Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Klägerin höhere Rente wegen Alters ab April 1992 oder erst ab Dezember 1996 zahlen muß.
Die im März 1927 geborene Klägerin nimmt die BfA seit April 1987 aus ihrem Recht auf Rente wegen Alters auf monatlich wiederkehrende Zahlungen als sogenannte Altersrente für Frauen in Anspruch. Im Dezember 1996 beantragte sie höhere monatliche Zahlungen als Vollrente und als Regelaltersrente (RAR) für Bezugszeiten ab April 1992, weil eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (BZKierz) vom 7. Januar 1953 bis zum 6. Januar 1963 rentenerhöhend anzurechnen sei. Die BfA bewilligte der Klägerin eine um 90,98 DM höhere Rente wegen Alters als RAR ab 1. Dezember 1996, weil – bezogen auf den 30. November 1996 – sich (1,9494) zusätzliche Entgeltpunkte (EP) ergeben hätten (Rentenwert: 1.032,39 DM statt zuletzt 941,41 DM). Höhere Zahlungen schon ab April 1992 lehnte sie ab. Zwar seien die Voraussetzungen hierfür bereits seit dem 22. März 1992 erfüllt. Höhere Rente wegen Alters als RAR stehe der Klägerin aber erst ab Beginn des Antragsmonats zu, wie sich aus § 99 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ergebe. Die Klägerin habe auch keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch darauf, so behandelt zu werden, als habe sie den Antrag bis Ende Juni 1992 gestellt. Denn die BfA habe keine Hinweis- oder Beratungspflicht verletzt (Bescheid vom 21. Januar 1997; Widerspruchsbescheid vom 16. April 1997).
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Verwaltungsentscheidung abgeändert und die BfA verurteilt, „der Klägerin RAR ab 01.04.1992 berechnet nach den Bestimmungen des SGB VI zu gewähren”. Es hat ausgeführt, dem Grunde nach sei die Rente erst ab Antragstellung zu gewähren; jedoch sei die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe sie den Antrag rechtzeitig gestellt. Denn die BfA habe im März 1992 eine sich aus § 115 Abs 6 SGB VI ergebende Pflicht verletzt, die eine Rente wegen Alters beziehende Klägerin darauf hinzuweisen, daß sie erneut eine Rente wegen Alters beantragen müsse, wenn sie eine höhere Rente wegen Alters erhalten wolle (Urteil vom 15. Oktober 1998). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sich zur Begründung auf ergänzende Ausführungen zur Hinweispflichtverletzung beschränkt (Urteil vom 30. April 1999).
Die Revision erhebt die Sachrüge, das LSG habe § 115 Abs 6 SGB VI verletzt.
Die Beklagte beantragt,
Die Klägerin ist durch keinen beim Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
II
Die zulässige Revision der BfA ist unbegründet. Zwar ergeben die Entscheidungsgründe des LSG eine (nicht gerügte) Verletzung von Bundesrecht; die Zurückweisung der Berufung der Beklagten stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, so daß ihre Revision gegen dieses Urteil zurückzuweisen war (§ 170 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Ablehnung der BfA aufgehoben, den höheren Wert des Rechts der Klägerin auf Rente wegen Alters als RAR-Vollrente ab April 1992 festzustellen. Es hat demgemäß die BfA – sinngemäß verstanden – zutreffend verurteilt, alle monatlichen Einzelansprüche der Klägerin, die seit dem 1. April 1992 nach dem höheren Rentenwert entstanden und fällig geworden sind, insoweit (unter Anrechnung der erbrachten Zahlungen) noch zu erfüllen.
Das LSG hat im Ergebnis richtig entschieden. Denn der Wert des Rechts der Klägerin auf Rente wegen Alters ist durch die Einführung des BZKierz jedenfalls seit dem Neubewertungsfall der Vollendung des 65. Lebensjahres kraft Gesetzes erhöht worden; dies war auf Antrag mit Wirkung zum 1. April 1992 festzusetzen. Auf die zulässig kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) war die Ablehnung, eine frühere Erhöhung des Rentenwertes festzustellen, aufzuheben, die BfA zur Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung für Bezugszeiten ab April 1992 zu verpflichten und sie zu verurteilen, dementsprechend aufgrund des erhöhten Rentenwertes höhere Rente zu zahlen.
1. Die Klägerin hat mit Vollendung ihres 60. Lebensjahres im März 1987 aufgrund ihrer Entscheidung, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, und ihres im November 1986 gestellten Antrags, ihr die – damals Altersruhegeld genannte – Rente wegen Alters (zum Sprachgebrauch siehe § 300 Abs 4 Satz 2 SGB VI) zu zahlen, kraft Gesetzes (nicht kraft Verwaltungsentscheidung) ein als ihr Eigentum iS des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) geschütztes (Voll-)Recht erworben. Eigentumsgrundrechtlicher Kerngehalt dieses in den inhaltsbestimmenden Normen des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ausgestalteten versicherungsrechtlichen Rechts ist, soweit es seine leistungsrechtlichen Rechtsfolgen betrifft, die Rechtsmacht, von der BfA monatlich wiederkehrende Geldzahlungen („Rente”) zu verlangen. Aus diesem grundrechtlich geschützten Recht entstehen daher als dessen bestimmungsgemäße Rechtsfrüchte (§ 99 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) Monat für Monat jeweils einzelne Zahlungsansprüche (sog Einzelansprüche), und zwar jeweils in Höhe des Wertes des Rechts (verwaltungstechnisch als „Monatsbetrag der Rente” bezeichnet – § 64 SGB VI –). Auch diese Einzelansprüche sind jeweils als solche „Eigentum” der Versicherten iS von Art 14 Abs 1 GG.
2. Dieses Recht steht der Klägerin außerdem „kraft Verwaltungsakts” zu:
a) Die BfA hat ausdrücklich anerkannt und bindend (§ 77 SGG) festgestellt, daß die Klägerin „Anspruch auf vorzeitiges Altersruhegeld (§ 25 Abs 3 AVG) hat”, daß „die Rente” (also die wiederkehrende Geldzahlung) „am 1. April 1987 beginnt” und daß die „Höhe der Rente” (also der Wert des subjektiven Vollrechts ≪„Stammrechts”, „Quellrechts”, „Grundanspruchs”≫) anfänglich 645,30 DM beträgt und sich später erhöht (Bescheid vom 9. Juni 1987). Da keine auflösende Befristung (weder dieser Verwaltungsakte noch) des anerkannten Vollrechts ausgesprochen wurde, ist zugleich geregelt, daß dieses Recht auf Dauer besteht. Die BfA hat bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat der Klägerin keinen Verwaltungsakt bekanntgegeben, der auch nur einen der vier im vorgenannten Bescheid vom 9. Juni 1987 verlautbarten begünstigenden (§ 45 Abs 1 SGB X) Verwaltungsakte aufgehoben hätte. Deshalb ist nicht darauf einzugehen, daß die nach § 24 Abs 1 SGB X hierfür erforderliche Anhörung, von der nicht hätte abgesehen werden dürfen (§ 24 Abs 2 SGB X), nicht durchgeführt wurde, und eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für einen solchen (Grund-)Rechtseingriff weder von der BfA benannt worden noch ersichtlich ist. Die Klägerin hat also ein Recht auf Rente wegen Alters, das seit dem Eintritt des Versicherungsfalles des Alters am 22. März 1987 ununterbrochen fortbesteht.
