Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis von Individualabreden zu gestellten Vertragsbedingungen/Rechtsfolgen arbeitszeitrechtswidriger Vertragsregelungen. Vorrang der Individualabrede. Rechtsfolgen arbeitszeitrechtswidriger Vertragsregelungen
Leitsatz (amtlich)
Eine Individualabrede geht Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor. Dieser Vorrang gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen.
Orientierungssatz
1. § 3 ArbZG gibt als Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.
2. Ein Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss des Vergütungsanspruchs. Der Schutzzweck der Vorschrift gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgeber über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus in Anspruch genommen hat.
3. Der mit der Reduzierung der – vermeintlich – geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt nur bei erheblicher Störung des Äquivalenzverhältnisses eine Anpassung der Vergütungsabrede (Störung der Geschäftsgrundlage).
Normenkette
ArbZG § 3; BGB §§ 133-134, 139, 157, 305 Abs. 1 S. 3, §§ 305b, 310 Abs. 3 Nr. 2, §§ 313, 362 Abs. 1, § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 1-2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Freiburg – vom 4. Dezember 2015 – 9 Sa 12/15 – unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Offenburg – vom 19. Mai 2015 – 5 Ca 478/14 – teilweise abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.909,65 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 67 % und die Beklagte zu 33 % zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.
Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Entsorgungs- und Recyclingunternehmen, vom 19. Mai 2008 bis zum 31. Mai 2014 als Wiegemeisterin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zunächst ein Arbeitsvertrag vom 13. Mai 2008 (im Folgenden Arbeitsvertrag 2008) zugrunde, in dem ua. geregelt war:
„§ 1
…
4. Arbeitszeit:
Die Arbeitszeiten werden von der Betriebsleitung nach arbeitstechnischen Gesichtspunkten festgesetzt und dem Arbeitnehmer rechtzeitig im Voraus mitgeteilt.
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt derzeit ca. 45,00 Stunden wöchentlich.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers Mehrarbeit im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Arbeitszeitordnung zu leisten.
§ 2 Arbeitsentgelt
1. |
Der Arbeitnehmer erhält folgendes Arbeitsentgelt (Bruttolohn) je Stunde: |
|
Grundlohn: 11,00 EUR / Std. |
|
…” |
Ab Mitte Juli 2008 arbeitete die Klägerin von Montag bis Freitag jeweils von 06:00 bis 17:00 Uhr mit einer unbezahlten Pause von 30 Minuten. Im Jahr 2010 erzielte sie einen Verdienst von 30.612,72 Euro brutto.
Einen später eingestellten Wiegemeister beschäftigte die Beklagte zu günstigeren Konditionen im Angestelltenverhältnis. Nachdem die Klägerin dies erfahren hatte, bat sie um Übernahme ins Angestelltenverhältnis.
Am 21. Februar 2011 suchten Mitarbeiterinnen der Beklagten die Klägerin in ihrem Büro auf und legten ihr nachfolgendes Schreiben vor:
„Übernahme ins Angestelltenverhältnis |
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Frau H |
|
Derzeitiger Brutto-Monatslohn: |
2.551,06 EUR |
Derzeitiger Jahresverdienst: |
30.612,72 EUR |
Neues Brutto-Monatsgehalt: |
2.500,00 EUR |
Neuer Jahresverdienst (inklusive 13. Monatsgehalt) |
32.500,00 EUR |
→ Ergibt eine effektive Gehaltserhöhung von 6,2 %.” |
Zuvor hatten die Parteien besprochen, die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin beizubehalten.
Am 1. März 2011 schlossen die Parteien einen von der Beklagten formulierten „Anstellungsvertrag” (im Folgenden Arbeitsvertrag), in dem es ua. heißt:
„§ 3 Entgelt
Das monatlich nachträglich zu zahlende Bruttogehalt beträgt EUR 2.500,00. Der Arbeitgeber gewährt, soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse dies zulassen, ein 13. Monatsgehalt, das mit dem Dezember-Gehalt zeitanteilig ausbezahlt wird.
