Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Verdachtskündigung
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitnehmer kann trotz Freispruchs im Strafverfahren keine Schadenersatzansprüche im Anschluss an eine Verdachtskündigung gegen den Arbeitgeber geltend machen, wenn im Kündigungsrechtsstreit Arbeits- und Landesarbeitsgericht angenommen haben, aufgrund der gegebenen Sachlage seien keine weiteren Ermittlungen des Arbeitgebers erforderlich gewesen, sodass die Verdachtskündigung gerechtfertigt war.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1 S. 1, § 241 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Revisionsklägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 22. Mai 2015 – 12 Sa 5/15 – wird zurückgewiesen.
2. Die Revisionsklägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatz und nach übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kostentragungspflicht hinsichtlich eines zuvor vom Kläger (Erblasser) geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruchs.
Die Revisionsklägerin ist die Alleinerbin des am 26. August 2016 verstorbenen Erblassers. Dieser war seit dem 1. August 1978 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Ingenieur beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom 25. November 2002 vereinbarte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Erblasser ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996” (AltTZG) sowie „des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung”.
Im TV ATZ idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 heißt es ua.:
„§ 3 Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit |
(1) |
Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit. |
(2) |
Die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende Arbeit kann so verteilt werden, dass sie a) in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4 und 5 freigestellt wird (Blockmodell) oder … |
|
§ 5 Aufstockungsleistungen |
(1) |
Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bezüge zuzüglich des darauf entfallenden sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung werden um 20 v. H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag). … |
(2) |
Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 v. H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). … |
(3) |
Für die Berechnung des Mindestnettobetrages nach Absatz 2 ist die Rechtsverordnung nach § 15 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes zu Grunde zu legen. …” |
Die Altersteilzeit sollte gemäß § 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Juni 2009 bis zum 30. November 2011 und einer sich anschließenden Freistellungsphase vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Mai 2014 geleistet werden.
Ab dem Jahr 2005 war der Erblasser Leiter der „Hauptabteilung Projekte”. Er hatte zusammen mit einer weiteren zeichnungsberechtigten Person Unterschriftsvollmacht bei Auftragsvergaben bis 500.000,00 Euro. Ein Auftragnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten war Herr F, der vormals deren Arbeitnehmer war, sich dann selbstständig gemacht und zusammen mit einem Partner eine Unternehmensgruppe aufgebaut hatte. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war eine Großkundin dieser Unternehmensgruppe. Nachdem Herr F seine Unternehmen an eine andere Gesellschaft verkauft hatte, war er bis Mai 2004 Mitgeschäftsführer bei dieser Gesellschaft. Danach war er für sie übergeordnet und beratend tätig. In diesem Zusammenhang war er mit der Abwicklung restlicher Aufträge befasst, ua. auch für die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Der Anteil der mit Herrn F „verbundenen” Unternehmen an den Fremdaufträgen der Rechtsvorgängerin der Beklagten betrug zwischen 14 % und 93 %, so zB im Jahr 2005 23 %, im Jahr 2006 84 %, im Jahr 2007 93 % und im Jahr 2008 91 %. Herr F arbeitete regelmäßig mit dem Erblasser zusammen. Sie hatten auch privat Kontakt. In den Jahren 2004, 2007 und 2008 erhielt der Erblasser von Herrn F insgesamt 80.000,00 Euro. Herr F verfügte über ein den deutschen Steuerbehörden nicht bekanntes Konto bei der V in Österreich. Der Erblasser richtete dort ebenfalls ein Konto ein. Am 16. Juli 2004 suchten Herr F und der Erblasser die kontoführende Bank auf. Herr F hob 40.000,00 Euro von seinem Konto ab und übergab dem Erblasser dieses Geld. Dieser zahlte es auf sein Konto ein. Ende Dezember 2007 und Anfang Februar 2008 überwies Herr F weitere 40.000,00 Euro in zwei Teilbeträgen von seinem österreichischen Konto auf das österreichische Konto des Erblassers.