b) Der rechtliche (und faktische) „Rentenbeginn” ist zum Ablauf des Monats März 1987 eingetreten; denn die Klägerin hat den Antrag schon vor der Erfüllung aller Entstehungsvoraussetzungen für das Recht auf Rente wegen Alters gestellt, so daß der Einwand der späten Antragstellung (früher § 67 Abs 1 Satz 2 AVG, jetzt § 99 Abs 1 SGB VI) schon ihrem ersten Einzelanspruch (für April 1987) nicht (einzel-)anspruchsvernichtend entgegenstand.
c) Die BfA hat die Klägerin hingegen rechtsirrig so behandelt, als sei durch den im Dezember 1996 gestellten Antrag, die ab 1. Januar 1992 durch das SGB VI eingeführten BZKierz (jetzt: § 57 SGB VI) rentensteigernd zu berücksichtigen, ein anderes Recht auf Rente wegen Alters entstanden und dadurch das bindend anerkannte Recht auf Rente wegen Alters erloschen oder verdrängt worden und als hätten die begünstigenden Verwaltungsakte sich „von selbst erledigt”; sie meint darüber hinaus, daß eine „Rentenumwandlung” schon früher (ab April 1992) eingetreten wäre, wenn die Klägerin dies bis Ende Juni 1992 beantragt hätte.
Das ergibt sich aus den Formulierungen im Bescheid vom 21. Januar 1997:
„auf Ihren Antrag vom 18.12.96 erhalten Sie anstelle Ihrer bisherigen Rente von uns
Regelaltersrente.
Die Rente beginnt am 01.12.96.
Ab 01.03.97 werden monatlich 1.032,39 DM gezahlt.
Rentenart
Sie haben Anspruch auf Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind seit dem 22.03.92 erfüllt.
Beginn der Rente
Die Rente wird vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt wurde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren (§ 99 SGB VI).
Berechnung der Rente
Die Berechnung der Rente ergibt sich aus der Anlage 1.
Mehrere Rentenansprüche
Neben der bewilligten Rente besteht Anspruch auf die bisherige Rente.
Für den Zeitraum, für den Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung besteht, wird jedoch nur die höchste, bei gleich hohen Renten die ranghöhere geleistet (§ 89 Abs 1 SGB VI).
Für die Zeit ab 01.12.96 ist die bisherige Rente nicht zu leisten.”
aa) Soweit dieser Text überhaupt eine rechtliche Regelung (iS von § 31 SGB X) hinreichend bestimmt (iS von § 33 Abs 1 SGB X) verlautbart, besteht sie nur in folgendem:
Ihrem Antrag vom 18.12.96, Ihnen (wegen Anrechnung der ab 1992 eingeführten BZKierz) ab April 1992 höhere Rente wegen Alters zu zahlen, wird für Bezugszeiten ab 1. Dezember 1996 stattgegeben; im übrigen wird er abgelehnt. Der Wert Ihres Rechts auf Rente wegen Alters erhöht sich ab 1. Dezember 1996 auf 1.032,39 DM.
Allein die Ablehnungsentscheidung ist angefochten.
bb) Im übrigen dürfte dem Text des Bescheides als Rechtsansicht der Beklagten (rechtlich betrachtet) wohl noch folgendes zu entnehmen sein:
Die BfA stellt wohl nicht in Frage, daß das Recht auf Rente wegen Alters (§ 33 Abs 1 und 2 Halbsatz 1 SGB VI) wegen der Anrechnung der (zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Regelung über die) BZKierz einen höheren Wert erhalten hat, so daß höhere monatliche Zahlungsansprüche entstanden, fällig geworden und – falls der Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI nicht eingreift – zu erfüllen sind. Sie bestreitet letztlich auch nicht, daß die Klägerin seit 1987 bis heute ununterbrochen ein Recht auf Rente wegen Alters hatte; denn sie hat ununterbrochen „Altersrente” gezahlt. Sie meint aber, der Antragseinwand des § 99 SGB VI sei anwendbar, weil es seit Inkrafttreten des SGB VI verschiedene Rechte auf Rente wegen Alters mit unterschiedlichen Rentenwerten (Rentenhöhen) gebe. Diese stünden dem Versicherten grundsätzlich nebeneinander zu, sobald er ihre „Anspruchsvoraussetzungen” erfüllt habe. Die Frage jedoch, auf welche Einzelansprüche aus diesen Rechten sie im Ergebnis wirklich leisten müsse, hänge schlechthin davon ab, wann der Versicherte sie beantrage. Deshalb gebe es seit dem 1. Januar 1992 einen Übergang von einem Recht auf Rente wegen Alters auf ein anderes Recht auf Rente wegen Alters mit einem höheren Rentenwert. Die Feststellung eines höheren Rentenwertes sei davon abhängig geworden, welcher der erste Einzelanspruch aus dem Recht mit dem höheren Rentenwert ist, dem der Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI nicht entgegenstehe. Dies sei jetzt eine Frage des Rentenbeginns iS von § 99 Abs 1 SGB VI (früher § 67 Abs 1 Satz 1, 2, 4 und Abs 2 AVG), jedoch nicht mehr eine der Rentenerhöhung (früher § 67 Abs 3 Satz 1 AVG, jetzt § 100 Abs 1 SGB VI).
Das positive, geschriebene Verfassungs- und Gesetzesrecht stützt diese Ansicht nicht; sie ist mit einer verfassungskonformen (iS von Art 100 Abs 1 GG) Auslegung nicht vereinbar.
3. Die eigentumsgrundrechtliche subjektive Rechtsstellung der Klägerin in ihrem versicherungsleistungsrechtlichen Dauerrechtsverhältnis mit der BfA wurde durch die inhaltsbestimmenden Normen des AVG geprägt:
a) Danach gab es der Art nach nur ein einziges Recht auf „Altersruhegeld”, also auf Rente wegen Alters. Es entstand, sobald der versicherungsrechtliche Haftungstatbestand erfüllt war. Dieser setzte voraus, daß ein Versicherter die erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt hatte und der Versicherungsfall des Alters eingetreten war. Dieser Versicherungsfall lag vor, wenn dem Versicherten der Einsatz der altersbedingt geminderten (gesundheitlichen) Erwerbsfähigkeit nicht mehr zumutbar war.
Dabei gestaltete § 25 AVG (wie jetzt im wesentlichen inhaltsgleich §§ 33 bis 40 SGB VI) die altersabhängige Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit, also die Frage nach dem Zeitpunkt, in dem die versicherungsrechtliche Anspruchsschwelle überschritten ist, differenzierend aus. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres trat die Unzumutbarkeit kraft Gesetzes ein. Damit war der Versicherungsfall gegeben und – falls der Versicherte die Wartezeit erfüllt hatte – stets das subjektive Vollrecht auf Rente wegen Alters entstanden. Einzelnen Gruppen von Versicherten stand allerdings schon vorher (neben dem Anwartschaftsrecht auf Altersrente) auch das Gestaltungsrecht zu, den Zeitpunkt selbst verbindlich zu beurteilen, in dem die Anspruchsschwelle überschritten, also ihnen ein weiterer Einsatz ihrer Erwerbsfähigkeit altersbedingt nicht mehr zumutbar war (vgl § 25 Abs 6 AVG). Dieses besondere öffentlich-rechtliche Gestaltungsrecht setzte voraus, daß die Begünstigten wenigstens 60 Jahre alt waren und in bestimmten besonderen Belastungssituationen standen oder der Regelaltersgrenze ab Vollendung des 63. Lebensjahres besonders nahe gekommen waren; ferner mußten sie besondere versicherungszeitliche Voraussetzungen erfüllt haben und durften keinen iS von § 25 Abs 4 AVG „sozialrechtlich relevanten” (rechtshindernden oder rechtsvernichtenden) Hinzuverdienst erzielen.
