Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung - Pflichtenkollision
Leitsatz (redaktionell)
Eine Arbeitnehmerin kann sich gegenüber der bestehenden Arbeitspflicht auf eine Pflichtenkollision wegen der Personensorge für ihr Kind (§ 1627 BGB) und damit ein Leistungsverweigerungsrecht (§§ 273, 320 BGB) oder eine Unmöglichkeit bzw Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung nur berufen, wenn unabhängig von der in jedem Fall notwendigen Abwägung der zu berücksichtigenden schutzwürdigen Interessen beider Parteien (BAG Urteil vom 7.9.1983, 7 AZR 433/82 = BAGE 43, 263 = AP Nr 7 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung und BAG Urteil vom 31. Januar 1985 - 2 AZR 486/83 = AP Nr 6 zu § 8 a MuSchG 1968) überhaupt eine unverschuldete Zwangslage vorliegt.
Normenkette
BGB §§ 242, 273, 320, 616, 1626-1627, 275 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin arbeitet seit dem 1. März 1975 bei der Beklagten, die Fährschiffe auf der Ostsee betreibt, als Kassiererin auf einer Fähre, und zwar gegen eine Vergütung von 4.650,-- DM monatlich.
Im März 1988 wurde die Tochter der Klägerin, Michelle, geboren. Die Betreuung des Kindes übernahm zunächst der Ehemann der Klägerin, der während dieser Zeit seine Arbeit in dem Büro der gemeinsamen Wohnung verrichtete. Anfang des Jahres 1990 sah sich der Ehemann der Klägerin nach einem neuen Arbeitsplatz um, den er am 1. April 1990 bei einem Gebäudereinigungsunternehmen antrat. Er stellte am 7. April 1990 bei dem Bezirksamt Hamburg-Mitte - Amt für soziale Dienste - einen Antrag auf Unterbringung der Tochter in einem Tagesheim, wurde jedoch darauf verwiesen, die Vergabe eines freien Platzes sei nur aufgrund einer Warteliste möglich.
Auf Bitten der Klägerin gewährte ihr die Beklagte vom 30. April bis zum 21. Mai 1990 unbezahlte Freistellung wegen Kinderbetreuung. Vom 22. Mai bis zum 3. Juni hatte die Klägerin aufgrund des Einsatzplanes der Beklagten dienstfrei. Im Anschluß daran war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt bis zum 23. Juni 1990. Auf die telefonische Aufforderung vom 29. Juni, sich am 2. Juli 1990 wieder zum Borddienst einzufinden, teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie sehe sich zur Erbringung der Arbeitsleistung außerstande, da die Betreuung ihres Kindes nicht sichergestellt sei. Die Bitte der Klägerin, ihr unbezahlten Urlaub bis zur Unterbringung ihrer Tochter Michelle zu gewähren, lehnte die Beklagte in einem Gespräch Anfang Juli 1990 ab. Mit Schreiben vom 9. Juli 1990 forderte die Beklagte die Klägerin auf, sich bis spätestens am 13. Juli an Bord der Fähre " " zum Arbeitsantritt einzufinden, widrigenfalls sie mit einer Kündigung zu rechnen habe. Am 12. Juli erwiderte die Klägerin, ihr sei eine Arbeitsaufnahme zu dem gewünschten Zeitpunkt nicht möglich, da sie immer noch keine Aufsichtsperson für ihr Kind gefunden habe.
Nachdem auch die mit einer Kündigungsandrohung verbundene Einsatzorder vom 16. Juli zum 18. Juli 1990 erfolglos geblieben war, kündigte die Beklagte am 25. Juli 1990 erstmals das bestehende Arbeitsverhältnis mit der Klägerin, und zwar fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30. September 1990. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage; nach Durchführung der Güteverhandlung kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 11. September 1990 die Rücknahme der Kündigung an. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, sich am 14. September 1990 um 1.00 Uhr zum Dienstantritt auf dem MS " " einzufinden, da sie anderenfalls mit einer Kündigung zu rechnen habe. Am 14. September 1990 erklärte die Klägerin ihre schriftliche Einwilligung in die Rücknahme der Kündigung. Zugleich beantragte sie unbezahlten Urlaub bis zum 30. April 1991 mit der Begründung, wegen der Einstellung einer Ersatzkraft stehe ihrer unbezahlten Freistellung doch nichts im Wege. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. September 1990 ab. Noch am selben Tage leitete sie beim Betriebsrat das Anhörungsverfahren zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin ein. Nach Widerspruch des Betriebsrates kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Dezember 1990.
