Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Eigenbeteiligung der Versicherten: Anspruchsgrundlage für die Heranziehung. Tarifauslegung
Leitsatz (amtlich)
§ 35 BMT-AW II räumt dem Arbeitgeber ein Wahlrecht ein, wie er den Anspruch des Arbeitnehmers auf Zusatzversorgung erfüllt. Eine Eigenbeteiligung des Arbeitnehmers an den Beiträgen sieht der Tarifvertrag nur vor, wenn der Arbeitgeber die Gruppenversicherung bei dem Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen (VBLU) oder die Versicherung bei einer anderen Versorgungseinrichtung wählt, nicht aber für den Fall, dass sich der Arbeitgeber für die Versicherung bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse entscheidet.
Orientierungssatz
Nach § 35 Abs. 1 BMT-AW II haben die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt einen Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung. § 35 Abs. 4 – 6 BMT-AW II räumt dem Arbeitgeber ein Wahlrecht ein. Er kann den Anspruch erfüllen durch Versicherung
– bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse (ZVK),
– beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen – VBLU oder
– bei einer anderen Versorgungseinrichtung.
- Für den Fall der Versicherung bei der VBLU oder einer anderen Versorgungseinrichtung schreibt § 35 Abs. 5, 6 BMT-AW II vor, dass die Beitragsanteile vom Arbeitgeber mit zwei Drittel – höchstens 4,6 vH – und vom Arbeitnehmer mit ein Drittel – höchstens 2,3 vH – erbracht werden. Dagegen sieht der Tarifvertrag keine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer vor, wenn sich der Arbeitgeber für die Versicherung bei einer öffentlich-rechtlichen ZVK entscheidet.
- “Andere Versorgungseinrichtungen” iSd. § 35 Abs. 6 BMT-AW II sind solche, die weder zum VBLU gehören noch eine öffentlich-rechtliche Zusatzversorgungskasse darstellen. Das ergibt sich aus Wortlaut und Systematik des BMT-AW II.
- Wählt der Arbeitgeber die Versicherung bei einer öffentlich-rechtlichen ZVK, müssen die “Beitragsbedingungen” und Leistungen denen für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst entsprechen (§ 35 Abs. 4 BMT-AW II).
- Sieht ein Konsolidierungs- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag des öffentlichen Dienstes einerseits einen Eigenbeitrag der Arbeitnehmer zur Pflichtversicherung bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse, andererseits den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und den Verzicht auf weitere Privatisierungen vor, so ist dies keine Beitragsbedingung iSd. § 35 Abs. 4 BMT-AW II.
Normenkette
BMT-AW II für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt § 35; Konsolidierungs-TV für die Beschäftigten der Landeshauptstadt Hannover § 2
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, sich an den Beiträgen zur Zusatzversorgungskasse der Landeshauptstadt Hannover (ZVK) zu beteiligen.
Die Klägerin ist seit dem 1. August 1977 bei dem Beklagten als Kinderpflegerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Darin heißt es auszugsweise:
“§ 35 Zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung
(1) Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung, sofern nachfolgende Voraussetzungen erfüllt werden:
…
– (er) im Sinne des § 8 SGB IV – ohne Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV – nicht geringfügig beschäftigt oder als Studierender nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V versicherungsfrei ist oder der nebenberuflich tätig ist;
– die vereinbarte Probezeit (§ 3) absolviert hat;
…
– die evtl. vorgesehene eigene Beteiligung selber trägt;
…
Die vorgenannten Voraussetzungen werden bei einer Versicherung in einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse gem. Abs. 4 durch die dort zu beachtenden Satzungsbestimmungen ersetzt.
…
(3) Die Leistungen in bereits bestehende vom Arbeitgeber eingerichtete zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung werden bei der Ermittlung des Zuschusses des Arbeitgebers gem. der Abs. 4, 5 oder 6 angerechnet.
(4) Der Anspruch des Arbeitnehmers ist in vollem Umfang erfüllt, wenn der Arbeitgeber für ihn eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei einer öffentlichrechtlichen Zusatzversorgungskasse abgeschlossen hat, deren Beitragsbedingungen und Leistungen für den Arbeitnehmer den Leistungen für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst entsprechen.
