/97 –; zuletzt 15. August 2002 – 2 AZR 386/01 – AP ZPO 1977 § 543 Nr. 12 = EzA ZPO § 543 Nr. 12) zu berücksichtigende Mangel macht eine revisionsrechtliche Überprüfung unmöglich.
1. Gemäß § 313 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, der vorbehaltlich der Sonderregelung des § 543 ZPO aF bzw. des § 69 Abs. 2 ArbGG auch für das Berufungsgericht gilt, muß das Urteil einen den Anforderungen des § 313 Abs. 2 ZPO genügenden Tatbestand enthalten. Nur dann, wenn gegen das Berufungsurteil die Revision nicht stattfindet bzw. ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht eingelegt werden kann (§ 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO), kann von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen werden (§ 543 Abs. 1 ZPO aF). Ist hingegen die Revision statthaft, muß das Berufungsurteil einen Tatbestand enthalten, für den allerdings die Erleichterungen des § 543 Abs. 2 ZPO aF gelten. Ein Berufungsurteil ist im Revisionsverfahren aufzuheben, wenn es entgegen den gesetzlichen Bestimmungen keinen Tatbestand enthält. Dies gilt auch, wenn die Revision erst auf Grund einer Nichtzulassungsbeschwerde durch das Revisionsgericht zugelassen worden ist (BAG 15. März 2001 – 2 AZR 147/00 – EzA BGB § 626 nF Nr. 185; 15. August 2002 – 2 AZR 386/01 – AP ZPO 1977 § 543 Nr. 12 = EzA ZPO § 543 Nr. 12; BGH 26. September 1991 – I ZR 149/89 – BGHZ 115, 210, 211 f.; 1. Juli 1997 – VI ZR 313/96 – NJW-RR 1997, 1486). Einem solchen Urteil kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, so daß dem Revisionsgericht eine abschließende Überprüfung verwehrt ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Zweck des Revisionsverfahrens, dem Revisionsgericht die Nachprüfung des Berufungsurteils und insbesondere dessen Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt zu ermöglichen, im Einzelfall deshalb erreicht werden kann, weil der Sach- und Streitstand sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen ausreichenden Umfang ergibt (BAG 30. Oktober 1987 – 7 AZR 92/87 – AP ZPO 1977 § 543 Nr. 7 = EzA ZPO § 543 Nr. 6; 21. April 1993 – 5 AZR 413/92 – EzA ZPO § 543 Nr. 8; BGH 26. September 1991 – I ZR 149/89 – BGHZ 115, 210, 211).
2. Das angefochtene Urteil enthält keinen Tatbestand. Das Landesarbeitsgericht hat ohne weitere Hinweise von einer Darstellung des – unstreitigen und streitigen – Sachverhalts abgesehen, weil es offenbar davon ausgegangen ist, sein Urteil unterliege nicht der Revision. Auch eine Bezugnahme auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist nicht erfolgt. Es liegt lediglich eine Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe nach § 543 Abs. 1 ZPO aF vor.
3. Die in den Entscheidungsgründen erwähnten und anklingenden Sachverhaltselemente begründen allein keine sichere tatsächliche Grundlage für eine abschließende rechtliche Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen. Ihnen läßt sich nicht mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, welche Aspekte das Landesarbeitsgericht als unstreitig oder erwiesen angesehen und welches streitige Vorbringen der Parteien es berücksichtigt und gewertet hat.
a) Das gilt etwa für die Frage, ob die Klägerin im ersten oder zweiten Telefongespräch um eine Urlaubsverlängerung mit dem Hinweis einer Hochzeitteilnahme gebeten hat. Das Landesarbeitsgericht hat den Inhalt der Telefongespräche, auf die es seiner Ansicht nach ankam, nicht hinreichend festgestellt. Schon das unstreitige und streitige Vorbringen der Parteien zu diesen Umständen ist nicht dargestellt worden.
b) Aus den Entscheidungsgründen wird weiter nicht deutlich, welche Beschwerden sich bei der Klägerin wann einstellten. Sie lassen auch keine endgültigen Feststellungen zu, ob die Klägerin ab dem 15. August 2000 und wenn ja, auf Grund welcher Erkrankungen sie arbeitsunfähig war. Es fehlt jeglicher Hinweis, ob das auf den Namen “Semin, Maria” ausgestellte ärztliche Attest überhaupt für die Klägerin erteilt und ob der örtliche Sozialversicherungsträger eingeschaltet wurde.
