Beteiligte
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin für die Zeit vom 8. Februar 1995 bis 12. März 1995 ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) zusteht.
Die 1939 geborene Klägerin bezieht seit 1978 Witwenrente und ist seit 1985 beim Studentenwerk M. als Bewirtschafterin in der Mensa der Fachhochschule B. beschäftigt. Am 12. November 1987 schloß die Klägerin mit dem Studentenwerk einen Arbeitsvertrag, nach dem sie ab 15. November 1987 auf unbestimmte Zeit als Angestellte beschäftigt wurde. Gemäß § 9 Buchst b dieses Arbeitsvertrags wurden während der vorlesungsfreien Zeiten sog Aussetzzeiten vereinbart, die sich jeweils nach dem jährlichen Terminplan im Vorlesungsverzeichnis richteten. Nach § 9 Buchst c des Arbeitsvertrags konnte Urlaub nur während der Semesterferien genommen werden. Die Beschäftigung wurde vom 2. August bis 30. September 1990, vom 5. August bis 30. September 1991, vom 4. August bis 4. Oktober 1992, vom 1. Februar bis 14. März 1993, vom 2. August bis 3. Oktober 1993, vom 1. Februar bis 13. März 1994, vom 1. August bis 4. Oktober 1994 sowie vom 8. Februar bis zum 12. März 1995 ausgesetzt. Die Unterbrechung/Aussetzung erfolgte jeweils nach Inanspruchnahme des Urlaubs während der vorlesungsfreien Zeit. Für die Dauer der Aussetzzeiten in den Jahren 1993 und 1994 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg.
Zum 8. Februar 1995 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Alg. Das Studentenwerk M. gab in der Arbeitsbescheinigung an, das Beschäftigungsverhältnis sei beendet, das Arbeitsverhältnis bestehe jedoch fort und ruhe während der Semesterferien. Im Anschluß an die Aussetzzeit vom 8. Februar 1995 bis 12. März 1995 werde die Beschäftigung ab 13. März 1995 wieder aufgenommen. Mit Bescheid vom 13. Februar 1995 (Widerspruchsbescheid vom 27. März 1995) lehnte die Beklagte die Gewährung von Alg ab 8. Februar 1995 ab, weil die Klägerin während der sog Aussetzzeit weiterhin in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis stehe und somit keine Arbeitslosigkeit vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 1. Oktober 1996 unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1995 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 8. Februar 1995 bis zum 12. März 1995 Alg zu gewähren.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 24. Juni 1997 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Alg für den Zeitraum vom 8. Februar 1995 bis 12. März 1995 zu. Sie habe sich zum 8. Februar 1995 arbeitslos gemeldet, Alg beantragt und die Anwartschaftszeit durch die vorhergehenden Beschäftigungszeiten erfüllt. Die Klägerin sei arbeitslos gewesen, da sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Das Studentenwerk M. habe während der Aussetzzeiten auf sein Direktionsrecht verzichtet und es auch tatsächlich nicht ausgeübt. Die Klägerin habe weder Arbeit geleistet, noch habe sie auf Abruf zur Verfügung stehen müssen. Sie habe im streitigen Zeitraum kein Arbeitsentgelt und keinen Urlaub erhalten und sei aus der Sozialversicherung abgemeldet worden, wie auch die zuständige Einzugsstelle bestätigt habe. Die Klägerin sei auch objektiv verfügbar iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gewesen. Es sei ihr vom Studentenwerk gestattet worden, während der Aussetzzeiten einer anderweitigen Beschäftigung nachzugehen. Sie sei auch tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen, eine über die Aussetzzeit hinausgehende Beschäftigung anzunehmen. Das Studentenwerk sei in diesem Fall zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags bereit gewesen. Der Klägerin habe daher bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Schadensersatzpflicht gedroht. Eine besondere Bindung an den Arbeitgeber aufgrund familiärer Rücksichten, besonders hohen Arbeitsentgelts oder hervorgehobener Stellung im Betrieb habe nicht vorgelegen. Die Klägerin sei auch subjektiv verfügbar gewesen. Sie habe im gerichtlichen Verfahren glaubhaft bekundet, sie sei trotz des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses und der absehbaren Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung beim Studentenwerk bereit gewesen, eine anderweitige Beschäftigung auch über die Aussetzzeit hinaus anzunehmen. Die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nach §§ 117 Abs 2 und 3a, 117a, 118 AFG oder wegen des Eintritts einer Sperrzeit nach § 119 Abs 1 Satz 3 AFG lägen ebenfalls nicht vor.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 101 Abs 1 und 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 AFG. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Alg, da sie nicht arbeitslos iS des § 101 Abs 1 AFG gewesen sei. Sie habe im streitigen Zeitraum weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der ein Beschäftigungsverhältnis jedenfalls dann beendet sei, wenn das Direktionsrecht oder die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers weggefallen sei, betreffe Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis seitens des Arbeitgebers als auf Dauer beendet angesehen worden sei oder nur als „leere Hülse” fortbestanden habe. Dagegen sei in der Regel ein Beschäftigungsverhältnis gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis fortbestehe, auch wenn vorübergehend keine Arbeitsleistung und kein Arbeitsentgelt erbracht würden. Nur in besonders begründeten Ausnahmefällen könne Beschäftigungslosigkeit trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses vorliegen. Bei der Klägerin habe jedoch eine Wiedereinstellungszusage vorgelegen. Auch habe sie das Direktionsrecht des Arbeitgebers trotz Arbeitslosmeldung anerkannt, da sie nur bei Angebot eines anderen Dauerarbeitsplatzes beabsichtigt habe, das Arbeitsverhältnis zum Studentenwerk aufzugeben. Im übrigen liege eine mißbräuchliche Gestaltungsmöglichkeit vor, die zur Abwälzung von Arbeitskosten auf die Solidargemeinschaft führe und bei breiter Anwendung die Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung insgesamt in Frage stelle. Es fehle auch an der objektiven und subjektiven Verfügbarkeit der Klägerin iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 AFG. Der rechtliche Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führe zu tatsächlichen und rechtlichen Bindungen, die eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausschließe. Die Bereitschaft der Klägerin, im Falle eines Arbeitsangebots das Arbeitsverhältnis aufzugeben, reiche nicht aus. Insoweit fehle ihr die Fähigkeit, die angebotene Arbeit in der sachgerechten Weise aufzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Juni 1997 und des Sozialgerichts Mainz vom 1. Oktober 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 1995, mit dem die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Alg für die Zeit vom 8. Februar 1995 bis 12. März 1995 abgelehnt hat. Zu Recht haben SG und LSG beide Bescheide aufgehoben und den Anspruch der Klägerin bejaht.
Die Klägerin hat Anspruch auf Gewährung von Alg für die Zeit vom 8. Februar 1995 bis 12. März 1995 gemäß § 100 Abs 1 AFG. Anspruch auf Alg hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat (§ 100 Abs 1 AFG idF des Gesetzes vom 25. Juni 1969, BGBl I S 582). Die Klägerin hat sich zum 8. Februar 1995 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Sie hat auch aufgrund ihrer vorherigen Beschäftigungen die Anwartschaftszeit für die Wiederbewilligung von Alg erfüllt (§ 104 AFG).
1. Die Klägerin war im streitbefangenen Zeitraum arbeitslos. Arbeitslos im Sinne des AFG ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 101 Abs 1 Satz 1 AFG idF des Art 2 § 9 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – vom 23. Dezember 1976, BGBl I S 3845).
Die Klägerin war Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift, denn sie strebte nach den unangegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) eine abhängige Beschäftigung von mehr als kurzzeitigem (§ 102 AFG idF des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2343) Umfang an. Sie stand im streitbefangenen Zeitraum auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis (zur Abgrenzung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses vom beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis und vom Arbeitsverhältnis vgl bereits BSGE 59, 183, 185 ff = SozR 4100 § 168 Nr 19; BSGE 73, 90, 93 f = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; BSGE 73, 126, 128 f = SozR 3-4100 § 101 Nr 5). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin bestand zwar fort, da es arbeitsvertraglich auf unbestimmte Zeit begründet und weder nachträglich auf die Zeit bis zum 7. Februar 1995 befristet noch gekündigt war. Trotz Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses liegt aber dann kein Beschäftigungsverhältnis iS von § 101 AFG vor, wenn die Beschäftigung faktisch ein Ende gefunden hat, wenn also die das Beschäftigungsverhältnis prägende persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, die sich in der faktischen Verfügungsgewalt (Direktionsrecht) des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers ausdrückt, entfällt. Hierbei kommt es, wie der Senat bereits entschieden hat, auf eine Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls an (BSGE 73, 90, 94 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4).
Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) waren die Arbeitspflicht der Klägerin und die Entgeltpflicht des Arbeitgebers für den streitigen Zeitraum einvernehmlich suspendiert und wurden auch tatsächlich nicht erfüllt. Das LSG hat aus den Gesamtumständen geschlossen, daß damit sowohl das Direktionsrecht des Arbeitgebers als auch die Dienstbereitschaft der Klägerin entfallen und das Beschäftigungsverhältnis (vorübergehend) faktisch beendet war (vgl BSGE 73, 90, 94 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4 mwN). Jedenfalls für den streitigen Zeitraum vom 8. Februar bis 12. März 1995 bestand mithin keine „Zugriffsmöglichkeit” des Arbeitgebers (vgl hierzu BSG, Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 55/97 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Daß die Klägerin bezüglich der für den 13. März 1995 vorgesehenen Wiederaufnahme der Beschäftigung möglicherweise ein entsprechendes Direktionsrecht ihres Arbeitgebers anerkannt hat, ist demgegenüber unerheblich. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt Arbeitslosigkeit nicht nur dann vor, wenn der Arbeitgeber endgültig auf sein Direktionsrecht verzichtet oder der Arbeitnehmer seine Dienstbereitschaft endgültig verweigert, weil das Beschäftigungsverhältnis auf Dauer nicht fortgesetzt werden und das Arbeitsverhältnis beendet oder nur formal fortgeführt werden soll. Vielmehr reicht es aus, daß sich das versicherte Risiko, infolge fehlender Arbeitsmöglichkeit einen Ausfall an Arbeitsentgelt zu erleiden, vorübergehend verwirklicht. Insoweit steht leistungsrechtlich die Wiederaufnahme der bisherigen Beschäftigung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis den Fällen gleich, in denen (auch) das Arbeitsverhältnis beendet und eine Wiedereinstellungszusage gegeben oder in absehbarer Zeit eine anderweitige Beschäftigung aufgenommen wird (vgl BSG, Urteil vom 5. Februar 1998, aaO). Daß im Unterschied dazu bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis arbeitsvertragliche Bindungen bestehen bleiben, hindert die Annahme einer Arbeitslosigkeit der Klägerin nicht, sondern hat allenfalls Bedeutung für deren Verfügbarkeit.
Der nachvollziehbare Einwand der Beklagten, die vorliegende arbeitsvertragliche Gestaltung des Arbeitsverhältnisses führe zu einer Abwälzung von Arbeitskosten auf die Solidargemeinschaft der Beitragszahler und stelle bei breiter Anwendung die Funktionsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung in Frage, verfängt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der §§ 100 ff AFG nicht. Nach dem Regelungszweck der §§ 100 ff AFG kommt es für die Entstehung eines Alg-Anspruchs weder auf den wirtschaftlichen Grund der Arbeitslosigkeit noch darauf an, ob und bei welchem Arbeitgeber der Versicherte nach dem Zeitraum der Arbeitslosigkeit (erneut) Arbeitsentgelt erzielt. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung nicht von Fällen der (unter Umständen wiederholten) Kündigung mit Wiedereinstellungszusage oder der Situation von Beschäftigten aus Betrieben iS des § 1 Abs 2 Anwartschaftszeitverordnung (AnwZV), die gemäß § 104 Abs 1 Satz 4 AFG iVm § 1 Abs 1 AnwZV ohne Rücksicht darauf in den Schutzbereich des § 100 AFG einbezogen werden, ob ihre Beschäftigungsverhältnisse wiederholt oder sogar regelmäßig bei demselben Arbeitgeber begründet werden. Jede dieser Fallgestaltungen führt einerseits beim Arbeitgeber zur Einsparung von Personalvorhaltekosten für Zeiträume fehlenden Arbeitskräftebedarfs und ermöglicht andererseits dem Arbeitnehmer einen in der Regel vorübergehenden anderweitigen Entgelterwerb. Nur wenn sich letzterer aufgrund der Arbeitsmarktlage nicht realisieren läßt, kann der Arbeitnehmer – bei Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen – Alg beanspruchen. Der Senat geht allerdings davon aus, daß der Regelung des § 104 Abs 1 Satz 3 AFG zu entnehmen ist, daß während „Aussetzzeiten” von einer Dauer von weniger als vier Wochen ein Anspruch auf Alg nicht bestehen kann. Andernfalls würde ein Beschäftigter, der für einen kürzeren Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis „aussetzt”, für diesen Zeitraum sowohl Alg erhalten wie auch eine neue Anwartschaftszeit gemäß § 104 Abs 1 AFG begründen. Dies kann hier jedoch dahinstehen, da die Aussetzzeit die Dauer von vier Wochen überstieg. Weiterhin könnten an der Arbeitslosigkeit iS des § 100 AFG Zweifel bestehen, wenn ersichtlich wäre, daß der Arbeitslose in den Zeiträumen der Beschäftigung von seinem Arbeitgeber ein erhöhtes Arbeitsentgelt erhält, das zugleich eine Entlohnung bzw einen Vorschuß auch für die Aussetzzeiten beinhaltet (vgl hierzu jetzt auch § 7 SGB IV idF des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6. April 1998 – BGBl I S 668). So lagen die tatsächlichen Verhältnisse hier indessen nicht.
