Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wechselschichtzulagen, die einem als Flugsicherungslotsen tätigen Arbeitnehmer gewährt werden, fallen nicht schon deswegen unter § 34 a EStG, weil die Schichten auch auf Sonntage, Feiertage und Nacht entfallen können und eine gewisse Anzahl solcher Schichten für die Gewährung der Zulagen vorausgesetzt werden.
Normenkette
EStG § 34a; LStR Abschn. 52b
Tatbestand
Der Stpfl. ist in den Jahren 1962 bis 1964 als Flugsicherungslotse tätig gewesen. Nach den maßgeblichen Tarifverträgen zwischen der Bundesrepublik Deutschland einerseits und der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft andererseits vom 9. November 1961 und 24. Januar 1964, die auf der Sonderregelung 2 h des Bundes-Angestelltentarifs für Angestellte im Flugsicherungsdienst (Nr. 5 Abs. 2 zu § 33) beruhen, hat er für seine Tätigkeit neben einem (unstreitig) steuerpflichtigen Arbeitslohn sog. Wechselschichtzulagen erhalten.
Nr. 5 Abs. 2 zu § 33 des Bundes-Angestelltentarifs bestimmt: "Angestellte, die ständig Wechselschichtarbeit zu leisten haben, erhalten eine Zulage. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags und sonntags gearbeitet wird. Die Höhe der Zulagen wird besonders vereinbart". Hierzu erklärt § 2 der genannten Tarifverträge: "Anspruch auf die Zulage haben nur Angestellte, die im Rahmen der Schichtfolge nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig zur Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit herangezogen werden".
Im Lohnsteuerjahresausgleich für die Jahre 1962 bis 1964 beantragte der Stpfl., die Wechselschichtzulagen als Zuschläge im Sinne des § 32 a LStDV und damit als steuerfrei zu behandeln. Das FA lehnte dies ab. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
Das FG führte aus: Die Zulagen seien nicht aus dem Grund gezahlt worden, der in § 32 a LStDV vorausgesetzt sei. Der Stpfl. trage selbst vor, daß er die Zulagen nicht nur für Sonntags-, Feiertags- und Nachtschichten, sondern für sämtliche Schichten und sogar in der Urlaubs- und Krankheitszeit erhalten habe. Bedeutsam sei weiter, daß die Zulage schon dann zu zahlen sei, wenn wenigstens vier Schichten je Monat innerhalb der genannten Tage bzw. zur Nachtzeit geleistet worden seien. Die Mehrzahl der Schichten habe also in andere als die in § 32 a LStDV aufgeführten Zeiträume fallen können. Hieraus und insbesondere daraus, daß die Zulage auch während des Urlaubs und der Zeit einer Erkrankung fällig gewesen sei, ergebe sich, daß es sich nicht um die spezielle Vergütung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, sondern um ein Entgelt handele, das - jedenfalls in erster Linie - die allgemeinen Erschwernisse abgelten solle, die mit wechselnden Arbeitszeiten verbunden seien. Für Nachtarbeit sei, wie der Stpfl. einräume, eine besondere Vergütung gezahlt worden. Daß diese nur eine Aufwandsentschädigung sei, sei eine offenbar unzutreffende Darstellung. Die mit der Wechselschichtzulage möglicherweise mitabgegoltenen Sonn- und Feiertagszulagen seien derart eng mit der für den Wechselschichtdienst als solchen gezahlten Erschwerniszulage verquickt, daß sie auch nicht im Schätzungswege ausgesondert werden könnten.
Mit seiner - wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassenen - Revision rügt der Stpfl. mangelhafte Sachaufklärung und Verletzung des § 32 a LStDV. Nach seiner Ansicht hat das FG verkannt, daß um der besonderen Bedeutung der durch diese Vorschrift begünstigten Arbeit willen alle Zuschläge, die aus Anlaß von Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gewährt werden, steuerfrei zu belassen seien. Auf jeden Fall hätte eine anteilmäßige Aufteilung vorgenommen werden müssen, soweit die Zulagen auf tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtschichten entfielen. Das FG sehe in den Zuschlägen zu Unrecht Erschwerniszulagen. Wie der BdF in seiner Stellungnahme zu dem dem Urteil des BFH VI 50/61 S vom 22. Juni 1962 (BFH 75, 302, BStBl III 1962, 376) zugrunde liegenden Fall ausgeführt habe, seien durch § 32 a LStDV solche Zuschläge begünstigt, die einen Ausgleich für die ungünstige Arbeitszeit darstellen. Zuschläge dieser Art seien auch die Wechselschichtzulagen. In der Protokollnotiz zu § 2 des Tarifvertrags vom 9. November 1961 in seiner neuen Fassung sei ausdrücklich festgestellt, daß die Voraussetzung der regelmäßigen Heranziehung zur Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nur erfüllt sei, "wenn der Angestellte im Monat mindestens vier Sonntags-, Feiertags oder Nachtschichten leistet, wobei von diesen vier Schichten mindestens zwei Nachtschichten und mindestens eine eine Sonntags- oder Feiertagsschicht sein müssen. Eine Nachtschicht an Sonn- oder Feiertagen zählt entweder als eine Nachtschicht oder als eine Sonntags- oder Feiertagsschicht. Soweit in einem Monat zwar zwei Sonntags-, Feiertags- oder Nachtschichten geleistet werden, die Mindestzahl von vier Schichten aber nicht erreicht wird, können zum Ausgleich der fehlenden Schichten solche Sonntags-, Feiertags- oder Nachtschichten angerechnet werden, die in den beiden Vormonaten über die Mindestzahl von vier Schichten hinaus geleistet worden sind. Eine Schicht kann jedoch nur einmal zum Ausgleich angerechnet werden". Nach Ansicht des Stpfl. kann bei der Auslegung des § 32 a LStDV (§ 34a EStG) nicht daran vorbeigegangen werden, daß wie in den Fällen, in denen die nach dieser Vorschrift begünstigten Zuschläge gewährt werden, auch bei den Wechselschichtzulagen der Grund für die Gewährung darin besteht, daß man dem Arbeitnehmer einen Anreiz geben will, der die Erschwerungen der Wechselschichtarbeit ausgleicht. Auch hier handle es sich um Zeitzuschläge, die für eine ungünstig liegende Arbeitszeit gezahlt würden (vgl. die Ausführungen des BdF in dem Urteil VI 50/61 S, a. a. O.).