(5) Der Anspruch des Arbeitnehmers ist ferner in vollem Umfang erfüllt, sofern der Arbeitgeber für seinen Geschäftsbereich einen Gruppenversicherungsvertrag beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. – VBLU – abgeschlossen hat. Die Beitragsanteile dazu werden vom Arbeitgeber mit zwei Drittel – höchstens 4,6 v.H. – und vom Arbeitnehmer mit ein Drittel – höchstens 2,3 v.H. – auf der Grundlage der jeweils gezahlten monatlichen Vergütung (§ 23) bzw. des Lohnes (§ 28) einschließlich der Zulage gem. Tarifvertrag über die Gewährung von Zulagen (Bemessungsgrundlage) erbracht.
…
(6) Der Anspruch des Arbeitnehmers ist ferner in vollem Umfang erfüllt, wenn Verträge mit anderen Versorgungseinrichtungen bestehen. Die Bereitschaft dazu muss vom Arbeitgeber ausdrücklich bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder später schriftlich erklärt werden. Ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine solche Erklärung besteht nicht.
Im Falle des Unterabs. 1 werden die Beitragsanteile dazu vom Arbeitgeber mit zwei Drittel – höchstens 4,6 v.H. – und vom Arbeitnehmer mit einem Drittel – höchstens 2,3 v.H. auf der Grundlage der jeweils gezahlten monatlichen Vergütung (§ 23) bzw. des Lohnes (§ 28) einschließlich der Zulage gem. Tarifvertrag über die Gewährung von Zulagen (Bemessungsgrundlage) erbracht.
…
(8) Günstigere Regelungen bleiben unberührt.”
Der Beklagte ist Mitglied bei der ZVK, die eine rechtlich nicht selbständige Anstalt der Landeshauptstadt Hannover als anstaltstragendem Mitglied ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 ZVK-Satzung). Sie hat die Aufgabe, den Beschäftigten ihrer Mitglieder im Wege einer privatrechtlichen Rentenversicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewährleisten. Für jeden Beschäftigten erhebt die ZVK von den Mitgliedern eine Umlage in Höhe von 5,07 % des versorgungspflichtigen Entgelts. Diese Umlage trug der Beklagte bisher allein. Als Mitglied der ZVK ist er nach § 61 ZVK-Satzung Schuldner der Umlagen, Sanierungsgelder und Zusatzbeiträge.
Am 6. August 2002 beschloss der Rat der Landeshauptstadt Hannover als anstaltstragendem Mitglied eine Satzungsänderung, durch die in § 63 die Möglichkeit für die ZVK geschaffen wurde, zur Deckung eines Finanzierungsbedarfs, der über den von der Umlage (§ 62 ZVK-Satzung) abgedeckten Teil hinausgeht, ein Sanierungsgeld in Form einer Zusatzumlage auf die zusatzversorgungspflichtigen Entgelte zu erheben. Am gleichen Tag beschloss der Verwaltungsrat der ZVK, das Sanierungsgeld ab dem 1. Januar 2003 zu erheben, und legte die Zusatzumlage auf 2,33 % des versorgungspflichtigen Entgelts fest.
Ob die Satzungsänderungen zur Erhebung des Sanierungsgeldes gegenüber den Mitgliedern der ZVK wirksam sind, soll in einem zur Zeit beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit zwischen einem anderen AWO-Verband und der Landeshauptstadt Hannover geklärt werden (– IV ZR 219/04 –).
Unter dem 18. Dezember 2003 informierte der Beklagte die Klägerin wie die übrigen Beschäftigten, dass sie ab 1. Januar 2004 an der ZVK-Umlage nach § 62 ZVKSatzung in Höhe von 5,07 % mit eigenen Beiträgen beteiligt werden sollen. Diese betragen ab 1. Januar 2004 0,85 % und ab 1. Januar 2005 weitere 0,84 %, insgesamt also 1,69 % oder ein Drittel des derzeitigen Umlagesatzes. Der Beklagte hat in den Monaten Januar bis März 2004 insgesamt 86,46 Euro als Eigenbeteiligung der Klägerin von ihrem Gehalt einbehalten.
