Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten bei Bestellung des Erbbaurechts - keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung des Grundeigentümers
Leitsatz (amtlich)
Zahlt der Erbbauberechtigte entsprechend einer Vereinbarung bei Bestellung des Erbbaurechts an einem unbebauten Grundstück außer dem Erbbauzins an den Erbbaurechtsverpflichteten (Grundstückseigentümer) auch die Erschließungskosten an die Gemeinde, so setzt der Zufluß entsprechender Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung beim Grundeigentümer die Realisierung eines Wertzuwachses des Grundstücks voraus. Hieran fehlt es solange, als sich am Grundeigentum des Erbbaurechtsverpflichteten oder an den Bedingungen des Erbbaurechts nichts ändert.
Orientierungssatz
Der Begriff "Zufließen" in § 11 Abs. 1 EStG ist wirtschaftlich auszulegen. Hiernach liegt ein Zufluß erst mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor; das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. Werterhöhende Aufwendungen des Pächters oder Mieters fließen dem Verpächter oder Vermieter regelmäßig erst in dem Zeitpunkt zu, in dem er den Pachtgegenstand oder Mietgegenstand zurückerhält (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1; BBauG §§ 132, 134; ErbbauVO §§ 1-2, 12
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 30.07.1985; Aktenzeichen VII 1085/85 E) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs ist, und ihr inzwischen verstorbener Ehemann bestellten mit Vertrag vom 25. November 1977 einem Architekten Erbbaurechte an zwei unbebauten Grundstücken mit einer Fläche von insgesamt 8 224 qm. Der Erbbauberechtigte zahlte in den Streitjahren 1980 und 1981 entsprechend den Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag Erschließungskosten an die Stadt D in Höhe von 182 092 DM bzw. 66 482 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--), der die Klägerin ohne Kenntnis hiervon für 1980 endgültig und für 1981 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer veranlagt hatte, erfaßte in einem gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1980 und in einem gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid 1981 die vom Erbbauberechtigten gezahlten Erschließungskosten als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. In der Einspruchsentscheidung setzte das FA von diesen Beträgen jeweils nur 1/10 an. Nach der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster vom 10. Mai 1984 S 2253 - 43 St 16 - 31 seien die Erschließungskosten auf zehn Jahre zu verteilen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 607 veröffentlichte Urteil statt. Es führte im wesentlichen aus, in der Zahlung der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten lägen keine Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung. Denn der Klägerin sei kein geldwertes Gut zugeflossen. Die durch die Erschließungsmaßnahmen herbeigeführte Wertsteigerung des Grundstücks sei nicht als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut i.S. von § 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen. Außerdem liege noch kein verfügungsfähiger Zufluß der Wertsteigerung des Grund und Bodens vor. Eine Wertsteigerung des Bodens sei in erster Linie dem Erbbauberechtigten als dem unmittelbar Begünstigten zuzurechnen.
Die vom FG zugelassene Revision begründet das FA wie folgt: Das FG sei von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1980 IV R 126/78 (BFHE 132, 418, BStBl II 1981, 398) und vom 17. April 1985 I R 132/81 (BFHE 144, 213, BStBl II 1985, 617) abgewichen. Hiernach erziele der Grundstückseigentümer infolge der Zahlung der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten jedenfalls deshalb Einnahmen, weil er in diesem Zeitpunkt ein geldwertes Gut in Form einer durch die Erschließung bedingten Wertsteigerung des Grundstücks erhalte. Geldwerte Güter i.S. des § 8 EStG seien auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, also sonstige Vorteile, denen ein wirtschaftlicher Wert zukomme. Die durch die Zahlung der Erschließungskosten eintretende Werterhöhung eines Grundstücks erfülle entgegen der Auffassung des FG diese Voraussetzungen.
Das Fa beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BMF) hat den Beitritt zum Verfahren erklärt. Nach seiner Meinung ist es zweifelhaft, ob der Zufluß eines Vermögenswerts beim Grundstückseigentümer gemäß § 8 Abs. 1 EStG bereits mit dem Hinweis auf § 134 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbaugesetzes (BBauG) verneint werden könne; denn hieraus ergebe sich nicht, wie sich die Zahlung auf das bürgerlich-rechtliche Innenverhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten auswirke. Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 134 Abs. 1 Satz 2 BBauG lasse sich hierzu nichts entnehmen. Denn der Aufnahme des Erbbauberechtigten als Beitragsschuldner anstelle des Grundstückseigentümers hätten kommunalfiskalische Gesichtspunkte zugrunde gelegen.
