Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein abzugsfähiger Verlust, den ein lohnsteuerpflichtiger (und veranlagter) Steuerpflichtiger bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb erlitten hat, kann nicht durch Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 41 Abs. 1 Ziff. 2, § 40 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Streitig ist in erster Linie, ob es zulässig ist, einen abzugsfähigen Verlust durch Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte für das Jahr 1957 zu berücksichtigen. Streitig ist ferner, ob die Tatsache, daß ein abzugsfähiger Verlust vorhanden ist, zu einer Stundung der Lohnsteuer führen kann, und schließlich, ob eine Feststellungsklage des Inhalts zulässig ist, daß der abzugsfähige Verlust auch für das Jahr 1958 durch Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte berücksichtigt werden müsse.
Der Bf. ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und bezieht als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem ist er an Personengesellschaften als Gesellschafter beteiligt und hat als solcher Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ende 1957 stellte er den Antrag, in seiner Lohnsteuerkarte für das Jahr 1957 einen steuerfreien Betrag von monatlich 2.500 DM einzutragen, weil er für dieses Jahr wegen vortragsfähiger Verluste aus den letzten fünf Jahren keine Einkommensteuer zu zahlen haben werde und ihm die etwa zu zahlende Lohnsteuer also wieder erstattet werden müsse. Das Finanzamt lehnte die beantragte Eintragung als unzulässig ab. Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Wie das Finanzamt, so hielt auch das Finanzgericht die beantragte Eintragung für unzulässig, weil die Berücksichtigung eines vortragsfähigen Verlustes im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht vorgesehen sei. Den Hinweis des Bf., daß die Nichtberücksichtigung im Lohnsteuerabzugsverfahren dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche, sah das Finanzgericht als nicht berechtigt an, weil die Ungleichmäßigkeiten, die sich aus der Verschiedenheit des Lohnsteuerabzugsverfahrens und des Veranlagungsverfahrens ergäben, innerhalb des gesetzgeberischen Ermessens lägen und auf sachlichen Gründen, jedenfalls aber nicht auf Willkür beruhten. Eine Entscheidung über die Stundung, die der Bf. hilfsweise beantragte, lehnte das Finanzgericht als unzulässig ab, weil es insoweit an einer Vorentscheidung durch das Finanzamt fehle. Aus demselben Grunde lehnte das Finanzgericht es ab, über den hilfsweise gestellten Antrag des Bf. zu entscheiden, daß der vortragsfähige Verlust durch Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte 1958 berücksichtigt werden müsse.
Mit seiner Rb. wehrt sich der Bf. gegen die Ablehnung seines Antrags. Dieser sei, so trägt er vor, zulässig gewesen. Die einem Lohnsteuerpflichtigen erwachsenden Sonderausgaben seien durch Eintragung eines entsprechenden steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte zu berücksichtigen. Zu den Sonderausgaben gehöre auch ein vortragsfähiger Verlust. Wenn § 46 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1955 dahin verstanden werden solle, daß die Berücksichtigung eines vortragsfähigen Verlustes nur über die Veranlagung des Lohnsteuerpflichtigen zu erreichen sei, so verstoße eine solche Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Lohnsteuerpflichtige müsse dann, auch wenn er wegen des vortragsfähigen Verlustes kein Einkommen habe und also keine Einkommensteuer zu zahlen haben werde, zunächst einmal Lohnsteuer zahlen, während der nur veranlagte Einkommensteuerpflichtige seine Vorauszahlungen entsprechend herabsetzen lassen könne, also gegebenenfalls überhaupt nichts im voraus zu leisten brauche. Eine derartige Ungleichmäßigkeit könne auch durch die verfahrenstechnischen Unterschiede zwischen dem Lohnsteuerabzugs- und dem Veranlagungsverfahren nicht gerechtfertigt werden. Auf jeden Fall sei sein Antrag unter dem Gesichtspunkt der Stundung berechtigt. Die Möglichkeit der Stundung sei ganz allgemein, also auch für die Lohnsteuer vorgesehen. Die Eintragung einer solchen Stundung - etwa durch Eintragung eines entsprechend befristeten steuerfreien Betrags - sei nicht eine Aufhebung der Lohnsteuerpflicht oder Entbindung des Arbeitgebers von der Einbehaltungspflicht, sondern gebe dem Lohnsteuerpflichtigen nur, was auch jeder andere Steuerpflichtige für sich beanspruchen könne. Die Eintragung eines steuerfreien Betrages sei im übrigen auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben berechtigt, weil es nicht angehe, daß von ihm Zahlung der Lohnsteuer verlangt würde, wenn er alsbald wieder ihre Erstattung verlangen könne. Die Entscheidung über seinen Stundungsantrag und über seinen Feststellungsantrag habe das Finanzgericht zu Unrecht abgelehnt. Wenn sein Stundungsantrag mit dem Eintragungsantrag nicht hätte verbunden werden dürfen, so hätte ihn das Finanzamt darauf hinweisen müssen. Ihm gehe es allein darum, daß er keine Lohnsteuer zu zahlen brauche. Es sei nicht seine Sache, sondern Sache der Behörde, den Antrag in dem richtigen Verfahren zu behandeln. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ergebe sich aus der analogen Anwendung der prozessualen Vorschriften der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für ihn sei - und das sei der entscheidende Gesichtspunkt - ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung gegeben. Würde er jedesmal den Antrag stellen und eine gerichtliche Entscheidung über die Berechtigung des Antrags abwarten müssen, dann würde er, weil die gerichtliche Entscheidung notwendigerweise zu spät käme, immer vorleisten müssen.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten. Er hält das Vorgehen des Finanzamts für richtig. Nach seiner Auffassung hat das Finanzgericht über die Stundung zu Recht nicht entschieden und auch die Entscheidung über den Feststellungsantrag zu Recht nicht getroffen. Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, so führt der Bundesminister der Finanzen aus, auf die Zulässigkeit der beantragten Eintragung beschränkt. Eine Feststellungsklage, wie sie der Bf. für möglich hält, ist nach der Ansicht des Bundesministers der Finanzen im Steuerprozeßrecht nicht vorgesehen. Zu dem Hauptpunkt, also zu der Frage, ob die beantragte Eintragung zulässig sei, führt der Bundesminister der Finanzen aus: Er halte die Berücksichtigung eines Verlustabzugs im Lohnsteuerkarten-Ergänzungsverfahren nach den geltenden Vorschriften für unzulässig. Die Nichtaufnahme des Verlustabzugs in die Aufstellung der im Lohnsteuerverfahren abzugsfähigen Sonderausgaben (vgl. § 41 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1957 und § 40 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1958) beruhe nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers, sondern der Verlustabzug sei vom Gesetzgeber bewußt nicht in den Kreis der bei der Lohnsteuer abzugsfähigen Beträge aufgenommen worden. Wenn es anders wäre, hätte der Gesetzgeber zwischenzeitlich längst das Versäumte nachgeholt, zumal er bei der Neuregelung der lohnsteuerrechtlichen Vorschriften im EStG 1958 nicht nur die gesamten lohnsteuerlichen Bestimmungen neugefaßt, sondern auch in der neuen Ziff. 5 des § 40 EStG 1958 einen Tatbestand geregelt habe, der ähnliche Fragen, wie sie bei dem Verlustabzug entstehen, aufwerfe. Wenn aber der Gesetzgeber eine Regelung in einem bestimmten Sinne, wie hier die Berücksichtigung des Verlustabzugs bei der Lohnsteuer, bewußt unterlassen habe, so sei diese Regelung für die Gerichte so lange bindend, wie sie nicht aufgehoben oder durch das Bundesverfassungsgericht als gegen das Grundgesetz verstoßend für nichtig erklärt sei. In der getroffenen Regelung liege aber kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Sie sei keineswegs willkürlich, sondern aus sachlichen Gründen angebracht. Das geltende Lohnsteuerverfahrensrecht unterliege seinen eigenen Gesetzen, die zum Teil erheblich von den für zu veranlagende Steuerpflichtige maßgebenden Bestimmungen abwichen. Diese Abweichungen gereichten den Lohnsteuerpflichtigen teils zum Vorteil, teils zum Nachteil. Schon die unmittelbare Einbehaltung der Lohnsteuer im Lohnsteuerabzugsverfahren sei ein viel erörterter Nachteil für die Lohnsteuerpflichtigen im Vergleich zu den Veranlagten, welche die von ihnen geschuldete Einkommensteuer erheblich später unter Umständen erst nach Jahren zu entrichten hätten. Andererseits habe gerade das Steuerabzugsverfahren für den Steuerschuldner den Vorteil, daß er sich um die Begleichung der Steuerschuld nicht zu kümmern brauche, der Abgabe einer Steuererklärung meist enthoben sei und Veränderungen in der Höhe seiner Bezüge automatisch berücksichtigt würden, ohne daß, wie bei den Einkommensteuervorauszahlungen, besondere Anträge und Nachweise erforderlich wären. In dieser unterschiedlichen Gestaltung von Lohnsteuerverfahren und Veranlagungsverfahren liege keine grundgesetzwidrige ungleiche Behandlung der Steuerpflichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Was zunächst das Verfahren und damit die Zulässigkeit der Prüfung der von dem Bf. gestellten Anträge angeht, so hat das Finanzgericht zu Recht als den eigentlichen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die Berechtigung oder Nichtberechtigung der von dem Bf. beantragten Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte für das Jahr 1957 angesehen. Durch den Antrag auf Eintragung dieses Betrages ist das vorliegende Verfahren ausgelöst. Nur insoweit ist auch die für die Anrufung des Finanzgerichts erforderliche Prozeßvoraussetzung des Vorliegens eines (angefochtenen und nachzuprüfenden) Verwaltungsaktes des Finanzamts gegeben.