Die Anspruchsschwelle der Unzumutbarkeit im Versicherungsfall des Alters wurde (und wird) „kraft Gesetzes” mit Vollendung des 65. Lebensjahres überschritten (gesetzlicher Regelfall). Bis Ende 1991 mußte ein solches Recht auf „RAR” (§ 25 Abs 5 AVG) zwar – wie grundsätzlich jedes Recht auf eine „Leistung eines Rentenversicherungsträgers” (§ 204 AVG iVm § 1545 Abs 1 Nr 3 RVO) in einem „Antrag” geltend gemacht werden (jetzt § 19 SGB IV). Dieser Antrag hatte jedoch nur „verfahrensrechtliche” Bedeutung (§ 67 Abs 1 Satz 1 AVG). Dies war schon damals bei den Versicherten anders, welche die Befugnis hatten, selbst zu bestimmen, in welchem Alter ihnen eine weitere Erwerbstätigkeit unzumutbar geworden, damit die Anspruchsschwelle überschritten und deshalb der Versicherungsfall des Alters eingetreten war, die also „flexible oder vorgezogene Altersrenten” beanspruchen wollten (§ 25 Abs 1 bis 3, § 67 Abs 1 Satz 2 und 4 AVG). Bei diesen Gruppen hatte der Antrag zusätzlich auch die materiell-rechtliche Bedeutung eines (einzel-)anspruchsvernichtenden Einwands; dieser war im AVG inhaltsgleich mit dem heutigen § 99 Abs 1 SGB VI ausgestaltet (näher zu den beiden Unterschieden zwischen § 67 Abs 1 Satz 1, 2, 4 und Abs 2 AVG und § 99 Abs 1 SGB VI Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Der „Antrag” war bei den „vorzeitigen Altersrenten” von der Ausübung des Gestaltungsrechts, den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls des Alters selbst zu bestimmen, rechtlich notwendig zu unterscheiden (stellv schon BSGE 20, 48, 49 = SozR Nr 18 zu § 1248 RVO). Denn die „Ausübung des Gestaltungsrechts” ist eine rechtsbegründende Voraussetzung der Entstehung des (Stamm-)Rechts auf „flexible” oder „vorgezogene” Altersrente. Demgegenüber ist der „Antrag” die (öffentlich-rechtliche) Willenserklärung an den Verpflichteten, das entstandene Recht geltend zu machen. Demgemäß betraf und betrifft der Einwand der späten Antragstellung (§ 67 Abs 1 und 2 AVG, § 99 Abs 1 SGB VI) nicht die Entstehens- und Bestehensvoraussetzungen des (Stamm-)Rechts auf Rente und auch nicht die Entstehungsvoraussetzungen der monatlichen Einzelansprüche, sondern allein den Bestand von entstandenen und bereits fällig gewordenen monatlichen Zahlungsansprüchen, deren Höhe sich aus dem bereits mit dem rechtlichen Rentenbeginn feststehenden Geldwert des Rechts auf Rente ergibt. Der Antragseinwand hat also nur (einzel-)anspruchsvernichtende Bedeutung. In der älteren Rechtsprechung wurde allerdings auch die Ausübung des Gestaltungsrechts häufig „Antrag” genannt, weil sie faktisch zumeist durch den Antrag im Rechtssinne im Sinne einer Beanspruchung einer „vorzeitigen Altersrente” ausgeübt wurde (stellv Senatsurteil vom 18. Dezember 1986 – 4 RJ 73/85 –, BSGE 61, 108, 110 ff = SozR 2200 § 1269 Nr 3).
Die verschiedenen Arten des Überschreitens der einen Anspruchsschwelle, nämlich der Unzumutbarkeit, zur Existenzsicherung weiterarbeiten zu müssen, führten (führen) jeweils nur den einen Versicherungsfall des Alters herbei. Der Zeitpunkt, in dem dieser eintrat, legte nach dem bis Ende 1991 bestimmenden „Versicherungsfallprinzip” (zu dessen Herleitung und Kritik zusammenfassend Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –) das Gesetzesrecht fest, das vom Rechtsanwender (Verwaltung, Rechtsprechung) für die Beurteilung der Entstehung, des Bestandes und des Wertes des (einen) Rechts auf Altersrente anzuwenden war (zum Vorstehenden stellv aus der stRspr des Senats: BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr 7; BSG SozR 3-2600 § 34 Nr 1; Urteil vom 29. Juni 2000 – B 4 RA 57/98 R –; Vorlagebeschluß vom 16. Dezember 1999 – B 4 RA 49/98 R –; Urteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –, mwN).
b) Für die verschiedenen „Arten”, die zum Überschreiten der Anspruchsschwelle und dadurch zum Eintritt des (einen) Versicherungsfalles des Alters führten, hatten sich – außergesetzlich – verschiedene plakative Bezeichnungen gebildet. Sie knüpften – die rechtlichen Gegebenheiten vereinfachend und daher rechtlich ungenau – an das wirtschaftliche Ergebnis der Rechtsentstehung, die Rente als wiederkehrende Geldzahlung, an und betonten jeweils eine in die Augen fallende besondere Voraussetzung für das Überschreiten der Anspruchsschwelle. So entstanden die jetzt in § 33 Abs 2 SGB VI gebrauchten Bezeichnungen, die in sozialpolitischer Sprache als „Altersruhegeld-Arten” bekannt sind. Solche Kennzeichnungen sind nützlich, um den Sprachgebrauch zu entlasten. Sie sind jedoch mißverständlich, soweit sie die Vielschichtigkeit der positiven Rechtslage verdecken. Es gab (und gibt) allerdings nur einen Versicherungsfall des Alters und nur ein Recht auf Rente wegen Alters. War das Recht auf Rente wegen Alters entstanden, konnte (nach dem für das Grundrecht der Klägerin maßgeblichen AVG und kann auch nach dem SGB VI) kein neues weiteres Recht auf Rente wegen Alters entstehen. Nur bei „gewillkürtem” Eintritt des Versicherungsfalles (§ 25 Abs 1 bis 3 AVG und §§ 36 bis 40 SGB VI) konnte dieses Recht vor Vollendung des 65. Lebensjahres untergehen, falls der Rechtsinhaber einen sozialrechtlich relevanten rechtsvernichtenden Hinzuverdienst erlangte (§ 25 Abs 4, § 67 Abs 3 Satz 3 AVG; § 34 Abs 2, 3 und § 100 Abs 3 SGB VI).
