Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenberechnung. Übersiedler aus der ehemaligen DDR. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass vor dem 19.5.1990 in der ehemaligen DDR zurückgelegte Pflichtbeitragszeiten von nach dem 31.12.1936 Geborenen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet am 18.5.1990 nicht auf Grund des Fremdrentengesetzes bewertet werden.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 1, Art. 20 Abs. 3; SGG § 96 Abs. 1 Fassung: 2008-03-26; SGB VI § 248 Abs. 3, §§ 256, 256a, 256b, 259a Abs. 1 S. 1; BerRehaG § 22 Abs. 1, 3; FRG § 15 Abs. 1 Fassung: 1960-02-25, Abs. 1 Fassung: 1991-07-25, § 17 Abs. 1 Fassung: 1960-02-25, § 22 Abs. 1 Fassung: 1960-02-25, Abs. 1 Fassung: 1965-06-09, Abs. 4 Fassung: 1960-02-25; WWSUG; WWSUVtr; RÜG; Rü-ErgG
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger ab dem 1.1.2010 höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewähren muss, weil ihm ein höherer Nachteilsausgleich nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) zustehe und seine rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt hat, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu bewerten seien.
Der 1947 geborene Kläger arbeitete in der DDR zunächst als Ingenieur und später als Niederlassungs- und Betriebsteilleiter. Nachdem er seine Ausreise beantragt hatte, wurde er ab dem 27.11.1986 von der Tätigkeit als Betriebsteilleiter beurlaubt und als Hilfsarbeiter beschäftigt. In der DDR war er weder Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) noch gehörte er einem dortigen Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an. Am 25.5.1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "C" und war vom 4.9.1989 bis zum 31.12.2009 rentenversicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 17.1.1991 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) rentenrechtliche Zeiten bis zum 31.12.1984 verbindlich fest, ohne über deren Zuordnung zum FRG zu entscheiden. Später lehnte sie es als Versorgungsträgerin für die Zusatzversorgungssysteme ab, (fiktive) Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen, weil der Kläger am 30.6.1990 nicht mehr im Beitrittsgebiet beschäftigt gewesen sei (Bescheid vom 23.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 23.4.2004). Das Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen erkannte den Kläger als Verfolgten iS des § 1 Abs 1 BerRehaG an, setzte die Verfolgungszeit vom 25.11.1986 bis 25.5.1989 fest und ordnete ihn der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabschluss) der Anlage 13 und dem Wirtschaftsbereich 17 (Handel/Binnenhandel) der Anlage 14 zum SGB VI zu (Bescheid vom 6.7.2005 mit Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG).
Mit Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 stellte die BfA alle im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31.12.1998 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. In Spalte 3 des Versicherungsverlaufs ordnete sie den Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet jeweils fiktive Verdienste in DM zu, die sie ermittelt hatte, indem sie die in Mark der DDR tatsächlich erzielten Beträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochgewertet und durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf bundesdeutsches Lohnniveau angehoben hatte. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage stellte die Beklagte fest, dass die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 nach § 11 BerRehaG als Pflichtbeitragszeit gelte und die Vergleichsberechnungen, die unter Anwendung des § 13 Abs 1a BerRehaG durchgeführt worden seien, keinen höheren Rentenbetrag ergeben hätten. Allerdings könne erst im Leistungsfall verbindlich entschieden werden, ob die festgestellten Pflichtbeitragszeiten zu einer höheren Leistung führten (Bescheid über die Prüfung des rentenrechtlichen Nachteilausgleiches im Rahmen des BerRehaG außerhalb eines Rentenverfahrens vom 24.10.2005). Die Widersprüche gegen beide Bescheide wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006). Das SG Gießen hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 18.9.2009).