Sei bürgerlich-rechtlich der Grundstückseigentümer im Verhältnis zum Erbbauberechtigten in der Regel zur Tragung der Erschließungskosten verpflichtet, so könnte in der Übernahme und Zahlung dieser Kosten durch den Erbbauberechtigten der Zufluß eines Vermögenswertes beim Eigentümer gesehen werden; denn die Erschließung erhöhe den Substanzwert des Grundstücks, der allein dem Eigentümer zuzurechnen sei. Im einzelnen sei es Tatfrage, ob und ggf. wann der Grundstückseigentümer diesen Wertzuwachs realisiere.
Es sei aber vom wirtschaftlichen Ergebnis her auch vertretbar, mit dem FG den mit der Zahlung der Erschließungskosten verbundenen Vorteil dem Erbbauberechtigten zuzurechnen. Hierfür spreche, daß der Erbbauberechtigte wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks sei und er in erster Linie durch die Wertsteigerung des Grund und Bodens unmittelbar begünstigt werde. Der Vorteil liege in der verbesserten wirtschaftlichen Nutzbarkeit des Grundstücks, die dem Erbbauberechtigten überhaupt erst die Möglichkeit eröffne, das Grundstück zu bebauen. Von diesen Überlegungen habe sich offenkundig auch der Gesetzgeber bei § 92 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) leiten lassen. Würde der Auffassung der Vorinstanz gefolgt, müßte beim Erbbauberechtigten der Werbungskostenabzug der Erschließungskosten versagt werden (anders noch die derzeitige Praxis in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 11. Oktober 1983 VIII R 61/81, BFHE 140, 177, BStBl II 1984, 267). Dies hätte die steuerrechtliche Gleichbehandlung des Erbbauberechtigten mit dem Grundstückseigentümer zur Folge, bei dem die Erschließungskosten zu den steuerrechtlich nicht abziehbaren Kosten für den Grund und Boden gehören. Andererseits müßte die bisherige steuerrechtliche Behandlung der Bauten auf fremden Grund und Boden, die nach den §§ 946, 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in das Eigentum des Vermieters oder Verpächters übergehen und bei diesem zu Einnahmen führen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82, BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755), überdacht werden.
In einem weiteren Schreiben vom 3. Februar 1988 teilte der BMF mit, daß der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages zu dem Ergebnis gelangt sei, der Rechtsauffassung der Vorentscheidung zu folgen. Denn die Erschließung komme in erster Linie dem Erbbauberechtigten zugute. Die mögliche Wertsteigerung des Grundstücks als solche sei durch die Belastung mit dem Erbbaurecht überlagert, wie auch in § 92 Abs. 2 BewG zum Ausdruck komme. Ob nach Beendigung des Erbbaurechts der Grundstückswert noch nennenswert erhöht sei, könne erst dann festgestellt werden. Auch aus § 134 Abs. 1 Satz 2 BBauG sei zu entnehmen, daß die Erschließung des Grundstücks dem Erbbauberechtigten zugute komme. Für einen privatrechtlichen Erstattungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer gebe es keine Rechtsgrundlage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das FG-Urteil trifft im Ergebnis zu. Denn es fehlt jedenfalls in den Streitjahren an einem Zufluß (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bei der Klägerin in Höhe der strittigen Erschließungskosten.
1. Der BFH hat in den Urteilen in BFHE 132, 418, BStBl II 1981, 398 und in BFHE 144, 213, BStBl II 1985, 617 entschieden, daß in der Übernahme der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten ein zusätzliches Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks liegt. Dabei stellt nach dem Urteil des IV. Senats in BFHE 132, 418, BStBl II 1981, 398 bereits der vertraglich begründete Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den Erbbauberechtigten auf Tragung der Erschließungskosten eine im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs anzusetzende Vermögensmehrung dar, der ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gegenüberzustellen und über die Dauer des Erbbaurechts verteilt gewinnerhöhend aufzulösen ist (vgl. auch das BFH-Urteil vom 8. Dezember 1988 IV R 33/87, BFH 155, 532, BStBl II 1989, 407 zur entsprechenden Behandlung beim Erbbauberechtigten). Nach dem Urteil des I. Senats in BFHE 144, 213, BStBl II 1985, 617 führt die Zahlung der Erschließungskosten durch den Erbbauberechtigten zu einer Wertsteigerung des Grund und Bodens, die der Erbbauberechtigte dem Grundstückseigentümer zuwende.