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben. Nach § 34 a EStG (§ 32 a LStDV) sind nur ganz bestimmte Zuschläge, nämlich die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, begünstigt. Im vorliegenden Fall sind die Zulagen jedoch nicht lediglich für solche Schichten gezahlt worden, die auf einen Sonntag, einen Feiertag oder eine Nacht fallen, sondern für Wechselschichten schlechthin. Wie das FG mit Recht hervorhebt, hat der Stpfl. die Zulagen für sämtliche Schichten und auch in der Urlaubs- und Krankheitszeit erhalten.
Ob man diese Zulagen mit dem FG als Erschwerniszuschläge oder mit dem Stpfl. als Zeitzuschläge ansieht, kann dahingestellt bleiben. Die Steuerfreiheit nach § 34 a EStG greift in keinem Fall ein. Daß Erschwerniszuschläge - etwa ein Zuschlag für besondere schmutzige oder harte Arbeit - nicht unter § 34 a EStG fallen, steht außer Frage. Nach § 34 a EStG ist aber auch nicht jeder Zeitzuschlag begünstigt. Begünstigt sind vielmehr nur solche Zuschläge, die ausschließlich eine ungünstig liegende Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit abgelten. Wenn dem Stpfl. auch zuzugeben ist, daß für die Gewährung der Wechselschichtzulagen nur solche Arbeitnehmer in Betracht kommen, die "im Rahmen der Schichtfolge nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig zur Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit herangezogen werden", und daß nach der "Protokollnotiz" gewisse Mindestanforderungen an die Zahl der ungünstig liegenden Schichten gestellt werden, so kann doch nicht unbeachtet bleiben, daß - wie das FG mit Recht bemerkt - nur ein Teil der Wechselschichten auf die Zeit fällt, die nach § 34 a EStG für die Begünstigung vorausgesetzt wird. Wenn auch eine gewisse Mindestzahl von Schichten, die auf diese Zeiten fallen, für die Gewährung der Wechselschichtzulagen gefordert wird, so werden die Wechselschichtzulagen doch für alle Wechselschichten gewährt, mögen sie nun in die begünstigte Zeit fallen oder nicht. Das schließt aber - wie das FG zu Recht festgestellt hat - die Anwendung des § 34 a EStG aus. Der Streitfall liegt nicht anders als der - zweifellos nicht begünstigte - Fall, daß einem Arbeitnehmer im Hinblick auf seine ungünstig liegenden Arbeitszeiten ganz allgemein ein hohes Gehalt oder ein hoher Stundenlohn gewährt wird. Auch im Streitfall erhält der Stpfl. nicht einen Zuschlag für Sonntagsarbeit usw., sondern von vornherein einen allgemeinen Zuschlag, weil er u. a. auch Sonntagsarbeit usw. leistet.
Mit Recht hat das FG auch den Hilfsantrag des Stpfl. abgelehnt, die Zulagen wenigstens insoweit steuerfrei zu belassen, als sie auf tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit entfallen. Dem Stpfl. ist zuzugeben, daß die Verwaltung selbst die Möglichkeit einer Aufteilung anerkennt (vgl. Abschn. 52 b LStR 1966). Eine Aufteilung kann aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 34 a EStG nur dort in Betracht kommen, wo in dem einem Steuerpflichtigen gezahlten Arbeitslohn Teile enthalten sind, die nach dem Tarifvertrag zwar pauschal, aber doch einzig und allein für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gewährt werden. Gerade diese Voraussetzung ist jedoch - wie dargelegt - bei den dem Stpfl. gewährten Wechselschichtzulagen nicht gegeben, weil sie, wenn auch im Hinblick auf die gegebenenfalls zu leistende Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, doch für alle Wechselschichten gewährt werden und demnach nichts anderes darstellen als einen von vornherein vereinbarten allgemeinen Zuschlag.
Dem Stpfl. ist zuzugeben, daß er bei dieser, wie er meint, engen Auslegung des § 34 a EStG schlechter gestellt ist als diejenigen Arbeitnehmer, deren Zulagen den Erfordernissen des § 34 a EStG genügen. Eine derartige "Schlechterstellung", die überdies alle Arbeitnehmer trifft, die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit leisten und gleichwohl keine besonderen Zuschläge im Sinne des § 34 a EStG erhalten, widerspricht jedoch nicht dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Regelung des § 34 a EStG hat der erkennende Senat trotz Bedenken nicht als verfassungswidrig angesehen (vgl. das Urteil VI 50/61 S vom 22. Juni 1962, a. a. O.). Ihre Anwendung kann aber nur von dem beansprucht werden, der ihre Voraussetzungen erfüllt, begünstigt sind also nicht einfach Zuschläge (= erhöhter Arbeitslohn) schlechthin, sondern nur echte Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.
Fundstellen
Haufe-Index 412630 |
BStBl III 1967, 609 |
BFHE 1967, 241 |
BFHE 89, 241 |