Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung eines in Österreich ansässigen Berufssportlers
Leitsatz (amtlich)
Erzielt ein in Österreich ansässiger selbstständiger Berufssportler Einkünfte aus der Teilnahme an Sportveranstaltungen in Deutschland, so dürfen diese nach dem DBA-Österreich vom 4. Oktober 1954 nur dann der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden, wenn sie einer in Deutschland bestehenden Betriebsstätte des Sportlers zuzuordnen sind.
Normenkette
DBA AUT Art. 4 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1-2, Art. 13 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
FG Köln (EFG 1999, 707; LEXinform-Nr. 0551024) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Einkünfte des Klägers und Revisionsbeklagten (Klägers) in Deutschland der Einkommensteuer unterworfen werden dürfen oder ob dem das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 4. Oktober 1954 (8) entgegensteht.
Der Kläger, ein Berufssportler, war in den Streitjahren (1993 bis 1997) in Österreich ansässig. In Deutschland hatte er weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter.
In den Streitjahren nahm der Kläger in Deutschland wiederholt an Sportturnieren teil. Von den hierfür zu zahlenden Vergütungen haben die Turnierveranstalter gemäß § 50d Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 50a Abs. 4 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Einkommensteuer einbehalten und abgeführt. Anträge des Klägers auf Erstattung der betreffenden Steuerbeträge sowie auf Erteilung von Freistellungsbescheiden für die Teilnahme an künftigen Turnieren lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Bundesamt für Finanzen ―BfF―) ab.
Das Finanzgericht (FG) hat das BfF durch mehrere Urteile verpflichtet, dem Kläger die beantragten Bescheide zu erteilen. Hiergegen wendet sich das BfF mit seinen vom FG zugelassenen Revisionen.
Das BfF beantragt, die erstinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revisionen.
Entscheidungsgründe
II. Die verschiedenen Revisionsverfahren werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
III. Die Revisionen sind unbegründet. Das FG hat das BfF zu Recht verpflichtet, dem Kläger die begehrten Freistellungsbescheide zu erteilen. Denn die Einkünfte des Klägers aus dessen Teilnahme an inländischen Sportveranstaltungen dürfen nach dem für die Streitjahre geltenden DBA-Österreich in Deutschland nicht besteuert werden:
1. Der Kläger hatte in den Streitjahren in Österreich, nicht aber in Deutschland einen Wohnsitz i.S. des Art. 1 DBA-Österreich. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf deshalb keiner Erörterung.
2. Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Österreich hat, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten Einkünfte bezieht und für diese Einkünfte in den vorangegangenen Artikeln keine Regelung getroffen ist, der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte. Der andere Vertragsstaat darf in diesem Fall ―vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Sonderbestimmungen― die betreffenden Einkünfte nicht besteuern (Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich). Hieraus folgt, dass die streitigen Einkünfte des Klägers nur dann der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden dürfen, wenn dies in Art. 3 bis 12 des DBA-Österreich ausdrücklich zugelassen ist.
3. Im Streitfall ergibt sich ein deutsches Besteuerungsrecht nicht aus Art. 4 Abs. 1 DBA-Österreich. Hiernach dürfen Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen nur insoweit von dem anderen als dem Wohnsitzstaat besteuert werden, als sie auf eine in jenem Staat belegene Betriebsstätte entfallen. Um solche Betriebsstätteneinkünfte geht es im Streitfall nicht, da nach den Feststellungen des FG der Kläger keine inländische Betriebsstätte unterhielt. Hiervon geht auch das BfF aus.
4. Es meint indessen, dass Deutschland nach Art. 8 Abs. 1 DBA-Österreich berechtigt sei, die in Rede stehenden Einkünfte des Klägers zu besteuern. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen:
a) Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich hat, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat Einkünfte aus einer im anderen Staat ausgeübten selbstständigen Arbeit bezieht, der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte. Die Vorschrift setzt mithin das Vorliegen von Einkünften "aus selbstständiger Arbeit" voraus. Hieran fehlt es im Streitfall:
aa) Der Begriff "Einkünfte aus selbstständiger Arbeit" ist zwar im DBA-Österreich selbst nicht definiert. Er lehnt sich jedoch eng an die Wortwahl des deutschen Rechts an, das in § 18 EStG denselben Terminus verwendet. Zudem bestimmt Art. 8 Abs. 2 DBA-Österreich, dass zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit insbesondere die Einkünfte aus freien Berufen gehören; diese Zuordnung stimmt ebenfalls mit derjenigen des deutschen Rechts (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) überein. Schließlich ergibt sich aus dem Schlussprotokoll zum Abkommen (Nr. 20 zu Art. 8), dass auch bei der Bestimmung der einzelnen "freien Berufe" die Abkommensparteien weitgehend von einer Parallele zum deutschen Recht (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) ausgegangen sind. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, bei der Auslegung des abkommensrechtlichen Begriffs auf die Kategorien des § 18 EStG zurückzugreifen.