Die Beschäftigungslosigkeit der Klägerin war auch iS des § 101 Abs 1 Satz 1 AFG vorübergehend. Dem steht nicht entgegen, daß arbeitsvertraglich die Aussetzzeit und damit die voraussichtliche Dauer der Arbeitslosigkeit der Klägerin auf ca fünf Wochen beschränkt war, denn Arbeitslosigkeit liegt nicht erst dann vor, wenn die voraussichtliche Beschäftigungslosigkeit von nicht nur unbedeutender Dauer ist (BSGE 42, 76, 84 = SozR 4100 § 101 Nr 2; BSGE 73, 90, 97 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; ebenso der 11. Senat im Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 55/97 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend” in § 101 Abs 1 Satz 1 AFG ist nur auf den im Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Zustand der faktischen Beschäftigungslosigkeit bezogen und dient der Abgrenzung gegenüber Personen, die endgültig aus dem Arbeitsleben als abhängig Beschäftigte ausgeschieden sind (vgl BSGE 42, 76, 83 = SozR 4100 § 101 Nr 2; BSGE 73, 90, 97 = SozR 3-4100 § 101 Nr 4). Im übrigen strebte die Klägerin, wie das LSG festgestellt hat, auch eine zeitlich über die Aussetzzeit hinausgehende unbefristete Tätigkeit an.
2. Im streitigen Zeitraum war die Klägerin auch verfügbar. Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 103 Abs 1 AFG (idF des Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992, BGBl I S 2044) zur Verfügung, wer eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben kann und darf (objektive Verfügbarkeit, dazu unter a), bereit ist, jede derartige Beschäftigung anzunehmen (subjektive Verfügbarkeit) und das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann sowie für das Arbeitsamt erreichbar ist (dazu unter b).
a) Die Klägerin war objektiv verfügbar. Sie war nach allen in ihrer Person liegenden Umständen in der Lage (können) und rechtlich nicht gehindert (dürfen), eine zumutbare beitragspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Insbesondere bestanden keine entgegenstehenden arbeitsvertraglichen Bindungen. Für die Dauer der Aussetzzeit hatte der Arbeitgeber nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auf sein Direktionsrecht verzichtet. Die Klägerin mußte weder verfügbar (dienstbereit) sein, noch eine Neben- oder Vollzeittätigkeit ihrem Arbeitgeber bekanntgeben. Sie war aber auch über die Aussetzzeit hinaus durch die arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung ab 13. März 1995 nicht derart an ihren Arbeitgeber gebunden, daß eine über diese Zeit hinausgehende Beschäftigung nicht in Betracht kam. So drohten ihr keine Schadensersatzpflichten, da der Arbeitgeber nach den auch insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereit war, im Falle einer Vermittlung der Klägerin in ein länger dauerndes Beschäftigungsverhältnis deren Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufzuheben. Das LSG hat auch weitergehende tatsächliche Bindungen der Klägerin an ihren Arbeitgeber (vgl BSGE 73, 263, 269 f = SozR 3-4100 § 112 Nr 16) nicht festgestellt. Die Klägerin bezog hier kein besonders hohes Arbeitsentgelt, hatte keine hervorgehobene Stellung im Betrieb inne und war nicht durch persönliche Rücksichten an das Studentenwerk als Arbeitgeber gebunden. Umstände, die für eine solche besondere „Treuepflicht” der Klägerin gegenüber ihrem Arbeitgeber sprechen könnten, die ihre Verfügbarkeit einschränken könnten, hat das LSG nicht festgestellt. Die Tatsache, daß die Klägerin in einem neuen Beschäftigungsverhältnis mit einer Probezeit rechnen mußte, während sie ihre bisherige Beschäftigung ab 13. März 1995 ohne erneute Probezeit wieder aufnehmen konnte, hat das LSG zu Recht nicht zum Anlaß genommen, die objektive Verfügbarkeit zu verneinen.
