Leitsatz (amtlich)
Erteilt bei einer GmbH & Co. KG die lediglich die Geschäfte der KG führende GmbH ihrem Geschäftsführer, der zugleich Kommanditist der KG ist, eine Pensionszusage, so dürfen jetzt weder bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG noch bei der Körperschaftsteuer-Veranlagung der GmbH Pensionsrückstellungen gebildet werden. Für die Vergangenheit sind indessen Pensionsrückstellungen und Zuführungen nach Maßgabe der gleichlautenden Ländererlasse vom 3./5. Juli 1967 (BStBl II 1967, 215 ff.) betreffend Auflösung der Pensionsrückstellungen für Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften anzuerkennen.
Normenkette
AO § 131 Abs. 2; EStG 1962 § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1962, ob eine GmbH & Co. KG eine Pensionsrückstellung auf Grund einer Zusage bilden konnte, die die Komplementär-GmbH ihrem Geschäftsführer machte, der zugleich Kommanditist der KG war (§ 15 Nr. 2 EStG).
Die Revisionsbeklagte (KG) ist eine GmbH & Co. KG. Sie war durch Umwandlung aus einer AG entstanden. Komplementärin der von den früheren Aktionären und jetzigen Kommanditisten gebildeten KG wurde die GmbH, an deren Stammkapital ihr Geschäftsführer X ebenso wie bei der KG selbst im Verhältnis seines bisherigen Aktienbesitzes (45,875 v. H.) beteiligt war. Die GmbH führte lediglich die Geschäfte der KG. X hatte bereits als Vorstandsmitglied der AG eine Pensionszusage erhalten, für die eine Rückstellung gebildet worden war. Im Zuge der Umwandlung erneuerte die GmbH die Zusage. Wegen dieser Zusage wurde in den Bilanzen der K G in Höhe des die anderen Gesellschafter belastenden Betrages die Rückstellung weitergeführt.
Das FA erkannte die Rückstellung nicht an, da die Pensionszusage nicht von der KG, sondern von der GmbH erteilt sei, und erhöhte den Gewinn um den vollen Rückstellungsbetrag. Der Einspruch blieb im Streitpunkt ohne Erfolg.
Das FG gab der Klage der KG statt (EFG 1968, 297). Es nahm an, daß das Grundsatzurteil des BFH IV R 62/66 vom 16. Februar 1967 (BFH 87, 531, BStBl III 1967, 222), wonach eine Personengesellschaft wegen einer Pensionszusage für ihren Gesellschafter-Geschäftsführer keine Rückstellung bilden dürfe, der Zuführung zur Rückstellung nicht entgegenstehe. Denn die Finanzverwaltung habe inzwischen eine auf der Vorschrift des § 131 AO beruhende Anpassungsregelung getroffen, nach der für die vor dem 21. April 1967, dem Tag der Verkündung des Urteils vom 16. Februar 1967, liegenden Bilanzstichtage Zuführungen zu Pensionsrückstellungen noch nach der bisherigen Rechtsprechung vorgenommen werden könnten und nach der bisherigen Rechtsprechung gebildete Rückstellungen erst an künftigen Bilanzstichtagen aufzulösen seien (Erlaß des Finanzministers Nordrhein-Westfalen vom 3. Juli 1967, BStBl II 1967, 217). Der Erlaß sei für die Steuergerichte bindend (Hinweis auf BFH-Urteil VI 134/58 U vom 1. April 1960, BFH 70, 621, BStBl III 1960, 231).
In seiner Revision rügt das FA unrichtige Rechtsanwendung. Das BFH-Urteil I 221/59 S vom 2. August 1960 (BFH 71, 425, BStBl III 1960, 408) sei dahin zu verstehen, daß auch die Zuführungen zur Pensionsrückstellung dem Gewinn des Kommanditisten zuzurechnen seien (Hinweise auf die Verfügungen der OFD Köln vom 19. Juni 1963, DB 1963, 980; OFD Münster vom 8. Juli 1963, DB 1963, 1657). Im übrigen könne aus zivilrechtlichen Gründen der KG, die aus der Pensionszusage nicht selbst verpflichtet sei, nicht das Recht zuerkannt werden, gleichwohl eine Rückstellung zu bilden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
1. Zutreffend ging das FG davon aus, daß hier die Grundsätze der Rechtsprechung über Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften anzuwenden sind (vgl. BFH-Urteil IV R 62/66). Es handelt sich um eine Pensionszusage, die ein Gesellschafter der KG, nämlich die GmbH, einem Kommanditisten gab. Da die GmbH die Geschäfte der KG führte und ihr Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der KG war, beruhte die Pensionszusage auf der im Dienste der KG ausgeübten Tätigkeit des Kommanditisten X. Die von der GmbH zugesagte Pension stellt bei dem Kommanditisten somit eine (künftige) Vergütung nach § 15 Nr. 2 EStG dar. Es handelt sich auch bei dieser zwischen den Gesellschaftern der Personengesellschaft getroffenen Vereinbarung um eine Gewinnverteilungsabrede, deretwegen nach jetziger Rechtsauffassung keine Rückstellung gebildet werden kann.
Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG kann die von der GmbH erteilte Pensionszusage nicht zur Anerkennung eines Sonderaufwands der GmbH mit der Folge führen, daß der Gewinnanteil der GmbH und deshalb insoweit zugleich der Gesamtgewinn der KG gemindert würden. Da es sich um Leistungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der GmbH als Gesellschafterin der KG handelt, kann auch die GmbH keine Rückstellung wegen dieser Pensionszusage bilden. Anders läge die Sache für die GmbH nur dann, wenn sich die Pensionszusage auf ihren eigenen, von der Tätigkeit der KG deutlich abgrenzbaren gewerblichen Bereich bezöge (vgl. dazu BFH-Urteil IV R 166/67 vom 21. März 1968, BFH 92, 328, BStBl II 1968, 579). Davon würde aber die Gewinnermittlung der KG ebenfalls nicht berührt. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch dann, wenn die Personengesellschaft aus einer Kapitalgesellschaft hervorgegangen war und die Pensionsrückstellung auf eine Zusage zurückgeht, die bereits die Kapitalgesellschaft erteilt hatte (vgl. Urteil IV R 62/66).
2. Gleichwohl kann der Revision nicht stattgegeben werden. Denn die Entscheidung ist, wie das FG zutreffend ausführt, nach den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung zu treffen.
a) Nach diesen Grundsätzen kann dem Umstand keine Bedeutung zukommen, daß die Pensionszusage nicht von der KG, sondern von der GmbH erteilt worden war. Da die Bilanz der KG nur die Zusammenfassung der Einzelbilanzen der Gesellschafter darstellt (sog. Bilanzbündeltheorie), erscheint auch die von einem der Gesellschafter in seiner Einzelbilanz gebildete, auf einer einem anderen Gesellschafter erteilten Pensionszusage beruhende Rückstellung zugleich in der Bilanz der KG. Es macht deshalb für die Bilanzierung der KG grundsätzlich keinen Unterschied, ob die KG selbst oder ein Gesellschafter die Zusage gab.
b) Der erkennende Senat ließ im Urteil IV R 62/66 die Möglichkeit offen, daß die Finanzbehörden im Rahmen des § 131 AO eine Übergangsregelung treffen, durch die Unbilligkeiten beseitigt würden, die sich bei der durch die neue Rechtsprechung ergebenden Pflicht zur Auflösung der bereits gebildeten Pensionsrückstellungen ergäben. Eine solche Übergangsregelung traf der Hessische Minister der Finanzen in seinem Erlaß vom 5. Juli 1967 (BStBl II 1967, 215). Dort ist ausgeführt, daß auf Grund der früheren Rechtsprechung Pensionsrückstellungen über viele Jahre hinweg gebildet worden seien, so daß ihre sofortige Auflösung und Versteuerung für die Gesellschafter eine erhebliche Härte bedeuten würde. Es sei deshalb für Bilanzstichtage vor dem 21. April 1967 (dem Tag der Verkündung des Urteils IV R 62/66) noch nach der bisherigen Rechtsprechung zu verfahren. Für Bilanzstichtage nach dem 31. Dezember 1967 seien die am 31. Dezember 1967 vorhandenen Rückstellungen mit mindestens je 1/5 gewinnerhöhend aufzulösen. Der Senat hat keine Bedenken, diese Regelung als eine durch § 131 Abs. 2 AO gedeckte Billigkeitsanordnung anzusehen, die nicht zu einem endgültigen Steuerausfall führt, sondern die Auflösung der Rückstellungen nur verschiebt und auf mehrere Veranlagungszeiträume verteilt. Da sich der Erlaß vom 5. Juli 1967 im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung hält, ist er vom erkennenden Senat zu beachten (vgl. BFH-Urteil IV 56/63 vom 30. März 1966, BFH 86, 98, BStBl III 1966, 407).
Auch soweit der Erlaß für Bilanzstichtage vor dem 21. April 1967 die nach der bisherigen Rechtsprechung zulässigen Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen gestattet, ist der Rahmen einer zulässigen Billigkeitsregelung nach § 131 Abs. 2 AO nicht überschritten. Der vom Hessischen Minister der Finanzen angeführte Härtegesichtspunkt betrifft nicht nur die Pflicht zur sofortigen Auflösung der früher allmählich gebildeten Rückstellungen. Er kann auch für die Zulässigkeit der weiteren Zuführungen geltend gemacht werden. Denn es kann angenommen werden, daß die Gesellschaften im Vertrauen auf den Bestand der früheren Rechtsprechung disponiert und die Pensionszusagen und die übrige Gewinnverteilung aufeinander abgestimmt haben. Es wäre unbillig, den Steuerpflichtigen einerseits die Möglichkeit zu nehmen, auf Grund der Zusagen Rückstellungen zu bilden, und sie andererseits an die früher getroffenen Gewinnverteilungsabreden zu binden, weil rückwirkende Gewinnverteilungsbeschlüsse steuerlich nicht anerkannt werden könnten.
c) Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß Zuführungen zu Pensionsrückstellungen noch keine zugeflossenen Vergütungen im Sinn des § 15 Nr. 2 EStG darstellen. Der Senat legte im Urteil IV R 62/66 dar, daß die Pensionszuage steuerlich ebensowenig zu einer Last der Gesellschaft wie zu Forderungen des Gesellschafter-Geschäftsführers führt. Die Vorschrift des § 15 Nr. 2 EStG stellt es nur darauf ab, wann eine Vergütung gezahlt, nicht wann sie verdient ist. Bereits der RFH erkannte an, daß in den Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung für den Einmanngesellschafter einer GmbH kein Zufluß von Arbeitslohn liegt (vgl. RFH-Urteil VI A 664/33 vom 17. April 1935, RStBl 1935, 1159). Soweit der Entscheidung I 221/59 S entnommen werden könnte, daß auch Pensionsrückstellungen wie bereits bezahlte Beträge als Vergütungen im Sinn des § 15 Nr. 2 EStG den einheitlich festzustellenden Gewinn erhöhen, folgt dem der Senat nicht.
Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen mit dem VI. Senat.
Fundstellen
BStBl II 1970, 415 |
BFHE 1970, 479 |