Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen: nachträgliche Erhöhung, Abänderbarkeit, Höhe der dauernden Last, Zurechnung des Nutzungswerts bei Wohnrecht an einem einzelnen Raum
Leitsatz (amtlich)
Wird das anläßlich einer Vermögensübergabe vorbehaltene Wohnungsrecht an einer Wohnung später mit Rücksicht auf die zunehmende Gebrechlichkeit der Übergeberin auf ein Nutzungsrecht an einem Zimmer beschränkt und verpflichtet sich die Übernehmerin nunmehr, der Übergeberin altersgemäße und gesundheitsgemäße Speisen zuzubereiten, so können diese zusätzlich übernommenen Versorgungsleistungen auch dann als dauernde Lasten zu berücksichtigen sein, wenn ihr Wert den Mietwert der ursprünglich der Übergeberin zugewiesenen Wohnung übersteigt.
Orientierungssatz
1. Steuerliche Anerkennung einer notariellen Nachtragsvereinbarung zum Übergabevertrag mit Wirkung ab 1.1.1984, weil die schriftliche Nachtragsvereinbarung lediglich die Festlegung bereits vorher mündlich getroffener und tatsächlich vollzogener Absprachen enthielt. Rückwirkende Vereinbarungen wurden nicht getroffen.
2. Anläßlich einer Vermögensübergabe vereinbarte Versorgungsleistungen sind aufgrund der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags in der Regel abänderbar, und zwar auch dann, wenn eine Bezugnahme auf § 323 ZPO fehlt. Nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen steht es den Vertragspartnern nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen. Die Leistungen müssen grundsätzlich wie vereinbart erbracht werden. Eine Schwankung der Höhe nach als angemessene Reaktion auf geänderte Bedarfslagen muß, soll sie steuerlich anerkannt werden, in der Regel durch nachweisbare Umstände veranlaßt sein, die nach Maßgabe des Vertragstextes oder der Rechtsnatur des Vertrages rechtserheblich sind. Diese Umstände müssen --in der Regel langfristig-- eine veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigten anzeigen.
3. Dauernde Last beim Übernehmer im Zusammenhang mit der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Mietwohngrundstück als jedenfalls teilweise existenzsicherndes Vermögen unter Vorbehalt des Nutzungsrechts an einen Zimmer (in der vom Übernehmer genutzten Wohnung) gegen Zusage unbarer Versorgungsleistungen (Wart und Pflege, Verköstigung): Ansatz des Mietwerts des überlassenen Raumes, wenn dem Übernehmer der Nutzungswert der Wohnung in vollem Umfang zugerechnet wird, Schätzung der Sachaufwendungen wie Strom, Reinigungsmittel oder Fahrtkosten für Wart und Pflege mit einem Pauschalbetrag von 600 DM jährlich, Ansatz der Verköstigung, Heizung und Beleuchtung nach den Werten der Sachbezugsverordnung.
4. Behält sich der Übergeber bei einer Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Nutzungsrecht an einem Raum der Wohnung des Übernehmers vor, ist der Nutzungswert der Wohnung in vollem Umfang dem Übernehmer zuzurechnen, wenn die geschuldete umfassende Versorgung des Übergebers eine Mitbenutzung dieses Raumes durch den Übernehmer erforderlich macht.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 21 Abs. 2; SachBezV 1983; SachBezV 1985; ZPO § 323
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde mit ihrem während des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Dessen Rechtsnachfolger sind die Klägerin und ihr Sohn (der Kläger und Revisionskläger --Kläger--). Die Klägerin und ihre Mutter waren Eigentümerinnen eines Mietwohngrundstücks. Im Jahr 1980 übertrug die Mutter ihren Anteil auf die Klägerin. Diese räumte ihrer Mutter zugleich ein dingliches Wohnungsrecht an der Wohnung im Erdgeschoß ein und verpflichtete sich, die Wohnung in gut beheizbarem und gut bewohnbarem Zustand zu erhalten, die allgemeinen Umlagen (wie Kaminkehrer, Müllabfuhr und Wassergeld) zu tragen und die zur Instandhaltung erforderlichen Maßnahmen auf ihre Kosten vornehmen zu lassen. Die Kosten für Beheizung und Beleuchtung hatte die Mutter selbst zu tragen. Ferner verpflichtete sich die Klägerin, ihre Mutter "sorgsam zu warten und zu pflegen, ihr alle Hausarbeiten zu verrichten, insbesondere für die Reinigung und Ausbesserung der Kleidung, Wäsche und Schuhwerk zu sorgen und für sie alle notwendigen Gänge und Fahrten zu erledigen, soweit die Übergeberin wegen ihres Alters oder wegen Krankheit hierzu nicht mehr selbst in der Lage ist". Den übrigen, nicht vom Wohnungsrecht ihrer Mutter erfaßten Teil des Hauses bewohnte die Klägerin mit ihrem Ehemann und dem Kläger.