Scheidet die Arbeitnehmerin während des Jahres aus, erfolgt eine zeitanteilige Vergütung. …
§ 4 Arbeitszeit
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich und wird durch unser Zeiterfassungssystem erfasst.
Die derzeitige Arbeitszeit ist wie folgt festgelegt:
6:00 h |
bis |
12:00 h |
12:00 h |
bis |
12:30 h (Pause) |
12:30 h |
bis |
17:00 h |
…” |
|
|
Die Klägerin arbeitete nach der Vertragsänderung weiterhin an fünf Tagen der Woche zwischen 06:00 und 17:00 Uhr. Über 10,5 Stunden hinaus geleistete Arbeitsstunden machte die Klägerin als Überstunden geltend und erhielt hierfür entsprechend den von ihr gestellten Anträgen Freizeitausgleich.
Nach einer Beanstandung durch das Gewerbeaufsichtsamt reduzierte die Beklagte die tägliche Arbeitszeit der Klägerin ab dem 1. November 2013 auf 9,5 Stunden und kürzte das Bruttomonatsgehalt von 2.500,00 Euro auf 2.265,00 Euro. Nach Protest der Klägerin zahlte die Beklagte die Vergütungsdifferenz für die Monate November und Dezember 2013 nach. Ende Februar 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe.
Mit der am 30. Dezember 2014 eingereichten Klage hat die Klägerin, nach vorangegangener erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 40 Stunden hinaus geleistete 12,5 Arbeitsstunden Vergütung verlangt. Die vereinbarte Vergütung sei nach dem Arbeitsvertrag für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu zahlen. Die in § 4 Arbeitsvertrag wiedergegebenen Arbeitszeiten seien nur die betriebsüblichen Bedienzeiten an der Waage. Eine Festlegung des zeitlichen Umfangs der von ihr geschuldeten Arbeitsleistung sei damit nicht verbunden gewesen. Jedenfalls seien die über die gesetzlich zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zusätzlich zu vergüten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 23.965,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie habe mit der Klägerin vereinbart, es solle die bisherige tägliche Arbeitszeit von 10,5 Stunden beibehalten und der Bruttojahresverdienst von 32.500,00 Euro als Gegenleistung für eine wöchentliche Arbeitsleistung von 52,5 Stunden gezahlt werden. Die Klägerin habe durch die Änderung des Vertrags eine Gehaltserhöhung von 6,2 % erhalten sollen und nicht von 33,99 %. Zur Erwähnung von 40 Stunden im Arbeitsvertrag sei es gekommen, weil ein Formulararbeitsvertrag verwendet wurde. Die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus geleistete Arbeitszeit sei nicht zu vergüten. Dies gebiete der Schutzzweck von § 3 ArbZG. Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht in vollem Umfang zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Klägerin hat gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Streitgegenstand der Klage ist die Vergütung von wöchentlich 12,5 Arbeitsstunden, die die Klägerin unstreitig vom 1. März 2011 bis zum 30. September 2013 innerhalb einer konkret bezeichneten Zeitspanne über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinaus arbeitete. Die Vergütung von Pausenzeiten ist nicht Gegenstand der Klage.
B. Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleistete 4,5 Arbeitsstunden. Diese Stunden sind nicht mit dem vereinbarten Jahresverdienst von 32.500,00 Euro brutto entgolten. Die Klägerin schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütungsansprüche der Klägerin für wöchentlich im Streitzeitraum geleistete 48 Arbeitsstunden erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.
I. Die Parteien haben, wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt, vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags in einer konkludent getroffenen individuellen Vertragsabrede eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart. Dies ergibt die Auslegung der von ihnen abgegebenen nichttypischen Erklärungen, die nach § 305b BGB den Regelungen des Formulararbeitsvertrags vorgehen.
