Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorgezogene Betriebsrente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers
Orientierungssatz
1. Für die Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) genügt es, dass das Bestehen oder Nichtbestehen des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Entscheidung der Hauptsache vorgreiflich ist und das Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen nicht abschließend regelt.
2. Die in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Befugnis der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sinnvoll zu ordnen, umfasst auch die Befugnis zur dynamischen Verweisung auf die Satzung der VBL.
3. Das vom Senat für die Überprüfung von Eingriffen in Versorgungsanwartschaften entwickelte dreistufige Prüfungsschema ist auf Tarifverträge nicht anwendbar.
4. Bei der Verschlechterung von Versorgungsregelungen sind die Tarifvertragsparteien ebenso wie der Gesetzgeber an das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden. Das bedeutet: Die Grundsätze des Vetrauenschutzes und der Verhältnismäßigkeit sind einzuhalten.
5. Die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien erfasst auch das an das Arbeitsverhältnis anschließende Versorgungsverhältnis.
6. Im Konzern kommt eine unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Sozialleistungen allenfalls dann in Betracht, wenn vom herrschenden Unternehmen ausgehend bestimmte Leistungen üblicherweise konzerneinheitlich erbracht werden und auf dem Fortbestand dieser Übung ein schützenswertes Interesse für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen entstanden ist.
7. Der Senat konnte dahinstehen lassen, ob § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG eine Bereichsausnahme für die betriebliche Altersversorgung enthält und gegebenenfalls wie weit sie reicht.
Normenkette
ZPO § 256; BetrAVG § 1b Abs. 1 S. 4, §§ 2, 17 Abs. 3; TVG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3; AGG § 2 Abs. 2 S. 2, § 10
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. März 2005 – 14/8 Sa 1592/04 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die dem Kläger zustehende Betriebsrente wegen vorgezogener Inanspruchnahme kürzen darf.
Der am 4. Juni 1940 geborene Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin vom 2. März 1965 bis 30. Juni 1995 zunächst als Flugbegleiter und zuletzt als Purser beschäftigt. Auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung sind auf das Arbeitsverhältnis die jeweils gültigen Tarifverträge für das Bordpersonal anzuwenden. Die betriebliche Altersversorgung war in dem zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e. V. (AVH) einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) andererseits geschlossenen Versorgungstarifvertrag Nr. 3 vom 19. Dezember 1979 (VersTV Nr. 3) geregelt. Nach § 1 VersTV Nr. 3 galt dieser Tarifvertrag für alle Angehörigen des Boden- und Bordpersonals der Deutschen Lufthansa Aktiengesellschaft (DLH), der Lufthansa Service GmbH (LSG) und der Beklagten, die in den Tarifverträgen mit CFG abgekürzt wurde, “gemäß den Bestimmungen der jeweils gültigen VBL-Satzung”. § 2 VersTV Nr. 3 schrieb vor:
“Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) so zu versichern (Pflichtversicherung), daß der Pflichtversicherte eine Anwartschaft auf eine dynamische Versorgungsrente für sich und seine Hinterbliebenen im Rahmen der Gesamtversorgung erwerben kann, soweit die Satzung der VBL es zuläßt. …”
Als die DLH und die Beklagte im Zuge der Privatisierung ihre Beteiligung an der VBL beendeten, wurde am 10. Mai 1994 ein Ergänzungstarifvertrag (ErgTV) zum VersTV Nr. 3 geschlossen. Er lautete auszugsweise wie folgt:
“1. DLH/LSG/CFG sind verpflichtet, nach Beendigung der VBL-Beteiligung alle am 31.12.1994 bei der VBL pflichtversicherten Mitarbeiter/-innen so zu stellen, als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der VBL nach deren jeweils geltender Satzung fortgeführt. …
2. Die Fortführung der Zusatzversorgung gemäß Ziffer 1 erfolgt in entsprechender Anwendung des geltenden DLH-/LSG-/CFG-Versorgungstarifvertrages mit der Maßgabe, daß DLH/LSG/CFG anstelle der VBL deren Verpflichtungen nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung übernehmen. …
5. Die Mitarbeiter/-innen der DLH/LSG/CFG, die am 31.12.1994 bei der VBL pflichtversichert sind und ihr Arbeitsverhältnis bei DLH/LSG/CFG nach diesem Zeitpunkt, aber vor dem Versorgungsfall beenden, haben, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 BetrAVG erfüllen – unbeschadet der Ansprüche nach §§ 44 und 44a der VBL-Satzung –, bei Eintritt des Versorgungsfalles einen Teilanspruch auf Versorgungsrente gemäß § 2 Abs. 1 BetrAVG. Dabei ist die feste Altersgrenze mit 65 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebend. ….
8. Zur Auslegung dieser Vereinbarung sind die jeweils gültige Satzung der VBL und die für den Lufthansa-Konzern geltenden AVH-Tarifverträge maßgebend. Etwaige Regelungslücken sind durch entsprechende Anwendung der Vorschriften der jeweils geltenden VBL-Satzung zu schließen.”
Über diese Regelungen informierte die Beklagte ihre Mitarbeiter mit Schreiben vom 10. Mai 1994 und die DLH mit Schreiben vom 11. Mai 1994, das folgenden Hinweis enthielt:
“Auf der Grundlage der Lösung der VBL-Frage mit der Bundesregierung haben Lufthansa und die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr (ÖTV) und die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG) am 10. Mai mit einem ‘Ergänzungstarifvertrag’ zum Versorgungstarifvertrag die Voraussetzung zur Sicherung der Altersversorgung der Lufthanseaten festgeschrieben: durch die Umstellung von der VBL auf die firmeneigene Versorgung verliert kein Mitarbeiter seine Ansprüche und keiner muß Abstriche bei seiner künftig betrieblichen Altersversorgung hinnehmen.”