Insbesondere gab es demgemäß keine „Rentenumwandlung” von „Altersrenten” (§ 31 Abs 2 AVG). „Umwandlung” ist die Verbindung zweier Verwaltungsakte, durch die geregelt wird, daß ein bislang anerkanntes Recht auf Rente nicht mehr und statt seiner ein andersartiges Recht auf Rente besteht (Kombination einer Aufhebung nach § 48 Abs 1 SGB X mit einer Erst- oder Neufeststellung). Eine „Umwandlung” gab es nur von einem Recht auf BU in ein Recht auf EU und umgekehrt sowie von einem Recht auf BU oder EU in ein solches auf Rente wegen Alters. Bezüglich des „neuen” Rechts war bei der Umwandlung umfassend neu zu entscheiden, ob es „nach Grund und Höhe” bestand (stellv BSG SozR 3-2200 § 1254 Nrn 1, 2, 7). Da es aber keine rechtlich verschiedenartigen Rechte auf Rente wegen Alters gab (oder gibt), gab es auch keine „Umwandlung von Altersrenten” (zusammenfassend Urteil des 8. Senats vom 22. August 1990 – 8 RKn 14/88 –, in SozR 3-2200 § 1248 Nr 2 S 10 ff mwN).
Die Klägerin hatte deshalb am 22. März 1987 das eine Recht auf Rente wegen Alters erworben, das als ihr Eigentum ihr Grundrecht iS des Art 14 Abs 1 GG ist. Über die Frage, „ob” ihr ein Recht auf Rente wegen Alters für Bezugszeiten ab April 1987 und auf Dauer zusteht, war kraft Gesetzes und außerdem durch bindenden Verwaltungsakt vom 9. Juni 1987 abschließend entschieden.
c) Im Grundsatz war mit der Rechtsentstehung auch der Geldwert des Rechts auf Altersrente festgelegt. Dieser war nach dem „Versicherungsfallprinzip” im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles des Alters (hier: am 22. März 1987) nach Maßgabe des damals wirksamen AVG bestimmt. Allerdings gab (und gibt) es nachträgliche Werterhöhungen durch die gesetzlichen Rentenanpassungen, durch die das Alterslohnprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung konkretisiert wird (§ 49 AVG, §§ 68, 69 SGB VI; dazu näher Senatsurteil vom 29. Juni 2000 – B 4 RA 57/98 R –).
Hingegen war grundsätzlich das vom Versicherten erworbene Teilhaberecht auf Altersrente, das sich heute verwaltungstechnisch als rechnerisches Produkt aus den die Rangstelle kennzeichnenden EP, dem Zugangsfaktor und dem Rentenartfaktor darstellt (§ 64 SGB VI; vgl § 31 Abs 1 und 1a, § 32 Abs 1 AVG), nicht mehr abänderbar, weil das „Versicherungsleben” regelmäßig abgeschlossen war (s § 6 Abs 1 Nr 1, § 10 Abs 2a, § 36 Abs 2 AVG und für Rechte auf EU- oder BU-Rente § 32 Abs 8 AVG). Deswegen hat die BfA der Klägerin im Bewilligungsbescheid vom 9. Juni 1987 zutreffend folgenden Hinweis gegeben:
„Die nach Eintritt des Versicherungsfalles zurückgelegten Versicherungs- und Ausfallzeiten dürfen für diesen Versicherungsfall nicht angerechnet werden”.
Dies bedeutete jedoch nicht, daß die (vom BVerfG zutreffend so bezeichnete) Rangstelle des Rechtsinhabers schlechthin unveränderbar war. Sie wurde früher verwaltungstechnisch in der Summe der „Werteinheiten” und wird heute in der Summe der „EP” vereinfachend und zT rechtlich irreführend („Summe” bezeichnet hier einen Relationswert) für die Massenverwaltung umsetzbar gemacht. Die Bestimmungen über die Bewertung der Rangstelle, die der Versicherte vor allem durch rentenversicherte Arbeitsverdienste (§ 63 Abs 1 SGB VI, § 32 Abs 1 AVG) während seines Erwerbslebens im Vergleich zu den zeitgleich und beitragsrelevant versicherten Mitgliedern eines bundesdeutschen Rentenversicherungsträgers erworben (oder durch bundesgesetzliche Gleichstellung hiermit erlangt) hat, konkretisiert das rentenversicherungsrechtliche Vorleistungsprinzip. Denn die Rentenversicherung ist als „Sozialversicherung” iS des Kompetenztitels des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG eine „echte” Versicherung. Sie gewährt Versicherungsschutz – in öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Schuldverhältnissen, die verwaltungsrechtlich als „gebundene” Verwaltung ausgestaltet sind – nur nach folgenden versicherungsrechtlichen Grundsätzen: „Versicherungsnehmer” müssen ihr als versicherte Mitglieder eines bundesdeutschen Rentenversicherungsträgers angehören; sie müssen früher durch Beiträge, Entgeltabzug oder gleichgestellte Tätigkeiten zur Sicherung der Rentner oder Rehabilitanden in ausreichendem Maße beigetragen haben; wenn sie den (jeweiligen) Versicherungsfall erlitten und dadurch (typischerweise) eine Verminderung ihres (sonst versicherten) Erwerbseinkommens erlitten haben (Versicherungsgegenstand), wird ihnen dieser Nachteil durch Renten mit entsprechendem Sicherungsziel (so § 63 Abs 4 SGB VI) als Erwerbseinkommensersatz ausgeglichen; dabei werden Vor- oder Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch den Zugangsfaktor vermieden (vgl § 63 Abs 5 SGB VI, § 31 Abs 1a AVG).
Mit der Entstehung und Inanspruchnahme des Rechts auf Rente wegen Alters nach dem „Versicherungsfallprinzip”, also ab Eintritt des (einen) Versicherungsfalls des Alters, war es für den Versicherten grundsätzlich ausgeschlossen, seinen bislang erworbenen „Rang” für den Wert dieses Rechts noch zu seinen Gunsten zu verändern, also eine höhere Rangstelle, damit ein höherwertiges Teilhaberecht und letztlich (aber rechtlich nicht notwendig) einen höheren Geldwert seines Rechts auf Altersrente zu erlangen. Dies entsprach bezüglich der „RAR” augenfällig dem versicherungsrechtlichen Grundgedanken.
Dieser Grundsatz galt jedoch nicht ausnahmslos. Insbesondere konnte die Rangstelle noch dadurch angehoben werden, daß – individuell – zB eine Nachversicherung erfolgte oder Beiträge wirksam nachgezahlt (nachentrichtet) oder Anwartschaften im Versorgungsausgleich übertragen wurden. Dies war in einer Reihe von spezialgesetzlichen Regelungen (dazu stellv schon Senatsurteil vom 31. Oktober 1978 – 4 RJ 105/77 –, SozR 2200 § 1290 Nr 13; BSGE 61, 108 = SozR 2200 § 1269 Nr 3; BSG SozR 5070 § 10a Nr 10; BSG SozR 3-2200 § 1304b Nr 1) erlaubt (s auch § 141 Abs 2, § 142 Abs 2 AVG). Ferner konnte – sogar bei einem Recht auf RAR – der verspätete Zufluß „beitragsbelasteten” Arbeitsentgelts zu einer nachträglichen Erhöhung der Rangstelle des Rentners führen (stellv BSG SozR 2200 § 1255a Nr 19).