Individualabreden können – weiter gehend als in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB oder § 310 Abs. 3 Nr. 2 letzter Halbsatz BGB geregelt – grundsätzlich alle Abreden zwischen den Vertragsparteien außerhalb der einseitig vom Verwender vorgegebenen Vertragsbedingungen sein. Sie können sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden (vgl. BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 39, BAGE 139, 156). Auch können sie auf mündlichen Erklärungen der Parteien beruhen (vgl. BAG 20. Mai 2008 – 9 AZR 382/07 – Rn. 27 ff., BAGE 126, 364). Eine solche Abrede haben die Parteien getroffen, indem sie vor Unterzeichnung des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags den Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und die Höhe der hierfür von der Beklagten als Gegenleistung geschuldeten Vergütung vereinbarten. Die Vereinbarung hat im Rahmen ihrer Wirksamkeit vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags Vorrang.
1. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang atypische Erklärungen der Parteien haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BAG 21. Juni 2011 – 9 AZR 203/10 – Rn. 20, BAGE 138, 136). Die Auslegung von atypischen Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 44/14 – Rn. 29; 24. September 2014 – 5 AZR 611/12 – Rn. 27, BAGE 149, 144). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen nur dann selbst auslegen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 – 5 AZR 611/12 – Rn. 27 mwN, aaO).
2. Das Landesarbeitsgericht hat die Erklärungen der Parteien nicht vollständig ausgelegt, indem es offenließ, ob diese als Individualabrede zu qualifizieren seien, und deren Bedeutungsgehalt lediglich für das Verständnis der Parteien von § 4 Arbeitsvertrag bewertete. Der Senat kann die gebotene Auslegung auf Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.
a) Verträge und Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen (§§ 133, 157 BGB). Auslegungsziel ist bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nicht der innere Wille des Erklärenden, sondern das, was der Adressat nach seinem Empfängerhorizont als Willen des Erklärenden verstehen konnte (BAG 11. Juli 2007 – 7 AZR 501/06 – Rn. 36). Zu würdigen sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – Rn. 14, BAGE 145, 249; 24. September 2014 – 5 AZR 611/12 – Rn. 28, BAGE 149, 144).
b) Hiervon ausgehend haben die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 52,5 Stunden vereinbart.
aa) Die Parteien haben vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrags die künftigen Arbeitszeiten der Klägerin besprochen. Es bestand Einvernehmen, die bisherige Arbeitszeit bei Übernahme der Klägerin in ein Angestelltenverhältnis beizubehalten. Die Klägerin lehnte eine Verlängerung der Pausenzeiten ausdrücklich ab.
bb) Die Berechnung der künftigen Vergütung basierte, für die Klägerin erkennbar, auf der getroffenen Abrede. Die Beklagte legte die Berechnung der neuen Bruttovergütung in dem der Klägerin vorgelegten Schreiben „Übernahme ins Angestelltenverhältnis” offen. Ausweislich der Gegenüberstellung von neuem und altem Jahresverdienst sollte die Bruttovergütung um 6,2 % erhöht werden. Eine solche effektive Gehaltserhöhung von 6,2 % errechnet sich bei einer unveränderten Arbeitsleistung von 10,5 Stunden täglich.
cc) Die Vereinbarung einer Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich wird durch die Einlassung der Klägerin in der Berufungsverhandlung bestätigt, es sei überraschend gewesen, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag eine 40-Stunden- Woche gestanden habe, was sich mit den bisherigen Arbeitszeiten nicht vertragen hätte. Dies deckt sich mit der Erklärung der Beklagten, es sei versehentlich ein Formulararbeitsvertrag verwendet worden, in dem eine 40-Stunden-Woche vorgesehen gewesen sei. Die Diskrepanz zwischen der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden und der zuvor verabredeten von 52,5 Stunden wöchentlich war der Klägerin bei Vertragsunterzeichnung bewusst.