Der Kläger schied wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze nach Vollendung des 55. Lebensjahres mit Ablauf des 30. Juni 1995 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Beklagte gewährte ihm die tarifvertragliche Übergangsversorgung. Der für die Flugbegleiter der DLH und der Beklagten abgeschlossene Tarifvertrag Übergangsversorgung Flugbegleiter vom 15. Dezember 1985 (TV-ÜV Flugbegleiter) schreibt unter anderem vor:
Ҥ 2 Firmenrente
(1) Der Flugbegleiter hat einen Anspruch auf Zahlung der Firmenrente, wenn er wegen Erreichens der tarifvertraglichen Altersgrenze mit dem 55. oder ggfs. einem späteren Lebensjahr aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis ausscheidet, ohne daß er bereits Anspruch auf Versorgungsleistungen der VBL/AV hat.
(2) Die Zahlung der Firmenrente beginnt in dem Monat nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis und endet im Zeitpunkt der frühestmöglichen Inanspruchnahme der Renten aus der Altersversorgung durch die VBL/AV, spätestens mit vollendetem 63. Lebensjahr. …
§ 3 Anrechnung
(1) Hat der Empfänger einer Firmenrente noch anderweitige Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis, so werden diese zur Hälfte auf die Höhe der Firmenrente insoweit angerechnet, als die Summe dieser Einkünfte, sowie der Firmenrente und der Versicherungsrente das Eineinhalbfache der letzten monatlich zahlbaren Bezüge des Rentenempfängers vor seinem Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis übersteigt. …”
Seit dem Jahr 1998 ist die Beklagte eine 100-prozentige Tochter der Thomas Cook AG, an der die DLH mit 50 % beteiligt ist.
Als zum 1. Januar 1999 durch die 31. Änderung der VBL-Satzung vom 11. Mai 1998 auch für die vorliegende Fallgestaltung Abschläge bei vorgezogener Inanspruchnahme der Altersrente eingeführt wurden, äußerte sich die Beklagte mit Schreiben vom 20. Januar 1999 zu dieser Rechtsänderung wie folgt:
“Haben Kollegen schon ab 1999 Verschlechterungen zu befürchten?
Im Moment nicht, obwohl das nach dem neuen VBL-Recht eigentlich der Fall wäre. Denn Lufthansa und C… haben sich deshalb in Absprache mit den Tarifpartnern bereit erklärt, denjenigen die Rentenabschläge in Höhe von 1,2 bzw. 2,4 % auszugleichen, die noch während der Laufzeit des TV ÜV in die Rente gehen. Das sind alle Mitarbeiter, die von Dezember 1935 bis Dezember 1936 geboren sind.
Damit ist allerdings noch keine Lösung für Jüngere getroffen. Die muß im Rahmen eines neuen Tarifvertrages gefunden werden, der dann für alle gilt.”
Die DLH teilte in ihrer Mitarbeiterinformation vom 7. März 2001 mit, dass die Tarifpartner in einem ersten Schritt vereinbart haben, “für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kabine, die bis 31.12.2002 das 55. Lebensjahr vollendet haben und in Übergangsversorgung gehen oder bereits gegangen sind, die derzeitigen Abschläge in der VBL-Versorgung, die wegen des vorgezogenen Rentenbezugs entstehen, lebenslang auszugleichen”. Dies beruhte auf folgender am 7. März 2001 zwischen der AVH einerseits und der ÖTV und der DAG andererseits geschlossenen Vereinbarung:
“Zwischen den Tarifpartnern besteht Einvernehmen, daß die laufenden Verhandlungen zur Übergangsversorgung Kabine mit ihren Bezügen zur Altersversorgung umgehend konstruktiven Ergebnissen zugeführt werden müssen. Um bereits während der fortdauernden Verhandlungen insbesondere den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits in Übergangsversorgung sind und ggf. unmittelbar vor der Rente stehen, eine verläßliche Antwort und damit die notwendige Sicherheit zu geben, vereinbaren die Tarifpartner folgendes Zwischenergebnis:
1. Kabinenbeschäftigte der DLH, die bis einschließlich 31.12.2002 das 55. Lebensjahr vollendet haben und in Übergangsversorgung mit Anspruch auf Firmenrente gehen oder bereits gegangen sind, erhalten – unabhängig von ihrem Ausscheidealter – in Abweichung von § 15 des Versorgungstarifvertrages Nr. 3 in Verbindung mit dem Ergänzungstarifvertrag vom 10.05.1994 einen lebenslangen Ausgleich der derzeitigen Abschläge wegen des vorzeitigen Bezugs ihrer VBL-gleichen Gesamtversorgung.
…”
Die weiteren Tarifverhandlungen führten zum Versorgungstarifvertrag vom 7. März 2003, der nur für die DLH und nicht für die Beklagte gilt.
