Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzanfechtung. kongruente Deckung. Zahlung über das Konto eines Dritten. Vorsatzanfechtung. Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Kenntnis des Arbeitnehmers vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners
Leitsatz (amtlich)
Entgeltzahlungen sind kongruent und darum nicht nach § 131 InsO anfechtbar, wenn sie in für das Arbeitsverhältnis üblicher Weise über das Geschäftskonto des Arbeitgebers erfolgen. Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem Geschäftskonto um das Konto eines Dritten handelt.
Orientierungssatz
1. Inkongruenz liegt vor, wenn die konkrete Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses abweicht, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner besteht, sofern die Abweichung von der nach dem Inhalt des Anspruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung mehr als geringfügig ist und nicht mehr der Verkehrssitte oder Handelsbräuchen entspricht.
2. Hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf, dass seine Forderung in der gewählten Art durch einen Dritten erfüllt wird, liegt darin im Regelfall eine nicht unerhebliche Abweichung vom üblichen Erfüllungsweg.
3. Liegt einer Entgeltzahlung, die über das Konto eines Dritten erfolgt, jedoch eine insolvenzfeste dreiseitige Abrede zugrunde, ist die Zahlung in der Regel kongruent.
4. Eine Entgeltzahlung, die über das Konto des Sohnes des späteren Schuldners erfolgt, ist deshalb ausnahmsweise kongruent und nicht nach § 131 InsO anfechtbar, wenn es sich bei diesem Konto um das Geschäftskonto des Arbeitgebers handelt und das Entgelt während des gesamten Arbeitsverhältnisses über dieses Konto gezahlt worden ist.
5. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausches, erschöpft sich der Wille des Schuldners in der Regel auch dann, wenn im Zeitpunkt der Zahlung Zahlungsunfähigkeit bestand und ihm diese bekannt war, darin, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu erbringen, so dass ihm eine mögliche mit der Zahlung verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden ist. Zur Darlegung des von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO geforderten Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes muss der Insolvenzverwalter deshalb konkrete Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass der Schuldner ausnahmsweise doch im Bewusstsein der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat.
6. Der Arbeitnehmer geht bei pünktlicher Entgeltzahlung in der Regel davon aus, dass er nur bekommen hat, was ihm zusteht, die Unternehmensfortführung erfolgversprechend sei und deshalb die Zahlung keine Gläubigerbenachteiligung zur Folge habe. Darum ist es zur Darlegung der von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusätzlich verlangten Kenntnis des Arbeitnehmers von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners erforderlich, Umstände aufzuzeigen, die auf eine abweichende Kenntnislage des Arbeitnehmers schließen lassen.
Normenkette
InsO § 131 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 133
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 10.04.2014; Aktenzeichen 8 Sa 39/14) |
ArbG Dresden (Urteil vom 11.12.2013; Aktenzeichen 7 Ca 4365/12) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2014 – 8 Sa 39/14 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung des von einem Konto des Sohnes des späteren Schuldners gezahlten Arbeitsentgelts im Wege der Insolvenzanfechtung.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem auf Antrag vom 18. Februar 2009 am 22. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des U (Schuldner), der bereits im Jahr 2005 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Der Schuldner betrieb in den Jahren 2008 und 2009 ein Baueinzelunternehmen und beschäftigte dafür seit dem 1. Januar 2008 den Beklagten. Dieser war als Buchhalter tätig, nahm allerdings keine Kontierungen vor, sondern erfasste lediglich Daten für das Steuerbüro des Schuldners.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wickelte der Schuldner seinen geschäftlichen Zahlungsverkehr über ein Bankkonto seines Sohnes M ab. Dies geschah im Wege des Onlinebanking, für das ihm sein Sohn die erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt hatte. Der Schuldner zog eigene Forderungen auf dieses Konto ein, indem er seine Kunden seit Einrichtung des Kontos anwies, Zahlungen auf dieses Konto zu leisten, und beglich hiervon auch seine eigenen Verbindlichkeiten. Der Sohn des Schuldners nutzte das Konto selbst nicht. Er erhielt weder Kontoauszüge noch holte er solche ab noch nahm er irgendwelche Verfügungen über das Konto vor. Vielmehr wurden über dieses Konto ausschließlich Umsätze für den Schuldner abgewickelt.