Mit einer privatschriftlichen Nachtragsvereinbarung vom 5. März 1984 wurde das Wohnungsrecht der Mutter mit Wirkung ab 1. Januar 1984 auf zwei Räume eingeschränkt; zugleich verpflichtete sich die Klägerin über die bisherigen Pflichten hinaus auch die Kosten für Beheizung und Beleuchtung zu tragen sowie für ihre Mutter alters- und gesundheitsgemäße Speisen zuzubereiten und ihr freie Kost zu gewähren.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Veranlagungsverfahren für 1984 Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung und gegen die von der Klägerin insoweit begehrten steuerrechtlichen Rechtsfolgen geäußert hatte, vereinbarten die Klägerin und ihre Mutter am 17. September 1985 mit notarieller Urkunde einen Nachtrag zum Übergabe- und Auseinandersetzungsvertrag aus dem Jahre 1980. Die Mutter erhielt nun ab 1. Januar 1984 ein ausschließliches Nutzungsrecht an dem im Erdgeschoß gelegenen Schlafzimmer (Wohnfläche 18 qm) sowie ein Mitbenutzungsrecht an der Küche und den zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Anlagen und Einrichtungen. Ferner wurden die übrigen Pflichten aus den vorangegangenen Vereinbarungen (Kostentragung für das gesamte Haus, Wart und Pflege sowie freie Verköstigung) nochmals vereinbart. Die Eintragung der Änderungen ins Grundbuch wurde bewilligt und beantragt.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre setzten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin für die Wohnung im Erdgeschoß (55 qm) einen Mietwert von 1 650 DM an, für das Ober- und Dachgeschoß (insgesamt 83 qm) einen Mietwert von 2 372 DM, ferner 360 DM für eine Garage, insgesamt 4 382 DM (durchschnittlich 2,43 DM pro qm Wohnfläche). Nach dem Abzug von Werbungskosten ergaben sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 97 DM für 1984 und ./. 7 680 DM für 1985.
Die ihrer Mutter gewährten Sachleistungen machte die Klägerin als Sonderausgaben geltend, und zwar 6 120 DM für 1984 und 4 404 DM für 1985.
Das FA legte die Nachtragsvereinbarung der Besteuerung zugrunde und setzte für den der Mutter der Klägerin überlassenen Wohnraum einen Nutzungswert nicht an. Für den übrigen von der Klägerin selbstgenutzten Teil des Hauses bezifferte es den Nutzungswert mit 3 600 DM. Die erklärten Absetzungen für Abnutzung (AfA) kürzte es um einen Betrag von 150 DM, den die Klägerin zusätzlich zu den AfA nach § 7 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das "Altenteil" geltend gemacht hatte. Die danach sich ergebenden --unstrittigen-- Werbungskosten kürzte das FA um 13 v.H. für den Wohnraum der Mutter der Klägerin. Danach ergeben sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 0 DM für 1984 und ./. 6 764 DM für 1985. Die dauernden Lasten berücksichtigte das FA jeweils in Höhe des Mietwerts der ursprünglich mit dem Wohnungsrecht belasteten Wohnung (1 650 DM) zuzüglich 240 DM für Wart und Pflege.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage teilweise statt. Den der Klägerin zuzurechnenden Nutzungswert ermittelte es unter Einschluß des mit dem Wohnungsrecht belasteten Raumes der Mutter. Es bezog den vom FA angesetzten Nutzungswert von 3 600 DM auf die nach dem ursprünglichen Versorgungsvertrag von der Klägerin selbstgenutzte Wohnung von 83 qm, ermittelte so einen Mietwert für das gesamte Haus von 5 978 DM (3,61 DM pro qm) und berücksichtigte die unstrittigen Werbungskosten, ohne sie anteilig zu kürzen.