Die Klägerin war auch rechtlich nicht gehindert, eine anderweitige Beschäftigung auszuüben. Behördliche oder gesetzliche Verbote, die dem entgegenstehen könnten, sind nicht zu ersehen. Arbeitsvertragliche Bindungen der Klägerin sind für die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Beschäftigung unerheblich, da der Arbeitslose sich vom Arbeitsvertrag jederzeit – ggf unter Inkaufnahme von Schadensersatzpflichten – lösen kann (Gagel/Steinmeyer, AFG, Stand September 1997, § 103 RdNrn 150 f). Nicht erforderlich ist, daß der Arbeitslose die in der Zukunft liegende vertragliche Bindung bereits tatsächlich gelöst hat, um seine Verfügbarkeit herzustellen. Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach sich der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung aktuell zur Verfügung halten muß und diesem Erfordernis nicht genügt wird, wenn es noch weiterer gestaltender Entscheidungen des Antragstellers bedarf, um einem Arbeitsangebot Folge zu leisten (BSG SozR 4100 § 103 Nr 46 mwN), schon deshalb nicht entgegen, weil eine entsprechende Bindung der Klägerin im geltend gemachten Zeitraum nicht bestand. Ausreichend ist dann, wie das BSG bei Bestehen von vertraglichen oder tatsächlichen Bindungen bereits entschieden hat (BSGE 73, 126, 130 f = SozR 3-4100 § 101 Nr 5; BSGE 73, 263, 270 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16), die vom LSG festgestellte Bereitschaft des Arbeitslosen, sich vom bisherigen Betrieb zu lösen (vgl auch BSG Urteil vom 5. Februar 1998, aaO, Umdruck S 7).
b) Nach den unangegriffenen und für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG war die Klägerin im streitigen Zeitraum auch in der Lage, das ArbA täglich aufzusuchen, für das ArbA (täglich) erreichbar und bereit, jede auch über die Dauer der Aussetzzeit hinausgehende zumutbare beitragspflichtige Beschäftigung aufzunehmen. Der Senat hält es in Fallkonstellationen wie der vorliegenden für denkbar, daß die subjektive Verfügbarkeit des Arbeitslosen insoweit eingeschränkt ist, als ein gänzliches Aufgeben (Kündigen) des lediglich ausgesetzten Beschäftigungsverhältnisses für den Arbeitslosen objektiv so ungünstig wäre, daß die Glaubhaftigkeit der erklärten Bereitschaft, eine neue Dauerbeschäftigung eingehen zu wollen, angezweifelt werden kann. So war die bereits in einem höheren Lebensalter stehende Klägerin bei einem Arbeitgeber im öffentlichen Dienst seit 1985 fortlaufend beschäftigt. Zudem bezog sie Witwenrente, so daß insofern Zweifel bestehen könnten, ob die Klägerin tatsächlich (subjektiv) bereit war, jedes neue Dauerarbeitsverhältnis einzugehen. Insoweit könnten sich die vom 11. Senat des BSG angedeuteten tatsächlichen Umstände (BSGE 73, 263, 269 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16) des Beschäftigungsverhältnisses im Einzelfall als so günstig darstellen, daß die jeweils subjektive Bereitschaft des Antragstellers dieses bestehende Verhältnis ganz aufzugeben, gesondert festgestellt und ermittelt werden muß. Als Konsequenz einer solchen objektiv indizierten eingeschränkten Bereitschaft zur Aufnahme neuer Beschäftigungsverhältnisse würde dann ggf weiterhin zu ermitteln sein, ob eine nunmehr nur noch befristet (für den Zeitraum des Aussetzens) gesuchte Beschäftigung den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts entspricht (so im Ergebnis auch der 11. Senat in BSGE 73, 263, 269 = SozR 3-4100 § 112 Nr 16). Eine solche Prüfung der objektiven Arbeitsmarktlage für Beschäftigungen für die Dauer lediglich der Aussetzzeit ist im vorliegenden Falle aber nicht geboten, da eine – aus bestimmten objektiven Kriterien ableitbare – subjektive Beschränkung der Klägerin auf solche Tätigkeiten gerade nicht vorliegt. Das LSG hat unangegriffen und damit für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, daß die Klägerin in glaubhafter Weise bekundet hat, bereit zu sein, das Beschäftigungsverhältnis mit dem Studentenwerk gänzlich aufzugeben und ein anderes Dauerarbeitsverhältnis einzugehen. An dieses Ergebnis tatrichterlicher Überzeugungsbildung ist der Senat gebunden, so daß auch die subjektive Verfügbarkeit der Klägerin außer Zweifel steht.