Der Beklagte erhielt von dem Konto des Sohnes des Schuldners am 4. Dezember 2008, am 12. Januar 2009 und am 5. Februar 2009 insgesamt 1.897,00 Euro gezahlt. Dabei handelte es sich jeweils um das Entgelt für den der Zahlung vorhergehenden Monat. Die Entgeltzahlungen waren seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zwischen Schuldner und Beklagtem über das Konto des Sohnes erfolgt. Dem Beklagten war bekannt, dass die Zahlungen von einem Konto des Sohnes des Schuldners erfolgten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die streitbefangenen Zahlungen seien iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO und § 133 InsO anfechtbar erlangt. Dadurch, dass ihm sein Sohn die Daten für das Onlinebanking zur Verfügung gestellt habe, sei der Schuldner bevollmächtigt worden, über die Guthaben auf diesem Konto zugunsten seiner Gläubiger zu verfügen. Dadurch sei zugleich seine Forderung auf Auszahlung der Kontogutschriften gegen seinen Sohn erloschen. Der Schuldner sei deshalb jeweils einerseits Anweisender, andererseits (als bevollmächtigter Vertreter seines Sohnes als Kontoinhaber) Empfänger der Zahlungsanweisung gewesen. Damit liege eine inkongruente Direktzahlung vor. Ohnehin seien Zahlungen über das Konto eines Dritten inkongruent. Ob eine Leistung verkehrsüblich sei, müsse losgelöst vom Einzelfall nach allgemeiner Verkehrsanschauung bewertet werden. Es fehle jeder Hinweis dafür, dass der Beklagte mit dem Schuldner vereinbart habe, die Zahlungen über das Konto des Sohnes zu leisten. Leistungen würden nicht dadurch kongruent, dass sie über einen längeren Zeitraum inkongruent erbracht würden.
Der Kläger hat behauptet, der Schuldner sei bereits vor dem 1. November 2008 wegen Verbindlichkeiten von mehr als 3.000.000,00 Euro zahlungsunfähig gewesen. Die Inkongruenz sei ein starkes Beweisanzeichen sowohl für den von § 133 InsO vorausgesetzten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch für die diesbezügliche Kenntnis des Beklagten. Der Beklagte habe als Buchhalter die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.897,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 23. April 2009 zu zahlen.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, bei den Zahlungen habe es sich um Bargeschäfte gehandelt. Es seien keine Zahlungen durch einen Dritten erfolgt. Vielmehr habe der Schuldner allein über das Konto verfügt, so dass eine Leistung des Schuldners selbst vorliege. Die Vorsatzanfechtung scheitere an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung und an den fehlenden subjektiven Voraussetzungen dieses Tatbestands. Die Zahlungen seien aus seiner Sicht völlig unauffällig gewesen, so dass er keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners habe haben müssen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage unbegründet ist.
1. Die am 5. Februar 2009 sowie am 4. Dezember 2008 und 12. Januar 2009 erfolgten Entgeltzahlungen sind nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bzw. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Beklagte diese Zahlungen „in der Art”, wie sie erfolgten, zu beanspruchen hatte. Sie wurden vom Schuldner als Arbeitgeber selbst erbracht und erfolgten in der vom Beginn des Arbeitsverhältnisses an üblichen Weise über das Konto des Sohnes des Schuldners. Dieses Konto war aufgrund einer stillschweigend getroffenen dreiseitigen Abrede das Geschäftskonto des Schuldners, über das er seine Zahlungen einschließlich der angefochtenen Entgeltzahlungen regelhaft abwickelte. Diese Zahlungen waren deshalb nicht inkongruent, auch wenn es sich bei dem Geschäftskonto um das Konto eines Dritten handelte (vgl. BAG 13. November 2014 – 6 AZR 869/13 Rn. 18; im Ergebnis ebenso Oberhofer jurisPR-ArbR 9/2015 Anm. 4 zu C).