Der Kläger bezieht seit dem 1. Juli 2003 nach Vollendung des 63. Lebensjahres vorgezogene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte zahlt ihm seither eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 30,07 Euro. Die Rentenberechnung nahm die DLH im Auftrag der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juni 2003 vor. Sie legte dabei die Regelungen der am 31. Dezember 2001 geltenden VBL-Satzung zugrunde. Nach der vom Kläger zurückgelegten gesamtversorgungsfähigen Zeit ermittelte die DLH einen Nettoversorgungssatz von 84,85 %. Diesen kürzte sie wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente um 6,11 % (= 7,2 % von 84,85 %) auf 78,74 %. Bei dem von ihr festgestellten fiktiven Nettoarbeitsentgelt von 2.187,47 Euro belief sich die Gesamtversorgungsobergrenze auf 1.722,41 Euro. Nach Abzug der Sozialversicherungsrente in Höhe von 1.418,54 Euro verblieb eine Versorgungsrente in Höhe von 303,87 Euro. Da sich die Mindestrente nach den zugrunde gelegten VBL-Regelungen auf 306,80 Euro belief, ging die DLH von diesem Betrag aus. Darauf rechnete sie die dem Kläger gewährte VBL-Rente in Höhe von 276,73 Euro an. Dies führte zu dem Auszahlungsbetrag von 30,07 Euro.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der für ihn maßgebliche Nettoversorgungssatz von 84,85 % dürfe nicht wegen vorgezogener Inanspruchnahme der Altersrente gekürzt werden. Einem derartigen Abschlag stünden sowohl tarifvertragliche und arbeitsvertragliche Zusagen als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen, der im vorliegenden Fall auf Konzernebene gelte. Ausgehend von einem fiktiven Nettoarbeitsentgelt von 2.187,47 Euro und einem Nettoversorgungssatz von 84,85 % ergebe sich nach Abzug der Sozialversicherungsrente und der VBL-Rente eine um monatlich 130,73 Euro höhere Versorgungsrente.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.830,00 Euro für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis 31. August 2004 zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 653,65 Euro seit dem 1. Dezember 2003 sowie aus 1.176,57 Euro seit dem 17. August 2004 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab dem 1. September 2004 eine Betriebsrente auf der Grundlage eines Nettoversorgungssatzes in Höhe von 84,85 % zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die vorgenommene Kürzung der dem Kläger zustehenden Betriebsrente wegen vorgezogener Inanspruchnahme für berechtigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt er seine Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Anspruch auf höhere Betriebsrente nicht zu. Die Beklagte hat zu Recht den Nettoversorgungssatz von 84,85 % auf 78,74 % gekürzt.
A. Nicht nur die Leistungsklage für den zurückliegenden Zeitraum, sondern auch die Feststellungsklage für die anschließende Zeit ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.
Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage ist ein Rechtsverhältnis iSd. § 256 ZPO. Sie soll nicht lediglich eine rechtliche Vorfrage, sondern den Inhalt und die Höhe des Betriebsrentenanspruchs klären.
Ein Interesse an alsbaldiger Feststellung besteht. Der Kläger musste keine Klage auf künftige Leistungen nach § 258 ZPO erheben. Bereits die Feststellungsklage führt zu einer sinnvollen, prozessökonomischen Bereinigung der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten.
Ohne die Begrenzung auf die Zeit ab 1. September 2004 würde es sich zweifelsfrei um eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) handeln. Für deren Zulässigkeit genügt es, dass das Bestehen oder Nichtbestehen des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Entscheidung der Hauptklage vorgreiflich ist und das Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehung nicht abschließend regelt. Die Zeitangabe “ab 1. September 2004” verdeutlicht lediglich, für welchen Zeitraum die zusätzliche Feststellungsklage Bedeutung gewinnt. Ob dieser Hinweis zu strengeren Anforderungen führt – Beurteilung nach § 256 Abs. 1 ZPO statt nach § 256 Abs. 2 ZPO – kann ebenso wie im Urteil des Senats vom 30. August 2005 (– 3 AZR 391/04 – Rn. 17, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 77) dahinstehen, weil den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügt ist.
B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beklagte einen Nettoversorgungssatz von 84,85 % zugrunde legt. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch weder auf die maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen noch auf arbeitsvertragliche Zusagen, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder eine betriebliche Übung stützen.
I. Auf Grund der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die Bestimmungen des jeweils geltenden Tarifvertrags für das Bordpersonal der Beklagten sind der VersTV Nr. 3 und der ErgTV iVm. der Satzung der VBL (VBLS) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung anzuwenden. § 41 Abs. 2b Satz 3 iVm. § 98 Abs. 4 VBLS in dieser Fassung sieht die vom Kläger angegriffene Kürzung des Nettogesamtversorgungssatzes für die vorliegende Fallgestaltung vor. Diese Regelung beruht auf der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen 31. Satzungsänderung vom 11. Mai 1998 (BAnz. Nr. 143 vom 5. August 1998 S. 11353). Die Tarifvertragsparteien haben diese Satzungsänderung durch die Verweisungsklausel wirksam übernommen. Die damit verbundene Einschränkung der Versorgungsrechte des Klägers ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die sowohl im VersTV Nr. 3 als auch im ErgTV enthaltene Verweisung auf die jeweils geltende Satzung der VBL und die damit verbundene Übernahme der Satzungsänderung ist zulässig.
a) Nach § 2 Satz 2 VersTV Nr. 3 muss die Gesamtversorgung nach der gesamtversorgungsfähigen Zeit und dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt bemessen werden. Dieser tariflichen Anforderung ist auch nach der Einführung der Abschläge bei vorgezogener Inanspruchnahme der Altersrente genügt. Die nähere Ausgestaltung der Gesamtversorgung ist nicht im VersTV Nr. 3 geregelt. Insoweit verweisen § 2 Satz 1, § 15 Satz 1 VersTV Nr. 3 auf die Satzung der VBL in ihrer jeweils gültigen Fassung.