Der erkennende Senat kann offenlassen, ob und gegebenenfalls inwieweit diese zu Gewinneinkünften entwickelten Grundsätze auf die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung übertragbar sind, bei denen es regelmäßig auf den Überschuß der tatsächlichen Einnahmen über die tatsächlichen Ausgaben ankommt (so schon BFH-Urteil vom 18. Dezember 1967 VI R 119/66, BFHE 91, 251, BStBl II 1968, 309). Denn auch wenn man davon ausginge, daß in der Zahlung der Erschließungskosten oder in einer dadurch bewirkten Werterhöhung des Grund und Bodens Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung liegen könnten, wären diese in den Streitjahren nicht gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
2. Der Begriff "Zufließen" in § 11 Abs. 1 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung wirtschaftlich auszulegen. Hiernach liegt ein Zufluß erst mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut vor; das ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1985 VIII R 15/83, BFHE 145, 538, BStBl II 1986, 342, Ziffer 2 b der Gründe m.w.N., und vom 13. Oktober 1987 VIII R 156/84, BFHE 151, 512, BStBl II 1988, 252, Ziffer III 9 der Gründe).
Werterhöhende Aufwendungen des Pächters oder Mieters fließen dem Verpächter oder Vermieter regelmäßig erst in dem Zeitpunkt zu, in dem er den Pachtgegenstand oder Mietgegenstand zurückerhält. Diesen Grundsatz hat die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zu Gebäuden oder Gebäudeeinbauten entwickelt, die der Pächter/Mieter eines Grundstücks für seine Zwecke erstellt und nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses dem Verpächter/Vermieter entschädigungslos überläßt. Solche Gebäude oder Einbauten sind dem Verpächter/Vermieter in dem Zeitpunkt als Einnahmen zugeflossen, in dem er frei über sie verfügen kann. Das ist im allgemeinen dann der Fall, wenn mit der Beendigung des Pachtverhältnisses oder Mietverhältnisses das Nutzungsrecht des Pächters/Mieters erloschen ist (so schon Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 12. Dezember 1934 VI A 1050/33, RStBl 1935, 868, und BFH-Urteile vom 1. Dezember 1961 VI 244/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1962, 161, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21, Rechtsspruch 112, sowie vom 29. November 1968 VI R 316/66, BFHE 94, 394, BStBl II 1969, 184). Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Pächter/Mieter wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes oder der Einbauten ist (BFH-Urteile vom 30. Oktober 1964 VI 47/63 U, BFHE 81, 347, BStBl III 1965, 125, und VI 216/63, HFR 1965, 207, StRK, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21, Rechtsspruch 198, sowie vom 2. April 1965 VI 223/63, StRK, Steueranpassungsgesetz, § 11, Rechtsspruch 79). Solange der Verpächter/Vermieter nicht wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes oder Einbaus geworden ist, hat er keine Einnahmen i.S. von § 8 Abs. 1 EStG erzielt (BFH-Urteile vom 31. Juli 1964 VI 221/62, StRK, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21, Rechtsspruch 184, und vom 3. Juni 1975 VIII R 87/70, nicht veröffentlicht --NV--). Soweit der VIII. Senat im Urteil vom 26. Juli 1983 VIII R 30/82 (BFHE 139, 171, BStBl II 1983, 755) entschieden hat, daß der Wert eines vom obligatorisch Nutzenden errichteten Gebäudes bereits bei dessen Herstellung dem Grundstückseigentümer als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zufließen könne, betrifft dies Urteil einen besonderen Fall, in dem, wie der VIII. Senat betont, der Grundstückseigentümer bürgerlich-rechtliches und wirtschaftliches Eigentum am Gebäude schon mit dessen Errichtung erlangte. Dagegen steht bei einem vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäude dessen bürgerlich-rechtliches (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 12 der Verordnung über das Erbbaurecht --ErbbauV--) und wirtschaftliches Eigentum außer Frage (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juni 1972 I R 199/70, BFHE 106, 289, BStBl II 1972, 850). Der Wert eines solchen Gebäudes kann folglich dem Grundstückseigentümer erst bei Beendigung des Erbbaurechtsverhältnisses zufließen. Dasselbe gilt nach Auffassung des erkennenden Senats auch, wenn der Erbbauberechtigte die Erschließungskosten trägt.