a) Inkongruenz liegt vor, wenn die konkrete Deckungshandlung vom Inhal des Schuldverhältnisses abweicht, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner besteht, sofern die Abweichung von der nach dem Inhalt des An spruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung mehr als geringfügig ist und nicht mehr der Verkehrssitte oder Handelsbräuchen entspricht. Für die Beurtei lung, ob dies der Fall ist, kommt es allein darauf an, ob die konkrete Deckungs handlung objektiv vom Inhalt des Schuldverhältnisses abweicht (BAG 13. No vember 2014 – 6 AZR 869/13 – Rn. 14, 27). Das setzt die rechtlich genaue Be stimmung voraus, wer die geschuldete Leistung in welcher Weise zu erbringen hat (BAG 21. November 2013 – 6 AZR 159/12 – Rn. 15, BAGE 146, 323). Ent gegen der vom Kläger vertretenen Ansicht kommt es für die Feststellung de Kongruenz oder Inkongruenz von Entgeltzahlungen allerdings nicht darauf an ob der Arbeitnehmer einen klagbaren Anspruch darauf hat, dass die Zahlung gerade über das Konto erfolgt, über das das Entgelt geflossen ist. Anderenfalls wären mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen ein Konto des Arbeitgebers vereinbart ist, von dem das Entgelt zu zahlen ist, alle Entgeltzahlungen inkon gruent und damit in der Krise unter den erleichterten Voraussetzungen des § 131 InsO anfechtbar.
b) Hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf, dass seine Forderung in der gewählten Art durch einen Dritten erfüllt wird, liegt darin im Regelfall eine nich unerhebliche Abweichung vom üblichen Erfüllungsweg. Weist der Schuldne einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbrin gen, ist eine solche Direktzahlung deshalb im Allgemeinen dem Empfänger ge genüber als inkongruente Deckung anfechtbar (vgl. BAG 21. November 2013 – 6 AZR 159/12 – Rn. 13, BAGE 146, 323).
c) Allerdings ist – entgegen der Annahme des Klägers – nicht jede Entgelt zahlung, die über das Konto eines Dritten erfolgt, inkongruent. Liegt ihr eine insolvenzfeste dreiseitige Abrede zugrunde, ist sie in der Regel kongruent (vgl BAG 21. November 2013 – 6 AZR 159/12 – Rn. 14, BAGE 146, 323). Ob eine Entgeltzahlung inkongruent ist, bestimmt sich nämlich nicht nach der Zahlungsweise oder der Erfüllungsart, die im Arbeitsleben „normal” oder „üblich” sind (insoweit unklar Oberhofer jurisPR-ArbR 9/2015 Anm. 4 zu C). Maßgeblich ist vielmehr allein, was die Parteien tatsächlich vereinbart haben und ob eine Abweichung von dieser für das konkrete Arbeitsverhältnis vereinbarten Erfüllungsart oder Zahlungsweise vorliegt. Erst wenn das der Fall ist, kommt es darauf an, ob die Abweichung nach der Verkehrssitte oder den Handelsbräuchen gering ist. Ist das der Fall, ist die Befriedigung ungeachtet der Abweichung kongruent. Ist die Abweichung dagegen mehr als geringfügig, liegt eine inkongruente Deckung vor. Diesen Unterschied berücksichtigt der Kläger bei seiner Argumentation nicht.
d) Nach diesen Maßstäben waren die streitbefangenen Zahlungen kongruent.
aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nutzte der Schuldner das nicht erst zeitnah vor der Insolvenz eingerichtete Konto seines Sohnes – offenkundig ausschließlich im Wege des Onlinebanking – allein. Er legte dieses Konto im Geschäftsverkehr offen, indem er seine Kunden seit Einrichtung des Kontos anwies, Zahlungen auf dieses zu leisten, und zog so eigene Forderungen, die aus der Geschäftstätigkeit des von ihm betriebenen Baueinzelunternehmens resultierten, darauf ein. Er beglich allein aus diesen Guthaben seine aus der Geschäftstätigkeit herrührenden Verbindlichkeiten. Der Kläger hat nicht behauptet, dass der Schuldner daneben zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Geschäftstätigkeit in den Jahren 2008 und 2009, die zu den angefochtenen Entgeltzahlungen führte, noch andere Geschäftskonten unterhielt. Deshalb ist davon auszugehen, dass der Schuldner seinen gesamten geschäftlichen Zahlungsverkehr seit Beginn seiner der vorliegenden Anfechtung zugrunde liegenden Geschäftstätigkeit in den Jahren 2008 und 2009 über dieses Konto abwickelte. Sein Sohn nahm auf dieses Konto keinerlei Zugriff. Dieser erhielt nicht einmal Auszüge über die auf diesem Konto erfolgten Bewegungen. Ob und welche Zahlungsflüsse über dieses Konto erfolgten, entzog sich damit seinem Wissen und Einfluss. Er war an den darüber fließenden Zahlungen – über die Einrichtung des Kontos hinaus – nicht mehr beteiligt. Diese Zahlungen erfolgten vielmehr ausschließlich auf Veranlassung des Schuldners und allein in dessen Interesse sowie aus dessen im Rahmen seines Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Einkünften, ohne dass dafür jeweils oder jemals eine Weisung des Sohnes als Kontoinhaber vorlag. Darin liegt der Unterschied zu einem sog. „verdeckten Geschäftskonto” (dazu Spiekermann NZI 2014, 1030, 1033), bei dem der Schuldner nur (einzelne) Zahlungseingänge auf das Konto einer ihm nahestehenden Person umleitet, von dem dann Auszahlungen an einzelne Gläubiger erfolgen.
(1) Durch diese Handhabung wurde das auf den Namen des Sohnes eingerichtete Konto zwar nicht zu einem sog. Fremdkonto, bei dem die Einlageforderung dem Schuldner als Kontoinhaber zugestanden hätte, während sein Sohn lediglich verfügungsberechtigt gewesen wäre (vgl. BGH 12. Oktober 1987 – II ZR 98/87 – zu II 2 der Gründe). Kontoinhaber ist, wer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach dem für die Bank erkennbaren Willen desjenigen, der das Konto eröffnet, in Rechtsbeziehungen zu der Bank treten soll. Wird dabei der Wille, dass das Konto als Geschäftskonto eines Dritten dienen soll, für die Bank nicht erkennbar, ist dieser Wille für die Bestimmung des Kontoinhabers unerheblich. Unerheblich ist auch, ob die Bank nach Vertragsschluss erkennen kann und erkennt, dass über das Konto tatsächlich und ausschließlich Zahlungen für einen Dritten abgewickelt werden. Für die Bestimmung des Kontoinhabers sind grundsätzlich nur solche Umstände bedeutsam, die zur Zeit des Vertragsschlusses, dh. der Kontoeröffnung, vorliegen (BGH 9. Dezember 1993 – IX ZR 100/93 – zu II 2 der Gründe, BGHZ 124, 298).
(2) Ungeachtet der danach bestehenden formalen Kontoinhaberschaft seines Sohnes war das Konto jedoch wirtschaftlich allein dem Schuldner zugeordnet, der über dieses Konto alle seinen Geschäftsbetrieb betreffenden Zahlungsvorgänge fließen ließ. Im Ergebnis trafen der Schuldner und sein Sohn die Abrede, dass letzterer ein Konto auf seinen Namen einrichtete, das er dem Schuldner zur ausschließlichen Nutzung für dessen Geschäftsbetrieb überließ und das dieser als Geschäftskonto nutzen sollte. Dadurch, dass dem Beklagten bekannt war, dass die Entgeltzahlungen über ein Konto des Sohnes des Schuldners erfolgten, erklärte er sich – stillschweigend – mit einer derartigen Handhabung einverstanden, so dass letztlich eine dreiseitige Abrede vorlag, das Konto des Sohnes als Konto des Arbeitgebers zu nutzen, über das die Entgeltzahlungen regelhaft erfolgen sollten.
