4.1 Grundlagen

Ein automatischer Übergang ins Arbeitsverhältnis ist an sich nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber will offenbar beide Rechtsverhältnisse trennen und vermeiden, dass der Ausbildende wegen der Gefahr eines Arbeitsverhältnisses schon vor der Aufnahme eines Auszubildenden zurückschreckt.

Auch wenn die Regelung wegen der Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG[1] kaum eine Rolle spielt, wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit der befristeten Übernahme des (ehemaligen) Auszubildenden über § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG eröffnen. Diese Norm zeigt ungeachtet ihres geringen Anwendungsbereichs[2], dass eine "automatische" Übernahme an sich nicht vorgesehen ist.

In diesem Bereich bestehende abweichende Regelungen werden im Folgenden dargestellt.

[1] Ein Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis i. S. v. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG: BAG, Urteil v. 12.4.2017, 7 AZR 446/15; BAG, Urteil v. 21.9.2011, 7 AZR 375/10.
[2] ErfK/Müller-Glöge, § 14 TzBfG Rz. 29.

4.2 Weiterarbeit gemäß § 24 BBiG

Die zentrale Ausnahme stellt § 24 BBiG dar. Die Vorschrift lautet:

"Werden Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, so gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet."

Diese Norm hat verwandte Vorschriften in § 625 BGB und § 15 Abs. 6 TzBfG. Damit die Rechtsfolge des Arbeitsverhältnisses mit einem Vergütungsanspruch nach § 612 Abs. 2 BGB[1] eingreift, muss zunächst eine faktische Beschäftigung im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis erfolgen.

Wann das Berufsausbildungsverhältnis endet, bestimmt sich objektiv unter Berücksichtigung des Datums der Abschlussprüfung und dem vorgesehenen Ende des Ausbildungsverhältnisses.[2]

Über dieses objektive Datum muss eine "Beschäftigung" stattgefunden haben. Hierfür reicht weder ein beispielsweise vom ehemaligen Auszubildenden ausgerichtetes Abschiedsfrühstück, noch die Fortsetzung des Berufsschulbesuchs.[3] Der (ehemalige) Auszubildende muss vielmehr weiterhin an seiner betrieblichen Ausbildungsstätte erscheinen und tätig werden.[4]

Auch wenn § 24 BBiG dem Wortlaut nach nicht voraussetzt, dass dem Arbeitgeber sämtliche Umstände bekannt sind, ist doch unstreitig, dass es ein subjektives Element aufseiten des Arbeitgebers geben muss. Das BAG führt aus: "Die gesetzliche Fiktion des § 24 BBiG (…) setzt als subjektives Tatbestandsmerkmal grundsätzlich voraus, dass der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit und endet das Berufsausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 2 BBiG mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, genügt die Kenntnis, dass die vom Auszubildenden erzielten Prüfungsergebnisse zum Bestehen der Abschlussprüfung ausreichen."[5]

 
Praxis-Beispiel

Weiterarbeit gemäß § 24 BBiG

Das Ausbildungsverhältnis soll bis zum 30.6.2024 dauern. Der Ausbildende stellt den Auszubildenden am 3.6.2024 frei, weil die Prüfung am 4.6.2024 stattfindet. Am 5.6.2024 erscheint der Auszubildende zur Arbeit, verkündet, dass er die Prüfung bestanden habe, zeigt dem Ausbildenden sein Zeugnis und fährt mit der Arbeit fort, die er an seinem letzten Ausbildungstag begonnen hatte. Auch in den nächsten Tagen arbeitet er während der üblichen Ausbildungszeiten.

Hier greift § 24 BBiG ein. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass er beispielsweise trotz der bestandenen Prüfung dachte, das Ausbildungsverhältnis werde erst am 30.6.2024 enden.

4.3 Tarifliche Übernahmeverpflichtung

In einigen Tarifverträgen (insbesondere im öffentlichen Dienst)[1] gibt es unterschiedlich ausgestaltete Übernahmeverpflichtungen. In der Regel bindet die jeweilige Tarifnorm nur den Arbeitgeber, der etwa einem vorab festgelegten Kontingent von Auszubildenden oder jedem Auszubildenden unter bestimmten Voraussetzungen ein Angebot auf Abschluss eines – in der Regel befristeten – Arbeitsverhältnisses machen muss.

 
Praxis-Beispiel

Regelungen zur Übernahme

§ 2 des Tarifvertrags zur Übernahme von Ausgebildeten im Textilreinigungsgewerbe lautet:

(1) Auszubildende werden in der Regel nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung für 12 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen.
(2)

Der Arbeitgeber kann die Übernahme verweigern,

  • soweit das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist
  • oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.

Der Auszubildende sollte mindestens 3 Monate vor dem Ende der Ausbildung darüber informiert werden, dass die Übernahme nicht möglich ist.

In einem weiteren Tarifvertrag[2] heißt es (für Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten):

§ 2 Übernahme von Auszubildenden

2.1 Auszub...

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