Schließlich blieb es dem Deutschen Bundestag – von Verfassungs wegen – unbenommen, eine nachträgliche Rangstellenerhöhung nicht nur gesetzesunmittelbar für Inhaber von Rentenanwartschaften und Anwartschaftsrechten auf Renten, sondern auch für Vollrechtsinhaber durch Einführung neuer Versicherungszeiten (rentenrechtlichen Zeiten) zu bewirken.
Dies hat er zB bei Einführung der „Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986” als Versicherungszeiten eigener Art so gemacht (§ 27 Abs 1 Buchst c, § 28a AVG). Diese galten nur für Versicherungsfälle nach dem 31. Dezember 1985. Unter „Durchbrechung” der von ihm frei gewählten Gesetzgebungsregel des „Versicherungsfallprinzips” hat er die – begünstigende – Anrechnung dieser neuen rentenrechtlichen Zeiten auch auf die Versicherten erstreckt, die bei Inkrafttreten der Rechtsänderung bereits vorzeitig ein Recht auf Altersrente in Anspruch genommen hatten. Das Altersruhegeld wurde „bei Vollendung des 65. Lebensjahres nach dem 30. Dezember 1985 unter Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung auf Antrag neu festgestellt” (Art 2 § 6c AnVNG). Ein solcher Antrag hatte nur die „verfahrensrechtliche” Bedeutung einer Feststellbarkeits- und (faktischen) Erfüllbarkeitsbedingung, nicht die eines einzelanspruchsvernichtenden Einwandes iS von § 67 Abs 3 AVG oder von § 99 Abs 1 SGB VI (dazu zusammenfassend Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Wurde er gestellt und war das 65. Lebensjahr vollendet und damit der Neubewertungsfall eingetreten, mußte die BfA prüfen, ob die Anrechnung dieser neuen rentenrechtlichen Zeiten für den Rechtsinhaber zu einem höheren Wert seines Rechts führte; ggf mußte sie die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung aufheben, den neuen höheren Rentenwert ab Vollendung des 65. Lebensjahres feststellen und die vom Ablauf dieses Monats an (§ 67 Abs 1 Satz 1 AVG) entstehenden höheren Einzelansprüche erfüllen (falls sie nicht die Verjährungseinrede erheben durfte). Die Rangstelle der Klägerin, die am 1. Januar 1986 ein Anwartschaftsrecht auf Rente wegen Alters hatte, wurde dadurch gesetzesunmittelbar erhöht. Dies wirkte sich beim Erstarken zum Vollrecht daher direkt auf den Wert ihres Rechts aus. Das hat die BfA damals zu Recht beachtet.
4. Das als Eigentum der Klägerin grundrechtlich (Art 14 Abs 1 GG) geschützte Recht auf Rente wegen Alters hat ab dem 1. Januar 1992 durch das SGB VI eine neue Inhaltsbestimmung oder Schrankenbestimmung nur erfahren, soweit darin solche Rechtsänderungen (nicht: bloße Textänderungen – dazu § 300 Abs 4 Satz 2 SGB VI) vorgenommen worden sind, die den Bestand, den Wert oder das Ende eines bereits zuvor gegebenen (Grund-)Rechts auf Altersrente oder die hieraus seit dem 1. Januar 1992 entstehenden Einzelansprüche verändern. § 300 Abs 4 Satz 1 SGB VI gibt die verfassungsrechtliche Lage – deklaratorisch – zutreffend wieder, wonach bis Ende 1991 bestehende Ansprüche (alle subjektiven Rechte) nicht deshalb entfallen, weil die Vorschriften, auf denen sie beruhten, durch andere des SGB VI ersetzt werden.
Eine Rechtsänderung ist iS einer gesetzesunmittelbaren Anhebung der Rangstellen (auch der Rangstellen von Anwartschaftsrechtsinhabern etc) erfolgt, soweit BZKierz als rentenrechtliche Zeiten eingeführt und seither rentenwerterhöhende Wirkung haben. Die Klägerin hat die Feststellung des – jedenfalls – seit dem 1. April 1992 neuen höheren Rentenwertes noch vor Ablauf der – nur die Einzelansprüche betreffenden (Großer Senat des BSG in BSGE 34, 1, 4, 11 = SozR Nr 4 zu § 29 RVO) – Verjährungsfrist beantragt. Deshalb mußte die BfA nicht nur die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung aufheben und den neuen Wert für Zeiten ab dem 1. April 1992 feststellen; hierfür reicht die Mitteilung im Bescheid vom 21. Januar 1997 nicht aus: „Die Anspruchsvoraussetzungen sind seit dem 22.03.92 erfüllt”. Die BfA mußte und muß nunmehr auch die seither monatlich entstandenen höheren Einzelansprüche (unter Anrechnung der erfolgten Zahlungen) erfüllen. Hierzu folgende Hinweise:
Das SGB VI ist gemäß Art 82 Abs 2 GG iVm Art 85 Abs 1 RRG 1992 zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten; dies bedeutet, daß es frühestens in diesem Zeitpunkt materiell-rechtlich wirksam geworden ist (soweit nicht Art 85 Abs 2 ff RRG 1992 einen früheren Beginn anordnet). Für die zeitabschnittsbezogenen Dauerrechtsverhältnisse des Beitrags- und Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt – wie in Art 82 Abs 2 GG iVm Art 83 RRG 1992 ausdrücklich angeordnet ist – für Zeiträume bis Ende 1991 das AVG materiell-rechtlich wirksam (zusammenfassend dazu Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Mit dem 1. Januar 1992 wurden daher die „Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung” materiell-rechtlich wirksames Recht (§ 57 ≪damals Abs 1≫ SGB VI). Im Übergangsrecht des § 249 SGB VI gab und gibt es keine Ausnahme von der sofortigen materiell-rechtlichen Wirksamkeit des § 57 SGB VI. Danach ist (ab 1. Januar 1992) die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit (§ 56 SGB VI) auch in dieser Zeit vorliegen. Diese Voraussetzungen waren bei der Klägerin in der Zeit vom 7. Januar 1953 bis zum 6. Januar 1963 gegeben; hierüber streiten die Beteiligten auch nicht.
Die Rechtsänderung der Einführung von BZKierz hatte für das Recht der Klägerin keine rechtsbegründende, sondern nur eine rangstellenerhöhende Bedeutung. BZKierz haben – im Blick auf „Rente wegen Alters” – rechtsbegründende Bedeutung im wesentlichen als „versicherungsrechtliche Voraussetzung” (§ 34 Abs 1 SGB VI) für den Erwerb eines Gestaltungsrechts, den Eintritt des Versicherungsfalles des Alters selbst zu bestimmen, bei langjährig Versicherten, Schwerbehinderten, Berufs- oder Erwerbsunfähigen (§ 51 Abs 3 SGB VI); dies ist für das Recht der Klägerin ohne Belang. Im übrigen haben BZKierz – allerdings nur indirekt – rentenwerterhöhende Bedeutung, nämlich im wesentlichen bei der sogenannten Rente nach Mindesteinkommen (§ 262 SGB VI: Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt) und bei der Ermittlung der Rangstelle des Inhabers eines Rechts auf Rente (wegen Alters) gemäß § 71 Abs 3, §§ 72, 73 SGB VI, also verwaltungstechnisch: bei der EP-Feststellung.