bb) Aus der Sicht des deutschen Rechts sind die hier zu beurteilenden Einkünfte des Klägers keine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Ein Berufssportler erzielt vielmehr, wie der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt entschieden hat, Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG (BFH-Urteile vom 16. März 1951 IV 197/50 U, BFHE 55, 255, BStBl III 1951, 97; vom 22. Januar 1964 I 398/60 U, BFHE 78, 543, BStBl III 1964, 207; Klein, Internationales Steuerrecht ―IStR― 1996, 361, 362, m.w.N.). Diese Einschätzung entspricht nicht nur seit jeher der Verwaltungspraxis, sondern auch ―soweit ersichtlich― der Handhabung im österreichischen Steuerrecht (vgl. hierzu z.B. Loukota/Jirousek, Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 1994, Rz. 298). Für die abkommensrechtliche Behandlung folgt hieraus, dass die in Rede stehenden Einkünfte nicht Art. 8, sondern ―als Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen― Art. 4 DBA-Österreich unterliegen (ebenso z.B. Klein, IStR 1996, 361 ff.; Maßbaum in Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 8 DBA-Österreich Rz. 18; Loukota/ Jirousek, a.a.O; Toifl, Steuer & Wirtschaft International, Wien, ―SWI― 1997, 16).
b) Das BfF stützt seine abweichende Auffassung vor allem auf Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich. Es meint, aus der dort getroffenen Regelung ergebe sich, dass die Vertragsstaaten die Einkünfte von Berufssportlern systematisch dem Anwendungsbereich des Art. 8 DBA-Österreich zuordnen wollten. Das hält der Senat für nicht zutreffend.
aa) Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 DBA-Österreich liegt die Ausübung eines freien Berufs in dem anderen als dem Wohnsitzstaat nur dann vor, wenn die Tätigkeit unter Benutzung einer ―im Abkommen selbst näher qualifizierten― ständigen Einrichtung ausgeübt wird. Als Ausnahmeregelung hierzu bestimmt Satz 2 des Absatzes 2, dass die Voraussetzung der ständigen Einrichtung nicht für freiberuflich ausgeübte künstlerische, vortragende, sportliche oder artistische Tätigkeiten gilt. Wann eine sportliche Tätigkeit "freiberuflich" im Sinne des Abkommens ausgeübt wird, sagt Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich nicht.
Nach Ansicht des BfF ist dieser Regelung indessen zu entnehmen, dass nach den Vorstellungen des Abkommensgebers bei sportlichen Tätigkeiten generell der Tätigkeitsstaat zur Besteuerung berechtigt sein soll. Das zeige sich daran, dass Art. 8 Abs. 2 Satz 1 DBA-Österreich eine "ständige Einrichtung" auch dann für entbehrlich erkläre, wenn wegen der Art der Einkünfte eine solche eigentlich Voraussetzung der Besteuerung durch den Tätigkeitsstaat wäre (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 DBA-Österreich). Der Abkommensgeber habe mit dieser Regelung bewirken wollen, dass speziell bei sportlichen Tätigkeiten eine rein ausübungsbezogene Besteuerung möglich sei, ohne dass es auf qualifizierende Merkmale ―wie z.B. das Vorliegen einer Betriebsstätte oder einer ständigen Einrichtung― ankomme. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich folge insoweit derselben Systematik wie Art. 17 des OECD-Musterabkommens (OECD-MustAbk), der ausdrücklich einen Vorrang der Spezialbestimmungen vor den allgemeinen Zuteilungsnormen anordne. Einen anderen Zweck könne die Vorschrift nicht haben, da bei Abschluss des Abkommens bekannt gewesen sei, dass selbstständige Sportler und Artisten nicht als Freiberufler angesehen werden. Eine gegenstandslose Regelung geschaffen zu haben, könne dem Abkommensgeber nicht unterstellt werden.