Die Frage der Stundung ist ebenso wie die Frage der Feststellung der Pflicht des Finanzamts, den vortragsfähigen Verlust durch Eintragung eines steuerfreien Betrags in die Lohnsteuerkarte für das Jahr 1958 zu berücksichtigen, erst durch vor dem Finanzgericht gestellte Anträge in das vorliegende Verfahren einbezogen worden. Eine solche Erweiterung des Streitgegenstands ist in dem Steuerprozeß nach der AO nicht vorgesehen. Die Frage der Stundung hat ebenso wie die Frage der Feststellung der Eintragungsverpflichtung mit der den Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens bildenden Frage der Zulässigkeit der Eintragung in die Lohnsteuerkarte 1957 nichts zu tun. Jene Fragen können zwar Gegenstand eines Steuerprozesses sein. Um einen solchen Prozeß in Gang zu leiten, hätten die entsprechenden Anträge aber bei dem Finanzamt gestellt und von diesem behandelt werden müssen. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Finanzgericht unter diesen Umständen den Stundungsantrag und den Feststellungsantrag nicht als unzulässig hätte verwerfen müssen. Jedenfalls ist der Bf. nicht beschwert, wenn das Finanzgericht die Anträge, ohne sie ausdrücklich zu verwerfen, lediglich als unzulässig bezeichnet hat. Der Vorwurf des Bf., daß es Sache des Finanzamts oder des Finanzgerichts sei seine Anträge in dem richtigen Verfahren zu behandeln, ist fehl am Platze. Der Bf. hat hier einen eindeutigen Antrag, nämlich den auf Eintragung eines seinen vortragsfähigen Verlust berücksichtigenden steuerfreien Betrags in die Lohnsteuerkarte für das Jahr 1957 gestellt, und über diesen Antrag ist in dem dafür vorgesehenen Verfahren entschieden worden. Die Anträge auf Stundung und Feststellung betreffen - abgesehen davon, daß sie später als jener Antrag gestellt worden sind - etwas anderes. Auch wenn sie mit jenem Antrag gleichzeitig gestellt worden wären, hätten sie an der Richtigkeit des vom Finanzamt eingeschlagenen Weges nichts geändert. Auch soweit an die Möglichkeit einer Feststellungsklage unmittelbar vor dem Finanzgericht zu denken wäre, käme eine solche Klage im Streitfall nicht in Betracht. Wie der erkennende Senat in dem Urteil VI 124/59 U vom 13. November 1959 (BStBl 1960 III S. 108, Slg. Bd. 70 S. 290) dargelegt hat, sind Feststellungsklagen im Lohnsteuerverfahren grundsätzlich nicht vorgesehen. Auf die Ausführungen dieses Urteils wird verwiesen. Das Vorbringen des Bf. gibt dem Senat keinen Anlaß, von der in dem Urteil vertretenen Auffassung abzuweichen. Im Streitfall besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Würde der Bf. mit seinem Antrag auf Eintragung eines seinen vortragsfähigen Verlust berücksichtigenden steuerfreien Betrages in der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1957 letztlich obsiegen, so wäre damit praktisch die Zulässigkeit der Eintragung - gleichbleibende Verhältnisse vorausgesetzt - auch für die folgenden Jahre festgestellt. Daß es sich insoweit um neue Steuerfälle handelt, das Finanzamt also wiederum die Eintragung für unzulässig halten könnte, ist zwar zuzugeben, rechtfertigt aber keine Feststellungsklage. Daß andernfalls jede Rechtsfrage zum Gegenstand eines besonderen Feststellungsverfahrens gemacht werden könnte und damit das gesamte Rechtsmittelverfahren der AO auf eine im Gesetz nicht vorgesehene Grundlage gestellt wurde, bedarf keiner Erörterung.
