Leitsatz (amtlich)
Die Gewerbesteuerpflicht eines in der Rechtsform der GmbH & Co. KG betriebenen Ein-Schiff-Unternehmens beginnt nicht vor Ablieferung des Schiffs an die KG.
Orientierungssatz
Während die Einkommensteuer als Personensteuer beim gewerblichen Gewinn alle betrieblichen Vorgänge von den ersten Vorbereitungshandlungen zur Betriebseröffnung bis zur Veräußerung oder Entnahme des letzten betrieblichen Wirtschaftsguts berücksichtigt, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende Gewinn. Die Gewerbesteuerpflicht beginnt demgemäß erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vorliegen und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, wurde im Jahre 1973 zum Bau und Betrieb eines Seehandelsschiffs gegründet. Das von ihr in diesem Jahr bestellte Tankschiff wurde am 9.Oktober 1975 abgeliefert. Es mußte jedoch sogleich nach der Ablieferung bis zum Jahre 1979 aufgelegt werden, da die Klägerin trotz schon im Jahre 1973 einsetzender Bemühungen keine wirtschaftlich sinnvolle Einsatzmöglichkeit für das Schiff gefunden hatte.
Für das Jahr 1975 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) einen Gewerbesteuermeßbetrag nach dem Gewerbekapital und eine entsprechende Gewerbesteuer fest. Dabei ging das FA von einer für das gesamte Jahr 1975 bestehenden Gewerbesteuerpflicht aus. Der vorläufige Bescheid wurde im Jahre 1981 für endgültig erklärt.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin, die Gewerbesteuerpflicht erst mit Ablieferung des Schiffes am 9.Oktober 1975 einsetzen zu lassen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA hat den Gewerbesteuermeßbetrag im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.Januar 1984 IV R 26/81 (BFHE 140, 281, BStBl II 1984, 376) im Revisionsverfahren herabgesetzt. Die Klägerin hat beantragt, diesen Bescheid zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise Erfolg.
1. Objekt der Gewerbesteuer ist nach § 2 Abs.1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der stehende Gewerbebetrieb, während § 15 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb rechnet. Aus diesem unterschiedlichen Wortlaut wie auch aus dem unterschiedlichen Besteuerungsziel beider Steuerarten hat die Rechtsprechung von jeher Folgerungen für Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht gezogen. Während die Einkommensteuer als Personensteuer beim gewerblichen Gewinn alle betrieblichen Vorgänge von den ersten Vorbereitungshandlungen zur Betriebseröffnung bis zur Veräußerung oder Entnahme des letzten betrieblichen Wirtschaftsguts berücksichtigt, ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb entfallende Gewinn (BFH-Urteile vom 13.November 1963 GrS 1/63, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; vom 11.März 1982 IV R 25/79, BFHE 136, 204, BStBl II 1982, 707).
Demgemäß beginnt die Gewerbesteuerpflicht erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vorliegen und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist (BFH-Urteil vom 19.August 1977 IV R 107/74, BFHE 123, 352, BStBl II 1978, 23). Hierzu gehört, daß sich das Unternehmen mit eigenen gewerblichen Leistungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen kann; erst hierdurch können gewerbliche Erträge entstehen, auf die die Gewerbesteuer zugreift. Daß dies von Bedeutung ist, ergibt sich mittelbar auch aus § 2 Abs.4 GewStG. Danach besteht nämlich während Unterbrechungen des Betriebs keine Gewerbesteuerpflicht, es sei denn, es handele sich um vorübergehende Unterbrechungen, die durch die Art des Betriebs veranlaßt sind.
Im Streitfall kann die Gewerbesteuerpflicht jedenfalls nicht vor Ablieferung des Schiffs an die Klägerin begonnen haben. Gegenstand ihres Unternehmens war der Einsatz allein dieses Schiffs für den Seeverkehr. Dementsprechend konnten betriebliche Leistungen erst nach Ablieferung des Schiffs erbracht werden. Die vor diesem Zeitpunkt liegenden Bemühungen, Fracht- oder Charterverträge für das Schiff zu erlangen, stellen sich demgegenüber als vorbereitende Maßnahmen der Auftragsbeschaffung dar, die für sich gesehen die Gewerbesteuerpflicht nicht begründen können; Unternehmenserträge konnten zu diesem Zeitpunkt nicht entstehen.