dd) Dem Auslegungsergebnis entspricht die Vertragspraxis der Parteien. Sie verdeutlicht, dass sich die Parteien vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht nur iSv. Wissenserklärungen über die bisherigen Arbeitszeiten der Klägerin austauschten, sondern rechtsgeschäftliche Erklärungen zum Umfang der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung und zur Höhe der hierfür als Gegenleistung geschuldeten Vergütung abgaben und abgeben wollten. Das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss ist ein bedeutsames Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss (vgl. BGH 16. Juni 2009 – XI ZR 145/08 – Rn. 16, BGHZ 181, 278; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 35 Rn. 31). Nicht nur aus der Abwicklung des Vertrags durch die Beklagte, sondern auch aus dem Verhalten der Klägerin nach Vertragsschluss, ergibt sich, dass nach dem Verständnis beider Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 10,5 Stunden täglich und 52,5 Stunden wöchentlich vereinbart war. Die Klägerin legte der Geltendmachung von Überstunden, wie ihren Ausführungen im Zusammenhang mit den Anträgen auf Freizeitausgleich zu entnehmen ist, stets eine Arbeitszeit von 10,5 Stunden als vertraglich geschuldet zugrunde und ermittelte den Ausgleichsanspruch auf dieser Basis.
ee) Die unterlassene Anpassung des vorformulierten Vertragstexts an die vereinbarte Dauer der Arbeitszeit führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte für eine mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag beabsichtigte Einschränkung der zuvor getroffenen Vereinbarungen (vgl. BGH 23. Januar 2013 – VIII ZR 47/12 – Rn. 22) sind nicht gegeben.
II. Die Parteien konnten wirksam nur eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vereinbaren. Die getroffene Arbeitszeitvereinbarung ist nach § 3 ArbZG iVm. § 134 BGB unwirksam, soweit sie eine Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit vorsieht.
1. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. § 3 ArbZG ist ein Verbotsgesetz iSv. § 134 BGB (Baeck/Deutsch ArbZG 3. Aufl. Einf. Rn. 53; Schaub/Vogelsang ArbR-HdB 16. Aufl. § 155 Rn. 4).
2. Die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 52,5 Stunden verstößt gegen § 3 ArbZG. Der Verstoß hat jedoch nach § 134 BGB nicht die Nichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung insgesamt, sondern deren Teilnichtigkeit zur Folge. Die Vereinbarung ist wirksam, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.
a) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, § 134 BGB. Dabei muss das Rechtsgeschäft selbst verbotswidrig sein. Das ist der Fall, wenn sein Inhalt gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, insbesondere der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg verbotswidrig ist (BAG 18. März 2009 – 5 AZR 355/08 – Rn. 15, BAGE 130, 34). Das Verbot braucht nicht unmittelbar im Gesetzeswortlaut Ausdruck gefunden zu haben. Es kann sich auch aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift ergeben. Maßgebend ist insoweit die Reichweite ihres Schutzzwecks (vgl. BAG 19. März 2009 – 8 AZR 722/07 – Rn. 25, BAGE 130, 90; 22. November 2012 – 2 AZR 371/11 – Rn. 38, BAGE 144, 47; 19. August 2015 – 5 AZR 500/14 – Rn. 31, 32, BAGE 152, 228).
b) Die Arbeitszeitvereinbarung der Parteien ist nach § 134 BGB nur unwirksam, soweit sie im Widerspruch zu § 3 ArbZG steht. § 3 ArbZG soll den Arbeitnehmer vor Überforderung durch übermäßige zeitliche Inanspruchnahme schützen. Die Vorschrift begründet ein gesetzliches Beschäftigungsverbot aufgrund dessen es dem Arbeitgeber – nur – untersagt ist, Arbeitsleistung in einem die gesetzlichen Höchstgrenzen übersteigenden Umfang anzuordnen oder entgegenzunehmen (vgl. BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 15, BAGE 116, 66). § 3 ArbZG gibt damit eine Grenze für das Arbeitszeitvolumen vor, das wirksam als geschuldet vereinbart werden kann. Im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bleibt eine gegen die gesetzlichen Höchstgrenzen verstoßende Arbeitszeitvereinbarung wirksam.
III. Im Rahmen ihrer Wirksamkeit hat die Individualabrede der Parteien Vorrang vor den Regelungen des von der Beklagten gestellten schriftlichen Arbeitsvertrags.
1. Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB und vor in Verbraucherverträgen vorformulierten Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ausdrücklich klargestellt ist dies für Allgemeine Geschäftsbedingungen in § 305b BGB. Der Vorrang der Individualabrede ergibt sich zudem aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. zu § 4 AGBG und vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen Verträgen BGH 13. Januar 1982 – IVa ZR 162/80 – zu IV der Gründe). Er gilt trotz der fehlenden Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf § 305b BGB auch für vorformulierte Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen (vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 4; Kreft in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 310 Rn. 35; einen Vorrang der Individualabrede aus §§ 133, 157 BGB ableitend Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 67; Erman/Roloff BGB 14. Aufl. § 310 Rn. 21).
2. Es bedarf danach keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei § 4 Abs. 1 Arbeitsvertrag um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB handelt und deshalb § 305b BGB anzuwenden ist oder der Arbeitsvertrag als Verbrauchervertrag zu bewerten ist (vgl. BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09 – Rn. 20 ff.; 27. Juni 2012 – 5 AZR 530/11 – Rn. 14). In beiden Fällen geht die Individualabrede der Parteien den Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags vor.
a) Bei dem Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede handelt es sich um eine Kollisionsregel, die auf der Rechtsfolgenseite zu einer Verdrängung der vom Verwender als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Einmalbedingung gestellten Vertragsbedingung durch die Individualabrede führt. Die Kollisionsregel setzt voraus, dass es auf der einen Seite Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Einmalbedingungen in einem Verbrauchervertrag als gestellte Vertragsbedingungen und auf der anderen Seite eine Individualabrede gibt. Sie kommt zum Tragen, wenn die durch Auslegung der Individualabrede nach §§ 133, 157 BGB und der vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen nach den für ihre Auslegung geltenden Grundsätzen zu ermittelnden Regelungsbereiche einer wirksamen Individualabrede und einer wirksamen Formularabrede zumindest teilweise inhaltlich deckungsgleich sind (vgl. Clemenz in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht § 305b Rn. 2). Im Falle widersprechender Regelungen ist allein auf die individuelle abzustellen. Die gestellten Vertragsbedingungen können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, wie die von den Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt (zu § 305b BGB vgl. BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 39, BAGE 139, 156). Für den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und vorformulierter Einmalbedingungen in Verbraucherverträgen kommt es daher auf die Reichweite der Individualvereinbarung an und nicht umgekehrt (zu § 305b BGB BGH 23. Januar 2013 – VIII ZR 47/12 – Rn. 22).
b) Hiervon ausgehend werden die Bestimmungen des schriftlichen Arbeitsvertrags durch die Individualvereinbarung der Parteien verdrängt, soweit sie zu dieser im Widerspruch stehen. Es kann deshalb zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, § 4 Arbeitsvertrag regele ausgehend von einer Auslegung nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab (vgl. BAG 24. Februar 2016 – 5 AZR 258/14 – Rn. 26 mwN) und einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle wirksam eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Auch in diesem Fall ist allein auf die Individualabrede der Parteien abzustellen, die zwar wegen Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach § 134 BGB teilunwirksam ist, aber trotz des Verstoßes gegen § 3 ArbZG wirksam bleibt, soweit sie eine Arbeitsleistung von wöchentlich 48 Stunden vorsieht.
IV. Die Klägerin hat nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden, denn sie schuldete für das vereinbarte Arbeitsentgelt lediglich eine Arbeitsleistung in gesetzlich zulässigem Umfang.
1. Die Vergütung von Arbeitsstunden setzt – bei Fehlen einer anwendbaren gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Regelung – entweder eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung oder eine Vergütungspflicht nach § 612 Abs. 1 BGB voraus (vgl. BAG 25. März 2015 – 5 AZR 602/13 – Rn. 16, BAGE 151, 180).
2. Eine anderweitige normative Regelung, die einen Vergütungsanspruch der Klägerin begründen könnte, besteht nicht. Arbeitsvertraglich haben die Parteien die Vergütung, der von der Klägerin wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden, weder vereinbart noch ausgeschlossen.
3. Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 612 Abs. 1 BGB.
a) § 612 Abs. 1 BGB bildet nicht nur in den Fällen, in denen überhaupt keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, sondern auch dann die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütung, wenn der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers quantitativ mehr arbeitet als von der Vergütungsabrede erfasst (BAG 18. Mai 2011 – 5 AZR 181/10 – Rn. 17; 25. März 2015 – 5 AZR 602/13 – Rn. 17, BAGE 151, 180) und damit Leistungen erbringt, die durch die vereinbarte Vergütung nicht entgolten sind, und weder einzelnoch tarifvertraglich geregelt ist, wie diese Dienste zu vergüten sind (st. Rspr., BAG 29. Januar 2003 – 5 AZR 703/01 – zu I 1 der Gründe; 6. Dezember 2006 – 5 AZR 737/05 – Rn. 16; 23. September 2015 – 5 AZR 626/13 – Rn. 20).
b) Die über 48 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung der Klägerin wurde von der Vergütungsabrede der Parteien nicht erfasst. Nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung qualitativ und quantitativ allein die vereinbarte Arbeitsleistung (vgl. BAG 25. März 2015 – 5 AZR 874/12 – Rn. 20; 23. September 2015 – 5 AZR 626/13 – Rn. 20). Der Arbeitgeber kann Arbeitsleistung allerdings nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangen. Das vereinbarte Bruttojahresentgelt in Höhe von 32.500,00 Euro stellt deshalb die Gegenleistung für die wirksam vereinbarte Arbeitszeit dar, dh. für 48 Arbeitsstunden wöchentlich.
4. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Arbeitsleistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
a) § 612 BGB sieht nicht für jede Dienstleistung, die über die vertraglichen Pflichten hinaus erbracht wird, eine Vergütung vor. Vielmehr setzt die Norm stets voraus, dass die Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt (BAG 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10 – Rn. 21).
b) Die Leistung von Arbeitsstunden durch die Klägerin über das geschuldete Maß hinaus war nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Besondere Umstände, die gegen eine objektive Vergütungserwartung sprechen könnten, ergeben sich weder aus der Tätigkeit und Stellung der Klägerin noch aus der Höhe ihres Einkommens (vgl. BAG 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10 – Rn. 21).
c) Der Verstoß gegen § 3 ArbZG führt nicht zum Ausschluss eines Vergütungsanspruchs. Der Sinn des § 3 ArbZG besteht darin, eine Überforderung des Arbeitnehmers zu vermeiden (BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 15, BAGE 116, 66). Der Schutzzweck des § 3 ArbZG gebietet nicht, dem Arbeitnehmer Vergütung für Arbeitsleistungen zu versagen, die der Arbeitgebertrotz des Beschäftigungsverbots in Anspruch genommen hat. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes untersagen es dem Arbeitgeber nicht, die über die gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen hinaus erbrachten Arbeitsleistungen zu vergüten.
V. Der Klägerin steht nach § 612 Abs. 2 BGB weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto zu.
1. Für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Vergütung bleibt die vereinbarte Vergütung maßgebend. Die Vereinbarung einer Jahresvergütung bei gleichzeitiger Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit rechtfertigt den Schluss, dass sich die Jahresvergütung grundsätzlich auf die geschuldete Arbeitszeit bezieht und darüber hinausgehende Stunden anteilig zu vergüten sind (vgl. BAG 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – Rn. 15, 16, BAGE 116, 66).
2. Der mit der Reduzierung der – vermeintlich – geschuldeten Arbeitsleistung auf das gesetzlich zulässige Maß verbundene Eingriff in das arbeitsvertragliche Synallagma rechtfertigt keine andere Bewertung.
a) Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird durch das Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung und Vergütung bestimmt (BAG 27. April 2016 – 5 AZR 311/15 – Rn. 25). Für den Wert der Arbeitsleistung sollte nach den Vorstellungen der Parteien eine Arbeitszeit von 52,5 Stunden wöchentlich in Relation zur vereinbarten Vergütung bestimmend sein.