Als dauernde Lasten zog das FG den Mietwert des der Mutter überlassenen Raumes, den es mit 780 DM (18 qm x 3,61 DM x 12) bezifferte, sowie den geltend gemachten Betrag für Wart und Pflege von 600 DM ab. Die mit den Nachtragsvereinbarungen erstmals übernommene Verpflichtung zur Verköstigung der Mutter berücksichtigte das FG jedoch nur bis zur Höhe des Mietwerts der ursprünglich mit dem Wohnungsrecht belasteten Wohnung im Erdgeschoß, den es mit 2 383 DM errechnete. Dieses Wohnungsrecht sei durch die Pflicht zur Verköstigung abgelöst worden. Die den Mietwert der Erdgeschoßwohnung übersteigenden Aufwendungen zur Verköstigung seien nach § 12 Nr.2 EStG nicht abziehbar.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Einkommensteuer 1984 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin von 247 DM und dauernden Lasten von 6 960 DM und die Einkommensteuer 1985 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin von ./. 7 530 DM und dauernden Lasten von 7 080 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Nach § 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das angefochtene Urteil aufzuheben und in der Sache zu entscheiden.
1. Die Vorentscheidung verletzt § 21 Abs.2 EStG, weil sie der Ermittlung des Nutzungswerts einen unzutreffenden Rohmietwert zugrunde gelegt hat.
a) Zutreffend hat das FG --ebenso wie das FA-- die Nachtragsvereinbarung zum Übergabevertrag der Besteuerung mit Wirkung ab 1. Januar 1984 zugrunde gelegt. Das FG hat dazu festgestellt, daß keine rückwirkenden Vereinbarungen getroffen worden sind (vgl. zum insoweit geltenden Verbot der Rückwirkung Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, 565, BStBl II 1992, 1020; vom 12. September 1991 X R 199/87, BFH/NV 1992, 233). Die schriftlichen Nachtragsvereinbarungen enthielten lediglich die --durch die zunehmende Gebrechlichkeit der Mutter der Klägerin verzögerte-- Festlegung bereits vorher mündlich getroffener und tatsächlich vollzogener Absprachen. Diese Würdigung des Sachverhalts durch das FG ist möglich und daher für den Senat bindend (vgl. § 118 Abs.2 FGO).
b) Das FG ist ferner zutreffend nach den Urteilen des Senats vom 11. August 1992 IX R 223/87 (BFHE 169, 85, BStBl II 1993, 31) und vom 11. August 1992 IX R 222/87 (BFH/NV 1993, 95) davon ausgegangen, daß der Nutzungswert nach § 21 Abs.2 EStG, auch soweit er auf den der Mutter zugewiesenen Raum entfällt, insgesamt der Klägerin zuzurechnen ist. Im Streitfall machte die geschuldete umfassende Versorgung der Berechtigten ebenso wie im Fall des Urteils in BFHE 169, 85, BStBl II 1993, 31 eine Mitbenutzung des Raumes der Mutter durch die Klägerin erforderlich.
c) Der Höhe nach hat das FG den bei der Ermittlung des Nutzungswerts anzusetzenden Rohmietwert jedoch aufgrund einer in sich widersprüchlichen Berechnung unzutreffend bestimmt.