Diese Regelungstechnik verstößt weder gegen das Schriftformerfordernis des § 1 Abs. 1 TVG (vgl. BAG 10. November 1982 – 4 AZR 1203/79 – BAGE 40, 327, 333) noch stellt sie eine unzulässige Übertragung der den Tarifvertragsparteien zugewiesenen Rechtssetzungsbefugnis auf Dritte dar (vgl. BAG 8. März 1995 – 10 AZR 27/95 – AP TVG § 1 Verweisungstarifvertrag Nr. 5 = EzA TVG § 1 Nr. 40, zu II 3a der Gründe). Die in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Befugnis der Tarifvertragsparteien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen sinnvoll zu ordnen, umfasste auch die Befugnis zur dynamischen Verweisung auf die VBLS. Der Geltungsbereich des VersTV Nr. 3 stand im engen sachlichen Zusammenhang mit dem Geltungsbereich der VBLS (vgl. zu diesem Erfordernis ua. BAG 8. März 1995 – 10 AZR 27/95 – aaO; 25. Juli 2006 – 3 AZR 134/05 – Rn. 20 zu Verweisungen auf andere Tarifverträge). Die VBL war Trägerin der Zusatzversorgung. Die Tarifvertragsparteien nahmen auf die VBL-Satzung Bezug, um sicher zu stellen, dass Versorgungs- und Versicherungsverhältnis übereinstimmen. Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes und die Gewerkschaften, die am Abschluss des für den öffentlichen Dienst geltenden VersTV beteiligt waren, sicherten sich einen ausreichenden Einfluss auf die Besetzung des für die Satzungsänderungen zuständigen Verwaltungsrats (vgl. §§ 11, 12 VBLS) und damit auch auf den Inhalt der Leistungsordnung. Dies führt dazu, dass die Verweisung auf die VBLS ebenso zu behandeln ist wie eine Verweisung auf andere Tarifverträge.
b) Der ErgTV zum VersTV Nr. 3 sorgt dafür, dass “nach Beendigung der VBL-Beteiligung alle am 31.12.1994 bei der VBL pflichtversicherten Mitarbeiter/-innen” so gestellt werden, “als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der VBL nach deren jeweils geltender Satzung fortgeführt” (Nr. 1 Satz 1 ErgTV). Die geschützten Pflichtversicherten sollen durch die Privatisierung und die dadurch ausgelöste Beendigung der VBL-Beteiligung keine Nachteile erleiden. Die Verpflichtungen aus der VBLS übernahm die Beklagte anstelle der VBL. Folgerichtig knüpft Nr. 2 Satz 1 ErgTV weiterhin an die jeweils geltende VBLS an. Der sachliche Zusammenhang mit der VBLS besteht nach Sinn und Zweck des ErgTV fort.
2. Die Einführung von Abschlägen für die dem Kläger zustehende vorgezogene Betriebsrente (Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 ErgTV iVm. § 98 Abs. 4 VBLS in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung) hält der gebotenen gerichtlichen Überprüfung stand.
a) Die Bestimmungen der VBLS, auf die der VersTV Nr. 3 und der ErgTV verwiesen haben, sind vom Geltungswillen der Tarifvertragsparteien umfasst. Mit einer dynamischen Verweisung bringen die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, dass sie auch die in Bezug genommenen künftigen Regelungen wegen des engen Sachzusammenhangs für den Geltungsbereich ihres Tarifvertrags für sachgerecht erachten (BAG 9. Juli 1980 – 4 AZR 564/78 – BAGE 34, 42, zu 2 der Gründe; 10. November 1982 – 4 AZR 1203/79 – BAGE 40, 327, zu 2 der Gründe). Demgemäß ist der für Tarifverträge geltende Prüfungsmaßstab anzuwenden.
Die als Teil der Koalitionsfreiheit durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie führt zu einer geringeren Kontrolldichte (vgl. ua. BAG 27. Juni 2006 – 3 AZR 255/05 – Rn. 40, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen mwN). Im Betriebsrentenrecht hat der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien sogar die Möglichkeit eingeräumt (§ 17 Abs. 3 BetrAVG), die Berechnung des erdienten Werts einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft abweichend von § 2 BetrAVG und die Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge oder die Begrenzung einer Gesamtversorgung auf Höchstbeträge abweichend vom Auszehrungsverbot des § 5 Abs. 1 BetrAVG zu regeln. Der Inhalt der Tarifverträge unterliegt keiner Billigkeitskontrolle. Die Gerichte haben die Tarifverträge nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen grundgesetzliche Wertungen oder anderes höherrangiges Recht verstoßen (vgl. ua. BAG 20. August 2002 – 3 AZR 14/01 – AP BetrAVG § 1 Überversorgung Nr. 9, zu B II 2b der Gründe).
b) Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.
aa) Eine Überprüfung anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt nicht. Dieses Recht gilt nicht für Tarifverträge, selbst wenn sie lediglich kraft einzelvertraglicher Verweisung anzuwenden sind (§ 310 Abs. 4 Satz 1 BGB). Die gesetzliche Ausnahmeregelung kommt jedenfalls dann zum Zuge, wenn die Tarifverträge – wie hier – in ihrer Gesamtheit in Bezug genommen werden (BT-Drucks. 14/6857 S. 54). Zum VersTV Nr. 3 und zum ErgTV gehören die Versorgungsregelungen der VBL-Satzung einschließlich deren Änderungen.
bb) Das vom Senat für die Überprüfung von Eingriffen in Versorgungsanwartschaften entwickelte dreistufige Prüfungsschema (ständige Rechtsprechung seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – BAGE 49, 57, 66 ff.) ist auf Tarifverträge nicht anwendbar, weil den Tarifvertragsparteien bei der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Regelungen auf Grund der Tarifautonomie ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zusteht (BAG 27. Juni 2006 – 3 AZR 255/05 – Rn. 40, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen mwN).
cc) Bei der Verschlechterung von Versorgungsregelungen sind die Tarifvertragsparteien ebenso wie der Gesetzgeber an das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gebunden (BAG 28. Juli 2005 – 3 AZR 14/05 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 44, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 1a der Gründe mwN). Die sich daraus ergebenden Grenzen sind eingehalten. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit sind gewahrt. Den Anforderungen an eine unechte Rückwirkung ist genügt.