Am 6. Dezember 2004 wurde zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Niedersachsen sowie der Landeshauptstadt Hannover einerseits und der Gewerkschaft ver.di Landesbezirk Niedersachsen-Bremen andererseits ein Tarifvertrag geschlossen, in dessen Präambel der Zwang der Landeshauptstadt Hannover zur Haushaltskonsolidierung anerkannt wird (Konsolidierungs-TV). Zweck des Tarifvertrages ist es, zur Beschäftigungssicherung Kündigungen und Privatisierungen zu vermeiden, was auch durch einen Beitrag aller Beschäftigten der Landeshauptstadt Hannover bewirkt werden soll. Nach § 2 Konsolidierungs-TV haben sich die Beschäftigten der Landeshauptstadt Hannover ab dem 1. Januar 2005 an der ZVK-Umlage mit einem Eigenbeitrag in Höhe von 2 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu beteiligen. Andererseits sieht das Tarifwerk den Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen (§ 5 Konsolidierungs-TV), den Verzicht auf Privatisierung (§ 6 Konsolidierungs-TV), die Übernahme von 30 bisher befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (§ 8 Konsolidierungs-TV) und die befristete Übernahme von Auszubildenden (§ 9 Konsolidierungs-TV) vor. Für diesen Tarifvertrag ist eine Laufzeit bis 31. Dezember 2007 vorgesehen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Beteiligung an der ZVK-Umlage sei von § 35 BMT-AW II nicht gedeckt. Ihre Altersversorgung werde nach § 35 Abs. 4 BMT-AW II durchgeführt. Hierauf seien die in § 35 Abs. 5 und Abs. 6 BMT-AW II vorgesehenen Beteiligungsmöglichkeiten nicht anzuwenden.
Sie hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, eine Eigenbeteiligung an der Zusatzversorgungskasse der Landeshauptstadt Hannover in Höhe von 0,85 % der ZVK-pflichtigen Vergütung ab dem 1. Januar 2004 und in Höhe von 1,69 % der ZVK-pflichtigen Vergütung ab dem 1. Januar 2005 zu zahlen;
2. den beklagten Verein zu verurteilen, an sie 86,46 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 8. April 2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die finanzielle Beteiligung der Arbeitnehmer an der ZVK-Umlage sei durch § 35 Abs. 6 BMT-AW II gedeckt, da die ZVK eine “andere Versorgungseinrichtung” im Sinne dieser Tarifvorschrift sei. Die Tarifvertragsparteien hätten für die Heranziehung der Arbeitnehmer nicht nach öffentlichen oder privaten Zusatzversorgungen differenzieren wollen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Sprungrevision im verkündeten Tenor seines Urteils zugelassen. Mit dieser verfolgt der Beklagte das Ziel einer Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Sprungrevision ist unbegründet. Die Beteiligung der Klägerin mit eigenen Beiträgen an der ZVK-Umlage durch den Beklagten verstößt gegen § 35 Abs. 4 BMT-AW II.
A. Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (§ 76 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Im Übrigen ist diese zu Recht erfolgt. Der auszulegende BMT-AW II ist ein Bundestarifvertrag, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstreckt (§ 76 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 ArbGG).
B. Die Revision ist jedoch unbegründet, weil die Beteiligung der Klägerin an der ZVK-Umlage mit Eigenbeiträgen tarifwidrig ist. Dies ergibt die Auslegung des BMTAW II.
I. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung ist die ZVK eine rechtlich nicht selbständige Anstalt der Landeshauptstadt Hannover als anstaltstragendem Mitglied. Damit ist sie eine “öffentlich-rechtliche Zusatzversorgungskasse” iSv. § 35 Abs. 4 BMT-AW II. Dass die zusätzliche Altersversorgung im Wege einer privatrechtlichen Rentenversicherung erfolgt und die Rechtsverhältnisse der ZVK Hannover zu ihren übrigen Mitgliedern als auch zu deren Beschäftigten privatrechtlicher Natur sind, ändert an dem öffentlich-rechtlichen Charakter der ZVK Hannover als rechtlich unselbständige Anstalt in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover nichts. Es gilt insofern nichts anderes als bei anderen Versorgungsanstalten, die ihre Mitgliedschaft ebenfalls privatrechtlich und nicht im Wege einer öffentlich-rechtlichen Mitgliedschaft regeln. Der Beklagte ist Mitglied der ZVK und hat bei dieser für die Klägerin eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung abgeschlossen. Er hat daher für die Erfüllung des tariflichen Anspruchs der Klägerin auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach § 35 Abs. 1 BMT-AW II die Möglichkeit nach § 35 Abs. 4 BMT-AW II gewählt.
II. Zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass bei einer solchen unter § 35 Abs. 4 BMT-AW II fallenden Zusatzversorgung zumindest derzeit die Möglichkeit einer Beteiligung der Arbeitnehmer mit bis zu einem Drittel der ZVK-Umlage nicht besteht, und zwar weder in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 noch ab 1. Januar 2005. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.
1. Der Wortlaut des § 35 Abs. 4 BMT-AW II enthält keine Hinweise darauf, wie die Beiträge zu der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse zu erbringen sind, was für sich genommen eine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer weder ein- noch ausschließt. In § 35 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BMT-AW II sind drei Möglichkeiten vorgesehen, den tariflichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Zusatzversorgung nach § 35 Abs. 1 BMT-AW II zu erfüllen: zum Ersten durch Anmeldung des Arbeitnehmers bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgungskasse (§ 35 Abs. 4 BMT-AW II), zum Zweiten durch einen Gruppenversicherungsvertrag beim VBLU (§ 35 Abs. 5 BMT-AW II) und schließlich durch Vertragsschluss mit einer “anderen Versorgungseinrichtung” (§ 35 Abs. 6 BMT-AW II). Bei der von dem Beklagten gewählten Möglichkeit der Zusatzversorgung nach § 35 Abs. 4 BMT-AW II ist jedoch, anders als bei den anderen Erfüllungswegen des tariflichen Anspruchs, eine Eigenbeteiligung mit einem Drittel des Beitrags oder höchstens 2,3 % nicht vorgesehen.
2. Die Auffassung der Revision, mit “anderen Versorgungseinrichtungen” in § 35 Abs. 6 BMT-AW II seien alle Versorgungseinrichtungen gemeint, also auch öffentlichrechtliche Zusatzversorgungskassen iSv. § 35 Abs. 4 BMT-AW II, vermag nicht zu überzeugen. Dagegen spricht der systematische Aufbau der Tarifvorschrift und die daraus deutlich werdende Trennung zwischen den drei Erfüllungswegen für den tariflichen Zusatzversorgungsanspruch. “Andere Versorgungseinrichtungen” iSd. § 35 Abs. 6 BMT-AW II sind solche, die weder zum VBLU gehören noch eine öffentlichrechtliche Zusatzversorgungskasse darstellen. Dies bestätigt auch der übrige Inhalt des Tarifwerks. § 35 Abs. 3 BMT-AW II enthält eine Bestimmung zur Anrechnung von “Leistungen in bereits bestehende vom Arbeitgeber eingerichtete …versorgung” und zählt alle drei Erfüllungsmöglichkeiten des Arbeitgebers, bei denen die Anrechnung zu erfolgen hat, alternativ auf. Dies wäre, folgte man der Argumentation der Revision, überflüssig, da dann der Erfüllungsweg des § 35 Abs. 6 BMT-AW II auch denjenigen des § 35 Abs. 4 BMT-AW II umfasste. Auch im Übrigen sind die Erfüllungswege für den Tarifanspruch klar voneinander unterschieden. Bei der Anmeldung zu einer öffentlichrechtlich Zusatzversorgungskasse entfällt nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BMT-AW II die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen für eine Altersversorgung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BMT-AW II. Dagegen verlangt § 35 Abs. 6 Satz 4 bis Satz 6 BMT-AW II für die Versorgung bei einer “anderen Versorgungseinrichtung” die Erfüllung weiterer, in § 35 Abs. 4 BMT-AW II nicht vorgesehener Voraussetzungen. Auf Arbeitnehmer, die die Anwartschaft nicht erfüllen können, sind die Bestimmungen des Abs. 6, aber eben nicht die des Abs. 4 oder 5 sinngemäß anzuwenden (§ 35 Abs. 7 Satz 2 BMT-AW II). Damit ergibt sich für den Erfüllungsweg nach § 35 Abs. 4 BMT-AW II aus Wortlaut, Systematik und tariflichem Gesamtzusammenhang des BMT-AW II keine Verpflichtung der Beschäftigten, sich an der ZVK-Umlage zu beteiligen.