Nach den Feststellungen des FG hatte das gesamte Haus eine Wohnfläche von 138 qm, das der Mutter zugewiesene Zimmer eine Fläche von 18 qm. Ohne dieses Zimmer betrug die restliche Wohnfläche des Hauses danach 120 qm. Für diese restliche Fläche hatte das FA einen Mietwert von 3 600 DM angesetzt, mithin 2,50 DM pro qm Wohnfläche. Diesen Mietwert, den die Beteiligten im Klageverfahren als zutreffend zugrunde gelegt haben, hat auch das FG als Grundlage seiner Entscheidung übernommen. Er ist auch im Revisionsverfahren maßgebend. Bei der Hochrechnung auf den Mietwert für die gesamte Wohnfläche des Hauses hat das FG jedoch den vom FA angesetzten Mietwert (3 600 DM) nicht auf die ohne das Zimmer der Mutter verbleibende Restwohnfläche (120 qm), sondern auf die nach dem ursprünglichen Übergabevertrag aus dem Jahr 1980 von der Klägerin selbstgenutzte Wohnung (83 qm) bezogen. Dieser Denkfehler ist als rechtlicher Fehler in der Revisionsinstanz nachprüfbar (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3.Aufl. 1993, § 118 Anm.20). Er führt schon für sich allein zur Aufhebung der Vorentscheidung.
d) Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin errechnen sich wie folgt: Dem Rohmietwert von (138 qm x 2,50 DM x 12 =) 4 140 DM zuzüglich des erklärten Mietwerts der Garage (360 DM), insgesamt also 4 500 DM, sind die unstrittigen Werbungskosten ungekürzt gegenüberzustellen (4 135 DM für 1984; 11 912 DM für 1985). Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin betragen danach 365 DM für 1984 und ./. 7 412 DM für 1985.
2. Die Vorentscheidung verstößt ferner gegen § 10 Abs.1 Nr.1a EStG und ist aufzuheben, weil das FG zu Unrecht die Verpflichtung zur Verköstigung der Mutter der Klägerin nur in beschränktem Umfang als dauernde Last berücksichtigt hat.
a) Zutreffend hat das FG die Übergabevereinbarung aus dem Jahr 1980 in Verbindung mit den später getroffenen Nachtragsvereinbarungen insgesamt als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen beurteilt. Wird, wie im Streitfall, ein Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück als jedenfalls teilweise existenzsicherndes Vermögen (vgl. hierzu Beschluß des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847 unter C II. 1. a; BFH-Urteil vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, 80) unter Vorbehalt des Wohnungsrechts an einer Wohnung und gegen die Zusage unbarer Versorgungsleistungen (Wart und Pflege) auf die Tochter übertragen und wird sodann später das vorbehaltene Wohnungsrecht auf ein Zimmer beschränkt und dafür zusätzlich zu den bisherigen Versorgungsleistungen eine Pflicht zur Verköstigung der Übergeberin vereinbart, so stehen auch die Nachtragsvereinbarungen im sachlichen Zusammenhang mit der Vermögensübergabe, so daß auch die für das abgelöste Wohnungsrecht zugesagten weiteren Versorgungsleistungen grundsätzlich als dauernde Lasten abziehbar sind ("gleitende" Vermögensübergabe; vgl. BFH-Urteil vom 3. Juni 1992 X R 147/88, BFHE 169, 127, 129 f., BStBl II 1993, 98). Der sachliche Zusammenhang der zusätzlichen Versorgungsleistungen mit der Vermögensübergabe wird im Streitfall dadurch verdeutlicht, daß die Nachtragsvereinbarungen nach den Feststellungen des FG auf den durch altersbedingte Gebrechlichkeit veränderten Versorgungsbedürfnissen der Übergeberin beruhten.
b) Das FG hat ferner zutreffend in der Überlassung des der Übergeberin zugewiesenen Raumes eine bei der Klägerin abziehbare dauernde Last gesehen. Da der Klägerin als Übernehmerin der Nutzungswert des Wohnhauses in vollem Umfang zugerechnet wird, erbringt sie mit der Überlassung des Raumes an ihre Mutter eine ihre eigene Nutzung schmälernde und sie belastende Versorgungsleistung, die in Höhe des Mietwerts des überlassenen Raumes anzusetzen ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 169, 85, 89, BStBl II 1993, 31). Dieser Mietwert beträgt, allerdings anders als vom FG errechnet, 18 qm x 2,50 DM x 12 = 540 DM.