c) Schließlich enthalten die Entscheidungsgründe auch keine Feststellungen darüber, ob und welche wesentlichen “Beweisumstände” (S. 6 der Entscheidungsgründe) das Landesarbeitsgericht berücksichtigt hat. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der behaupteten Erkrankung der Klägerin, deren Ursache und Therapie, der Kosten ihrer möglichen Behandlung und des Umstandes, daß sie trotz einer länger angeordneten Bettruhe eine mehrtägige Autoreise angetreten hat.
Die Sache war daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF). Dabei sieht sich der Senat auf Grund der rechtlichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts trotz des fehlenden ausreichenden Tatbestandes zu den nachfolgenden Hinweisen veranlaßt.
1. Bei der erneuten Verhandlung des Rechtsstreits wird das Landesarbeitsgericht sich zunächst näher damit auseinandersetzen müssen, ob nicht schon eine die Kündigung rechtfertigende schwere Pflichtverletzung darin liegen kann, daß die Klägerin – selbst wenn ihre Version zuträfe – bei ihrer Bitte um eine Urlaubsverlängerung auf die mitgeteilte Ablehnung durch den Prokuristen der Beklagten hin eine – mögliche – Erkrankung (in München) nachdrücklich ins Spiel gebracht hat.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, daß der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung zusätzlichen bezahlten oder unbezahlten Urlaubs nicht entsprechen sollte, sei ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB abzugeben. Der Arbeitnehmer droht damit nämlich an, die erstrebte Verlängerung der Arbeitsfreistellung notfalls auch ohne Rücksicht darauf erreichen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Deshalb kann beim Arbeitgeber der berechtigte Verdacht aufkommen, der Arbeitnehmer sei bereit, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des Arbeitgebers zu verschaffen. Der Arbeitnehmer verletzt damit seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, sie verbietet es, den Arbeitgeber auf diese Art und Weise unter Druck zu setzen (BAG 5. November 1992 – 2 AZR 147/92 – AP BGB § 626 Krankheit Nr. 4 = EzA BGB § 626 nF Nr. 143).
Dabei braucht, wie offenbar das Landesarbeitsgericht annimmt, die Drohung mit der Erkrankung bei Verweigerung des begehrten Urlaubs nicht unmittelbar zu erfolgen. Es kann ausreichend sein, wenn der Erklärende eine solche Äußerung in den Zusammenhang mit seinem Urlaubswunsch stellt und ein verständiger Dritter dies nur als einen deutlichen Hinweis werten kann, bei einer Nichtgewährung des Urlaubs werde eine Krankschreibung erfolgen.
b) Hinzu kommt, daß auch die bisherige Beweiswürdigung des Berufungsgerichts – soweit sie angesichts des unzureichenden Tatbestandes überhaupt nachprüfbar ist – zu diesem Kündigungsaspekt nicht frei von Mängeln ist, wie die Revision zu Recht rügt.
aa) Es steht zwar grundsätzlich im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es die im ersten Rechtszug gehörten Zeugen nochmals nach § 398 ZPO vernimmt oder sich mit der Verwertung der protokollierten erstinstanzlichen und gemäß § 526 ZPO nF vorgetragenen Aussagen begnügt. Das Ermessen des Rechtsmittelgerichts ist jedoch gebunden. Das Berufungsgericht ist zur erneuten Vernehmung verpflichtet, wenn es die Glaubwürdigkeit der erstinstanzlich gehörten Zeugen anders als die Richter erster Instanz beurteilt und dies die Tatsachenfeststellung beeinflußt. Die Glaubwürdigkeit eines Zeugen kann nur der Richter beurteilen, der den Zeugen vor sich sieht. Nur von einem persönlich anwesenden Zeugen kann sich der Richter einen Eindruck verschaffen und dem Zeugen Fragen über solche Umstände vorlegen, die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen (BAG 6. Dezember 2001 – 2 AZR 396/00 – BAGE 100, 52; 20. Dezember 1990 – 2 AZR 379/90 –; 26. September 1989 – 3 AZR 375/89 – AP ZPO § 398 Nr. 3 = EzA ZPO § 398 Nr. 2).