(1) Da durch die 31. Änderung der VBL-Satzung die dem Kläger zustehende betriebliche Altersversorgung mit Wirkung für die Zukunft eingeschränkt wurde, handelt es sich um keine echte, sondern um eine unechte Rückwirkung (vgl. BVerfG 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318/86 –, – 1 BvR 1484/86 – BVerfGE 97, 271, zu C II 3 der Gründe; BAG 19. November 2002 – 3 AZR 167/02 – BAGE 104, 1, zu B I 3c dd der Gründe). Sie ist zulässig, weil das schutzwürdige Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der bisherigen Regelungen nicht gegenüber dem Veränderungsinteresse der Tarifvertragsparteien überwiegt.
(2) Die Versorgungsberechtigten konnten nicht darauf vertrauen, dass die bisherigen Versorgungsregelungen unabänderlich seien. Sie mussten mit Einschnitten auch nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und sogar nach Eintritt des Versorgungsfalles rechnen. Nr. 1 ErgTV hielt an der dynamischen Verweisung des VersTV Nr. 3 auf das Satzungsrecht der VBL fest. Diese Verweisung gilt entsprechend ihrem Zweck uneingeschränkt. Sie soll dafür sorgen, dass das fiktiv weitergeführte Versicherungsverhältnis und das arbeitsrechtliche Versorgungsverhältnis inhaltlich übereinstimmen. Nach § 14 Abs. 3 Buchst. c VBLS haben “Satzungsänderungen …, wenn sie selbst nichts anderes vorschreiben, … auch Wirksamkeit für bereits bewilligte laufende Leistungen”. Dieser Vorbehalt betrifft sowohl die Höhe der Versorgungsrente (§§ 40 – 44a VBLS) als auch die Übergangsregelung des § 98 VBLS. Der ErgTV und der VersTV Nr. 3 haben auch die auf diesem Vorbehalt beruhenden Änderungen übernommen.
(3) Der ErgTV und der VersTV Nr. 3 konnten ohne Überschreitung der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien (§ 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und nach Eintritt des Versorgungsfalles erfolgten Änderungen der VBL-Satzung übernehmen. Aus § 17 Abs. 3 BetrAVG ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien das sich an das Arbeitsverhältnis anschließende Versorgungsverhältnis regeln können. Diese Vorschrift erlaubt es den Tarifvertragsparteien, von betriebsrentenrechtlichen Gesetzesvorschriften abzuweichen. Für die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien behandelt der Gesetzgeber das betriebsrentenrechtliche Versorgungsverhältnis und das Vorruhestandsverhältnis wie ein Arbeitsverhältnis (vgl. BAG 10. Oktober 1989 – 3 AZR 200/88 – BAGE 63, 100, zu II 2c der Gründe; 5. Dezember 1995 – 3 AZR 226/95 – zu B I 3a der Gründe). Legitimationsprobleme stellen sich bei den Gewerkschaften anders als bei den Betriebsräten nicht. Dementsprechend kann die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien weiter reichen als die der Betriebspartner beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen.
(4) Nachdem im Sozialversicherungsrecht Abschläge für die Fälle der vorgezogenen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente eingeführt worden waren, lag es nahe, auch in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes die zusätzlichen Kosten zu reduzieren, die durch den früheren Beginn und die längere Dauer der Versorgungsleistungen entstehen. Die entsprechende Regelung ist durch die 25. Änderung der VBL-Satzung vom 15. November 1991 (BAnz. Nr. 47 vom 7. März 1992 S. 1697, berichtigt BAnz. Nr. 112 vom 20. Juni 1992 S. 4865) geschaffen worden. Sie erfasste zwar nicht die beim Kläger vorliegende Fallgestaltung. Er konnte aber nicht erwarten, dass der Anwendungsbereich der Kürzungsregelung unabänderlich sei oder wenigstens nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis von einem Abschlag bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente abgesehen werde. Die dynamischen Verweisungen sowohl des ErgTV als auch des VersTV Nr. 3 umfassten den Änderungsvorbehalt des § 14 Abs. 3 VBLS, der sich ausdrücklich auf die Übergangsregelungen erstreckte. Die Tarifvertragsparteien konnten in den für Änderungen der VBLS zuständigen Organen auf spätere Entwicklungen, neue Ziele und veränderte Gerechtigkeitsvorstellungen reagieren. Die auf der Tarifautonomie beruhende Einschätzungsprärogative und Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien ist von den Gerichten zu respektieren.
(5) Die Neuregelung ist nicht unverhältnismäßig.
Ein Abschlag von 0,3 % des Nettoversorgungssatzes für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente ist nicht höher als im Sozialversicherungsrecht. Er gleicht die durch den früheren Beginn und die längere Dauer der Versorgungsleistungen entstehenden Kosten nicht voll aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 28. Mai 2002 – 3 AZR 358/01 – BAGE 101, 163, zu II 1b bb der Gründe mwN) ist ein Abschlag bis zu 0,5 % pro Monat nicht unangemessen.
(6) Die Erweiterung der Abschlagsregelung wurde mit einer Übergangsregelung (§ 98 Abs. 6 Satz 1 Buchst. a VBLS in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung) verbunden. Diese Übergangsregelung trägt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung. Sie kommt nur Versorgungsberechtigten der Geburtsmonate Dezember 1935 bis April 1938 zugute. Der Kläger ist jedoch am 4. Juni 1940 geboren.