c) Der vom FG geschätzte Betrag für Wart und Pflege von 600 DM ist ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine im Rahmen der Vermögensübergabe übernommene Pflegeverpflichtung kann als dauernde Last berücksichtigt werden, wenn in Erfüllung dieser Verpflichtung Aufwendungen entstanden sind (BFH-Urteil vom 18. September 1991 XI R 11/85, BFH/NV 1992, 234). Das FG hat seine Schätzung auf die tatsächliche Würdigung gestützt, daß im Zusammenhang mit den schon im Übergabevertrag vereinbarten persönlichen Dienstleistungen notwendigerweise Sachaufwendungen wie Strom, Reinigungsmittel oder Fahrtkosten angefallen seien, die je nach Intensität der Dienstleistungen erheblich voneinander abweichen und daher nur mit einem Pauschalbetrag angesetzt werden könnten. Diese tatsächliche Würdigung ist möglich und für den Senat gemäß § 118 Abs.2 FGO bindend.
d) Zu Unrecht hat das FG jedoch den Abzug der mit den Nachtragsvereinbarungen übernommenen Verköstigungspflicht als Sonderausgabe auf den Wert des ursprünglich vorbehaltenen Wohnungsrechts begrenzt.
aa) Anläßlich einer Vermögensübergabe vereinbarte Versorgungsleistungen sind aufgrund der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages in der Regel abänderbar, und zwar auch dann, wenn --wie im Streitfall-- eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung fehlt (BFH-Urteile in BFHE 168, 561, 564, BStBl II 1992, 1020; vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, 568 f., BStBl II 1992, 499). Nach den allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen über Verträge zwischen nahen Angehörigen steht es den Vertragspartnern indessen nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen wollen. Die Leistungen müssen grundsätzlich wie vereinbart erbracht werden. Andererseits liegt es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages begründet, daß die Vertragspartner z.B. auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren. Eine Schwankung der Höhe nach muß aber, soll sie steuerrechtlich anerkannt werden, in der Regel durch nachweisbare Umstände veranlaßt sein, die nach Maßgabe des Vertragstextes oder nach der Rechtsnatur des Vertrages rechtserheblich sind. Diese Umstände müssen --in der Regel langfristig-- eine veränderte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder eine andere Bedarfslage des Berechtigten anzeigen (BFH-Urteil in BFHE 168, 561, 565, BStBl II 1992, 1020). Unter diesen Voraussetzungen können grundsätzlich auch solche neu vereinbarten Versorgungsleistungen als dauernde Lasten zu berücksichtigen sein, deren Wert den Wert der ursprünglich geschuldeten Leistungen übersteigt.
Nach diesen Maßstäben ist die von der Klägerin gegenüber ihrer Mutter aufgrund der Nachtragsvereinbarungen zusätzlich geschuldete Verköstigungspflicht, die als unbare Versorgungsleistung mit den Werten der Sachbezugsverordnung (SachBezV) anzusetzen ist (BFH-Urteile vom 21. Juni 1989 X R 13/85, BFHE 157, 165, BStBl II 1989, 786, und vom 18. Dezember 1990 X R 151/88, BFHE 163, 356, BStBl II 1991, 354), in vollem Umfang als dauernde Last zu berücksichtigen. Die Nachtragsvereinbarungen waren vom Vertragszweck des anläßlich der Vermögensübergabe geschlossenen Versorgungsvertrages gedeckt. Sie dienten der Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse und die damit verbundenen andersartigen Erfordernisse einer angemessenen Versorgung. Wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, haben die Parteien des Übergabevertrages das Wohnungsrecht der Mutter der Klägerin an der Erdgeschoßwohnung durch das Zimmerwohnrecht mit zusätzlicher Verköstigung ersetzt, weil die Mutter aufgrund ihrer Gebrechlichkeit das ursprünglich vorbehaltene Wohnungsrecht nicht mehr ausschöpfen konnte und auf eine Verköstigung in der Familie ihrer Tochter angewiesen war.