Nach diesen Grundsätzen hätte aber das Landesarbeitsgericht nur nach einer erneuten Beweisaufnahme – wie auf Seite 8 der Entscheidungsgründe geschehen – den Schluß ziehen dürfen, es bestünden Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen S.… Solche Zweifel hatte das Arbeitsgericht nicht geäußert.
bb) Bedenken bestehen auch insoweit, als das Landesarbeitsgericht ohne weitere Aufklärungsversuche “nicht zu ergründen” vermocht hat, “wer von den Zeugen mehr oder weniger am Ausgang des Rechtsstreits interessiert sei”. Es kann nicht ausreichen, wenn das Landesarbeitsgericht nur auf die 30-jährige Berufspraxis der erfahrenen Vorsitzenden der Kammer des Arbeitsgerichts verweist, zumal die Beweiswürdigung der gesamten Kammer des Arbeitsgerichts und nicht allein deren Vorsitzender obliegt.
2. Falls das Landesarbeitsgericht eine “angedrohte Erkrankung” als einen möglichen Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB bzw. § 1 Abs. 2 KSchG im Ergebnis ablehnen sollte, wird es sich dann eingehender mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine Kündigung nicht auf Grund eines unentschuldigten Fehlens und einer vorgetäuschten Erkrankung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB rechtswirksam bzw. aus verhaltensbedingtem Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, es könne ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB zur fristlosen Kündigung vorliegen, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines Attestes der Arbeit fernbleibt, obwohl er in Wahrheit nicht arbeitsunfähig ist und es sich nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Der Arbeitnehmer, der zugleich Lohnfortzahlung begehrt, wird dann regelmäßig sogar einen (versuchten) Betrug begehen, da er durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Arbeitgeber unter Vortäuschung falscher Tatsachen dazu veranlassen will, ihm unberechtigterweise die Vergütung fortzuzahlen (BAG 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 – BAGE 74, 127).
b) Bei der Prüfung dieses Kündigungsgesichtspunktes wird das Berufungsgericht auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Bedacht nehmen und prüfen müssen, ob die Klägerin überhaupt entschuldigt gefehlt hat.
aa) Der kündigende Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände des wichtigen Grundes iSv. § 626 BGB bzw. des verhaltensbedingten Grundes nach § 1 Abs. 2 KSchG. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (BAG 6. August 1987 – 2 AZR 226/87 – AP BGB § 626 Nr. 97 = EzA BGB § 626 nF Nr. 109). Nach der Senatsrechtsprechung obliegt dem Arbeitgeber daher nicht nur der Nachweis für das Fehlen des Arbeitnehmers. Er muß auch darlegen, daß der Arbeitnehmer unentschuldigt gefehlt hat und die vom Arbeitnehmer behauptete Krankheit nicht vorliegt (BAG 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 – BAGE 74, 127). Allerdings hat hierzu der Arbeitnehmer seinerseits nach § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert vorzutragen; er muß darlegen, warum sein Fehlen als entschuldigt anzusehen ist. Nur die hierzu vom Arbeitnehmer behaupteten Tatsachen hat der Arbeitgeber zu widerlegen. Beruft sich der Arbeitnehmer für sein Fehlen auf eine Krankheit, so hat er, solange ein ärztliches Attest nicht vorliegt, vorzutragen, welche tatsächlichen physischen oder psychischen Hintergründe vorgelegen haben und wo er sich zum fraglichen Zeitpunkt aufgehalten hat. Dies hat dann der Arbeitgeber zu widerlegen.
bb) Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dieses regelmäßig den Beweis für die Tatsache einer Arbeitsunfähigkeit.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG hat der Arbeitnehmer eine Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtlicher Dauer vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage dauert. Der Arbeitgeber ist jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 ihres Arbeitsvertrages war die Klägerin verpflichtet, bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.