bb) Nach Ansicht des Senats kann aus Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich das vom BfF angestrebte Ergebnis nicht abgeleitet werden. Hierfür sind vor allem folgende Erwägungen maßgeblich:
aaa) Der Wortlaut der Vorschrift vermag die Annahme, dass es sich um eine einkunftsartenübergreifende Regelung für alle selbstständigen sportlichen Tätigkeiten handeln soll, nicht zu stützen. Es ist dort ausdrücklich (nur) von "freiberuflich" ausgeübten Tätigkeiten die Rede, was dafür spricht, dass es allein um eine Ausnahmeregelung zu Art. 8 Abs. 2 Satz 1 DBA-Österreich geht. Hätten die Vertragsstaaten die Besteuerung von Sportlern ―wie vom BfF vorgetragen― generell abweichend von den allgemeinen Regeln ausgestalten wollen, so hätte dies ohne weiteres eindeutig zum Ausdruck gebracht werden können. In diesem Punkt unterscheidet sich das DBA-Österreich insbesondere deutlich von dem OECD-MustAbk, das in Art. 17 Abs. 1 eine umfassende Künstler- und Sportlerklausel enthält und dieser ausdrücklich den Vorrang vor anderen möglicherweise einschlägigen Bestimmungen einräumt. Gerade der Vergleich mit Art. 17 des OECD-MustAbk weckt erhebliche Zweifel daran, dass in Art. 8 DBA-Österreich eine inhaltlich übereinstimmende Bestimmung getroffen werden sollte; der stark unterschiedliche Wortlaut beider Abkommen weist eher auf eine voneinander abweichende inhaltliche Ausgestaltung hin.
bbb) Vor allem aber spricht gegen die vom BfF vertretene Interpretation, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens die Vereinbarung einer allgemeinen und einkunftsübergreifenden Sportlerklausel den Zielen des Abkommens und den Interessen der Vertragsstaaten nicht entsprochen hätte. Nach der damals geltenden Rechtslage hätte sie nämlich in großem Umfang zu einer endgültigen Nichtbesteuerung von Einkünften führen können:
Das Abkommen stammt aus dem Jahr 1954. Seinerzeit war ―zumindest nach deutschem Recht― die Tätigkeit eines im Ausland ansässigen Sportlers kein Anknüpfungspunkt für dessen Einkommensteuerpflicht. § 49 EStG in der damals geltenden Fassung machte vielmehr ―abgesehen von hier nicht einschlägigen Sonderregelungen― bei Gewerbetreibenden die beschränkte Steuerpflicht vom Vorhandensein einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters im Inland abhängig. Demgemäß hätten nach damaliger Rechtslage z.B. die im Streitfall vorliegenden Einkünfte nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen. Wäre die Auslegung des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich durch das BfF zutreffend, dann hätten sie wegen Art. 15 Abs. 1 DBA-Österreich in Österreich ebenfalls nicht besteuert werden dürfen, da sie abkommensrechtlich Deutschland zur Besteuerung zugewiesen wären. Auf diese Weise wären vollständig unbesteuerte Einkünfte entstanden. Dass die Vertragsstaaten ein solches Ergebnis gewollt oder in Kauf genommen haben, kann nicht unterstellt werden.
Die Rechtslage hat sich zwar inzwischen dadurch geändert, dass der Katalog der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte u.a. um die Einkünfte aus einer im Inland ausgeübten sportlichen Tätigkeit erweitert worden ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG). Diese Änderung ist jedoch erst durch das Steuerbereinigungsgesetz (StBereinG) 1986 vom 19. Dezember 1985 (BStBl I 1985, 735) erfolgt und mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 1986 in Kraft getreten (§ 52 Abs. 1 EStG 1986). Sie kann bei der Auslegung einer Bestimmung, die im Jahre 1954 vereinbart worden ist, nicht berücksichtigt werden. Erst recht kann sich nicht allein dadurch, dass sich die auszulegende Bestimmung nunmehr anders als bei Abfassung des Abkommens auswirkt, ihre Bedeutung grundlegend geändert haben. Deshalb ist auch in Ansehung der Streitjahre allein maßgeblich, wie sich eine bestimmte Auslegung des Abkommens ursprünglich ausgewirkt hätte.
Vor diesem Hintergrund ist dem BfF zwar zuzugeben, dass ein am Wortlaut und am deutschen Recht orientiertes Verständnis des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich der Vorschrift nur einen geringen ―oder möglicherweise gar keinen― Anwendungsbereich belässt. Das könnte aber nur dann zu der vom BfF vertretenen Auslegung führen, wenn anzunehmen wäre, dass die Vertragsstaaten tatsächlich eine generelle Besteuerung von Sportlern durch den Tätigkeitsstaat anordnen wollten und ihnen lediglich die Wortwahl missglückt ist. Eine solche Annahme verbietet sich jedoch im Streitfall deshalb, weil eine generell wirkende Sportlerklausel aus der Sicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu interessenwidrigen Ergebnissen geführt hätte. Dafür, dass Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich gleichwohl eine solche Klausel beinhalten sollte, bietet die Vorschrift keinen hinreichenden Anhaltspunkt.