3. Auch die von der Revision angeführten Überlegungen zu Sinn und Zweck des Tarifwerkes führen zu keinem anderen Ergebnis. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Tarifwerk auch die Absicht der Tarifvertragsparteien zu entnehmen ist, zwischen “öffentlichen und privaten Zusatzversorgern” zu unterscheiden. Entscheidend ist, dass der BMT-AW II zwischen drei Erfüllungsmöglichkeiten die Wahl lässt und dabei den vom Beklagten gewählten Erfüllungsweg über eine öffentlich-rechtliche Zusatzversorgung anders ausgestaltet hat als die beiden anderen. Ebenso kann dahinstehen, ob der Beklagte als gemeinnütziger Verein die Möglichkeit hätte, etwaige Rücklagen zum Auffangen unerwarteter Mehrbelastungen zu bilden. Selbst wenn dem nicht so wäre, ergäbe sich daraus keine Möglichkeit, die Beschäftigten mit Eigenbeiträgen an der ZVK-Umlage zu beteiligen. Denn der BMT-AW II ist für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt geschaffen und damit gerade für gemeinnützige Vereine ausgestaltet worden. Tarifpartei ist der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt, der über seine Landesgliederungen gemeinnützige Vereine wie den Beklagten zusammenfasst. Der BMT-AW II hat also einen fachlichen Geltungsbereich, für den die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit typisch ist. Im Übrigen hat sich an der Umlage, die der Beklagte bis 31. Dezember 2003 allein getragen hat, ab dem 1. Januar 2004 nichts geändert, weswegen auch eine “unerwartete Mehrbelastung” insoweit nicht ersichtlich ist. Am Sanierungsgeld in Form der Zusatzumlage nach § 63 ZVK-Satzung soll die Klägerin gerade nicht mit Eigenbeiträgen beteiligt werden.
4. Auch der Hinweis der Revision, bei einer unter § 35 Abs. 4 BMT-AW II fallenden Versorgung müsse die Satzung der Zusatzversorgungskasse bei den “Beitragsbedingungen und Leistungen für den Arbeitnehmer den Leistungen für die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst entsprechen” (§ 35 Abs. 4 2. Halbs. BMT-AW II) bleibt erfolglos.
a) Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass die Zusatzbedingung für die Satzungsbestimmungen der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung nach § 35 Abs. 4 2. Halbs. BMT-AW II, der zufolge die Beitragsbedingungen denjenigen für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst entsprechen müssen, im ungünstigen Fall für die Beschäftigten eine Eigenbeteiligung ermöglichen könnte, wenn es im Bereich des öffentlichen Dienstes zu einer entsprechenden Entwicklung kommt. Möglich ist aber auch die Auslegung, dass § 35 Abs. 4 2. Halbs. BMT-AW II lediglich die Mitgliedsverbände der Arbeiterwohlfahrt und ihre Beschäftigten vor Satzungsgestaltungen der Zusatzversorgungskassen schützen will, die unzulässige Differenzierungen in der Satzung zwischen öffentlich-rechtlichen Mitgliedern und juristischen Personen des Privatrechts vorsehen. Solche Unterscheidungen trifft die Satzung der ZVK Hannover nicht, wie sich aus § 11 in Verb. mit §§ 61 ff. der ZVK-Satzung ergibt. Danach sind die Beiträge zur Pflichtversicherung für alle Mitglieder gleich. Es kann dahinstehen, welche Auslegung zutrifft, denn auch im ersteren Fall bleibt die Revision erfolglos.