Beginnt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Ausland, so sind für den Nachweis besondere Regelungen zu beachten. Nach § 5 Abs. 2 Satz 3, 4 EFZG hat der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer bzw. Fortdauer der deutschen Krankenkasse anzuzeigen. Abweichend hiervon bestimmt Art. 24 iVm. Art. 18 der Verordnung Nr. 574/72/EWG vom 21. März 1972 (ABl. Nr. L 74/1), daß der Arbeitnehmer vom Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhält und er sich an den ausländischen Sozialversicherungsträger zu wenden hat.
Ein solches Attest hat einen hohen Beweiswert, es ist der gesetzlich vorgesehene und wichtigste Beweis für die Tatsache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die attestierte Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muß er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um die Beweiskraft des Attestes zu erschüttern.
Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern bzw. zu entkräften, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attestes bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, seinen Vortrag zB mit Hinweisen zu den Fragen, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente gegeben wurden, weiter zu substantiieren. Erst wenn der Arbeitnehmer insoweit seiner Substantiierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muß der Arbeitgeber auf Grund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen. Mit der Patientenkartei und der Vernehmung des behandelnden Arztes kommen dabei regelmäßig Beweismittel in Betracht, die eine weitere Sachaufklärung versprechen. In derartigen Fällen ist auch stets zu prüfen, ob die Umstände, die den Beweiswert des ärztlichen Attests erschüttern, nicht sogar so gravierend sind, daß sie ein starkes Indiz für die Behauptung des Arbeitgebers darstellen, die Krankheit des Arbeitnehmers sei nur vorgetäuscht; dann müßte der Arbeitnehmer dieses Indiz entkräften (BAG 26. August 1993 – 2 AZR 154/93 – BAGE 74, 127).
cc) Der dargestellte hohe Beweiswert kommt nur einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu. Liegt sie nicht vor, stellt sich die Rechtslage so dar, als habe der Arbeitnehmer kein ärztliches Attest eingereicht.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines ausländischen Arztes ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann ordnungsgemäß ausgestellt, wenn sie erkennen läßt, daß er zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit einer Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat (BAG 19. Februar 1997 – 5 AZR 83/96 – BAGE 85, 167; 1. Oktober 1997 – 5 AZR 499/96 – AP EntgeltFG § 5 Nr. 4 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 4).
c) Vorliegend bestehen schon erhebliche Zweifel, ob es sich bei der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung um eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handelt. Der Nachname der untersuchten Person ist mit “Semin” angegeben. Der Name entspricht nicht dem der Klägerin. Die Klägerin hat – soweit aus den unvollständigen Feststellungen ersichtlich – bisher hierzu keine Erklärung abgegeben. Das wird ggf. nachzuholen sein.
Das Landesarbeitsgericht wird dann ggf. weiter prüfen müssen, ob der behandelnde Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer Arbeitsunfähigkeit unterschieden hat. Aus dem Attest, sollte es für die Klägerin ausgestellt sein, geht dies nicht hinreichend hervor; es wurde insoweit nur eine siebentägige Bettruhe attestiert (vgl. BAG 1. Oktober 1997 – 5 AZR 499/96 – AP EntgeltFG § 5 Nr. 4 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 4).
Das Landesarbeitsgericht wird weiter aufklären müssen, ob eine europarechtlich beachtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt und ob diese – unverzüglich – an den griechischen Sozialversicherungsträger übermittelt wurde.
Sollte schon keine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen, wofür zur Zeit alles spricht, wird es nach § 138 Abs. 2 ZPO Sache der Klägerin sein, im einzelnen substantiiert vorzutragen, weshalb ihr Fehlen entschuldigt sein soll. Sie hat die möglichen tatsächlichen physischen oder psychischen Hinderungsgründe im einzelnen vorzutragen. Erst wenn ein entsprechender Vortrag der Klägerin vorliegt, müßte die Beklagte ihn widerlegen.
d) Sollten die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergeben, daß eine beachtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines griechischen Arztes vorliegt, könnte gleichwohl ein wichtiger bzw. ein verhaltensbedingter Grund zur Kündigung zu bejahen sein, wenn sich die Klägerin mißbräuchlich bzw. betrügerisch verhalten hat.