Der Senat hat in der Vergangenheit zwar auch Hilfsgeschäfte, die der Aufnahme des Schiffsverkehrs vorausgehen, zum Betrieb der Schiffahrt gerechnet. Dies ist jedoch hinsichtlich der Steuermeßzahl des § 11 Abs.4 GewStG 1974 bei einem über mehrere Schiffe verfügenden Unternehmen geschehen (BFH-Urteil vom 24.November 1983 IV R 74/80, BFHE 139, 569, BStBl II 1984, 155); hieraus können keine Folgerungen für den Beginn des Betriebs eines Einschiffunternehmens gezogen werden. Die Ausführungen im Urteil in BFHE 140, 281, BStBl II 1984, 376 betreffen die Frage, ob sich die Begünstigung des § 13 Abs.3 GewStG hinsichtlich des Gewerbekapitals auch auf ein erst während des Jahres in Dienst gestelltes und entsprechend § 34c Abs.4 EStG eingesetztes Schiff erstreckt; zum Beginn der Gewerbesteuerpflicht ist darin nicht Stellung genommen worden.
In Übereinstimmung mit der Auffassung des Senats hatte die Finanzbehörde im zuletzt zitierten Urteilsfall wie auch in einem früher entschiedenen Fall (vgl. BFH-Urteil vom 5.November 1957 I 325/56 U, BFHE 65, 559, BStBl III 1957, 448) die Gewerbesteuerpflicht eines Ein-Schiff-Unternehmens erst mit der Indienststellung des Seeschiffs beginnen lassen. Hiervon geht ersichtlich auch der Erlaß der Finanzbehörde Hamburg vom 13.Juni 1966 53 L 1421-1/65 aus, der die Baureederei für nicht gewerbesteuerpflichtig hält.
Von dieser Anweisung ist das FA offensichtlich deshalb abgegangen, weil es sich bei der Klägerin um eine GmbH & Co. KG handelt, deren Gewerbesteuerpflicht nach Abschn.21 Abs.1 Satz 5 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 1974 und 1978 wie diejenige der Kapitalgesellschaften mit der Eintragung in das Handelsregister beginnen sollte. Der erkennende Senat hat jedoch entschieden, daß eine derartige Personengesellschaft hinsichtlich des Endes der Steuerpflicht nicht einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt werden könne, daß vielmehr ihre Gewerbesteuerpflicht mit der Einstellung der werbenden Tätigkeit ende (BFH-Urteile vom 24.April 1980 IV R 68/77, BFHE 131, 70, BStBl II 1980, 658; BFHE 136, 204, BStBl II 1982, 707). Im gleichen Sinne hat der VIII.Senat des BFH hinsichtlich des Beginns der Gewerbesteuerpflicht einer GmbH & Co. KG entschieden; er hat hervorgehoben, daß auch bei einer Personenhandelsgesellschaft dieser Rechtsform Vorbereitungshandlungen nicht zum Beginn der Gewerbesteuerpflicht führen (Urteil vom 26.März 1985 VIII R 260/81, BFHE 143, 368, BStBl II 1985, 433). In den GewStR 1984 ist die Gleichstellung der GmbH & Co. KG und der Kapitalgesellschaft hinsichtlich des Beginns der Gewerbesteuerpflicht nicht mehr vorgesehen. Die Neuregelung des § 2 Abs.2 GewStG durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19.Dezember 1985 (BGBl I, 2436, BStBl I, 735) führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei ist der früher im GewStG enthaltene Hinweis zum Umfang der gewerblichen Tätigkeit von Gesellschaften in den ebenfalls durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 eingefügten § 15 Abs.3 Nr.1 EStG aufgenommen worden. Zum Beginn der Gewerbesteuerpflicht ergibt sich hieraus nichts.
2. Bei der Formulierung ihres Klageantrags vor dem FG hat die Klägerin die Steuerermäßigung des § 13 Abs.3 GewStG nicht berücksichtigt, die der Senat auch auf den Einsatz eines erst während des Veranlagungszeitraums in Dienst gestellten Schiffs erstreckt hat (Urteil vom 19.Januar 1984 IV R 26/81, BFHE 140, 281, BStBl II 1984, 376). Das FA hat dieser Entscheidung durch Änderung des angefochtenen Bescheids Rechnung getragen, ist dabei aber weiterhin von einer Gewerbesteuerpflicht für das ganze Kalenderjahr ausgegangen. Die Klägerin hat daraufhin ihren Klageantrag erweitert und erstrebt nunmehr für den verkürzten Zeitraum die ermäßigte Besteuerung. Im Revisionsverfahren kann die Klägerin aber keine Steuerermäßigung erreichen, die über das von ihr in der Vorinstanz Beantragte hinausgeht. Nur nach Maßgabe ihres früheren Klageantrags ist sie durch das angefochtene Urteil beschwert; eine Erweiterung des Klageantrags im Revisionsverfahren ist ausgeschlossen (§ 123 der Finanzgerichtsordnung).
Fundstellen
Haufe-Index 61459 |
BStBl II 1986, 527 |
BFHE 146, 457 |
BFHE 1986, 457 |