Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Abgrenzung von selbständiger Arbeit und gewerblicher Tätigkeit bei Hausverwaltern.
Daß Angehörige freier Berufe im Sinne von § 18 Abs. 1 EStG 1960 freiberuflich tätig bleiben können, auch wenn sie sich in größerem Umfang der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, gilt nicht für die sonstige selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1960. Hausverwalter, die eine große Zahl von Objekten verwalten und sich zur Erledigung ihrer Arbeit laufend mehrerer Hilfskräfte bedienen, sind in der Regel Gewerbetreibende.
Ist ein Hausverwalter gleichzeitig in größerem Umfang als Makler und Versicherungsvertreter tätig, so ist in der Regel seine Gesamtätigkeit einheitlich als gewerblich zu behandeln.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 3 Ziff. 2, § 2/3/3, §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 3; GewStG § 2 Abs. 1, 2 Ziff. 1, § 7
Tatbestand
Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) ist eine GbR, an der zwei Gesellschafter beteiligt sind. Die Stpfl. befaßt sich mit der Verwaltung von fremden Grundstücken und tritt auch als Maklerin und Versicherungsagentin auf. Streitig ist, ob ihre gesamten Erträgnisse gewerbesteuerpflichtig sind.
Das Finanzamt (FA) unterwarf in den Jahren 1957 bis 1959 nur die Einkünfte aus dem Versicherungs- und Maklergeschäft der Gewerbesteuer, sah aber die Hausverwaltung als eine selbständige Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG an. In dem Streitjahr 1960 ändert es seine Rechtsauffassung und setzte den Gewerbesteuermeßbetrag nach dem gesamten Ertrag des Unternehmens fest.
Die Stpfl. bittet, sie von der Gewerbesteuer freizustellen, weil die Hausverwaltung eine selbständige Tätigkeit sei. Das FA verstoße gegen Treu und Glauben, weil es in der Vergangenheit die Einkünfte aus der Hausverwaltung nicht zur Gewerbesteuer herangezogen und das ausdrücklich in einem Betriebsprüfungsbericht bestätigt habe. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück und führte aus, der Gewerbesteuermeßbescheid 1960 sei nicht zu beanstanden. Die Stpfl. sei eine Personengesellschaft und darum gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG allein ihrer Rechtsform wegen gewerbesteuerpflichtig. Für einen Gewerbebetrieb spreche auch, daß die Stpfl. etwa 150 Grundstücke mit rund 1.500 Mietern betreut habe. Ihr Hinweis auf Treu und Glauben greife nicht durch. Das FA habe zwar zunächst die Einkünfte aus der Verwaltung fremder Grundstücke gewerbesteuerlich nicht erfaßt. Es habe sich aber nicht, vor allem auch nicht im Betriebsprüfungsbericht, für die Zukunft bindend festgelegt, die Einkünfte aus der Grundstücksverwaltung von der Gewerbesteuer überhaupt freizustellen. Die Stpfl. habe darum nicht annehmen dürfen, das FA werde bei allen künftigen Veranlagungen so wie in den Jahren 1957 mit 1959 verfahren.
Mit der Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt die Stpfl. unrichtige Anwendung der §§ 2 Abs. 2 Ziff. 1, 7 GewStG in Verbindung mit §§ 2 Abs. 3 Ziff. 2, 3, 15 - 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG. Sie führt aus, die Grundstücksverwaltung werde in selbständiger Tätigkeit ausgeübt; das ergebe sich insbesondere daraus, daß die Firma in dem Streitjahr nur eine Angestellte und drei Lehrlinge beschäftigt habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Gewerbesteuer unterliegen gemäß § 2 Abs. 1 GewStG nur Gewerbebetriebe, nicht auch die selbständige Arbeit im Sinne von § 18 EStG. Eine Hausverwaltung kann gemäß § 2 Abs. 3 Ziff. 2 EStG in Verbindung mit § 15 EStG gewerblich oder aber gemäß § 2 Abs. 3 Ziff. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG in selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden. Der BFH hat im Urteil IV 395/54 U vom 1. Dezember 1955 BStBl 1956 III S. 45, Slg. Bd. 62 S. 120) ausgeführt, die Tätigkeit eines Hausverwalters sei selbständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG, wenn die persönliche Arbeitsleistung des Hausverwalters im Vordergrund stehe und fremde Personen nur zur Hilfeleistung herangezogen würden. Diese Voraussetzungen werden in der Regel erfüllt sein, wenn ein Hausverwalter nur wenige Häuser betreut. Sobald jedoch eine größere Zahl von Gebäuden verwaltet wird und die laufende Verwaltungsarbeit im wesentlichen nicht mehr von dem Verwalter allein bewältigt werden kann und eine entsprechende Verwaltungsorganisation geschaffen werden muß, wird die Hausverwaltung zur gewerblichen Tätigkeit.
Eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG setzt voraus, daß die Arbeit ausschließlich oder fast ausschließlich auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Die Vervielfältigung der Arbeitskraft des Berufsträgers, vor allem im Rahmen einer kaufmännischen Organisation, schließt die Anwendung des § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG aus. Daran hat auch das Gesetz zur änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes und des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (StändG 1960) vom 30. Juli 1960 (BGBl 1960 I S. 616, BStBl 1960 I S. 514), das die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG neu gefaßt hat, nichts geändert. Angehörige freier Berufe im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG können nach der Neufassung des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG 1960 unter bestimmten Voraussetzungen freiberuflich tätig sein, auch wenn sie sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen. Der sogenannten Vervielfältigungstheorie des RFH und des BFH ist durch den Eingriff des Gesetzgebers der Boden entzogen worden. Das gilt aber nicht für § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG. Dort gilt sie weiter und ist durch das StändG 1960 nicht berührt worden.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen konnte das FG zu seiner Entscheidung kommen. Sollte das FG allerdings der Auffassung sein, daß Personengesellschaften ihrer Rechtsform wegen gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GewStG immer gewerbesteuerpflichtig seien, so wäre dem nicht zuzustimmen. Schließen sich Freiberufler, etwa ärzte oder Rechtsanwälte, zu einer Gemeinschaft zusammen, so wird die Gemeinschaft nicht gewerbesteuerpflichtig. Die Mitglieder der Gemeinschaft erzielen trotz des Zusammenschlusses zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nach wie vor Einkünfte aus freiem Beruf. Anders kann die Frage bei im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften zu beurteilen sein (vgl. zusammenfassend BFH-Urteil IV 427/62 U vom 9. Juli 1964, BStBl 1964 III S. 530, Slg. Bd. 80 S. 154). Dieser Fall liegt aber hier nicht vor.
Entscheidend ist also, ob die Tätigkeit der Stpfl. ihrer Art nach gewerblich ist. Das FG hat das in erster Linie wegen des Umfangs der Verwaltung angenommen. Es stellt fest, der Umfang der Hausverwaltung, insbesondere auch die große Zahl von Mietern, habe eine kaufmännische Organisation erfordert. Ob zeitweise mehr oder weniger Angestellte beschäftigt wurden, sei demgegenüber unerheblich. Diese Würdigung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ergänzend hätte das FG seine Auffassung auch darauf stützen können, daß die Stpfl. gleichzeitig als Grundstücksmaklerin und Versicherungsagentin aufgetreten ist, Tätigkeiten, die ihrer Art nach einwandfrei gewerblich sind. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit waren auch nicht unbedeutend, sondern haben im Jahre 1953 = 3.088 DM und 1.728 DM, im Jahre 1954 = 3.294 DM und 4.612 DM, im Jahre 1955 = 2.992 DM und 6.251 DM, im Jahre 1956 = 4.023 DM und 6.061 DM, im Jahre 1957 = 4.332 DM und 6.723 DM, im Jahre 1958 4.900 DM und 1.543 DM, im Jahre 1959 = 5.001 DM und 6.506 DM und im Jahre 1960 = 4.249 DM und 2.381 DM betragen. Diese gewerblichen Tätigkeiten stehen in engem Zusammenhang mit der Verwaltungsarbeit und erwachsen aus ihr. Sie beeinflussen wesentlich das Gesamtbild der Tätigkeit der Stpfl., auf das es bei der Abgrenzung von gewerblicher und sonstiger selbständiger Tätigkeit wesentlich ankommt (Urteil des BFH I 200/59 S vom 3. Oktober 1961, BStBl 1961 III S. 567, Slg. Bd. 73 S. 827). Eine Aufteilung der Einkünfte auf die verschiedenen Arten der Tätigkeit ist in solchen Fällen nicht zulässig, wie im Urteil IV 427/62 U (a. a. O.) dargelegt ist.
Die Vorentscheidung war demnach im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 412118 |
BStBl III 1966, 489 |
BFHE 1966, 305 |
BFHE 86, 305 |