3. Der Anspruch der Klägerin auf Alg hat im streitigen Zeitraum nicht nach §§ 118 oder 119 AFG geruht.
Gemäß § 118 AFG (idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993, BGBl I S 2353) ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf (ua) Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung oder eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art zuerkannt ist (§ 118 Abs 1 Nr 4 AFG). Der Gesetzgeber geht davon aus, daß Personen, die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, als aus dem Erwerbsleben ausgeschieden gelten, versicherungsmäßig versorgt sind und der Arbeitsverwaltung regelmäßig nicht mehr zur Verfügung stehen (vgl BSGE 81, 134, 139 mwN = SozR 3-4100 § 142 Nr 2).
Die Witwenrente der Klägerin nach § 46 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) ist jedoch keine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Witwenrente ist auch keine ähnliche Leistung iS des § 118 Abs 1 Nr 4 AFG. Dies gilt für die kleine Witwenrente und für die große Witwenrente nach § 46 Abs 1 und Abs 2 Nrn 1 und 3 SGB VI schon deshalb, weil diese Renten unabhängig vom Erreichen einer bestimmten Altersgrenze gewährt werden, ohne daß die Berechtigte typischerweise aus dem Arbeitsleben ausscheidet. Im übrigen sind die Renten wegen Todes nicht dazu bestimmt, entfallenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen der Berechtigten (Lohnersatzfunktion), sondern den tatsächlichen oder fiktiven Beitrag des Verstorbenen zum Lebensunterhalt der Berechtigten (Unterhaltsersatzfunktion) zu ersetzen. Dies gilt auch für die Witwenrente nach § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI, deren Gewährung die Vollendung des 45. Lebensjahres voraussetzt. Mit Erreichen des 45. Lebensjahres wird hier typisierend – neben Fällen der Erziehung eines Kindes (Nr 1 aaO) und der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (Nr 3 aaO) – eine besondere Bedarfssituation (vgl Wagner in Berliner Kommentar zum Rentenreformgesetz 1992, Stand Juni 1996, S 46 Erl 1), jedoch kein tatsächliches Ausscheiden der Berechtigten aus dem Arbeitsleben unterstellt.
Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG (idF des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2343) ruht das Alg wegen des Eintritts einer Sperrzeit (ua), wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Auch diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. § 119 AFG sanktioniert im Wege einer Begrenzung des versicherten Risikos die schuldhafte Herbeiführung der Arbeitslosigkeit durch den Arbeitslosen (vgl im einzelnen Urteil des Senats vom 29. April 1998 – B 7 AL 56/97 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Klägerin hat die (vorläufige) Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses und damit ihre Arbeitslosigkeit durch die getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung von Aussetzzeiten jedoch nicht im Sinne dieser Norm selbst herbeigeführt. § 119 AFG erfaßt zwar auch die einvernehmliche Auflösung eines Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere im Wege des sog Aufhebungsvertrags. Der Abschluß eines auf bestimmte oder bestimmbare Zeiträume der Beschäftigung gerichteten Arbeitsvertrags stellt jedoch nicht gleichzeitig eine Vereinbarung über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses für die dazwischen liegenden Zeiträume ohne Beschäftigung dar. Insofern gilt nichts anderes als beim Abschluß eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Eine Herbeiführung von Arbeitslosigkeit läge nur dann vor, wenn die Klägerin damit ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis ohne Aussetzzeiten in ein solches mit Aussetzzeiten umgewandelt hätte. Hierfür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. § 119 AFG findet daher schon tatbestandlich keine Anwendung.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
DStR 1999, 469 |
NZA 1999, 304 |
AuA 1999, 476 |
NZS 1999, 305 |
SGb 1999, 130 |