Mit ihrer Kündigungsschutzklage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, die dem Betriebsrat lediglich pauschal vorgetragenen Umstände ließen nicht erkennen, auf welchen Kündigungsgrund sich die Beklagte stütze. Ferner habe sich die Beklagte widersprüchlich verhalten. Nach Rücknahme der Kündigung vom 25. Juli 1990 könne der alte Kündigungsgrund für eine neu auszusprechende Kündigung nicht ohne weiteres herangezogen werden. Einen neuen Kündigungsgrund habe sie der Beklagten nicht geliefert. Als sie am 14. September 1990 der Einsatzorder nicht gefolgt sei, sei die Kündigung vom 25. Juli noch in Streit gewesen. Sie habe am 12. September 1990 Kenntnis von der Ankündigung der Rücknahme erhalten. Ihre Zustimmung zur Kündigungsrücknahme habe sie aber erst mit Schreiben vom 14. September 1990 erklärt. Danach habe ihr die Beklagte keine Einsatzorder mehr zukommen lassen.
Die ausgesprochene Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sie sei von einer unverschuldeten Pflichtenkollision betroffen gewesen. Seit Anfang 1990 habe sie alles getan, um ihre Tochter für die Dauer der abzuleistenden Borddienste betreuen zu lassen. In den entsprechenden Einrichtungen sei sie jedoch auf die förmlichen Aufnahmeverfahren und die vorhandenen Wartelisten verwiesen worden. Auch ihre Reaktionen auf einschlägige Inserate in Stadtteilblättern und Tageszeitungen seien erfolglos geblieben. Die Tagesmütter Frau A , eine Arbeitskollegin und Frau I , die Schwester einer weiteren Arbeitskollegin, die ihre Tochter ab dem 1. April zunächst abwechselnd betreut hätten, seien nacheinander ausgefallen. Frau I sei auf die Philippinen zurückgekehrt. Frau A sei arbeitsunfähig erkrankt. Die Bemühungen, einem philippinischen Kindermädchen, welches im Haushalt ihrer Schwester auf den Philippinen beschäftigt sei, die Einreise nach Deutschland zum Zwecke der Betreuung der Tochter Michelle zu ermöglichen, seien an der erforderlichen Visumserteilung gescheitert.
Für eine personenbedingte Kündigung fehle es an der erforderlichen unzumutbaren betrieblichen Beeinträchtigung. Die Beklagte verfüge über eine Art Pool von etwa 60 "festen" Aushilfen, die ständig - auch von einem Tag zum anderen - abrufbereit zur Verfügung stünden. Die Beklagte habe im übrigen Frau H M befristet bis zum 30. April 1991 als Aushilfe für sie, die Klägerin, eingestellt. Letzteres sei im Heuerschein der Frau M ausdrücklich als Befristungsgrund angegeben.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Heuerverhältnis der
Parteien durch die fristgemäße Kündigung vom
2. Oktober 1990 nicht zum 31. Dezember 1990
aufgelöst worden ist, sondern unverändert
fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klä-
gerin, über diesen Zeitpunkt hinaus zu un-
veränderten Arbeitsbedingungen als Kassiererin
weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Kündigung sei wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung sozial gerechtfertigt. Die Behauptungen der Klägerin hinsichtlich ihrer Bemühungen, eine Kinderbetreuung für ihre Tochter zu finden, bestreite sie mit Nichtwissen. Insbesondere müsse die Klägerin Auskunft geben, warum eine Kontaktaufnahme mit Anzeigeinserenten erfolglos geblieben sei und ob sie selbst Anzeigen in entsprechenden Zeitungen aufgegeben habe. In keinem Fall stehe der Klägerin ein Recht auf "Selbstbeurlaubung" zu. Unzutreffend sei es im übrigen, daß sie, die Beklagte, über einen Pool von 60 festen Aushilfen verfüge. Der Pool bestehe nur aus 40 Aushilfen, wobei jedoch häufig größere Probleme bestünden, die von Bord kurzfristig angeforderten Kräfte zu besorgen. Die als Ersatz für die Klägerin eingestellte Aushilfe habe inzwischen einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat sich als unstreitig herausgestellt, daß die Tochter der