bb) Dem Abzug der von der Klägerin zusätzlich übernommenen Versorgungsleistungen als Sonderausgaben steht nicht entgegen, daß die anläßlich einer Vermögensübergabe zugesagten Versorgungsleistungen grundsätzlich als vom Übergeber vorbehaltene Vermögenserträge zu charakterisieren sind, die der Übernehmer aus dem übertragenen Vermögen zu erwirtschaften hat (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847; BFH-Urteil vom 14. Juli 1993 X R 54/91, BFHE 172, 324, 328, BStBl II 1994, 19). Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, inwieweit sich aus diesem, dem Rechtsinstitut der Vermögensübergabe zugrundeliegenden Gedanken Grenzen für die Abziehbarkeit von als Versorgungsleistungen zugesagten Zahlungen ergeben, ob lediglich auf die typischerweise gegebene Situation abzustellen ist (BFH-Urteil vom 23. Januar 1992 XI R 6/87, BFHE 167, 86, BStBl II 1992, 526), oder ob Zahlungen nicht als dauernde Lasten berücksichtigt werden dürfen, soweit der Übergeber nach der Vermögensübergabe offenkundig mehr an Mitteln zur Verfügung hat als zuvor aus dem übergebenen Vermögen zu erwirtschaften war (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1993 X R 123/90, BFH/NV 1994, 704). Bei den von der Klägerin zusätzlich zugesagten Versorgungsleistungen handelte es sich nicht um Geldzahlungen, sondern um im Rahmen einer Vermögensübergabe typische Pflege- und Sachleistungen, die ihrer Natur nach ohnehin nicht aus dem übertragenen Miteigentumsanteil an dem Wohnhaus zu erwirtschaften, sondern von der Übernehmerin als persönliche Dienstleistung zu erbringen waren. Durch die Nachtragsvereinbarungen haben die Parteien lediglich die Nutzungsvorteile aus dem ursprünglich vorbehaltenen Wohnungsrecht gegen anderweitige Sachleistungen ausgetauscht, der Mutter aber --im Gegensatz zum Sachverhalt des Urteils in BFH/NV 1994, 704-- keine zusätzlichen aus dem Mietwohngrundstück nicht zu erwirtschaftenden und damit über den Rahmen der Vermögensübergabe hinausgehenden Barmittel verschafft.
cc) Danach ist für die Verköstigung, Heizung und Beleuchtung nach der SachBezV 1984 vom 19. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1473, BStBl I 1983, 555) ein Betrag von 490 DM x 66 v.H. x 12 = 3 881 DM und nach der SachBezV 1985 vom 18. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1642, BStBl I 1984, 656) ein Betrag von 500 DM x 66 v.H. x 12 = 3 960 DM als dauernde Last abzuziehen. Die dauernden Lasten betragen insgesamt (540 + 600 + 3 881 =) 5 021 DM für 1984 und (540 + 600 + 3 960 =) 5 100 DM für 1985.
Fundstellen
Haufe-Index 66012 |
BFH/NV 1997, 45 |
BStBl II 1997, 47 |
BFHE 181, 175 |
BFHE 1997, 175 |
BB 1996, 2504 |
BB 1996, 2504-2506 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1996, 2417-2419 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1996, 1926-1928 (Kurzwiedergabe) |
DStZ 1997, 151-152 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 80-81 (Leitsatz) |
StE 1996, 762 (Kurzwiedergabe) |
StRK, R.61 (Leitsatz und Gründe) |
FR 1997, 94-97 (Leitsatz und Gründe) |
Information StW 1997, 27-28 (red. Leitsatz und Gründe) |
BFH/NV BFH/R 1997, 45-47 (Leitsatz und Gründe) |
Erbinfo 1997, Nr 3, 1 (Kurzwiedergabe) |
MittRhNotK 1997, 95-97 (Leitsatz und Gründe) |
NJWE-MietR 1997, 47-48 (Leitsatz und Gründe) |