Was die beantragte Eintragung selbst, also den Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens, angeht, so beantwortet sich die Frage nach der Zulässigkeit der Eintragung, wie auch die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben aus § 41 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1955. Nach dieser Vorschrift sind "Sonderausgaben (§§ 10, 10b), soweit sie den in § 10c Ziff. 1 bezeichneten Pauschbetrag übersteigen", auf Antrag des Arbeitnehmers für die Berechnung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn abzuziehen. Der Abzug ist, wie sich aus § 41 Abs. 3 EStG 1955 ergibt, vom Finanzamt durch Eintragung eines entsprechenden steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte zu gestatten und vom Arbeitgeber "erst bei der Lohnzahlung vorzunehmen, bei der dem Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte mit dieser Eintragung vorgelegt wird".
Wenn § 41 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1955 durch Anführung der §§ 10, 10b des Gesetzes auf die in diesen Vorschriften geregelten Sonderausgaben hinweist, so kann nach seinem Wortlaut kein Zweifel bestehen, daß auch nur diese Sonderausgaben als abzugsfähig und damit als eintragungsfähig im Sinne seiner Regelung gemeint sind. Der in § 10 d des Gesetzes geregelte Verlustabzug fällt also, wenngleich auch er nach der Regelung des Gesetzes eine Sonderausgabe darstellt, nicht unter die nach § 41 Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1955 abzugs- und damit eintragungsfähigen Sonderausgaben. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, nach dem das Lohnsteuerabzugsverfahren grundsätzlich auf die Berücksichtigung der den Arbeitnehmer als solchen betreffenden Verhältnisse abstellt. Was sich aus Einkünften anderer Art ergibt, bleibt grundsätzlich außer Betracht. Hiervon geht ganz offensichtlich auch die Regelung des § 46 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1955 aus, wenn sie "zur Berücksichtigung von Verlusten aus einer anderen Einkunftsart als derjenigen aus nichtselbständiger Arbeit" ausnahmsweise die Veranlagung vorsieht, während der Lohnsteuerabzug - berichtigt unter Umständen durch den Lohnsteuerjahresausgleich - im Normalfall die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallende Einkommensteuer abgilt und die Veranlagung ausschließt (vgl. § 46 Abs. 3 EStG 1955). Hierfür spricht schließlich auch die Neuregelung durch § 40 Abs. 1 Ziff. 5 und § 46 Abs. 1 Ziff. 5 Buchst. d EStG 1958, nach der zwar der durch die Inanspruchnahme des § 7 b des Gesetzes entstehende Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als für die Lohnsteuer abzugs- und eintragungsfähig bezeichnet, die Berücksichtigung des Verlustabzugs aber ausdrücklich in das Veranlagungsverfahren verwiesen wird.
Nach alledem ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden, wenn sie die von dem Bf. beantragte Eintragung als nach der derzeitigen Regelung des Lohnsteuerabzugsverfahrens unzulässig bezeichnet hat. Die Vorentscheidung hat es auch mit Recht abgelehnt, in dieser Regelung eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zu sehen.
Wenn das Lohnsteuerabzugsverfahren dem Veranlagungsverfahren heute auch weitgehend angeglichen ist, so bestehen doch Unterschiede in der Erfassung und Belastung der Lohnsteuerpflichtigen und der Steuerpflichtigen, die nur veranlagt werden. Diese Unterschiede sind durch die Technik des Lohnsteuerabzugs bedingt und, wenn auch vielleicht nicht immer notwendig, so doch im allgemeinen aus dem Bestreben heraus begründet, das Verfahren im Interesse aller Beteiligten möglichst einfach zu gestalten. Das kann, wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil VI 141/56 S vom 8. Februar 1957 (BStBl 1957 III S. 329, Slg. Bd. 65 S. 251) zu der Frage der Stundung von einzubehaltender Lohnsteuer ausgeführt hat, hier zu Vorteilen, dort zu Nachteilen führen, ohne daß man deswegen von Willkür sprechen könnte, wie sie für eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes erforderlich wäre. Man kann, wie in diesem Urteil ebenfalls ausgeführt ist, auch nicht einzelne Punkte herausgreifen, sondern muß die Regelung im ganzen beurteilen.
