Abweichungen durch Tarifvertrag von Arbeitgeberzuschuss bAV

Von der gesetzlichen Pflicht zum Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung kann begrenzt in Tarifverträgen abgewichen werden. Wann konkret Ausnahmen und Abweichungen möglich sind, hat das BAG jetzt erstmals für zwei Fälle geklärt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in zwei Urteilen eine Verpflichtung zum Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung abgelehnt. In beiden Fällen ging es um die Frage, inwieweit Arbeitgeber von der Verpflichtung zum gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung durch Regelungen in Tarifverträgen abweichen dürfen. Die Klagen der Arbeitnehmer, welche für die Jahre 2019 und 2020 einen zusätzlichen Zuschuss ihrer Arbeitgeber zu ihrer Entgeltumwandlung verlangten, hatten vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht allerdings keinen Erfolg. Was wird nun für Arbeitgeber in der praktischen Umsetzung wichtig?

Überblick: Arbeitgeberzuschuss zur bAV  

Spart ein Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung seines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin Beiträge zur Sozialversicherung, muss er seinem Arbeitnehmer einen verpflichtenden Zuschuss in Höhe von 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) zahlen. Für Entgeltumwandlungen, die ab 2019 vereinbart wurden, galt dies sofort. Für zuvor geschlossene, ältere Vereinbarungen jedoch erst ab dem 1. Januar 2022. So hat es der Gesetzgeber für die versicherungsförmigen Durchführungswege in § 1a Abs. 1a BetrAVG (Betriebsrentengesetz) festgelegt. Weitere Einzelheiten finden Sie hier: Arbeitgeberzuschuss zur bAV ab 2022 verpflichtend.  

Inwieweit von dieser Verpflichtung durch Regelungen in Tarifverträgen abgewichen werden darf, hatte nun das BAG in zwei Entscheidungen zu klären. In den konkreten Fällen ging es um Entgeltumwandlungen, die auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Altersversorgung zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG Metall aus dem Jahr 2008 erfolgten.

Verpflichtender Entgeltumwandlungszuschuss aus "alten" Tarifverträgen frühestens ab dem 1. Januar 2022

Das BAG kam in einem ersten Verfahren (Urteil vom 8. März 2022, 3 AZR 361/21) zu dem Ergebnis, dass ein solcher Arbeitgeberzuschuss frühestens ab 1. Januar 2022 verlangt werden kann und nicht bereits für die Jahre 2019 und 2020. Das Gericht begründete dies mit der Übergangsfrist, die gemäß § 26a BetrAVG für individual- und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen gewährt wird, die vor dem 1. Januar 2019 geschlossen wurden. Nach Ansicht des BAG ist der zugrundeliegende Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008, der in diesem Fall aufgrund beidseitiger Tarifbindung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers zur Anwendung kommt, eine abschließende kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung im Sinne des § 26a BetrAVG, da er einen Anspruch auf Entgeltumwandlung enthält und ausgestaltet.

Arbeitgeberzuschuss zur bAV: Zeitpunkt der Entgeltumwandlungsvereinbarung nicht entscheidend

Insbesondere stellte das Gericht klar, dass nicht entscheidend ist, wann die jeweilige individuelle Entgeltumwandlungsvereinbarung umgesetzt wird. Dies geschah im zugrundeliegenden Fall nämlich erst im Jahr 2019. Entscheidend ist vielmehr, ob aufgrund bestehender, auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer, kollektiver Abreden nach dem 1. Januar 2019 die Notwendigkeit bestand, auf das neue Recht zu reagieren. Das Gericht äußerte sich nicht zu der Frage, ob der Tarifvertrag aus dem Jahr 2008 eine nach § 19 Abs. 1 BetrAVG zulässige Abweichung von der Zuschusspflicht enthält, auch wenn er vor dem Inkrafttreten der neuen Regelungen abgeschlossen wurde. Ob alte Tarifverträge, bei deren Abschluss die neuen Regelungen noch gar nicht bekannt waren, eine gegebenenfalls auch zum Nachteil der Arbeitnehmer wirkende Abrede zulässigerweise treffen können, bleibt damit weiterhin unklar.

Arbeitgeberzuschuss zur bAV kann durch Haustarifverträge ausgeschlossen sein

Im zweiten Verfahren (Urteil vom 8. März 2022, 3 AZR 362/21) hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob eine zulässige Abweichung von dem verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG vorliegt, wenn ein im Jahr 2019 geschlossener Haustarifvertrag dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegt, der jedoch auf den oben genannten Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 Bezug nimmt. Denn hier könnten die Tarifparteien nach Inkrafttreten des BRSG im Jahr 2018, und damit in Kenntnis der neuen Regelung zum Arbeitgeberzuschuss, zulässigerweise eine davon abweichende Regelung getroffen haben.

Kein Anspruch auf Entgeltumwandlungszuschuss bei zulässigem Tarifvertrag

Das BAG stellt auch in dieser Konstellation fest, dass der klagende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Zuschusses seines Arbeitgebers zur Entgeltumwandlung gemäß § 1a Abs. 1 BetrAVG in den Jahren 2019 und 2020 hat. Erweiternd kann man davon ausgehen, dass auch ein Anspruch ab dem 1. Januar 2022 ausgeschlossen bleibt, da die Urteilsbegründung einen Anspruch nach § 1a Abs. 1a BetrAVG vollständig ausschließt. Laut BAG liegt eine zulässige Abweichung gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG vor: Der Haustarifvertrag führt den Tarifvertrag aus 2008 ausdrücklich ein. Dessen eigenständige Regelungen zur Entgeltumwandlung, die insgesamt von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichen, sind damit anwendbar – selbst dann, wenn sie im Haustarifvertrag nur bestätigt werden würden.

Allerdings müssen sie eine abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung enthalten, die das BAG durch Auslegung ermittelt hat. Danach erfüllt hier ein Grundbetrag, der sowohl aus einer Entgeltumwandlung als auch einer zusätzlichen Arbeitgeberleistung besteht, den Zweck des § 1a Abs. 1a BetrAVG und führt zu einer eigenständigen Ausgestaltung der Entgeltumwandlung. Damit ist jedoch immer noch offen, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen ein Arbeitgeber einen bereits bestehenden Arbeitgeberbeitrag zur Entgeltumwandlung zulässigerweise auf den gesetzlichen Zuschuss anrechnen darf. Auch wenn die Erwartungen an die frühen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts größer waren, gibt es jetzt für die Praxis in einigen wichtigen Punkten Klarheit.


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