Während des Berufungsverfahrens gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.1.2010 (Rentenbescheid vom 6.11.2009). Die Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet bewertete sie anhand der fiktiven Verdienste in DM, die in Spalte 3 des Versicherungsverlaufs enthalten und in Spalte 1 mit der Abkürzung "SVA" (= beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung im Beitrittsgebiet) gekennzeichnet waren (Anlage 2 des Rentenbescheids). Der Ermittlung des Rentenwerts lagen insgesamt 54,7453 persönliche Entgeltpunkte (pEP) zugrunde (Anlage 6 des Rentenbescheids). Mit Rentenbescheid vom 18.1.2010 stellte die Beklagte die Altersrente rückwirkend zum 1.1.2010 auf der Grundlage von 56,0318 pEP höher fest. Die Verfolgungszeit vom 27.11.1986 bis 25.5.1989 bewertete sie nunmehr als beitragsgeminderte Zeit und berücksichtigte nach dem BerRehaG für jeden Kalendermonat mit Verfolgungszeit den monatlichen Durchschnittswert von 0,0561 EP (= 0,6174 EP : 11 Kalendermonate) aus dem Kalenderjahr 1985 (letztes Kalenderjahr vor Beginn der Verfolgung).
Mit Urteil vom 25.3.2011 hat das Hessische LSG die Berufung zurückgewiesen, die Klage gegen den Rentenbescheid vom 18.1.2010 abgewiesen und die Revision zugelassen: Der Rentenbescheid vom 18.1.2010 sei Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, weil er sowohl den Rentenbescheid vom 6.11.2009 als auch den ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 vollständig ersetzt habe. Der rentenrechtliche Nachteilsausgleich iS des BerRehaG sei keinesfalls anhand der Leistungsgruppen des FRG zu berechnen. Ebenso wenig seien die übrigen rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet nach dem FRG zu bewerten, wie das SG unter Hinweis auf § 259a SGB VI zutreffend ausgeführt habe. Schließlich seien die Vorschriften des SGB VI und des BerRehaG auch verfassungskonform. Denn die Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 S 1 GG) erfasse keine FRG-Zeiten, weil für sie keine Eigenleistungen an einen Versicherungsträger der Bundesrepublik Deutschland erbracht worden seien. Soweit der Gesetzgeber mit dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) in Rechtspositionen von FRG-Berechtigten eingegriffen habe, sei dies durch Gründe des Allgemeinwohls (Schaffung eines einheitlichen Rentenversicherungssystems, Finanzierbarkeit der Rentenversicherung) gerechtfertigt und verhältnismäßig. Auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG) sei nicht verletzt, weil der Gesetzgeber die besondere Situation der Sowjetzonenflüchtlinge im Vergleich zu den im Beitrittsgebiet Verbliebenen durch die Vorschriften des BerRehaG auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung hinreichend berücksichtigt habe. Eine darüber hinausgehende Besserstellung - insbesondere unter Anwendung der Leistungsgruppen nach dem FRG - könnten Altübersiedler aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht beanspruchen. Dass der Kläger keine Ansprüche nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) erworben habe, beruhe wesentlich auf dem Umstand, dass er keine Versorgungszusage erhalten und damit dem System der zusätzlichen Altersversorgung nicht angehört habe.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 3, 14 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Die rentenrechtlichen Zeiten, die er im Beitrittsgebiet zurückgelegt habe, müssten nach dem FRG in der Fassung berechnet werden, die es am 25.5.1989 gehabt habe, als er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Dann ergäben sich wesentlich höhere EP, was auch positive Wirkungen auf den rentenrechtlichen Nachteilsausgleich für die Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG habe. Am 25.5.1989 habe er eine Rentenanwartschaft erworben, die ihm konkret zugeordnet sei, im Einigungsvertrag erwähnt werde und unter dem Eigentumsschutz des Art 14 GG stehe. Sie beruhe auf seiner entgeltlichen Erwerbstätigkeit in der DDR, für die er Beiträge an deutsche Rentenversicherungssysteme gezahlt habe und damit auf Eigenleistungen eines Deutschen iS des Art 116 GG. Er habe in der DDR durch eigene Arbeit Rentenanwartschaften erworben