Klägerin seit März 1991 in einem Kindergarten untergebracht ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision der Klägerin, um deren Zurückverweisung die Beklagte bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, die der Klägerin ausgesprochene ordentliche Kündigung sei nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Da die Beklagte die Kündigung vom 25. Juli 1990 mit dem Einverständnis der Klägerin wirksam zurückgenommen habe, habe zum Zeitpunkt der erneuten Kündigung Anfang Oktober 1990 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden, ohne daß die erneute Kündigung etwa wegen widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten nichtig sei. Die Klägerin habe nicht auf den Fortbestand des Heuerverhältnisses vertrauen können, wenn sie erneut wegen der Betreuung ihres Kindes der Arbeit fernblieb. Die Beklagte habe in dem Schreiben vom 11. September 1990 erkennbar zum Ausdruck gebracht, eine weitere Pflichtverletzung der Klägerin nicht zu dulden. Eine solche Pflichtverletzung habe die Klägerin begangen, indem sie trotz der Einsatzorder am 14. September 1990 der Arbeit erneut ferngeblieben sei.
Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, da dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben nicht nur der Kündigungsgrund und die vorangegangenen Abmahnungen sondern insbesondere auch die Motivation der Klägerin, der Arbeit fernzubleiben, mitgeteilt worden seien.
Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die Klägerin rechtswidrig und schuldhaft gegen die ihr obliegenden Vertragspflichten verstoßen habe, als sie zum Zwecke der Betreuung ihres Kindes unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben sei. Die Klägerin sei nämlich nicht gemäß § 275 Abs. 2 BGB von ihrer Leistungsverpflichtung freigeworden, weil kein Fall der unverschuldeten Pflichtenkollision vorgelegen habe. Die elterliche Sorge, die die Konfliktsituation hervorgerufen habe, berechtige und verpflichte gemäß § 1626 Abs. 1 BGB sowohl die Klägerin als auch deren Ehemann. Die Klägerin habe jedoch nichts dafür vorgetragen, daß es ihrem Ehemann aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich gewesen sei, mit der Aufnahme der neuen Arbeit solange zu warten, bis eine Lösung des Konfliktes absehbar gewesen sei. Darüberhinaus habe sie nicht dargelegt, selbst Zeitungsanzeigen aufgegeben zu haben, obwohl ihr dies möglich und zumutbar gewesen sei. Sie habe auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Kontaktaufnahme mit Anzeigeninserenten in Tageszeitungen und Stadtteilblättern erfolglos geblieben sei.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf unbezahlte Freistellung gehabt. Auf die Fürsorgepflicht der Beklagten könne sich die Klägerin nicht berufen. Zwar sei auch der Wunsch, das eigene Kind, für das keine Aufsichtsperson vorhanden sei, zu betreuen, ein persönlicher Grund, der eine Beurlaubung rechtfertigen könne. Die Beklagte habe die Klägerin jedoch wunschgemäß bereits vom 30. April bis zum 21. Mai 1990 unbezahlt von der Arbeit freigestellt. Ihr sei es nicht zumutbar gewesen, für eine weitere, zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs unabsehbare Zeit auf die Arbeitsleistung der Klägerin zu verzichten. Auch habe sich die Klägerin nicht selbst beurlauben dürfen. Bei unberechtigter Verweigerung des Urlaubs durch den Arbeitgeber müsse der Arbeitnehmer klagen oder eine einstweilige Verfügung beantragen. Ferner lägen auch die Voraussetzungen für die Gewährung von Erziehungsurlaub nach dem BErzGG nicht vor. Schließlich sei die eingetretene Situation von der Klägerin mitverschuldet, da sie nicht alles ihr Mögliche getan habe, um die absehbare Konfliktlage abzuwenden. Auch die in der Kündigung vom 25. Juli 1990 zu sehende Abmahnung sei erfolglos geblieben.