Die Übergangsregelung schützt die rentennahen Jahrgänge. Bei der Definition und Festlegung dieses Personenkreises haben die Tarifvertragsparteien einen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Er ist hier nicht überschritten. Die Tarifvertragsparteien mussten die Übergangsregelung nicht auf alle Mitarbeiter erstrecken, die nach der früheren Regelung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Altersrente keine versicherungsmathematischen Abschläge hätten hinnehmen müssen und am 1. Januar 1999 bereits Übergangsversorgung bezogen. Die Gerichte haben nicht zu überprüfen, ob die tarifliche Regelung die zweckmäßigste und gerechteste ist.
dd) Die am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Änderung der Satzung der VBL, die auch für die beim Kläger vorliegende Fallgestaltung versicherungsmathematische Abschläge eingeführt hat, verstößt nicht gegen die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG. Zum einen ermöglicht es § 17 Abs. 3 BetrAVG den Tarifvertragsparteien, von den Berechnungsvorschriften des § 2 BetrAVG abzuweichen. Zum anderen wäre eine Berechnung nach § 2 BetrAVG, die eine ratierliche Kürzung einschließt, für den Kläger deutlich ungünstiger.
ee) Die Übergangsregelung des § 98 Abs. 6 Satz 1 Buchst. a VBLS in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung knüpft zwar an das Alter des Versorgungsberechtigten an. Dabei handelt es sich aber um keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters.
(1) Ob § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG eine Bereichsausnahme für die betriebliche Altersversorgung enthält und gegebenenfalls wie weit sie reicht, kann dahinstehen. Ebenso wenig kommt es auf den zeitlichen Geltungsbereich des AGG an. Die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist nach § 10 AGG zulässig. Sie ist objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt (§ 10 Satz 1 AGG). Das von den Tarifvertragsparteien gewählte Mittel zur Erreichung des Ziels ist angemessen und erforderlich (§ 10 Satz 2 AGG). Ausnahmeregelungen für rentennahe Jahrgänge tragen dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Die Schlechterstellung rentenfernerer Jahrgänge entspricht ihrem Zweck.
(2) Europarechtliche Vorschriften führen zu keinem anderen Ergebnis. Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob das Primärrecht der EG ein auch zwischen privaten Arbeitgebern und ihren Arbeitnehmern oder Betriebsrentnern geltendes Verbot der Diskriminierung wegen des Alters enthält (vgl. dazu BAG 27. Juni 2006 – 3 AZR 352/05 (A) – Rn. 35 ff., AP BetrAVG § 1b Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmes für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 (ABl. Nr. L 303 S. 16) knüpft an das europarechtliche Primärrecht an und ist durch § 10 AGG umgesetzt worden. Auch nach einem als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehenden Verbot der Diskriminierung wegen des Alters liegt eine unzulässige Benachteiligung nicht vor, sofern die Ungleichbehandlung objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH 22. November 2005 – C-144/04 [Mangold] – AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 1 = EzA TzBfG § 14 Nr. 21). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
II. Die tarifliche Vereinbarung vom 7. März 2001 sieht einen Ausgleich der Abschläge nur für die Kabinenbeschäftigten der DLH vor. Diese tarifliche Regelung gilt nicht für die Versorgungsberechtigten der Beklagten. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Die Tarifvertragsparteien haben bei ihrer Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Es spricht viel dafür, dass diese Begrenzung der Tarifautonomie auf der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte beruht (so bereits BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – BAGE 111, 8, zu B II 2 der Gründe). Einer abschließenden Stellungnahme bedarf es auch im vorliegenden Fall nicht, weil die unterschiedlichen dogmatischen Ansätze nicht zu unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben führen (vgl. ua. BAG 28. Juli 2005 – 3 AZR 14/05 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 44, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2a der Gründe; 7. Dezember 2005 – 5 AZR 228/05 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 34 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 15, zu I 3c aa der Gründe).
2. Im vorliegenden Fall spielt es keine Rolle, dass der Gleichheitssatz den Normgeber nur im eigenen Zuständigkeitsbereich bindet (BVerfG 12. Mai 1987 – 2 BvR 1226/83 –, – 2 BvR 101/84 –, – 2 BvR 313/84 – BVerfGE 76, 1, 73; BAG 28. Mai 2002 – 3 AZR 422/01 – BAGE 101, 186, zu B II 3a der Gründe). Vertragspartner auf Arbeitgeberseite war die AVH. Sie schloss Tarifverträge mit eingeschränkten betrieblichen Geltungsbereichen. Dies hatte zur Folge, dass für die DLH und die Beklagte unterschiedliche Regelungen über Abschläge bei vorgezogener Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente gelten.
3. Obwohl die vertragsschließenden Tarifvertragsparteien und damit die Normgeber identisch sind, verstoßen die unterschiedlichen Regelungen für die DLH und die Beklagte nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die DLH und die Beklagte sind rechtlich selbständige Unternehmen. Es kann dahinstehen, ob bei unternehmensbezogenen Regelungen für unterschiedliche Arbeitgeber eine unternehmensübergreifende Verpflichtung zur Gleichbehandlung schon daran scheitert, dass kein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Jedenfalls sind die unterschiedlichen Versorgungsregelungen gerechtfertigt, gegen die sich der Kläger wendet. Die Tarifautonomie umfasst die Entscheidung der Tarifvertragsparteien, ob sie Branchen- oder Firmentarifverträge schließen wollen und inwieweit die Tarifverträge einheitlich ausgestaltet werden sollen. Welcher Geltungsbereich sachgerecht ist, hängt insbesondere von Einschätzungen und Bewertungen ab, die von den Tarifvertragsparteien eigenverantwortlich zu treffen sind.