Aufgrund einer anonymen Anzeige gegen den Erblasser mit der Behauptung, dieser habe Geld von der W GmbH in Höhe von 955.200,00 Euro angenommen, erfolgten beim Erblasser sowie in den Geschäftsräumen der Rechtsvorgängerin der Beklagten Durchsuchungen. Infolgedessen wurde der Erblasser ab dem 21. Februar 2008 unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Am 3. März 2008 zahlte er Herrn F die 80.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe 4.562,50 Euro zurück.
Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs, Geld von der W GmbH angenommen zu haben, wurde eingestellt. Aufgrund der Durchsuchungen erfuhr die Staatsanwaltschaft von den Zahlungen des Herrn F an den Erblasser und eröffnete ein Ermittlungsverfahren. Im Januar 2011 erhob die Staatsanwaltschaft wegen dieser Zahlungen gegen den Erblasser Anklage wegen Vorteilsannahme.
Nach Anhörung des Erblassers und Beteiligung des Personalrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. April 2011, das dem Erblasser am 29. April 2011 zuging, wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung fristlos. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 14. Oktober 2011 (– 9 Ca 169/11 –) ab. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wies die Berufung des Klägers mit rechtskräftigem Urteil vom 25. April 2012 (– 13 Sa 135/11 –) zurück. Mit Urteil vom 13. Dezember 2013 (– 2 Kls 510 Js 8404/07 –) sprach das Landgericht Karlsruhe den Erblasser und die Mitangeklagten frei. Der Erblasser verlangte daraufhin mit Schreiben vom 14. Dezember 2013 von der Beklagten seine Wiedereinstellung.
Mit der Klage hat der Erblasser neben seiner Wiedereinstellung zuletzt noch Schadensersatz wegen entgangener Altersteilzeitvergütung für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 12. Dezember 2013 sowie die Erstattung von Behandlungs- und Arzneimittelkosten geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihn wiedereinzustellen. Der Verdacht einer strafbaren Handlung, der der Kündigung zugrunde gelegen habe, sei durch den Freispruch des Landgerichts beseitigt worden. Das Vertrauensverhältnis sei wiederhergestellt. Die Beklagte habe sich zu Unrecht allein auf die Anklageschrift verlassen. Sie hätte vor Ausspruch der Kündigung auch ihn entlastende Umstände aufklären müssen. So hätte sie insbesondere mindestens Herrn F und Herrn P dazu anhören müssen, dass es sich bei den unstreitigen Zahlungen des Herrn F an den Erblasser um Privatdarlehen gehandelt habe. Auch die Mitarbeiter der Beklagten, die als Arbeitskollegen, Vorgesetzte und Kontrolleure mit dem Erblasser zusammengearbeitet hätten, wären zu befragen gewesen, insbesondere auch der Vorstand Dr. Fr, der ihn während des laufenden Ermittlungsverfahrens über ein halbes Jahr beobachtet habe.
Der Erblasser hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot zur Wiederbegründung des beendeten Arbeitsverhältnisses der Parteien im Rahmen des Altersteilzeitvertrags vom 25. November 2002 zu unveränderten Bedingungen zum 13. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014 anzunehmen;
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn gemäß dem Arbeitsvertrag vom 29. Juni 1978 und dem Vertrag über Altersteilzeit vom 25. November 2002 zu unveränderten Bedingungen ab 13. Dezember 2013 wieder einzustellen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld mit Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn den Bruttolohn vom 1. Mai 2011 bis zum 12. Dezember 2013 gesetzlich verzinslich zu zahlen, und zwar 3.023,08 Euro brutto und einen zusätzlichen Aufstockungsbetrag von 2.011,46 Euro brutto zum 1. Juni 2011, 1. Juli 2011, 1. August 2011, 1. September 2011, 1. Oktober 2011, 1. November 2011, 1. Dezember 2011, 1. Januar 2012, 1. Februar 2012, 1. März 2012, 1. April 2012, 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013, 1. August 2013, 1. September 2013, 1. Oktober 2013, 1. November 2013, 1. Dezember 2013, und für Dezember 2013 verzinslich ab 15. Dezember 2013 1.263,65 Euro brutto und einen Aufstockungsbetrag von 843,52 Euro brutto, wobei vom Bruttobetrag 47.539,92 Euro gemäß der Abrechnung der Beklagten vom 25. Mai 2011 abzuziehen sind, außerdem sind vom Nettobetrag abzuziehen, die von der Agentur für Arbeit für die Zeit vom 23. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2013 täglich geleisteten 43,27 Euro, insgesamt für 558 Tage 24.144,66 Euro, die vom 1. Februar 2013 bis zum 30. Juni 2013 von der Deutschen Rentenversicherung geleisteten 1.934,03 Euro und von der VBL für die gleiche Zeit geleisteten 812,87 Euro monatlich, die vom 1. Juli 2013 bis zum 30. November 2013 von der Deutschen Rentenversicherung gezahlten 1.938,85 Euro und die von der VBL geleisteten 821,06 Euro sowie für Dezember 2013 anteilig bis zum 12. Dezember 2013 die von der Deutschen Rentenversicherung gezahlten 750,52 Euro und die von der VBL in dieser Zeit geleisteten 317,83 Euro;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 8.964,24 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, den vom Erblasser erhobenen Ansprüchen stehe die rechtskräftige Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren entgegen. Der Wiedereinstellungsanspruch könne nur auf Erkenntnissen beruhen, die nicht im Kündigungsschutzverfahren hätten eingebracht werden können. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Erblassers zurückgewiesen. Mit seiner Revision hat der Erblasser seinen Anspruch auf Wiedereinstellung zu den Bedingungen des Altersteilzeitarbeitsvertrags für die Zeit ab dem 13. Dezember 2013 sowie Schadensersatz wegen entgangener Vergütung für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis zum 12. Dezember 2013 und wegen Behandlungs- und Arzneimittelkosten in Höhe von 8.964,24 Euro weiterverfolgt. Nachdem der Erblasser am 26. August 2016 verstarb, hat seine Alleinerbin den Rechtsstreit im Revisionsverfahren mit Schriftsatz vom 9. November 2016 aufgenommen. Die Parteien haben den Antrag auf Wiedereinstellung beiderseits in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Revisionsklägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Beklagten. Hinsichtlich der Klage auf Wiedereinstellung hat sie die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.
A. Die Revisionsklägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil
die Beklagte, wie sie meint, den der Verdachtskündigung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt habe. Sie wirft der Beklagten vor, sie hätte durch Befragung beteiligter Personen zu der Feststellung gelangen können, dass es sich bei den dem Erblasser zur Verfügung gestellten Geldmitteln um eine Privatangelegenheit gehandelt habe.
I. Ein Schadensersatzanspruch folgt nicht als vertraglicher Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB.
1. Danach kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Nach § 241 Abs. 2 BGB erwachsen jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (BAG 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 31). Allerdings stellt nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB dar. Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten (BAG 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 – Rn. 37).
2. Ob die objektiven Voraussetzungen einer solchen Pflichtverletzung erfüllt sind, kann vorliegend dahinstehen. Eine Haftung der Beklagten scheitert jedenfalls schon daran, dass sie eine mögliche Pflichtverletzung nicht iSv. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat. Zum Vertretenmüssen gehören Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 BGB), sodass die Beklagte bereits für leichte Fahrlässigkeit einzustehen hätte (vgl. BGH 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09 – Rn. 3). Ihr kann aber auch eine leichte Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden.
3. Allerdings kann ein fehlendes Verschulden nicht schon daraus hergeleitet werden, dass gegen den Erblasser Anklage erhoben und das Hauptverfahren eröffnet wurde. Dies allein begründet noch keinen dringenden Verdacht zur Rechtfertigung einer Verdachtskündigung. Für die Erhebung der Anklage setzt die Strafprozessordnung einen genügenden Anlass, für die Eröffnung des Hauptverfahrens einen hinreichenden, aber noch keinen dringenden Tatverdacht voraus (BAG 29. November 2007 – 2 AZR 724/06 – Rn. 39). Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint (§ 203 StPO).
4. Der Annahme eines Verschuldens der Beklagten steht jedoch entgegen, dass Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren die Verdachtskündigung für wirksam erachtet haben. So hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung ausdrücklich darauf gestützt, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, weitere eigene Ermittlungen anzustellen, insbesondere sei sie nicht gehalten gewesen, den Mitangeklagten F selbst zu befragen. Wenn im Kündigungsrechtsstreit Arbeits- und Landesarbeitsgericht angenommen haben, aufgrund der gegebenen Sachlage seien keine weiteren Ermittlungen der Beklagten erforderlich gewesen, sodass die Verdachtskündigung gerechtfertigt sei, kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden, sie habe diese Kündigung mangels weiterer Ermittlungen fahrlässig ausgesprochen.