Die erforderliche Interessenabwägung falle zugunsten der Beklagten aus, zumal im Zeitpunkt des Kündigungszugangs nicht absehbar gewesen sei, ob und wann die Klägerin eine Aufsichtsperson für ihr Kind finden würde. Es sei der Beklagten nicht zumutbar gewesen, die Lösung der aus der Sphäre der Klägerin stammenden und zeitlich nicht absehbaren Problemsituation noch weiter abzuwarten und ihrerseits weitere Überbrückungsmaßnahmen zu treffen. Demgegenüber könne die lange störungsfreie Dauer des Heuerverhältnisses nicht ins Gewicht fallen. Das Vertrauensverhältnis der Parteien sei im Hinblick auf die Arbeitszuverlässigkeit der Klägerin erheblich gestört. Die Klägerin habe angesichts der Fortdauer der Vertragsverletzungen erkennen lassen, daß sie ihr Problem zu Lasten eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufes habe lösen wollen, obwohl ihr die Beklagte durch Gewährung unbezahlter Freistellung bereits entgegengekommen sei, was zu deren Gunsten zu werten sei. Aus Art. 6 Abs. 4 GG ergebe sich nichts anderes, weil die Klägerin nicht alles getan habe, um die Konfliktsituation zu vermeiden. Außerdem sei davon auszugehen, daß die Klägerin aufgrund ihres Alters und ihrer bisherigen Tätigkeit durch die Kündigung nicht von einer längeren Arbeitslosigkeit bedroht sei. Auf betriebliche oder finanzielle Auswirkungen infolge des eigenmächtigen Fernbleibens komme es nicht an, da es sich nicht um eine personenbedingte Kündigung handele. Das unentschuldigte Fehlen zum Zwecke der Kinderbetreuung stelle keine persönliche Eigenschaft der Klägerin dar. Auch wenn die Beklagte daher nach der ersten Kündigung für die Klägerin eine Ersatzkraft befristet eingestellt habe, habe sie das Verhalten der Klägerin nicht hinnehmen müssen.
Die Kündigung sei mangels entgegenstehenden Tatsachenvortrags fristgemäß erfolgt. Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der sechswöchigen Kündigungsfrist für Schiffsleute gemäß § 63 Abs. 1 Satz 4 SeemG, § 68 Abs. 2 Satz 2 MTV-See 1986, bestünden nicht. Die für Schiffsoffiziere und sonstige Angestellte geltende längere Frist finde im Bereich der Seeschiffahrt ihren sachlichen Grund darin, daß sich die Angestellten bei generalisierender Betrachtung gegenüber den Schiffsleuten durch ihre Qualifikation und damit herausgehobene Tätigkeit an Bord auszeichneten, die ihnen bei der Bewerbung um eine vergleichbar qualifizierte Stellung besondere Schwierigkeiten bereite. Insoweit folge das Gericht den Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Seite 13 und 14 des erstinstanzlichen Urteils.
Der Weiterbeschäftigungsantrag sei unbegründet, da die Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 1990 das Arbeitsverhältnis mit dem 31. Dezember 1990 beendet habe.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch weitgehend in der Begründung, wobei sich Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der eingehaltenen Kündigungsfrist erübrigen, da sich die Klägerin auf einen Verstoß gegen Art. 3 GG weder in den Tatsacheninstanzen berufen, noch hierzu irgendetwas vorgetragen und diese Frage auch in der Revisionsinstanz nicht problematisiert hat.
1. Nach den nicht mit einer Revisionsrüge angegriffenen und daher für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 561 ZPO) ist die ursprüngliche Kündigung vom 25. Juli 1990 von den Parteien als gegenstandslos angesehen und das bisherige Arbeitsverhältnis rückwirkend zu denselben Bedingungen wie vorher fortgesetzt worden. In diesem Zusammenhang hat das Landesarbeitsgericht zutreffend auch einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB, sog. venire contra factum proprium) verneint, weil die Beklagte mit der Rücknahme der ersten Kündigung gegenüber der Klägerin für die Zukunft keinen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Auch diese Ausführungen werden mit der Revision nicht angegriffen und sind auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt hinsichtlich der Ausführungen des Berufungsgerichts zur Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG. Auch insoweit erhebt die Revision keine Rügen.