aa) Nach Art. 18 der Verordnung Nr. 574/72/EWG vom 31. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71/EWG zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ist der Arbeitgeber in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an die vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts getroffenen ärztlichen Feststellungen über den Eintritt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gebunden, sofern er die betroffene Person nicht durch einen Arzt seiner Wahl untersuchen läßt (EuGH 3. Juni 1992 – Rs. C-45/90 – EuGHE 1992 I, 3458). Mit den Zielen des Art. 18 der Verordnung Nr. 574/72/EWG ist es nicht vereinbar, daß der Arbeitnehmer zusätzlichen Beweis für die durch ärztliche Bescheinigung belegte Arbeitsunfähigkeit erbringen muß, wenn der Arbeitgeber Umstände darlegt und beweist, die zu ernsthaften Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeit Anlaß geben. Dem Arbeitgeber ist es jedoch nicht verwehrt, Nachweise zu erbringen, anhand derer das nationale Gericht ggf. feststellen kann, daß der Arbeitnehmer mißbräuchlich oder betrügerisch eine gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 574/72/EWG festgestellte Arbeitsunfähigkeit gemeldet hat, ohne krank gewesen zu sein (EuGH 2. Mai 1996 – Rs. C-206/94 – EuGHE I 1996, 2357; BAG 19. Februar 1997 – 5 AZR 747/93 – BAGE 85, 140).
bb) Hiervon ausgehend wird das Landesarbeitsgericht deshalb ggf. prüfen müssen, ob die zahlreichen von der Beklagten genannten Indiztatsachen nicht den Schluß auf ein rechtsmißbräuchliches Verhalten der Klägerin zulassen. Isoliert betrachtet läßt zwar jedes der Indizien noch nicht den Schluß auf eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit zu. Das Landesarbeitsgericht wird jedoch zu prüfen haben, ob sich nicht aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Indizien eine zugunsten der Beklagten sprechende Überzeugung gewinnen läßt. Dabei wird es der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen, zu den umfangreichen Indiztatsachen, die gegen eine vorhandene Arbeitsunfähigkeit und für ein rechtsmißbräuchliches Verhalten der Klägerin sprechen, substantiiert vorzutragen.
Bei der abschließenden Bewertung der weiteren Indizien wird das Landesarbeitsgericht auch zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin in den mit dem Prokuristen der Beklagten geführten Telefonaten am 14. August 2000 auf eine mögliche Erkrankung hingewiesen hat. Selbst wenn sie damit noch keine Erkrankung für die Zukunft angedroht haben sollte, so kann der späteren Krankmeldung gleichwohl eine Indizwirkung für eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit beigelegt werden. Gegen die behauptete Arbeitsunfähigkeit der Klägerin könnte auch die aus der Diagnose “Menorrhagie” abgeleitete Anordnung einer siebentägigen Bettruhe sprechen. Auch diesem Aspekte wird das Landesarbeitsgericht – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen – nachzugehen haben.
Schließlich hat die Klägerin – soweit ersichtlich – nicht dargelegt, welches Krankenhaus sie am 17. August 2000 aufgesucht haben will. Sie hat die Arbeitsunfähigkeit wohl auch weder ihrer Krankenkasse (§ 5 Abs. 2 Satz 3 EFZG) noch einem ausländischen Sozialversicherungsträger (§ 5 Abs. 2 Satz 5 EFZG) angezeigt. Deshalb wird sie erläutern müssen, warum sie dies unterlassen und auch nicht die Erstattung der verauslagten Beträge beantragt hat. Erläuterungsbedürftig ist auch, wann und unter welchen Umständen die Klägerin von ihrem behandelnden Arzt ggf. zu einem Aufsuchen des Krankenhauses aufgefordert worden ist. Sie wird ferner darlegen müssen, ob und welche Medikamente ihr verordnet worden sind, wo sie diese erworben hat und ob ggf. es noch Quittungen gibt.
Auch bedarf es noch einer weiteren Erläuterung der Klägerin, wie sich die am 15. August 2000 erfolgte Anordnung einer siebentägigen Bettruhe mit dem Umstand verträgt, daß sie sich am 18. August 2000 in der Lage sah, eine mehrtägige Heimreise nach Deutschland mit dem Auto anzutreten. Es ist Sache der Klägerin darzulegen, auf Grund welcher Umstände sie ggf. so rasch genesen ist und transportfähig war.