4. Unerheblich ist es, dass die Tarifvertragsparteien im VersTV Nr. 3 und im ErgTV einheitliche Regelungen für die DLH und die Beklagte vereinbart hatten. Dabei handelte es sich um firmenbezogene Tarifverträge, die für mehrere Arbeitgeber inhaltsgleich ausgestaltet waren. Diese Einheit beruhte auf der Verklammerung in den konkreten Tarifverträgen. Die Tarifvertragsparteien konnten diese Klammer jederzeit lösen, wenn sie es für angebracht hielten. Die Beurteilung des tatsächlichen Regelungsbedarfs und der betroffenen Interessen ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien. Ihnen steht insoweit eine sich aus der Tarifautonomie ergebende Einschätzungsprärogative zu.
III. Die Beklagte hat sich nicht einzelvertraglich verpflichtet, die dem Kläger zustehende betriebliche Altersversorgung bei vorgezogener Inanspruchnahme ungekürzt zu zahlen und von Abschlägen beim Nettoversorgungssatz abzusehen. Eine derartige rechtsgeschäftliche Zusage lässt sich weder dem Arbeitsvertrag noch späteren Äußerungen der Beklagten entnehmen.
1. Der Arbeitsvertrag des Klägers verweist auf die für das Bordpersonal der Beklagten jeweils geltenden Tarifverträge. Der danach anzuwendende VersTV Nr. 3 und der ErgTV enthalten eine dynamische Verweisung auf die VBLS einschließlich ihrer späteren Änderungen. Im Arbeitsvertrag wird nicht Bezug genommen auf Tarifverträge, unter deren Anwendungsbereich zwar die DLH, nicht aber die Beklagte fällt.
2. Auf die vom Kläger angeführten Schreiben lässt sich die Klageforderung nicht stützen.
a) Das Schreiben “Lufthansa aktuell” vom 4. Mai 1994, das nach der Behauptung des Klägers auch an die Arbeitnehmer der Beklagten gerichtet war, unterrichtet darüber, dass kein Mitarbeiter Abstriche an seiner betrieblichen Altersversorgung durch die Umstellung auf die firmeneigene Versorgung befürchten muss. Den Betroffenen sollten keine Nachteile daraus entstehen, dass der Durchführungsweg gewechselt wurde und künftig an die Stelle einer Gruppenversicherung eine Direktzusage trat. Bisher mussten die Versorgungsberechtigten mit Änderungen der VBL-Satzung rechnen. Dem Schreiben vom 4. Mai 1994 lässt sich nicht entnehmen, dass die Beklagte ihren Mitarbeitern nunmehr weitergehende Rechte einräumen wollte.
b) Die im Schreiben vom 4. Mai 1994 angekündigte fiktive Fortführung der VBL-Versorgung trotz Beendigung der VBL-Beteiligung wurde im ErgTV zum VersTV Nr. 3 verankert. Das Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 1994 unterrichtete lediglich über das Ergebnis der Tarifverhandlungen und den Inhalt des ErgTV vom 10. Mai 1994.
c) Ebenso wenig hat die Beklagte im Schreiben vom 11. Mai 1994 zugesagt, eine über die Regelungen der jeweiligen VBL-Satzung hinausgehende betriebliche Altersversorgung zu gewähren. Dieses Schreiben enthält den Hinweis: “Durch die Umstellung von der VBL auf die firmeneigene Versorgung verliert kein Mitarbeiter seine Ansprüche und keiner muß Abstriche bei seiner künftigen betrieblichen Altersversorgung hinnehmen”. Der 1. und 2. Halbsatz dieses Hinweises bilden eine Einheit. Ebenso wie bereits im Schreiben vom 4. Mai 1994 wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Umstellung auf die firmeneigene Versorgung nicht zu Einschnitten bei der betrieblichen Altersversorgung führen werde. Ausdrücklich wird im Schreiben vom 11. Mai 1994 der ErgTV angesprochen. Sein Inhalt wird erläutert. Dieser Mitteilung ist eine über die tariflichen Vereinbarungen hinausgehende rechtsgeschäftliche Zusage nicht zu entnehmen.
d) Im Schreiben vom 20. Januar 1999 hat sich die Beklagte nicht verpflichtet, bei der hier vorliegenden Fallgestaltung von den in der VBL-Satzung vorgesehenen Abschlägen abzusehen. In diesem Schreiben hat sie sich “in Absprache mit den Tarifvertragspartnern” nur bereit erklärt, “denjenigen die Rentenabschläge … auszugleichen, die noch während der Laufzeit des TV ÜV in die Rente gehen. Das sind alle Mitarbeiter, die vom Dezember 1935 bis Dezember 1936 geboren sind”. Darunter fällt der am 4. Juni 1940 geborene Kläger nicht. Ausdrücklich wies die Beklagte darauf hin, dass noch keine Lösung für Jüngere getroffen sei. Diese müsse “im Rahmen eines neuen Tarifvertrages gefunden werden, der dann für alle gilt”. Damit hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine umfassende Regelung noch ausstehe. Wie diese Regelung für die Jüngeren aussehen werde, lässt sich dem Schreiben nicht entnehmen. Die Beklagte hat keine über den abzuschließenden Tarifvertrag hinausgehende einzelvertragliche Verpflichtungserklärung abgegeben.