2. Entgegen der Auffassung der Revision sind dem Berufungsgericht bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung vom 2. Oktober 1990 (§ 1 Abs. 2 KSchG) keine Fehler unterlaufen.
a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Sozialwidrigkeit einer Kündigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit (§ 1 Abs. 2 KSchG) handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. z.B. Senatsurteil vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89 - AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu II 1 b aa der Gründe; Senatsurteil vom 17. Januar 1991 - 2 AZR 375/90 - AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, zu II 1 der Gründe, jeweils m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts keinen rechtlichen Bedenken, die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt.
Für eine verhaltensbedingte Kündigung genügen solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und des Betriebes die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Dabei ist nicht von dem Standpunkt des jeweiligen Arbeitgebers auszugehen. Vielmehr gilt ein objektiver Maßstab. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts- (vertrags)widrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist; die Leistungsstörung muß dem Arbeitnehmer vorwerfbar sein (BAGE 58, 37, 47 = AP Nr. 99 zu § 626 BGB, zu II 4 der Gründe; Senatsurteil vom 17. Januar 1991 - 2 AZR 375/91 - AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung, zu II 3 a bb der Gründe). Insofern genügt ein Umstand, der einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen kann (vgl. BAG Urteil vom 7. Dezember 1988 - 7 AZR 122/88 - EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 26, zu II 2 a der Gründe).
Als Grund für die ausgesprochene ordentliche Kündigung kommt hier in Betracht, daß die Klägerin am 14. September 1990 die Einsatzorder der Beklagten nicht befolgte, obwohl sie bereits mehrfach wegen eines vergleichbaren Verhaltens abgemahnt worden ist. Dabei ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dieses Verhalten sei an sich geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, weil die Klägerin damit rechtswidrig und schuldhaft ihre vertragliche Arbeitspflicht verletzt hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine subjektive Unmöglichkeit (Unvermögen) i. S. des § 275 Abs. 2 BGB vorliegt (vgl. dazu Senatsurteil vom 22. Dezember 1982 - 2 AZR 282/82 - BAGE 41, 229, 244 f. = AP Nr. 23 zu § 123 BGB, zu B II 2 f der Gründe; siehe auch Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I, Allgemeiner Teil, 6. Aufl., § 22 II 1; Medicus, Bürgerliches Recht, 14. Aufl., Rz 156 f.) oder ob die Klägerin sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Pflichtenkollision (vgl. dazu BAGE 59, 32, 41 = AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung, zu B III 1 b und c der Gründe; siehe auch Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 228 Rz 1 und § 276 Rz 8) berufen könnte, denn die Klägerin hat eine etwaige Unmöglichkeit bzw. die angeblich vorliegende Pflichtenkollision selbst verschuldet.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat bereits das Vorliegen einer Zwangslage bezweifelt, die der Klägerin keine andere Wahl gelassen habe, als von der Arbeit fernzubleiben; selbst bei unterstellter Zwangslage sei diese jedenfalls nicht unverschuldet gewesen. Infolgedessen ist es zu einer Abwägung der bei einer Pflichtenkollision zu berücksichtigenden schutzwürdigen Interessen konsequenterweise nicht mehr gekommen.
Ob es - wie das Landesarbeitsgericht meint - bereits an der für die Pflichtenkollision typischen Zwangslage fehlt, braucht nicht vertieft zu werden. Jedenfalls trägt die Zweitbegründung, es fehle an der Unvermeidbarkeit der Zwangslage, das angefochtene Urteil. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, die Klägerin habe nicht alles ihrerseits Mögliche getan, um den Konfliktfall abzuwenden, und geht insoweit von ihrem Mitverschulden aus. Es gelangt zu dieser Würdigung, indem es die von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Darlegungen der Klägerin, aus denen sich nach ihrer Ansicht ihr fehlendes Verschulden ergeben soll, als wahr unterstellt, diese aber für nicht ausreichend erachtet.