und mit seinen Beiträgen zur Finanzierung der Rentenversicherung beigetragen, die schlussendlich durch die Wiedervereinigung in das gesamtdeutsche System inkorporiert worden seien. Der Einigungsvertrag habe die erworbenen und nach dem FRG berechneten Anwartschaften weder eingeschränkt noch beschnitten, wie dies nun durch § 259a SGB VI geschehe. Das RÜG führe zu einer Teilenteignung der Rentenanwartschaften von Altübersiedlern. Hierzu sei der Gesetzgeber nur bei Vorliegen von Gründen von erheblichem Gewicht befugt. Es sei sehr zweifelhaft, ob die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung ein solcher Grund sei. In diesem Zusammenhang sei es sachwidrig, gerade ihn für die finanziellen Folgelasten der Wiedervereinigung mitverantwortlich zu machen, obwohl er im Zeitpunkt der Wiedervereinigung bereits durch seine Erwerbstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zur Finanzierung dieser zusätzlichen Lasten beigetragen habe. Überdies werde er gegenüber Personen benachteiligt, die bis zum Mauerfall in der DDR verblieben seien. Denn als Flüchtling habe er in der DDR Hab und Gut zurückgelassen sowie wertvolle Jahre seines Lebens in erheblicher Armut und mit Freiheitseinschränkungen und Zwangsmaßnahmen zugebracht. Darüber hinaus habe er Ansprüche nach dem AAÜG verloren, weil er am 30.6.1990 - anders als die dort verbliebenen Kollegen - nicht mehr in der DDR gelebt habe.
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Der Kläger beantragt, |
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das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. Januar 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2010 höhere Altersrente |
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a) |
unter Bewertung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten vom 24. August 1963 bis 25. Mai 1989 nach dem FRG und |
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b) |
unter rentensteigernder Berücksichtigung eines Nachteilsausgleichs nach § 13 BerRehaG mit Bewertung der Verfolgungszeit nach den Leistungsgruppen des FRG zu zahlen. |
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Die Beklagte beantragt, |
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die Revision zurückzuweisen. |
Für das Begehren des Klägers gebe es keine gesetzliche Grundlage. Es sei fraglich, ob eine bloße Übersiedlung gleichsam automatisch bestimmte gesetzliche Leistungsansprüche nach sich ziehe, die zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland kodifiziert gewesen seien. Die postulierte Rechtsposition - Anwendung des FRG auf die von ihm bis zum 25.11.1986 zurückgelegten Beitragszeiten - genieße keinen Grundrechtsschutz aus Art 14 Abs 1 GG. Da der Kläger nicht in den Genuss einer Rentenwertfeststellung auf der Basis des FRG gelangen könne, sei er auch nicht in seinem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip verletzt. Immerhin existiere mit § 259a SGB VI eine Übergangsregelung, von der der Kläger allerdings nicht profitiere. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung erst das 42. Lebensjahr vollendet gehabt habe und im Hinblick auf die neue Rechtslage durchaus in der Lage gewesen sei, etwa befürchtete Leistungseinbußen durch private Dispositionen zu kompensieren. Der Kläger sei auch nicht iS des Art 3 Abs 1 GG gegenüber anderen Personen willkürlich benachteiligt. Mit der Übergangsregelung des § 259a SGB VI und dem darin enthaltenen Stichtag des 1.1.1937 habe der Gesetzgeber eine sachgerechte Lösung geschaffen, weil die Personen, die am 1.1.1992 die damalige Regelaltersgrenze des 65. Lebensjahres (gemeint 55. Lebensjahr) vollendet gehabt hätten, noch in den Genuss des "alten Rechts" gelangt seien. Zudem hänge es von der individuellen Versicherungs- und Beitragsbiographie ab, ob Versicherte von der Anwendung des FRG oder der Anwendung des § 259a SGB VI profitierten. Wer Beiträge zur FZR gezahlt habe, für den sei die neue Rechtslage vorteilhaft. Der Kläger sei auch nicht im Zusammenhang mit der Bewertung seiner Verfolgungszeiten in Grundrechten verletzt. Insoweit sei der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG bereits nicht eröffnet. Zudem habe das FRG - in der vom Kläger begehrten Form - nur bis Ende 1991 und das BerRehaG erst ab 1994 gegolten, so dass schon deshalb beide Gesetze nicht miteinander kombiniert werden könnten. Sollte das FRG tatsächlich auf den Kläger Anwendung finden, sei auch die Regelung des § 22 Abs 4 FRG zu berücksichtigen, wonach die nach dem FRG fingierten Arbeitsentgelte vom Rentenbeginn an um 40 % zu kappen seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG nicht erkennen, ob das LSG die letzte Rentenwertfestsetzung der Beklagten im Bescheid vom 18.1.2010 auch hinsichtlich im ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 geregelter Beitrittsgebietszeiten überprüfen durfte (hierzu im Einzelnen nachfolgend unter A.). Da der Regelungsgegenstand des Vormerkungsbescheides offen ist, kann derzeit nicht entschieden werden, ob und inwieweit hierdurch verkörperte Verwaltungsakte iS von § 96 Abs 1 SGG durch die erstmalige Bestimmung des Rentenwerts und diese ihrerseits durch die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 ersetzt worden sind. Hiervon ausgehend ist derzeit in mehrfacher Hinsicht offen, ob über die Klage gegen die Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 hinsichtlich derjenigen Beitrittsgebietszeiten, die nicht Verfolgungszeiten sind, durch Prozess- oder durch Sachurteil zu entscheiden ist. Dies darf aber wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkung nicht offen bleiben (BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - Juris). Soweit die Klage die Berücksichtigung von Verfolgungszeiten im Rahmen der Rentenwertfestsetzung vom 18.1.2010 betrifft, könnte hierüber im Sinne der Zurückweisung der Revision zwar bereits jetzt abschließend entschieden werden (hierzu nachfolgend unter B.). Der Senat sieht hiervon indessen zugunsten einer einheitlichen Entscheidung über den Rentenwert durch das Berufungsgericht ab.
A. Mit seiner ursprünglichen Klage hat sich der Kläger ua gegen den Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 gewandt, soweit diese Zeiten im Beitrittsgebiet mit Ausnahme der im weiteren Bescheid vom 24.10.2005 gesondert geregelten Verfolgungszeiten betreffen. Streitbefangene Feststellungen von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid sind während des Berufungsverfahrens durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 6.11.2009 iS von § 96 Abs 1 SGG ersetzt worden. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Tatbestands einer rentenrechtlichen Zeit einerseits und der Rentenwertfestsetzung unter Berücksichtigung auch dieser Zeit andererseits nicht um Verwaltungsakte mit identischem Regelungsgehalt, doch stehen beide hinsichtlich ein und desselben Rechtsverhältnisses in einem Verhältnis sachlicher und zeitlicher Exklusivität zueinander. Während nämlich der Rentenversicherungsträger erstmals mit der "Feststellung einer Leistung" über Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten entscheiden (§ 149 Abs 5 S 3 SGB VI) und den Rentenwert bestimmen darf, bedarf es mit diesem Zeitpunkt umgekehrt keines diese Entscheidung nur vorbereitenden Verfahrens über die Feststellung einzelner wertbestimmender Umstände mehr. Hierzu ergangene Verwaltungsakte erledigen sich ungeachtet ihrer Anfechtung "auf andere Weise" (§ 39 Abs 2 SGB X) und dürfen durch weitere Feststellungen einzelner wertbestimmender Elemente von vornherein nicht mehr ersetzt werden. Das insofern anhängige Klageverfahren findet indessen seine Fortsetzung im Streit über dasjenige Rechtsverhältnis, dessen vorbereitender Klärung die bisher ergangenen Verwaltungsakte gerade gedient hatten. Auf die Ersetzung in diesem Sinne findet § 96 Abs 1 SGG, der hier bereits in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) anzuwenden ist, unmittelbar Anwendung mit der Folge, dass der Verwaltungsakt über die Rentenhöhe als unmittelbar kraft Gesetzes angegriffen gilt, soweit diese ihrerseits auf den bereits ursprünglich streitigen Feststellungen beruht. Mit dem Erlass des weiteren Rentenbescheides vom 18.1.2010 wurde schließlich insoweit auch die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt.