Für eine solche Gleichstellung spricht, daß auch kein Zufluß bei einem Grundstückseigentümer anzunehmen wäre, wenn der Erbbauberechtigte die Erschließung selbst vorgenommen hätte. Die Erschließung des Grundstücks kommt, wie auch das anschließend errichtete Gebäude, vor allem dem Erbbauberechtigten zugute, weil sie ihm erst die vorgesehene Bebauung des Grundstücks und damit die Nutzungen im Rahmen des Erbbauvertrags überhaupt ermöglicht. Daher ist es zivilrechtlich herrschende Meinung, daß die Erschließung zur "Errichtung des Bauwerks" i.S. von § 2 Nr. 1 ErbbauV gehört (vgl. Ingenstau, Kommentar zum Erbbaurecht, 6. Aufl., § 2 Rdnr. 11, und Räfle, Erbbaurechtsverordnung, 1986, § 2 Rdnr. 8, je mit weiteren Nachweisen). Der Grundstückseigentümer hat dagegen von der Erschließung seines Grundstücks und der damit verbundenen Werterhöhung solange nichts, als er diesen Wertzuwachs wegen der Grundstücksbelastung mit dem Erbbaurecht nicht realisiert. Das gilt mindestens für den Zeitraum, in dem sich an seinem Eigentum am Grundstück und an den Bedingungen des Erbbaurechts nichts ändert. Die nur rechtlich nicht auszuschließende Möglichkeit für den Grundstückseigentümer, das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück bereits nach dessen Erschließung zu veräußern, muß mit dem FG außer Betracht bleiben. Abgesehen davon, daß zweifelhaft ist, ob sich ein mit einem langfristigen Erbbaurecht --zu einem feststehenden Erbbauzins-- belastetes Grundstück nach seiner Erschließung zu einem entsprechend höheren Preis veräußern läßt, würde hier eine rein theoretische, atypische Gestaltung als entscheidendes Kriterium herangezogen. Denn der Grundstückseigentümer, der sein Grundstück auf 99 Jahre mit einem Erbbaurecht belastet, hat sich damit gerade für dessen Nutzung durch andauernde Vermietung und nicht für die Realisierung der Substanz entschieden.
Mit der vorstehend dargelegten Wertung des Sachverhalts steht die vertragliche Regelung durch die Beteiligten in Einklang, welcher der BFH im Urteil vom 22. April 1966 VI 37/65 (BFHE 86, 142, BStBl III 1966, 368) Bedeutung in Zweifelsfällen beigemessen hat. Nach § 12 des Erbbaurechtsvertrags gehen alle auf dem Erbbaugelände befindlichen Bauwerke und Anlagen erst dann in das freie Eigentum der Klägerin über, wenn das Erbbaurecht an sie heimfällt oder infolge Zeitablaufs erlischt. Dementsprechend kommt auch nach der Vorstellung der Klägerin und des Erbbauberechtigten für Werterhöhungen des Grund und Bodens kein früherer Zeitpunkt für den Zufluß in Betracht.
Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, so hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die Klägerin in den Streitjahren durch die vom Erbbauberechtigten bezahlten Erschließungskosten keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.
Die Vorentscheidung ist revisionsrechtlich auch insoweit nicht zu beanstanden, als sie keine Ausführungen zu der Frage enthält, ob es sich um Einkünfte der Klägerin aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft gehandelt haben könnte. Da die Klägerin die Erbbaurechte als Inhaberin eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs bestellt hat, läßt sich zwar nicht ausschließen, daß die betroffenen Grundstücke noch zu ihrem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört haben und dies nach der BFH-Rechtsprechung auch trotz der Erbbaurechtsbestellung geblieben sind (vgl. die Urteile vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448, und vom 26. November 1987 IV R 171/85, BFHE 152, 95, BStBl II 1988, 490). Dies ist jedoch für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich. Denn die Klägerin ermittelte ihre Einkünfte aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft unstreitig nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG), wie sich auch aus der vom FG in bezug genommenen Einspruchsentscheidung ergibt. Infolgedessen hätte sie gemäß § 13a Abs. 6 Satz 2 EStG als Pachteinnahmen zu wertende Erbbauzinsen ebenfalls erst mit dem tatsächlichen Zufluß (§ 11 Abs. 1 EStG) anzusetzen, der, wie ausgeführt, hinsichtlich der Erschließungskosten jedenfalls in den Streitjahren nicht gegeben ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62954 |
BFH/NV 1990, 10 |
BStBl II 1990, 310 |
BFHE 159, 72 |
BFHE 1990, 72 |
BB 1990, 976 |
BB 1990, 976-978 (LT1) |
DB 1990, 355-357 (ST) |
DStR 1990, 112 (KT) |
HFR 1990, 251 (LT) |
StE 1990, 62 (K) |