b) “Entsprechend” bedeutet nach allgemeinem Sprachverständnis, dass die bei einer öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung angemeldeten Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt in den Beitragsbedingungen und Leistungen weder schlechter noch besser als die im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmer gestellt werden sollen. Danach kommt eine Eigenbeteiligung der Klägerin nicht in Betracht. Im Bereich der ZVK in Trägerschaft der Landeshauptstadt Hannover ist die Vergleichsgruppe der “Mitarbeiter im öffentlichen Dienst” in den bei der Stadt Hannover beschäftigten Arbeitnehmern zu sehen. Diese unterliegen in der Zeit ab dem 1. Januar 2005 – jedoch nicht schon ab 1. Januar 2003 oder 2004 – den Tarifbestimmungen des Konsolidierungs-TV. Dieser sieht zwar in § 2 einen Eigenbeitrag der Beschäftigten zur Pflichtversicherung bei der ZVK Hannover in Höhe von 2 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts vor. Gleichwohl kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf diese Eigenbeteiligung nach dem Konsolidierungs-TV berufen. Denn es handelt sich auch um einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung, der über den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen, Privatisierungsverzicht und Beschäftigungszusagen erhebliche Gegenleistungen der Landeshauptstadt Hannover als Arbeitgeberin vorsieht. Die Eigenbeteiligung an der ZVK-Umlage ist also integrierter Bestandteil dieses Tarifvertrages. Insoweit sind die Vergünstigungen des Konsolidierungs-TV ebenfalls als “Beitragsbedingungen” iSv. § 35 Abs. 4 BMT-AW II anzusehen. Von einer “Besserstellung” der Mitarbeiter des Beklagten könnte nur sprechen, wer § 2 des Konsolidierungs-TV isoliert betrachtet, was jedoch nach dessen Gesamtzusammenhang und Zielsetzung nicht zulässig ist. Zwar müssen sich die Beschäftigten des Beklagten anders als die der Landeshauptstadt Hannover nicht mit einem Eigenbeitrag an ihrer Altersversorgung beteiligen. Im Gegenzug kommen sie aber auch nicht in den Genuss der Vorteile des Konsolidierungs- Tarifwerkes, wie sie den Arbeitnehmern der Landeshauptstadt Hannover in Form von Beschäftigungszusagen, Privatisierungsverzicht und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen zukommen.
III. Schließlich verhelfen auch die Hinweise auf das sog. “Besserstellungsverbot” der Revision nicht zum Erfolg.
Zwar stehen Zuwendungen, also Leistungen an Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke, unter einem Besserstellungsverbot. Die Verwaltungsvorschrift zu § 44 BHO “Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung – ANBest-P” lautet in Ziff. 1.3:
“Dürfen aus der Zuwendung auch Personalausgaben oder sächliche Verwaltungsausgaben geleistet werden und werden die Gesamtausgaben des Zuwendungsempfängers überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand bestritten, darf der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten nicht besser stellen als vergleichbare Bundesbedienstete. Höhere Vergütungen als nach dem BAT oder MTB sowie sonstige über- und außertarifliche Leistungen dürfen nicht gewährt werden.”
Es kann dahinstehen, ob dieses zwischen dem öffentlichen Zuwendungsgeber und dem nicht öffentlichen Zuwendungsempfänger geltende Besserstellungsverbot überhaupt rechtliche Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zwischen Zuwendungsempfänger und seinen Beschäftigten hat. Denn abgesehen davon, dass von einer Besserstellung der Beschäftigten des Beklagten deshalb nicht gesprochen werden kann, weil sich die Beschäftigungsbedingungen der vergleichbaren Angestellten im öffentlichen Dienst verändert, nicht jedoch verschlechtert haben, kann über das Besserstellungsverbot nicht die unmittelbare und zwingende Wirkung der Normen von Tarifwerken außerhalb des öffentlichen Dienstes aufgehoben werden, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Entgegenstehendes kann auch den Verwaltungsvorschriften zum Besserstellungsverbot nicht entnommen werden. Sie nehmen selbst Bezug auf Tarifwerke des öffentlichen Dienstes. Das Verbot über- und außertariflicher Leistungen als eine der Voraussetzungen für die Zuwendung ist kein Gebot, unabhängig von der jeweiligen Tarifsituation und damit unter Umständen sogar tarifwidrig, die Beschäftigten ausschließlich nach den für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträgen zu vergüten.
Unterschriften
Reinecke, Zwanziger, Breinlinger, G. Hauschild, Rödder
Fundstellen
BAGE 2007, 143 |
BB 2006, 1692 |
DB 2006, 1063 |
EBE/BAG 2006, 2 |
NZA 2006, 618 |
ZTR 2006, 326 |
RiA 2006, 211 |
AUR 2006, 174 |