Da – wie gesagt – keine Norm des SGB VI den Beginn der materiell-rechtlichen Wirksamkeit („Inkrafttreten”) dieser Vorschriften hintanhält, hat sich die Rangstelle der Klägerin mit Beginn des 1. Januar 1992 objektiv erhöht.
Die Klägerin hat (im Dezember 1996) beantragt, ihr die unter Anrechnung der BZKierz erhöhte Rente ab 1. April 1992, also ab Vollendung des 65. Lebensjahres, zu zahlen. Soweit gesetzlich anderes nicht bestimmt ist, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung die „Feststellung” von Rechten auf Leistung und die „Erbringung” von Leistungen stets „antragsabhängig” (§ 19 Satz 1 SGB IV; § 204 AVG iVm § 1545 Abs 1 Nr 3 RVO). Dies gilt auch für die „Gewährung” höherer Leistungen. Dieser Antrag hat „verfahrensrechtliche” Bedeutung. Er ist als Feststellbarkeitsbedingung eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Feststellung des Rechts auf (höhere) Rente und dadurch (faktisch) eine Erfüllbarkeitsbedingung (zusammenfassend dazu Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Auch gesetzesunmittelbare „Rentenerhöhungen” dürfen den Berechtigten grundsätzlich nicht aufgedrängt werden. § 306 Abs 1 SGB VI sieht dazu übergangsrechtlich vor, daß die Beklagte wegen des Inkrafttretens des SGB VI die Rangstellen von Rechtsinhabern grundsätzlich und abweichend von § 48 Abs 1 SGB X nicht von Amts wegen neu festsetzen muß (dazu schon BSG SozR 3-2600 § 300 Nr 10).
Im Gegensatz zu der für Bezugszeiten bis Ende 1991 materiell-rechtlich wirksam gewesenen – verfassungsgemäßen – Schrankenbestimmung (Art 14 Abs 1 Satz 2 Regelung 2 GG) des materiell-rechtlichen Antragseinwandes des § 67 Abs 3 Satz 1 Regelung 1 AVG sieht das für (Beitrags- und) Leistungsmonate ab 1. Januar 1992 gültige Recht des SGB VI nicht mehr vor, daß Rentenerhöhungen nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden können. Der an die Stelle des § 67 Abs 3 AVG getretene § 100 SGB VI bestimmt in seinem hier einschlägigen Abs 1: „Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist.” Auf einen Antrag kommt es danach materiell-rechtlich nicht (mehr) an.
Die Voraussetzungen des § 100 Abs 1 SGB VI liegen vor. Der Wert ihres Rechts auf Rente hat sich jedenfalls zum 1. April 1992 um den Rangstellenwert der BZKierz erhöht (siehe oben).
Das eigentumsgrundrechtlich geschützte Recht der Klägerin auf Rente wegen Alters ist am 22. März 1987 entstanden. Der (rechtliche und faktische) Rentenbeginn (§ 67 Abs 1 Satz 2 AVG) war der 31. März 1987. Der erste Einzelanspruch ist mit Ablauf des 31. März 1987 (so § 67 Abs 1 Satz 1 AVG) entstanden und fällig geworden. Dies legt den rechtlichen Rentenbeginn (iS des § 64 SGB VI) fest. Denn der Versicherte hat das (Grund-)Recht, von der BfA Zahlung eines Betrages zu verlangen, dessen Höhe grundsätzlich dem grundrechtlich geschützten Wert des Rechts auf Altersrente entspricht. Bei der Klägerin traf der rechtliche Rentenbeginn (Entstehung des ersten Einzelanspruchs) – wie im Regelfall – mit dem faktischen (verwaltungstechnischen) „Rentenbeginn” zusammen. Denn schon ihrem ersten Einzelanspruch stand der einzelanspruchsvernichtende Einwand der späten Antragstellung (Antragseinwand) nicht entgegen. Dieser Einwand war damals für Rechte auf Altersrente für Frauen in § 67 Abs 1 Satz 2 SGB VI (jetzt § 99 Abs 1 SGB VI) geregelt. Die Klägerin hatte ihr Recht auf Altersrente für Frauen bereits durch den Antrag vom 21. November 1986 zuvor geltend gemacht. Damit war der erste Einzelanspruch aus diesem Recht zugleich der erste, dem der Antragseinwand nicht entgegenstand und damit der verwaltungstechnische „Rentenbeginn”. Der Antrag war und ist auch insoweit keine Entstehungs- und Bestehensvoraussetzung des Vollrechts auf Rente wegen Alters und keine Entstehungsvoraussetzung für die Einzelansprüche hieraus, als er – zusätzlich zu seiner „verfahrensrechtlichen” – auch materiell-rechtliche Bedeutung hat (§ 67 Abs 1 Satz 2, 4 und Abs 3 Satz 1 AVG, § 99 Abs 1 SGB VI; so schon BSGE 61, 109 = SozR 2200 § 1269 Nr 3; zusammenfassend Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Er ist „Anspruchsvoraussetzung” nur in dem eingeschränkten Sinn einer Bestehensbedingung für bereits entstandene und fällig gewordene monatliche Zahlungsansprüche. Erst recht gibt es keine (zudem mit der von der BfA praktizierten Rentenwertminderung sanktionierte) Pflicht oder Obliegenheit des Grundrechtsinhabers, sein Grundrecht durch unverzüglichen Antrag geltend zu machen. Wird der Antrag nicht binnen drei Monaten nach Ablauf des Monats gestellt, in dem das (Voll-)Recht auf Rente entstanden ist, erlöschen (lediglich) alle Einzelansprüche, die für Kalendermonate vor dem Antragsmonat entstanden sind. Diese Regelung galt bis Ende 1991 auch für „Rentenerhöhungen”, seither aber nicht mehr (§ 100 Abs 1 SGB VI). Im übrigen sieht § 100 Abs 1 SGB VI eine zwingende Nachzahlung für Bezugszeiten ab Änderung der Rentenhöhe vor. Daher ist bei der Entscheidung über die Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X insoweit schlechthin kein Ermessen eingeräumt.
Da das SG die Beklagte nach dem Antrag der Klägerin – sinngemäß – verurteilt hat, den höheren Rentenwert ab 1. April 1992 festzusetzen und auf die entsprechend höheren Einzelansprüche zu zahlen, ist auf die Revision der Beklagten nicht zu entscheiden, ob der Klägerin höhere Rente wegen Alters schon ab 1. Januar 1992 zugestanden hätte.