e) Auch dem Rundschreiben vom 7. März 2001 lässt sich eine über die tarifvertraglichen Regelungen hinausgehende rechtsgeschäftliche Zusage der Beklagten nicht entnehmen. Nach den mit der Revision nicht wirksam angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich um eine Mitarbeiterinformation der DLH (S. 4 des Berufungsurteils). In ihr wird das “Zwischenergebnis” geschildert, das in den zwischen der DLH und den Gewerkschaften ÖTV und DAG geführten Tarifverhandlungen erzielt wurde. Diese Tarifverhandlungen betrafen nicht die Beklagte. Für ihr Unternehmen galt der Tarifvertrag vom 7. März 2001 nicht, dessen Inhalt mitgeteilt wurde. Das Rundschreiben der DLH vom 7. März 2001 enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Anwendungsbereich des Tarifvertrags vom 7. März 2001 einzelvertraglich durch rechtsgeschäftliche Willenserklärung erweitern wollte.
IV. Der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG) verpflichtet die Beklagte nicht dazu, dem Kläger trotz vorgezogener Inanspruchnahme abweichend von der VBL-Satzung eine ungekürzte Betriebsrente zu zahlen.
Die Beklagte muss ihre Versorgungsberechtigten nicht nach den für die DLH geltenden Tarifverträgen behandeln. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Konzern besteht jedenfalls nicht ohne Weiteres. Die Rechtspflicht, Verteilungsgerechtigkeit herbeizuführen, hängt davon ab, inwieweit Verteilungsbefugnisse ausgeübt werden. Im Konzern kommt deshalb eine unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Sozialleistungen allenfalls dann in Betracht, wenn vom herrschenden Unternehmen ausgehend bestimmte Leistungen üblicherweise konzerneinheitlich erbracht werden und auf den Fortbestand dieser Übung ein schützenswertes Interesse für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen entstanden ist (BAG 4. Oktober 1994 – 3 AZR 910/93 – BAGE 78, 87, zu B II 3 der Gründe). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
1. Wenn wie hier lediglich Tarifverträge vollzogen werden, können die Versorgungsberechtigten nicht darauf vertrauen, dass sie unabhängig vom Inhalt der Tarifverträge konzerneinheitlich behandelt werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz greift nur bei einem gestaltenden Verhalten ein, aber nicht beim bloßen Normvollzug (vgl. ua. BAG 5. Oktober 1999 – 3 AZR 230/98 – BAGE 92, 310, zu IV der Gründe; 26. April 2005 – 1 AZR 76/04 – BAGE 114, 286, zu II 1 der Gründe). Hält sich der Arbeitgeber an die bestehenden Tarifnormen, so müssen die Arbeitnehmer damit rechnen, dass er auch verschlechternde Tarifnormen umsetzen wird. Die Tarifvertragsparteien können die Tarifverträge ändern und konzerneinheitliche Tarifverträge durch unterschiedliche Tarifverträge für die einzelnen Konzernunternehmen ablösen. Mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu vereinbarende Tarifverträge darf der Arbeitgeber beachten. Der den einzelnen Arbeitgeber verpflichtende Gleichbehandlungsgrundsatz dient nicht dazu, tarifvertragliche Neuregelungen zu korrigieren und die Tarifautonomie einzuschränken.
2. Die Beklagte hat nicht unabhängig von den tariflichen Regelungen das Prinzip einer konzerneinheitlichen Versorgung angewandt. Unerheblich ist es, dass die DLH im Juni 2003 die Versorgungsrente des Klägers berechnete. Dies geschah ausdrücklich namens und im Auftrag der Beklagten.
Die vom Kläger behauptete einheitliche Senioritätsliste spielt ebenso wenig eine Rolle wie die von ihm behauptete Möglichkeit, bis zum Eintritt in den Ruhestand noch zur DLH zu wechseln. Er konnte nicht darauf vertrauen, dass die Tarifverträge für alle Zukunft die betriebliche Altersversorgung einheitlich regeln. Wenn er die Möglichkeit eines Wechsels zur DLH nicht nutzte, blieb er Mitarbeiter der Beklagten mit der Folge, dass die für diesen Arbeitgeber geltenden Tarifvorschriften Anwendung finden. Eines Hinweises darauf bedurfte es nicht.
V. Die Klageforderung kann auch nicht auf eine betriebliche Übung gestützt werden (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine betriebliche Übung ein wiederholtes gleichförmiges Verhalten voraus, aus dem die Arbeitnehmer schließen können, der Arbeitgeber wolle sich vertraglich binden (vgl. ua. BAG 19. Mai 2005 – 3 AZR 660/03 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 71 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 6, zu II 4a der Gründe). Ein derartiger Verpflichtungswille wird durch den bloßen Normvollzug nicht zum Ausdruck gebracht (BAG 23. April 2002 – 3 AZR 224/01 – BAGE 101, 122, zu B III 1b der Gründe; 1. November 2005 – 1 AZR 355/04 – Rn. 24, AP BAT § 33 Nr. 16 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 46, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Beklagte ist ihren Verpflichtungen aus den Tarifverträgen nachgekommen. Ihrem Verhalten konnte nicht entnommen werden, dass sie weitergehende, in den Tarifverträgen nicht enthaltene Pflichten eingehen wolle.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Möller, Schepers
RiaBAG Breinlinger ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.
Reinecke
Fundstellen
Haufe-Index 1780091 |
FA 2007, 324 |
NZA 2007, 1391 |
ZTR 2007, 551 |
AP, 0 |
EzA-SD 2007, 12 |
ArbRB 2007, 294 |
HzA aktuell 2007, 18 |
NJOZ 2007, 5438 |