bb) Diese Wertung ist nicht zu beanstanden. Darlegungspflichtig war insoweit tatsächlich die Klägerin. Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen unverschuldeter Pflichtenkollision schließt nach dem Senatsurteil vom 22. Dezember 1982 (- 2 AZR 282/82 - BAGE 41, 229, 243 f. = AP, aaO, unter B II 2 e der Gründe) die Rechtswidrigkeit der Arbeitspflichtverletzung aus, während die nicht zu vertretende Unmöglichkeit (Unvermögen) zu einer Schuldbefreiung führt. Zwar ist der Arbeitgeber bei einer verhaltensbedingten Kündigung im Kündigungsschutzprozeß dafür darlegungs- und beweisbelastet, daß eine rechtswidrige und (regelmäßig auch) schuldhafte Arbeitspflichtverletzung vorliegt. Er darf sich aber nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zunächst darauf beschränken, den objektiven Tatbestand einer Arbeitspflichtverletzung darzulegen. Er muß nicht jeden erdenklichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund vorbeugend ausschließen. Gegenüber dem Vortrag der Beklagten durfte sich die Klägerin also nicht auf ein Bestreiten der Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit der Arbeitspflichtverletzung berufen. Sie hätte vielmehr die Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgründe konkret darlegen müssen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urteil vom 6. August 1987 - 2 AZR 226/87 - AP Nr. 97 zu § 626 BGB, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 6. September 1989 - 2 AZR 118/89 - AP Nr. 22 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B II 3 d cc der Gründe; Urteil vom 31. Mai 1990 - 2 AZR 535/89 - unveröffentlicht, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 19. Dezember 1991 - 2 AZR 367/91 - unveröffentlicht, zu B I 2 a und b der Gründe).
cc) Das hat die Klägerin zwar versucht; sie ist aber ihrer Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Unter Zugrundelegung ihres Vortrages ergibt sich nur, daß sich ihr für die gemeinsame Tochter gleichermaßen sorgeberechtigter Ehemann (§ 1626 BGB) seit Anfang 1990 nach einer neuen Arbeit umgesehen und diese ab 1. April 1990 dann auch tatsächlich angetreten hat. Damit war aber bereits Anfang 1990 - spätestens aber Mitte März - die Entwicklung erkennbar, daß der Ehemann seiner Arbeit nicht mehr wie bisher zu Hause nachgehen konnte und die Kinderbetreuung neu geregelt werden mußte. Denn der gleichzeitige Wunsch beider Elternteile, außerhalb der ehelichen Wohnung ihrer Arbeit nachzugehen, ohne daß die Kinderbetreuung gesichert wurde, war erkennbar nicht ohne Verstoß gegen die elterliche Sorgepflicht realisierbar. Davon gingen offenbar auch die Klägerin und ihr Ehemann aus, da sie sich nach einer Betreuung für die Tochter umsahen. Von einer dauerhaft gesicherten Kinderbetreuung zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme des Ehemannes ist allerdings selbst die Klägerin nach ihrem Vortrag nicht ausgegangen. Mit Frau I und Frau A wechselten sich seit Anfang April zwei Personen mit der Betreuung des Kindes ab. Die bereits Ende des Monats erfolgende Rückkehr der Frau I auf die Philippinen dürfte der Klägerin schon früher bekannt gewesen sein. Wegen der unzureichenden Regelung suchten beide Elternteile schon während der Betreuung durch Frau A und Frau I eine Kindertagesstätte, wie ihr Antrag vom 7. April 1990 belegt. Aber selbst wenn insoweit von einem überraschenden Ausfall beider Betreuungskräfte Ende April 1990 gesprochen werden könnte, war es der Klägerin in der Folgezeit - bis zum 4. Juni 1990 war