(3) Diese dreiseitige Abrede hat der Kläger nicht angefochten. Anfechtungsgründe sind nicht aufgezeigt und nicht ersichtlich. Durch die Abwicklung aller Zahlungsvorgänge seines Geschäftsbetriebs über das Konto seines Sohnes entzog der Schuldner – anders als beim Verschieben von Beträgen auf das Konto einer nahestehenden Person (vgl. BAG 13. November 2014 – 6 AZR 869/13 – Rn. 23) – seinen Gläubigern nicht gezielt noch liquide Geldmittel. Diese konnten den Auszahlungsanspruch gegen den Sohn als Kontoinhaber pfänden (vgl. BGH 4. Juli 2007 – VII ZB 15/07 – Rn. 9; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 829 Rn. 33 Stichwort: Kontoguthaben – Kontoleihe). In Betracht kam auch eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Sohn (vgl. Gerhardt FS Lüke 1997 S. 121, 130 ff.). Der Schuldner ließ die über das Konto seines Sohnes fließenden Gelder auch nicht zielgerichtet bestimmten Gläubigern bzw. Gläubigergruppen zukommen. Er nutzte dieses Konto vielmehr vom Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftstätigkeit, aus der der angefochtene Entgeltanspruch resultiert, als (einziges) Geschäftskonto.
bb) Nach diesen Gesamtumständen fehlte es nicht nur an anfechtbaren Rechtshandlungen des Sohnes (vgl. dazu BGH 24. Oktober 2013 – IX ZR 104/13 – Rn. 16), sondern an jeglicher Einschaltung des Sohnes, die die angefochtenen Entgeltzahlungen als Direktzahlungen eines Dritten qualifizieren könnte. Insbesondere lagen die vom Kläger konstruierten wechselseitigen Weisungen des Schuldners und seines Sohnes, durch die die Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber seinen Gläubigern und damit zugleich die seines Sohnes gegenüber ihm beglichen worden wären, nicht vor. Es gab keine anfechtungsrechtlich beachtlichen Zahlungsanweisungen an den und von dem Schuldner, sondern nur dessen eigenverantwortliche Verfügungen über das ihm von seinem Sohn für seine Geschäftstätigkeit dauerhaft eingerichtete Konto. Die Entgeltforderungen des Beklagten wurden nicht durch den Sohn des Schuldners als Dritten auf Weisung des Schuldners aus eigenen oder fremden Mitteln von seinem eigenen Konto erfüllt (zu dieser zur Inkongruenz führenden Fallgestaltung vgl. BAG 13. November 2014 – 6 AZR 869/13 – Rn. 15 ff.; BGH 24. Oktober 2013 – IX ZR 104/13 – Rn. 11). Sie wurden vom Schuldner als Arbeitgeber selbst von seinem Geschäftskonto aus den von ihm im Rahmen seines Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Mitteln und in der für das konkrete Arbeitsverhältnis üblichen Weise erbracht. Das führt zur Kongruenz der Entgeltzahlungen (vgl. Uhlenbruck/Ede/Hirte 14. Aufl. § 131 InsO Rn. 57).
cc) Darauf, ob eine etwaige Änderungsvereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten insolvenzfest wäre (vgl. dazu BAG 21. November 2013 – 6 AZR 159/12 – Rn. 14 ff., BAGE 146, 323; BGH 17. Juli 2014 – IX ZR 240/13 – Rn. 18), kommt es nicht an. Das Landesarbeitsgericht hat durch Einsichtnahme in die Kontoauszüge des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. April 2014 festgestellt, dass bereits die erste Entgeltzahlung über das Konto des Sohnes des Schuldners erfolgt ist. Gegen diese auch in den Entscheidungsgründen mögliche Feststellung (vgl. BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 63, BAGE 147, 172) erhebt die Revision keine Rügen. Diese ergeben sich auch nicht aus der Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerde. Zwar genügt es für die Erhebung einer Verfahrensrüge im Revisionsverfahren, auf eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobene Gehörsrüge zu verweisen (BAG 8. Dezember 2011 – 6 AZR 354/10 – Rn. 37, BAGE 140, 64). Dies hat der Kläger jedoch nicht getan, sondern in der Revisionsbegründung ausdrücklich ausgeführt, es werde (lediglich) die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die abschließende Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ist deshalb dahin zu verstehen, dass damit nur die Divergenzrüge in Bezug genommen werden sollte. Es ist daher unerheblich, dass selbst bei einer Bezugnahme die Verfahrensrüge auch nicht ordnungsgemäß ausgeführt wäre.
2. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht angenommen, dass eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO ausscheidet, weil die angefochtenen Zahlungen dem Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO unterliegen. Es hat zwar nicht festgestellt, auf welche Entgeltansprüche die angefochtenen Zahlungen erfolgt sind. Der Beklagte hat jedoch in der Revisionserwiderung vorgetragen, dass es sich jeweils um das Entgelt des der Zahlung vorhergehenden Monats handelte. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Damit liegt sowohl nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 17 f., BAGE 139, 235) als auch nach der des Bundesgerichtshofs (BGH 10. Juli 2014 – IX ZR 192/13 – Rn. 34, 37, BGHZ 202, 59) ein Bargeschäft vor, so dass es auf die zwischen den zuständigen Senaten dieser Bundesgerichte insoweit bestehenden unterschiedlichen Auffassungen über den Begriff des Bargeschäfts vorliegend nicht ankommt.
3. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht auch die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO verneint.
a) Das Landesarbeitsgericht hat – ohne dies allerdings ausdrücklich auszuführen – seiner Entscheidung zu Recht die Annahme zugrunde gelegt, dass die für die Vorsatzanfechtung erforderliche Rechtshandlung des Schuldners vorlag, obwohl die streitbefangenen Zahlungen über ein Konto seines Sohnes erfolgten. Die Rechtshandlung des Schuldners liegt in der Vornahme der Überweisung von dem Konto seines Sohnes, das er, wie ausgeführt, als Geschäftskonto nutzte, zur Erfüllung der Entgeltforderung des Beklagten.
b) Der Kläger hat jedoch bereits den von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO geforderten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht dargelegt. Er hat sich darauf beschränkt, auf die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die von ihm angenommene Inkongruenz der angefochtenen Zahlungen zu verweisen. Er hat dabei die Anforderungen, die sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 89, BAGE 147, 172) als auch der des Bundesgerichtshofs (BGH 10. Juli 2014 – IX ZR 192/13 – Rn. 44, BGHZ 202, 59) an den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes bei einem wie hier vorliegenden bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch zu stellen sind, nicht berücksichtigt. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausches, erschöpft sich der Wille des Schuldners in der Regel auch dann, wenn im Zeitpunkt der Zahlung Zahlungsunfähigkeit bestand und ihm diese bekannt war, darin, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu erbringen, so dass ihm eine mögliche mit der Zahlung verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden ist. Zur Darlegung des von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO geforderten Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes muss der Insolvenzverwalter deshalb konkrete Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass der Schuldner ausnahmsweise doch im Bewusstsein der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Daran fehlt es.
c) Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Darlegung der von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusätzlich verlangten Kenntnis des Beklagten von einem etwaigen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass seine Behauptung zutrifft, der Beklagte habe als Buchhalter die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt. Selbst in diesem Fall geht der Arbeitnehmer bei einer pünktlichen Entgeltzahlung in der Regel davon aus, dass er nur bekommen hat, was ihm zusteht, die Unternehmensfortführung erfolgversprechend war und deshalb die Zahlung keine Gläubigerbenachteiligung zur Folge hatte (vgl. BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 63 ff., Rn. 97, BAGE 147, 172). Umstände, die im vorliegenden Fall auf eine abweichende Kenntnislage schließen ließen, hat der Kläger nicht vorgetragen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit (vgl. BAG 11. März 2015 – 10 AZB 101/14 – Rn. 9).
Unterschriften
Fischermeier, Spelge, Krumbiegel, Der ehrenamtliche Richter Koch ist wegen Ausscheidens aus dem Amt verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Fischermeier, M. Geyer
Fundstellen
Haufe-Index 8776087 |
BAGE 2016, 163 |
BB 2015, 2739 |
BB 2015, 3123 |
DB 2015, 15 |
DB 2015, 7 |
DB 2016, 58 |
DStR 2015, 12 |
DStR 2016, 14 |