b) Eine diesem Regelungsplan Rechnung tragende ergänzende Vertragsauslegung zur Ermittlung der Höhe der geschuldeten Vergütung (vgl. hierzu BAG 18. November 2015 – 5 AZR 751/13 – Rn. 26 ff.) scheidet aus, weil die vertragliche Regelung nicht lückenhaft ist. Der Verstoß gegen § 3 ArbZG hat nach §§ 134, 139 BGB allein die Teilnichtigkeit der Arbeitszeitvereinbarung zur Folge. Er lässt die Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung im Übrigen unberührt (vgl. Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 34 Rn. 20).
c) Eine andere Bemessung der Vergütung für die wöchentlich über 48 Stunden hinaus geleisteten 4,5 Arbeitsstunden ist auch nicht unter Berücksichtigung der in § 313 BGB kodifizierten Rechtsgrundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage geboten.
aa) Nach § 313 Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB kann, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen, eine Anpassung des Vertrags nur verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (BAG 23. April 2013 – 3 AZR 513/11 – Rn. 36). Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann bei einem beiderseitigen Irrtum über die Rechtslage bei Abschluss des Vertrags anzunehmen sein, wenn ohne diesen beiderseitigen Irrtum der Vertrag nicht wie geschehen geschlossen worden wäre (vgl. zum Wegfall der Geschäftsgrundlage BAG 12. Januar 2005 – 5 AZR 144/04 – zu B I 3 a der Gründe). Eine Vertragsanpassung ist jedoch auch in diesem Fall nur bei erheblichen Störungen des Äquivalenzverhältnisses in Betracht zu ziehen.
bb) Von einer die Anpassung der Vergütungsabrede rechtfertigenden Störung der Geschäftsgrundlage kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der mit der Reduzierung der – vermeintlich – geschuldeten wöchentlichen Arbeitsleistung von 52,5 Stunden auf das gesetzlich zulässige Maß von 48 Stunden – dh. um weniger als 9 % – unter Beibehaltung der vereinbarten Vergütung verbundene Eingriff in das Äquivalenzverhältnis ist nicht so schwerwiegend, dass der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar wäre.
d) Die Beklagte schuldet der Klägerin danach ausgehend von einem vereinbarten Jahresverdienst in Höhe von 32.500,00 Euro brutto für im Zeitraum 1. März 2011 bis 30. September 2013 geleistete 607,5 Stunden weitere Vergütung in Höhe von 7.909,65 Euro brutto.
VI. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch nicht verwirkt. I.
1. Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob die Ansprüche der Klägerin verwirkt sind. Es hat allerdings den Sachverhalt, der für die Bewertung, ob die Ansprüche verwirkt sind, erforderlich ist, vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten. Der Senat kann deshalb die Prüfung der Verwirkung selbst vornehmen.
2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss – als Zumutbarkeitsmoment – das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG 25. April 2006 – 3 AZR 372/05 – Rn. 20, BAGE 118, 51; 22. Februar 2012 – 4 AZR 579/10 – Rn. 43; 25. September 2013 – 5 AZR 936/12 – Rn. 15).
3. Eine Verwirkung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Vorbringen der Beklagten und dem unstreitigen Sachverhalt keine Tatsachen ergeben, die geeignet wären, die Annahme zu rechtfertigen, der Beklagten sei es aufgrund eigener Dispositionen „unzumutbar” geworden (vgl. BAG 25. September 2013 – 5 AZR 936/12 – Rn. 28), die Ansprüche der Klägerin zu erfüllen, oder es sei ihr aufgrund sonstiger Umstände unzumutbar, sich auf die Klage einzulassen.
VII. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.
VIII. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann nicht weiter gehend die Vergütung der Stunden verlangen, die sie über 40 Stunden wöchentlich hinaus gearbeitet hat. Ein Anspruch nach § 612 Abs. 1 BGB scheidet aus, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung über die Vergütung von wöchentlich 48 Stunden getroffen haben. Die Ansprüche der Klägerin nach § 611 Abs. 1 BGB auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für eine Arbeitsleistung von 48 Stunden wöchentlich hat die Beklagte durch Zahlung erfüllt, § 362 Abs. 1 BGB.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber, Jungbluth, Zorn
Fundstellen
Dokument-Index HI10034420 |