ccc) Hinzu kommt, dass die Finanzverwaltungen der beiden Vertragsstaaten im Jahr 1989 eine Verständigungsvereinbarung getroffen haben, nach der die in Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich enthaltene "Künstler- und Sportlerklausel … insgesamt nur … im Bereich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit Wirkung entfalten kann" und deshalb Einkünfte eines gewerblich tätigen Künstlers oder Sportlers nicht erfasst (vgl. hierzu Erlass des österreichischen Bundesministeriums der Finanzen vom 8. August 1989 Z 04 1482/6-IV/4/89, abgedruckt bei Lang/Schuch, DBA Deutschland-Österreich, S. 599, sowie Finanzministerium Niedersachsen, Erlass vom 16. Mai 1995 S 1301 - 605 - 33, Finanz-Rundschau ―FR― 1995, 522). Diese Vereinbarung beruhte ersichtlich auf der Vorstellung, dass bei der Frage nach der "Freiberuflichkeit" einer sportlichen Tätigkeit auf das nationale Recht abzustellen sei, dass also ein i.S. des § 15 EStG gewerblich tätiger Sportler abkommensrechtlich Art. 4 DBA-Österreich unterfalle. Durch sie ist der Abkommensinhalt zwar nicht in dem genannten Sinne festgelegt, sondern lediglich ausgelegt worden. Auch sind sowohl Deutschland als auch Österreich inzwischen von der Verständigungsvereinbarung abgerückt (vgl. hierzu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. März 1996 IV C 6 -S 1343- 1/96, BStBl I 1996, 161, und Finanzministerium Niedersachsen, Erlass vom 25. April 1996 S 1301 - 605 - 33, FR 1996, 507, sowie aus österreichischer Sicht z.B. Lang/Schuch in Debatin/Wassermeyer, DBA Österreich Art. 8 Rz. 33, und Toifl, SWI 1997, 16, 18). Dennoch zeigt die Vereinbarung, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten Art. 8 Abs. 2 Satz 2 DBA-Österreich über längere Zeit in derjenigen Weise verstanden haben, die jetzt der Kläger für sich in Anspruch nimmt. Dass diese Auslegung zu einem erkennbar sinnlosen Ergebnis führe und deshalb in der vom BfF angestrebten Weise korrigiert werden müsse, kann auch unter diesem Gesichtspunkt nicht angenommen werden.
cc) Zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage führt schließlich nicht der Umstand, dass der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine vergleichbare abkommensrechtliche Frage in dem nunmehr vom BfF angestrebten Sinne beurteilt hat (Erkenntnis vom 10. Mai 1972 Z 1637/70, Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes ―Finanzrechtlicher Teil― Jg. 27, Nr. 4385).In jener Entscheidung ging es um das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein, dessen Art. 6 in Abs. 1 bestimmte, dass der Tätigkeitsstaat "Einkünfte aus freien Berufen" nur bei Bestehen einer festen Einrichtung besteuern durfte. Sodann sah Abs. 2 jener Vorschrift vor, dass die "durch selbstständige Berufsausübung erzielten Einkünfte von … Musikern" unabhängig vom Vorhandensein einer solchen Einrichtung dem Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaates unterlagen. Der VwGH hat seinerzeit Art. 6 Abs. 2 des Abkommens mit Liechtenstein als eine "spezielle Zuteilungsregel" angesehen, auf Grund derer die Einkünfte von Musikern abkommensrechtlich auch dann Art. 6 unterfielen, wenn es sich aus der Sicht des innerstaatlichen Steuerrechts um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handele. Er hat dabei aber den nach Ansicht des Senats entscheidenden Gesichtspunkt, dass nämlich eine solche Auslegung in einer Vielzahl von Fällen zu unbesteuerten Einkünften hätte führen können, nicht angesprochen; möglicherweise stellte sich diese Problematik im Verhältnis zwischen Österreich und Liechtenstein nicht. Jedenfalls aber kann vor diesem Hintergrund die genannte Entscheidung nicht auf die Auslegung des Art. 8 DBA-Österreich übertragen werden.
5. Weitere Bestimmungen des DBA-Österreich, aus denen sich im Streitfall ein deutsches Besteuerungsrecht ableiten ließe, sind nicht erkennbar und auch vom BfF nicht aufgezeigt worden. Demgemäß bleibt es bei dem sich aus Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 Satz 1 DBA-Österreich ergebenden ausschließlichen Besteuerungsrecht Österreichs. Das BfF ist mithin verpflichtet, dem Kläger die beantragten Freistellungsbescheide zu erteilen. Das hat das FG zutreffend erkannt, weshalb die Revisionen gegen seine Entscheidung gemäß § 126 Abs. 2 FGO als unbegründet zurückgewiesen werden müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 515066 |
BFH/NV 2001, 512 |
BStBl II 2002, 271 |
BFHE 193, 343 |
BFHE 2001, 343 |
BB 2001, 1130 |
BB 2001, 458 |
DB 2001, 846 |
DStRE 2001, 362 |
HFR 2001, 415 |
StE 2001, 110 |