5. Das Vorbringen der Beklagten gegen diese Rechtslage greift nicht durch. Entgegen ihren og Ausführungen in dem Bescheid vom 21. Januar 1997 steht dem Begehren der Klägerin, höhere Altersrente ab April 1992 zu erhalten, der Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI nicht entgegen. Es sind zum 1. Januar 1992 aber auch keine „anderen Altersrenten” in Kraft gesetzt worden, die das Recht der Klägerin hätten verdrängen oder zum Erlöschen bringen können.
a) Die BfA bestreitet – wie schon im Bescheid vom 21. Januar 1997 der Klägerin mitgeteilt – nicht, daß höhere Rente „als RAR” schon ab 1. April 1992 zu zahlen gewesen wäre, wenn die Klägerin dies bis Ende Juni 1992 beantragt hätte. Unzutreffend geht sie jedoch davon aus, sich hierfür auf den Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI berufen zu dürfen. Diese Vorschrift erfaßt Fälle der vorliegenden Art schon nach ihrem sachlichen Geltungsbereich nicht (dazu näher und zusammenfassend Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Sie betrifft keine „Rentenerhöhungen”, die speziell in § 100 Abs 1 SGB VI geregelt sind, und keine Rechte auf Rente wegen Alters, deren erster dem Antragseinwand nicht ausgesetzter Einzelanspruch vor dem 1. Januar 1992 entstanden ist. Denn dann war der Rentenbeginn bereits vor dem Wirksamwerden des SGB VI eingetreten. § 99 Abs 1 SGB VI ordnet keinen „zweiten Rentenbeginn nach Rentenbeginn” an. Der Rentenbeginn war im Falle der Klägerin – wie ausgeführt – bereits mit Ablauf des 31. März 1987 eingetreten.
b) Es trifft auch nicht zu, daß das SGB VI verschiedene Arten von „Renten wegen Alters” eingeführt (und jede unter den Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI gestellt) hätte. Nicht ersichtlich ist, was die Ausdrücke „verschiedene Rentenarten” oder „verschiedene Altersrenten” bedeuten könnten, wenn man sie nicht – wie oben angesprochen – als vereinfachende Kurzbezeichnungen vielschichtiger positiv-rechtlicher Vorgaben, sondern als (dem Gebot des Art 3 Abs 1 iVm Art 1 Abs 3 GG genügende rechtsdogmatische) Rechtsbegriffe verstehen soll.
Der Ausdruck „Rente” bedeutet im allgemeinen und im juristischen Sprachgebrauch „Einkünfte”, „Vorteile” oder „regelmäßig wiederkehrende Geldzahlung” (stellv Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl 1999, Band 7, 3172; Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl 1998, Band 18, 272; Deutsches Rechts-Lexikon, 2. Aufl 1992 ≪Hrsg Tilch≫, Band 3, 124 f; Evangelisches Staatslexikon, 3. Aufl 1987, Band II, 3290 f; Staatslexikon, 7. Aufl 1988, Vierter Band, 858 ff). Der Ausdruck „Rente” bezeichnet rechtlich also ausschließlich eine Rechtsfolge, nämlich die Pflicht, regelmäßig wiederkehrend Geld zu zahlen. Nicht erkennbar ist, welche (außer in der Höhe des Geldbetrages) „verschiedene Arten von regelmäßig wiederkehrenden Geldzahlungen” bzw „verschiedene wiederkehrende Geldzahlungen wegen Alters” das SGB VI eingeführt haben könnte, da die BfA nach wie vor alle ihr durch das AVG oder das SGB VI pflichtig aufgegebenen wiederkehrenden Geldzahlungen („Renten”) in Deutscher Mark leisten muß. Im übrigen bedeutet „Leistung” einer „Rente” auch im Angestelltenversicherungsrecht rechtlich die gezielte Vermehrung des Vermögens eines anderen Rechtssubjektes. Die von der BfA im SGB VI vermuteten „verschiedenen Rentenarten” gibt es rechtlich somit nicht.
c) Die pflichtige Rechtsfolge, regelmäßig wiederkehrende Geldzahlungen in Deutscher Mark „als Altersrente” zu leisten, trifft die BfA nicht aufgrund bloß objektiven Rechts (dazu und zum folgenden auch Senatsurteil vom 2. August 2000 – B 4 RA 54/99 R –). Ein derartiges „fürsorgerechtliches” Vorverständnis ist seit Inkrafttreten des GG schlechthin untersagt. Die Pflicht, „Rente zu leisten” ergibt sich auch nicht aus solchen subjektiv-öffentlichen Rechten der Art, wie sie der Deutsche Bundestag in manchen Sozialrechtsbereichen des SGB „fürsorgend” und/oder in Verfolgung bestimmter Allgemeininteressen den Begünstigten einräumt. Ein solcher Auslegungskontext ist ua schon deshalb ausgeschlossen, weil der Bund seine Kompetenz zum Erlaß des AVG und des SGB VI aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG hergeleitet hat; für einen Wechsel des Kompetenztitels oder für eine (hier schwerlich zulässige) Kompetenztitelvermischung findet sich in der Entstehungsgeschichte des SGB VI kein Anhaltspunkt; ebensowenig ist erwogen worden, den bisherigen Eigentumsgrundrechtsinhabern ihr Renteneigentum zu entziehen. Die Vorschriften des SGB VI sind daher auch dann im Sinne einer Konkretisierung des oben beschriebenen Sozialversicherungsprinzips zu verstehen, wenn sie – wesentlich stärker als die des AVG – im Sprachstil von (verwaltungsinternen) Verwaltungsvorschriften und von verwaltungstechnischen Verhaltensanweisungen formuliert sind. Denn es ist von Verfassungs wegen davon auszugehen, daß der Deutsche Bundestag seiner verfassungsrechtlichen Pflicht nachkommen will, justiziable Außenrechtsnormen über die Verteilung von Rechten und Ansprüchen, Pflichten und Obliegenheiten, Aufgaben und Befugnissen zwischen dem Versicherten und dem Rentenversicherungsträger zu schaffen.
Die Rechtsfolge, verpflichtet zu sein, einem Versicherten wegen dessen Alters regelmäßig wiederkehrend Geld zu zahlen, trifft die BfA daher nur, wenn und weil der Versicherte insoweit gegen sie ein durch eine gesetzlich anerkannte Vorleistung erworbenes versicherungsrechtliches subjektives (Voll-)Recht hat. Dieses versicherungsrechtliche Recht wird aber nur „wegen Alters” (so § 33 Abs 1, 2 SGB VI) bzw „nach Erreichen der Altersgrenze” (so § 22 Nr 2 AVG) von der Versichertengemeinschaft zugestanden, also nur dann, wenn der den Rechtsgrund der gesetzlichen Altersrentenversicherung bildende Versicherungsfall des Alters (dazu oben) eingetreten ist. Auch das SGB VI deutet ihn – wie schon das AVG – nur in den genannten Formulierungen und in der Bezeichnung „Altersrente” (früher: „Altersruhegeld”) an. Die Aufgabe des „Versicherungsfallprinzips” zum 1. Januar 1992 bedeutet (verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich) keine Aufgabe des Versicherungsprinzips. Dieses erlaubt eine Versicherungsleistung ua nur, wenn das geschützte Gut durch das Risiko, gegen das es versichert ist, über ein vorher festgelegtes Mindestmaß hinaus beeinträchtigt worden, also der Versicherungsfall eingetreten ist. Eine „Versicherung” ohne „Versicherungsfall” ist ein Widerspruch in sich. Auf die Verwendung des Ausdrucks „Versicherungsfall” kommt es hingegen nicht an. Soweit die BfA wirklich meinen sollte, das SGB VI habe den Versicherungsfall des Alters abgeschafft, ist hierauf nicht weiter einzugehen.
d) Das SGB VI hat keine „verschiedenen Arten” von Rechten auf Rente wegen Alters geschaffen. Deshalb scheidet auch eine mehrfache Anwendung des § 99 Abs 1 SGB VI auf Altersrentner aus. Versicherungsrechtliche subjektive Rechte auf Rente können sich ihrer Art nach jeweils nach dem Rechtsgrund, dessentwegen die Versicherung zahlen muß, nach dem Versicherungsgegenstand und Sicherungsziel sowie nach dem Zweck der Versicherungsleistung unterscheiden.
