Eine Entsendung im Sinne einer Ausstrahlung nach § 4 SGB IV bei Beschäftigung in einer ausländischen Beteiligungsgesellschaft (z. B. einer Tochtergesellschaft) liegt vor, wenn der Beschäftigte im Rahmen eines bei der inländischen Gesellschaft (fort-)bestehenden Beschäftigungsverhältnisses zeitlich begrenzt entsandt wird (vgl. Abschnitt 3.3.3 der Richtlinien zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung und Einstrahlung vom 02.11.2010). Ein Fortbestehen eines bei der inländischen Gesellschaft begründeten Beschäftigungsverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (§ 7 SGB IV) setzt voraus, dass der im Ausland Beschäftigte organisatorisch in den Betrieb in Deutschland eingegliedert bleiben bzw. sein muss. Außerdem muss er dem Weisungsrecht seines bisherigen Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit - unter Umständen in einer durch den Auslandseinsatz bedingten gelockerten Form - unterstehen. Schließlich muss sich der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers ausschließlich gegen den bisherigen Arbeitgeber richten. Dafür spricht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt des im Ausland Beschäftigten - weiterhin - in der Entgeltabrechnung wie für seine Beschäftigten im Inland ausweist. Darüber hinaus ist bei Konzernunternehmen maßgebend, ob das Arbeitsentgelt bei der Gewinnermittlung im Inland als Betriebsausgabe steuerrechtlich geltend gemacht wird (vgl. Urteil des BSG vom 07.11.1996 - 12 RK 79/94 -, USK 9651).
In diesem Zusammenhang ist fraglich, welche Bedeutung die steuerrechtliche Behandlung des Arbeitsentgelts hat und ob eine Entsendung im Sinne einer Ausstrahlung nach § 4 SGB IV generell auszuschließen ist, wenn das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe durch die aufnehmende Konzerngesellschaft geltend gemacht wird.
Bei konzerninternen Entsendungen ist entscheidend, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt. Dies gilt insbesondere bei kurzfristigen Entsendungen. Hier kommt der Eingliederung in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers als wesentliches Element eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem entsendenden Arbeitgeber entscheidende Bedeutung zu. Soweit dabei die Frage zu klären ist, gegen wen sich der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch richtet, gilt dies unverändert. Wer das Arbeitsentgelt bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe steuerlich geltend macht, tritt in diesem Zusammenhang bei der Beurteilung kurzfristiger Entsendungen in den Hintergrund.
Die steuerliche Geltendmachung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe durch die aufnehmende Konzerngesellschaft ist daher unschädlich, wenn
- der Einsatz des dort vorübergehend eingesetzten Arbeitnehmers einer in einem anderen Staat ansässigen Konzerngesellschaft von kurzfristiger Dauer ist; von kurzfristiger Dauer ist ein Einsatz, der zwei Monate nicht überschreitet,
- der Arbeitnehmer keinen anderen Arbeitnehmer ablöst, der zuvor vorübergehend dort eingesetzt war und
- sich der Arbeitsentgeltanspruch des Arbeitnehmers, ausschließlich gegen den entsendenden Arbeitgeber richtet.
Bei dem erneuten kurzfristigen Einsatz des Arbeitnehmers in demselben Staat bei demselben Unternehmen handelt es sich nur dann um eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung, wenn seit dem Ende der vorherigen vorübergehenden Beschäftigung dort mindestens zwei Monate vergangen sind.
Die vorstehenden Grundsätze gelten spätestens für ab 01.05.2011 beginnende Entsendungen. Soweit in der Vergangenheit anders verfahren wurde, wird dies nicht beanstandet.
Die Richtlinien zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) und Einstrahlung (§ 5 SGB IV) vom 02.11.2010 werden bei nächster Gelegenheit entsprechend ergänzt.