Unterstellt man, daß bei der Veranlagung des Bf. für das Jahr 1957 ein entsprechend großer Verlustabzug zu berücksichtigen ist, so ist dem Bf. zuzugeben, daß er, wäre er nicht lohnsteuerpflichtig, für das Jahr 1957 auch im voraus keine Steuer zu zahlen gehabt hätte, weil er - wie das im Streitfall für die von ihm zu zahlenden Vorauszahlungen auch geschehen ist - nach § 35 Abs. 2 EStG Herabsetzung der Vorauszahlungen auf 0 DM hätte erreichen können. Er ist also einem Steuerpflichtigen gegenüber, der nur veranlagt wird, in der Tat insofern benachteiligt, als er die Lohnsteuer zu zahlen verpflichtet ist, wenn er auch wegen der auf Grund einer Veranlagung durchzuführenden Erstattung der zuviel gezahlten Steuer letztlich nicht höher belastet ist als jener. Der Grund für diese unterschiedliche Erfassung (die Vorleistung der Lohnsteuerpflichtigen) liegt, wie oben ausgeführt wurde, in der grundsätzlichen Nichtberücksichtigung der dem Lohnsteuerpflichtigen etwa außer seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zufließenden anderen Einkünfte. Dies braucht sich keineswegs immer ungünstig für den Lohnsteuerpflichtigen auszuwirken. So sind insbesondere die im Lohnsteuerabzugsverfahren zulässigen Eintragungen auch dann vorzunehmen, wenn sie lediglich lohnsteuerlich von Vorteil sind, auf das Ganze gesehen die Veranlagung aber zu einer Nachzahlung (Abschlußzahlung) führen wird. Ein Lohnsteuerpflichtiger kann z. B. die Prämien auf einen Lebensversicherungsvertrag als Sonderausgaben durch Eintragung eines entsprechenden steuerfreien Betrages bei der Berechnung seiner Lohnsteuer berücksichtigen lassen, ohne daß das Finanzamt die Eintragung mit dem Hinweis ablehnen könnte, daß er noch andere Einkünfte habe und auf Grund der Veranlagung den jetzt eingesparten Betrag doch wieder nachzahlen müsse.
Man mag es für richtiger halten, wenn die Regelung, die jetzt nach § 40 Abs. 1 Ziff. 5 EStG 1958 für durch Inanspruchnahme von § 7 b EStG 1958 verursachte Verluste bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gilt, auch für den Verlustabzug im Sinne des § 10 d EStG 1958 Geltung hätte, und sich dementsprechend auf den Standpunkt stellen, daß die Regelung auf den Verlustabzug auszudehnen sei. Der Gesetzgeber ist jedenfalls anderer Auffassung gewesen, und zwar ganz offenbar aus Gründen, die mit dem besonderen Zweck des § 7 b EStG 1958 zusammenhängen. Hierbei handelt es sich um Fragen des gesetzgeberischen Ermessens. Von Willkür ist aus den bereits oben erwähnten Gründen keine Rede. Hätte der Bf. mit seiner Auffassung Recht, daß die Nichtberücksichtigung des Verlustabzugs bei der Berechnung der Lohnsteuer wider den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, dann könnte mit demselben Recht die Berücksichtigung auch laufender Verluste aus anderen Einkunftsarten oder des künftigen Wegfalls der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit selbst gefordert werden - alles Forderungen, über die sich reden ließe, die aber nach der gegenwärtigen Regelung des Lohnsteuerabzugs unberechtigt sind, ohne daß man dies als Willkür bezeichnen könnte. Man kann hier die Regelung nur als Ganzes sehen. Man darf nicht einen dem Steuerpflichtigen ungünstigen Punkt herausgreifen, um diesen unter Außerachtlassung der mit demselben System verbundenen günstigen Punkte als mit dem Gleichheitsgrundsatz im Widerspruch stehend anzusehen.
Man kann, wie das Finanzgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, auch nicht über den Grundsatz von Treu und Glauben zu einem anderen Ergebnis kommen. Es ist zwar richtig, daß eine Steuer in aller Regel dann nicht gefordert werden darf, wenn sie doch alsbald wieder erstattet werden müßte. Diese Frage hat aber mit der Frage, um die es im vorliegenden Fall geht, nichts zu tun. Hier geht es allein darum, ob die Eintragung eines den Verlustabzug berücksichtigenden steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte zulässig ist. Diese Frage ist zu verneinen. Für die Begründung der Verneinung ist es gleichgültig, ob man den (beantragten) einzutragenden steuerfreien Betrag als unter dem Gesichtspunkt des Verlustabzugs oder dem von Treu und Glauben gerechtfertigt ansieht.
Fundstellen
Haufe-Index 409728 |
BStBl III 1960, 414 |
BFHE 1961, 443 |
BFHE 71, 443 |