aa) § 33 Abs 1, 2 SGB VI kennt als Rechtsgrund nur die altersbedingte Unzumutbarkeit, zwecks Existenzsicherung weiterarbeiten zu müssen, und nur den einen Versicherungsfall des Alters. Das Gesetz spricht ausschließlich von „Renten wegen Alters” bzw „Rente wegen Alters”, die „geleistet” wird, „als RAR” etc. Einen anderen Rechtsgrund als „wegen Alters” dafür, daß die aktuellen Beitragszahler und Beitragstragenden dem Versicherten über den Rentenversicherungsträger wiederkehrende Geldzahlungen finanzieren müssen, benennt das Gesetz an keiner Stelle. Diese Andeutung reicht vor dem Hintergrund einer über hundertjährigen Rechtsentwicklung und Rechtsprechung aus, den Rechtsgrund der Versicherung und den Versicherungsfall des Alters rechtlich genau zu bestimmen. Geschütztes Gut der gesetzlichen Rentenversicherung ist die gesundheitliche Fähigkeit zum Erwerb; versichertes Risiko der Altersrentenversicherung ist die Einschränkung dieser Fähigkeit „wegen Alters”; diese geht über das vom Versicherten allein zu tragende Mindestmaß (Anspruchsschwelle) hinaus, sobald sie unzumutbar wird (siehe oben). Dies ist kraft Gesetzes stets mit Vollendung des 65. Lebensjahres der Fall. Einigen Gruppen von Versicherten wird eine Beurteilungsermächtigung (Gestaltungsrecht) gegeben, selbst zu entscheiden, ob die Einschränkung „wegen Alters” unzumutbar wird. Da es sich hier um personenbezogene Begünstigungen handelt, müssen die Gründe hierfür nach Art und Gewicht diese Differenzierungen und ihr jeweiliges Ausmaß rechtfertigen. Dem genügte das Regelungskonzept des § 25 Abs 1 bis 4 AVG und der §§ 33 bis 40 SGB VI. Ein anderer Rechtsgrund für das Einstehenmüssen der Versichertengemeinschaft als „wegen Alters” wird auch hier nirgends angedeutet. Es gibt also auch seit 1992 nur den einen Rechtsgrund für Rechte auf Rente „wegen Alters”, die Unzumutbarkeit, die altersbedingt eingeschränkte Erwerbsfähigkeit weiter zur Existenzsicherung einzusetzen.
bb) Versicherungsgegenstand, Sicherungsziel und Zweck der Versicherungsleistung rechtfertigen auch seit 1992 nicht die These, es gebe verschiedene Arten von Rechten auf Rente wegen Alters. Der Versicherungsgegenstand ist der Nachteil, der durch den Eintritt des Versicherungsfalles verursacht wird und nach Maßgabe des Sicherungsziels durch die Versicherungsleistung ausgeglichen werden soll. Durch den Versicherungsfall des Alters tritt (in einer für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung ausreichend als typisch ausgewiesenen Anzahl von Fällen) regelmäßig eine Einbuße an Erwerbseinkommen ein; dies ist der versicherungsrechtlich auszugleichende Nachteil. Sicherungsziel aller „Renten wegen Alters” ist eine „Vollsicherung” (§ 63 Abs 4, § 67 Nr 1 SGB VI). Diese ist nicht nach dem „Lohnersatzprinzip” als Ausgleich des zuletzt erzielten Arbeitsverdienstes ausgestaltet. Vielmehr wird in Verbindung von Vorleistungs- und Alterslohnprinzip eine „Rente” versprochen, deren Höhe am Bruttoarbeitsverdienst der aktuell beschäftigten Arbeitnehmer (§§ 68, 69 SGB VI) orientiert und zugleich daran ausgerichtet ist, in welchem Ausmaß der Rechtsinhaber früher selbst zur Sicherung der damaligen Rentner beigetragen hat (dazu zusammenfassend Senatsurteil vom 29. Juni 2000 – B 4 RA 57/98 R –). Daß der Zweck aller Renten wegen Alters, welche die BfA zahlen muß, in der Existenzsicherung der Berechtigten durch Erwerbseinkommensersatz (im genannten Umfang) besteht, bedarf keiner Ausführung. Es gibt also auch seit 1992 der Art nach nur ein Recht auf Rente wegen Alters.
cc) Dem steht nicht der durch die Wiedervereinigung bedingte Sonderfall entgegen, in dem der Inhaber eines Rechts auf Altersrente (nach dem AVG) in die DDR umgezogen war und dort eine Altersrente bezogen hatte, die ab 1. Januar 1992 als „Bestandsrente” in ein Recht auf Altersrente nach den Sonderregelungen des 5. Kapitels des SGB VI übergeleitet wurde; dieses trat selbständig neben das Recht auf Altersrente aus der originären bundesrechtlichen Rentenversicherung. In derartigen Fällen ist die Regelung über das Zusammentreffen „mehrerer Rentenansprüche” (§ 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI) direkt anzuwenden und nur die Rente zu zahlen, die auf dem Recht mit dem höheren Wert beruht (BSG SozR 3-2600 § 307a Nr 8). Der vorliegende Fall erfordert keine Entscheidung des Senats über die Frage, ob eine gesetzesunmittelbare Rangstellenanhebung durch Einführung neuer rentenrechtlicher Zeiten zu einer – stets nur auf Antrag festzustellenden – Rentenwerterhöhung schon ab Beginn des Folgemonats oder erst ab Eintritt eines Neubewertungsfalles iS von § 89 Abs 1 Satz 2 SGB VI führt. Denn jedenfalls die Klägerin hat das 65. Lebensjahr im März 1992 vollendet und ab April 1992 die höhere Vollrente wegen Alters beantragt. Das Recht der Klägerin auf Rente wegen Alters ist somit durch kein (nur vermeintlich gegebenes) anderes Recht auf Rente wegen Alters verdängt worden.
e) Schließlich ist weder dargetan noch ersichtlich, wie das eigentumsgrundrechtlich geschützte Recht der Klägerin auf Altersrente seit dem 1. Januar 1992 untergegangen oder sein Wert von der gesetzesunmittelbaren Rangstellenerhöhung ausgenommen worden sein könnte.
6. Die BfA hat sich demnach für ihre Weigerung, der Klägerin höhere Altersrente antragsgemäß ab 1. April 1992 zu zahlen, zu Unrecht auf den nicht einschlägigen Antragseinwand des § 99 Abs 1 SGB VI berufen. Das nachrangige richterrechtliche Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs war – entgegen dem LSG – nicht anwendbar, weil der Klägerin kein „sozialrechtlicher Schaden” entstanden war. Es kam also nicht auf die Frage an, ob die BfA (hier denkbarerweise aus Art 14 Abs 1 GG oder nachrangig aus § 14 SGB I) verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin Hinweise (= spontane Beratung) zu geben (anders als wohl in BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2; BSG SozR 3-2600 § 115 Nrn 3 und 4).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 547186 |
NJOZ 2001, 787 |
SozSi 2001, 400 |