II. Ebenso wenig kommen deliktische Schadensersatzansprüche in Betracht.
1. Ansprüche aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB scheiden – wie bereits ausgeführt – mangels Verschulden der Beklagten aus.
2. Einem Anspruch aus § 826 BGB steht schon entgegen, dass ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht erkennbar ist. Die Beklagte hat das rechtskräftige Urteil im Kündigungsschutzverfahren nicht auf verwerfliche Art und Weise – etwa durch Ausnutzung der Besonderheit einer bestimmten Verfahrensart – erschlichen. Tatsachen, die auf ein gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßendes – mithin sittenwidriges – Verhalten der Beklagten hindeuten würden, sind nicht festgestellt (vgl. zum Begriff der guten Sitten BGH 20. November 2012 – VI ZR 268/11 – Rn. 25 mwN).
B. Die Revisionsklägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
I. Die Kostenentscheidung folgt für den Anspruch auf Schadensersatz aus § 97 Abs. 1 ZPO.
II. Hinsichtlich des Antrags auf (Wieder-)Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses hat die Revisionsklägerin die Kosten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.
1. Der Rechtsstreit ist insoweit in der Hauptsache erledigt. Davon ist auszugehen, wenn – wie hier – beide Parteien die Erledigungserklärung übereinstimmend abgegeben haben.
2. Gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, wenn die Parteien durch Einreichung eines Schriftsatzes den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit kommt es vornehmlich darauf an, wem die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen gewesen wären, wenn die Hauptsache nicht einvernehmlich für erledigt erklärt worden wäre. Dafür ist der mutmaßliche Ausgang des Rechtsstreits maßgeblich (vgl. BAG 22. Januar 2004 – 1 AZR 495/01 – zu II 2 der Gründe).
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze entspricht es billigem Ermessen, die Kosten der Revisionsklägerin aufzuerlegen. Dem Erblasser stand der geltend gemachte Anspruch auf (Wieder-)Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch in Betracht kommt, wenn die gegen eine Verdachtskündigung erhobene Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen wurde (für einen zeitlich nicht begrenzten Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers aufgrund seines Rehabilitationsinteresses bei zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeit KR/Fischermeier 11. Aufl. § 626 BGB Rn. 248 mwN).
a) Der Antrag ist darauf gerichtet gewesen, wieder ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis zu den Bedingungen des am 25. November 2002 geschlossenen Altersteilzeitarbeitsvertrags für die Zeit vom 13. Dezember 2013 bis zum 31. Mai 2014 zu begründen. Dieser Altersteilzeitarbeitsvertrag wurde auf der Grundlage des AltTZG und des TV ATZ vereinbart. Gemäß § 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags wurde Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Juni 2009 bis zum 30. November 2011 und einer Freistellungsphase vom 1. Dezember 2011 bis zur Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses am 31. Mai 2014 vereinbart. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endete aufgrund der dem Erblasser am 29. April 2011 zugegangenen fristlosen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 28. April 2011.
b) Damit hat der Erblasser die (Wieder-)Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ab dem 13. Dezember 2013 im Blockmodell begehrt, welches ausschließlich die Freistellungsphase umfasst. Einem solchen Anspruch stehen die Bestimmungen des AltTZG und des TV ATZ entgegen. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG und § 3 Abs. 1 Unterabs. 1 TV ATZ muss der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit vermindern. Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ ist die zu leistende Arbeit im Blockmodell so zu verteilen, dass sie in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit freigestellt wird. Die vorliegend begehrte Freistellung während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist damit gesetzlich und tarifvertraglich ausgeschlossen.
Unterschriften
Brühler, Suckow, Krasshöfer, Merte, Martin Lücke
Fundstellen
ZMV 2017, 335 |
ArbR 2017, 488 |
GWR 2017, 383 |
RdW 2018, 24 |