Problemdarstellung

Mit dem Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen und zur Änderung weiterer Gesetze (sog. E-Health-Gesetz) vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2408) wurde zum 1.1.2017 mit § 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. a SGB V eine eigene Rechtgrundlage für die Versicherungspflicht von Waisenrentnern eingeführt.

Die sich damals in diesem Zusammenhang stellenden Fragen der Rechtsauslegung wurden in der Besprechung zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner am 1.3.2016 geklärt (vgl. Punkt 1 der Niederschrift).

In der Zwischenzeit und insbesondere nach dem Inkrafttreten der Regelung am 1.1.2017 haben sich weitere Fragen bzw. Unklarheiten hinsichtlich der bisherigen Auslegungen ergeben, die teilweise bereits beantwortet sind (z. B. zur Beitragsfreiheit von vergleichbaren Waisenrenten aus dem Ausland, Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes 2017/038 vom 23.1.2017), teilweise aber noch einer Klärung zwischen den beteiligten Trägerbereichen bedürfen.

Besprechungsergebnis

Die Besprechungsteilnehmer stimmen sich zu den nachfolgend aufgeführten Punkten bzw. Fragestellungen wie folgt ab:

  1. Für Waisenrentner, die aufgrund des neuen Versicherungspflichttatbestandes "Waisenrentenbezug" krankenversicherungspflichtig sind, endet die Beitragsfreiheit der Waisenrente mit Erreichen der für die Familienversicherung maßgebenden Altersgrenzen (§ 10 Abs. 2 SGB V). Bei studierenden Waisenrentnern, die diese Altersgrenzen erreicht haben, endet zudem die Versicherungspflicht aufgrund des Waisenrentenbezuges (§ 5 Abs. 1 Nr. 11b Buchst. a SGB V), denn von diesem Zeitpunkt an ist diese Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 7 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V nachrangig gegenüber der Versicherungspflicht als Student (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 oder 10 SGB V).

    Für die Bemessung der Beiträge krankenversicherungspflichtiger Studenten bestimmt § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI die entsprechende Anwendung des § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V sowie des § 228 SGB V mit der Folge, dass vom Rentenversicherungsträger aus der Waisenrente uneingeschränkt Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einzubehalten sind. Da daneben auch der sogenannte Studentenbeitrag nach § 236 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu entrichten ist, entsteht für die betroffenen Waisenrentner zunächst eine beitragsmäßige Doppelbelastung.

    Zwar können die betroffenen Waisen – darauf hat der Gesetzgeber bereits in der Gesetzesbegründung hingewiesen – bei der zuständigen Krankenkasse die Erstattung ihres Eigenanteils an den Beiträgen aus der Rente beantragen (vgl. § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB V, BSG, Urteil v. 19.12.95, 12 RK 74/94, USK 95153), soweit dieser – zusammen mit den aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträgen – den Studentenbeitrag nicht übersteigt. In diesem Fall bekommt auch der Rentenversicherungsträger seinen Beitragsanteil erstattet (zu den Einzelheiten vgl. Abschn. A.VIII.3.2.1.3.4 des GR v. 2.12.2014-I. Gleichwohl führt diese – aus Sicht der betroffenen Waisenrentner äußerst umständliche – Verfahrensweise bei den Krankenkassen in zunehmendem Maße zu Beschwerden.

    Der nach § 236 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI zu zahlende Studentenbeitrag ist regelmäßig höher als der nach § 236 Abs. 2 Satz 1 SGB V i. V. m. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI aus der Rente zu entrichtende Beitragsanteil des Waisenrentners, sodass die Krankenkassen in der überwiegenden Zahl der Fälle die aus der Waisenrente einbehaltenen Beiträge auf Antrag ohnehin wieder in vollem Umfang an die Waise und in der Folge den Trägeranteil an den Rentenversicherungsträger zu erstatten haben. Angesichts dieser Tatsache stellt sich die Frage, ob für diesen Personenkreis eine verfahrensvereinfachende Lösung auf der Basis des geltenden Rechts denkbar ist oder ob es hierfür zwingend einer gesetzlichen Änderung bedarf.

    Antwort:

    Die dargestellte Problematik ist nicht neu. Sie betraf in der Vergangenheit jedoch nur eine sehr geringe Anzahl von Fällen, denn nach der bis 31.12.2016 geltenden Rechtslage trat für die überwiegende Mehrheit der studierenden Waisenrentner die studentische Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 oder 10 SGB V wegen der Vorrangregelung des § 5 Abs. 7 Satz 1 SGB V gar nicht ein. Vielmehr bestand durchgehend Versicherungspflicht in der KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V.

    Seit der Einführung des § 5 Abs. 7 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V zum 1.1.2017 (Einführung des Vorrangs der Versicherungspflicht als Student vor der Versicherungspflicht als Waisenrentner nach Erreichen der Altersgrenzen des § 10 Abs. 2 SGB V) sind jedoch nahezu alle studierenden Waisenrentner ab Vollendung des 25. Lebensjahres von der Thematik betroffen. Hinzu kommt, dass diese Waisenrentner wegen § 237 Satz 2 SGB V bis zum Erreichen der Altersgrenzen regelmäßig überhaupt keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen haben. Vor diesem Hintergrund wird die nach Erreichen der Altersgrenzen zunächst erforderliche "doppelte" Beitragsentrichtung...

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