sie übrigens noch unbezahlt von der Arbeit freigestellt - zumindest möglich, selbst nach einer Betreuungskraft in Tageszeitungen etc. zu annoncieren. Wenn beide Elternteile trotz des sich erkennbar anbahnenden Konflikts der Sorge- mit der Arbeitspflicht nicht rechtzeitig Vorsorge trafen, der Ehemann noch dazu seit 1. April 1990 ein neues Arbeitsverhältnis außerhalb der ehelichen Wohnung aufnahm, so ist auf § 1627 BGB zu verweisen, der die Eltern verpflichtet, die Sorge um das Kind im gegenseitigem Einvernehmen auszuüben und bei Meinungsverschiedenheiten eine Einigung zu versuchen. Die Klägerin hätte also zumindest darlegen müssen, auf ihren Ehemann vergeblich mit dem Ziel eingewirkt zu haben, eine neue Stelle erst nach einer gesicherten Unterbringung der Tochter anzutreten. Auch fehlt es an Darlegungen, weshalb der Ehemann die bisherige Stelle aufgegeben hat - etwa um eines besseren Verdienstes willen - oder ob er die alte Stelle infolge Kündigung bzw. Wegfall des Arbeitsplatzes verloren hatte und auf die neue Stelle (aus welchen Gründen auch immer) sofort angewiesen war. In der Berufungsschrift heißt es insoweit lediglich: "Der Ehemann der Klägerin muß sich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen." Bereits das Arbeitsgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, die Verpflichtung zur Personensorge treffe den Ehemann in gleichem Maße wie die Klägerin und könne im übrigen auch durch Dritte wahrgenommen werden. Die Klägerin hat sich gleichwohl darauf beschränkt, auf erfolglose Bemühungen um eine Kindesbetreuung nur im Hinblick auf Dritte - und dies noch unvollständig - zu verweisen. Letztlich trifft die Betreuungspflicht die sorgeberechtigten Eltern, wenn sich trotz aller Bemühungen kein Dritter findet. Selbst wenn sich der Ehemann der Klägerin geweigert haben sollte, wegen der erforderlichen Kindesbetreuung seine neue Arbeitsstelle nicht anzutreten bzw. wieder aufzugeben und sich Dritte trotz aller Anstrengungen nicht gefunden hätten, hätte es immer noch Darlegungen der Klägerin bedurft, warum es auch ihr unmöglich gewesen sein soll, auf die rechtzeitig erkennbare Konfliktsituation anders als durch Wegbleiben von der Arbeit zu reagieren.
Die Klägerin hat die nach alledem anzunehmende Arbeitspflichtverletzung auch rechtswidrig und schuldhaft begangen; sie ist nicht unverschuldet von ihrer Arbeitsverpflichtung frei geworden. Vorwerfbar ist ihr, daß sie es zu der Arbeitsverweigerung am 14. September 1990 hat kommen lassen, die für sie - wovon mangels hinreichender Darlegungen auszugehen ist - erkennbar und vermeidbar war. Anzeichen für einen unverschuldeten Rechtsirrtum sind nicht ersichtlich.
dd) Die erfolglosen Leistungsaufforderungen vom 9. und 16. Juli und die später zurückgenommene Kündigung vom 25. Juli 1990, die das Landesarbeitsgericht zutreffend als Abmahnungen gewertet hat, schaffen in Verbindung mit der erfolglosen Leistungsaufforderung vom 11. September 1990 eine hinreichend sichere Grundlage für die bezogen auf den Ausspruch der Kündigung vorzunehmende negative Prognose, die Klägerin werde auch weiterhin ihr vertragswidriges Verhalten fortsetzen. Das Landesarbeitsgericht hat ausdrücklich festgestellt, es sei zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht absehbar gewesen, wann die Klägerin einen Unterbringungsplatz für die Tochter gefunden haben würde. An diese Feststellung ist der Senat mangels ausdrücklicher Rüge durch die Revision gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden.