Indessen hat es das LSG unterlassen festzustellen, ob der ursprünglich mit der Klage angegriffene Vormerkungsbescheid überhaupt beansprucht hat, Regelungen auch für die streitigen Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zu treffen, und daher insofern durch den Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt werden könnte. Dies hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BSG Urteil vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6). Der Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 und der ihn bestätigende Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 verlautbaren - insofern den Wortlaut des § 149 Abs 5 S 1 SGB VI wiederholend -, dass die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.1998, als für die Beteiligten verbindlich festgestellt werden, sofern sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Die in Bezug genommenen früheren Feststellungen bestimmen damit mittelbar den Regelungsgehalt des Bescheides vom 24.10.2005 bzw des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides und sind umgekehrt ihrerseits einer Überprüfung im Rahmen des gegen diese Bescheide gerichteten Klageverfahrens entzogen. Da die Beklagte nicht bereits selbst die zeitlich vorgängigen und sachlich vorrangigen Bescheide aufgeführt hat, auf die sie sich insofern beziehen will, bleibt nur, den Regelungsgehalt des ursprünglich angegriffenen Feststellungsbescheides durch einen Abgleich mit früher an den Kläger gerichteten Bescheiden zu ermitteln. Hierzu ist das Revisionsgericht, das zwar selbst entscheiden kann, ob es sich bei einer Verlautbarung der Verwaltung um einen Verwaltungsakt handelt und welchen Inhalt dieser Verwaltungsakt ggf hat, jedoch die Existenz von Verlautbarungen, um deren Inhalt es geht, nicht selbst feststellen darf, derzeit nicht in der Lage.
Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nur zu entnehmen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 17.1.1991 die rentenrechtlichen Zeiten bis zum 31.12.1984 ohne eine Entscheidung über die Zuordnung zum FRG festgestellt hat. Aus dem Bescheid geht hervor, dass für den Zeitraum bis 31.12.1984 lediglich Zeiten der Schul- und Fachschulausbildung des Klägers verbindlich festgestellt wurden. Ob in der Zwischenzeit bis zum Erlass des Bescheids vom 24.10.2005 weitere Vormerkungsbescheide durch die Beklagte erlassen worden sind, die die Zeiten im Beitrittsgebiet bereits abschließend geregelt haben, hat das LSG nicht festgestellt. Somit ist unklar, ob der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch Zeiten des Klägers im Beitrittsgebiet verbindlich festgestellt hat oder vielmehr nur spätere Zeiten regelt. Sollte der Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.8.2006 auch derartige Zeiten verbindlich geregelt haben, wäre die Klage im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 1.). Andernfalls wäre ausgehend von einer gewillkürten Klageänderung zunächst die Zulässigkeit der geänderten Klage zu klären. Soweit sich diese Klage als zulässig erweist, wäre auch sie im Ergebnis unbegründet (nachfolgend 2.).
1. Soweit der ursprünglich angegriffene Vormerkungsbescheid vom 24.10.2005 Nicht-Verfolgungszeiten im Beitrittsgebiet abschließend geregelt hat, ist die Rentenwertfestsetzung im ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 insofern gemäß §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Die aufgrund erneuter gesetzlicher Klageänderung geänderte Klage gegen den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ist dann allerdings unbegründet. Für das mit ihr verfolgte Begehren, die vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten (Nicht-Verfolgungs-)Zeiten nach Maßgabe des FRG zu bewerten, fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
a) Zutreffend hat die Beklagte die in der Zeit vom 24.8.1963 bis 25.5.1989 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs 3 SGB VI berücksichtigt und für sie entsprechende EP nach § 256a SGB VI ermittelt. Der Kläger wird damit - wie grundsätzlich alle anderen, die vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben - dem Überleitungsprogramm des Einigungsvertrages und der nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen unterworfen. Für die Wertbestimmung seines Rentenrechts ist aufgrund gesetzlich angeordneter Gleichstellung und entsprechend den allgemeinen Grundlagen des bundesdeutschen Rentenrechts auch insofern das im Beitrittsgebiet individuell beitragsversicherte Erwerbseinkommen maßgeblich. Dagegen gehört der Kläger nicht zum Kreis derjenigen, deren EP für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.5.1990 ausnahmsweise weiterhin aufgrund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt werden. Dies sind gemäß § 259a SGB VI nur diejenigen, die am 18.5.1990 einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet hatten und vor dem 1.1.1937 geboren sind. Zwar hatte der Kläger am 18.5.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, doch wurde er erst am 1947 geboren.
b) Erst recht findet das FRG vom 25.2.1960 auf ihn keine Anwendung.