ee) Bei der Interessenabwägung hat sich das Landesarbeitsgericht im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums gehalten. Die Revision rügt insoweit nur die vermeintliche Nichtberücksichtigung des Umstandes, daß bei der Beklagten angeblich keine konkreten betrieblichen oder wirtschaftlichen Nachteile eingetreten seien. Diese Rüge ist unzutreffend. Das Berufungsgericht hat diesem Umstand Bedeutung beigemessen, indem es ausgeführt hat, die Beklagte habe nach der ersten Kündigung für die Klägerin eine Ersatzkraft befristet eingestellt, sie habe aber das Verhalten der Klägerin nicht (auf Dauer) hinzunehmen brauchen, so daß die Kündigung bei Abwägung aller Umstände sozial gerechtfertigt sei. Durch ein vertragswidriges Verhalten aufgetretene Betriebsablaufstörungen sind zudem nicht Voraussetzung für einen verhaltensbedingten Grund, sondern im Rahmen der Interessenabwägung noch zusätzlich belastend für den Arbeitnehmer zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 29. Januar 1991 - 2 AZR 375/90 - AP, aaO und vom 16. August 1991 - 2 AZR 604/90 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Im übrigen belegt schon die zunächst als Ersatz für die Klägerin befristet erfolgte Einstellung der Frau M , die ihrerseits dann unbefristet übernommen wurde, daß es wegen des Ausfalls der Klägerin tatsächlich sogar betriebliche Schwierigkeiten gegeben hat. Wenn der mögliche Einsatz der Klägerin zur Zeit der Kündigung auf unbestimmte Dauer ungewiß war, so führte dies außerdem noch zu einer konkreten Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten, die - wie die mehrfachen vergeblichen Einsatzorders im Juli und September 1990 zeigten - nicht mehr mit einer zuverlässigen Verwendung der Klägerin rechnen konnte.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht schließlich zwar die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 4 GG (jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft) bei der Interessenabwägung berücksichtigt, im Ergebnis aber vertretbar nicht für durchgreifend befunden. Art. 6 Abs. 4 GG ist ein echtes, auch im privaten- und öffentlichen Recht zu beachtendes Grundrecht (vgl. dazu Maunz/Dürig, GG, Stand September 1980, Art. 6 Rz 41; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 7. Aufl., Art. 6 Rz 10). Jedoch kann im Hinblick auf den Schutzbereich dieser Verfassungsnorm schon fraglich sein, ob die Klägerin in einer Konfliktlage betroffen war, die speziell aus ihrer Eigenschaft als Mutter resultiert. Die Sorgepflicht obliegt in gleichem Maße auch dem Ehemann, der sich als Vater in dieser Situation unzweifelhaft nicht auf Art. 6 Abs. 4 GG berufen könnte. Zum Anspruch auf Fürsorge ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift die Gemeinschaft, u. a. also auch der Staat, nicht jedoch der einzelne private Arbeitgeber verpflichtet. Insofern ist es in der Tat beklagenswert, wenn die in Art. 6 Abs. 4 GG angesprochenen Stellen nicht in ausreichendem Maße für Kinderhortplätze sorgen. Der Schutz durch die Verfassung wird jedoch insofern durch einfachrechtliche Gesetze, z. B. das Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldgesetz usw. konkretisiert (Maunz/Dürig, aaO, Rz 11). Insbesondere schützt Art. 6 Abs. 4 GG berufstätige Frauen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (BVerfGE 32, 273, 277); das geltende Mutterschutzrecht trägt diesem Schutzauftrag Rechnung (BVerfGE 84, 133, 156). Ein zeitlich unbegrenzter Schutz läßt sich der Verfassung jedoch nicht entnehmen (BVerfG Urteil vom 10. März 1992 - 1 BvR 454/91 - ZiP 1992, 514, 515). Auch der Anspruch auf Erziehungsurlaub ist zeitlich begrenzt (§§ 15, 16 BErzGG), ebenso wie beamtenrechtliche Vorschriften (z. B. § 79 a BBG oder § 85 a LBG NW) keinen unbedingten Rechtsanspruch auf Beurlaubung zwecks Kinderbetreuung gewähren. Abgesehen davon unterliegt jedes Grundrecht (immanenten) Schranken.
Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht sachgerecht den Umstand berücksichtigt, daß die Beklagte der Klägerin bereits unmittelbar vor der erneuten - schuldhaften - Arbeitspflichtverletzung einen dreiwöchigen unbezahlten Urlaub gewährt hat und daß zum Zeitpunkt der Kündigung eine Unterbringung der Tochter noch immer nicht absehbar war. Daneben hat es Art. 6 Abs. 2 GG mit Recht keine weitergehende Bedeutung beigemessen, da diese Norm das Erziehungsrecht der Eltern lediglich vor staatlichen Eingriffen schützen will (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein, aaO, Art. 6 Rz 8).
3.Insgesamt ist es deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht auch angesichts der Betriebszugehörigkeit der Klägerin, des Alters von erst 36 Jahren und ihrer guten Berufschancen als Kassiererin in vielen Verkaufszweigen dem Interesse der Beklagten an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Vorrang vor dem Bestandsschutz für die Klägerin eingeräumt hat.
Hillebrecht Dr. Rost Bitter
Mauer Rupprecht
Fundstellen
BAGE 70, 262-275 (LT1) |
BAGE, 262 |
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