Zwar hatte der Kläger als bis zum 18.5.1990 Zugezogener bei Zuzug in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung seiner im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in dieser Fassung. Nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG sollten die Berechtigten nach Möglichkeit so gestellt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht (vgl § 17 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 FRG aF). Demnach wurde bei Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs 1 FRG in der vom 1.1.1984 bis 30.6.1990 geltenden aF). Im Zuge der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art 14 Nr 14a des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606) zum 1.1.1992 neu gefasste § 15 Abs 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Art 14 Nr 16b RÜG zum 1.1.1992 § 17 Abs 1 FRG aF gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 1.1.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 75 RÜG). Schon hiervon war der Kläger nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 1.1.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI idF des Art 1 Nr 16 Buchst b des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes ≪Rü-ErgG≫ vom 24.6.1993, BGBl I 1038). Auch vor dem 19.5.1990 Zugezogene wurden damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 1.1.1937 geboren waren.
Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es besteht daher auch keine Veranlassung, das Verfahren gemäß Art 100 Abs 1 GG auszusetzen und dem BVerfG zur Entscheiden vorzulegen.
aa) Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstößt nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG - vgl hierzu zuletzt etwa BVerfG Beschluss vom 7.12.2010 - 1 BvR 2628/07 - BVerfGE 128, 90 ff mwN = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).
Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte begrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt.
Es liegt weder eine unzulässige Rückwirkung vor noch war der Kläger aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.
Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, dh gültig geworden ist (vgl BVerfG Beschluss des 1. Senats vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua - BVerfGE 126, 369 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9).
Die Ersetzung der FRG-Regelungen für den Personenkreis, dem der Kläger angehört, hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Sie beschränkt sich vielmehr auf künftig entstehende Rentenrechte.
Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind. Eine derartige unechte Rückwirkung ist nur ausnahmsweise unzulässig.
Die Ersetzung der FRG-Regelungen bewirkt keine unzulässige unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung. Insbesondere hatte der Wert künftiger Rentenrechte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die für alle Zeiten eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich eigentumsgeschützter Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen muss, ist von einem systemimmanenten Zwang zu Veränderung beherrscht. Dies gilt hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - infolge des Untergangs der DDR in erheblichem Umfang rentenrechtliche Folgen des 2. Weltkriegs bewältigt werden mussten. Insbesondere ist eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente traf und die daher auch in der Lage waren, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik aufzubauen.
Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft.
bb) Der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung ist ebenfalls nicht verletzt. Die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Stichtagsregelung hat zur Folge, dass es nur für die vor dem 1.1.1937 Geborenen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.5.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, bei der Anwendung des vor Einführung der §§ 256a und b SGB VI geltenden Rechts bleibt. Allein für diesen Personenkreis werden daher EP weiter auf der Grundlage des FRG ermittelt, während umgekehrt für alle nach dem 31.12.1936 Geborenen und diejenigen, die am 18.5.1990 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet hatten, das Überleitungsrecht des SGB VI gilt.
Dem Gesetzgeber ist es durch Art 3 Abs 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die Wahl des Zeitpunkts muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren (BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua - BVerfGE 87, 1, 43 f mwN = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Das ist hier der Fall.
Mit der Einigung Deutschlands stand der Gesetzgeber vor der Aufgabe, die in der DDR erworbenen rentenrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften in das bundesdeutsche System zu integrieren. Dies konnte mit diesem Zeitpunkt für alle ehemals in der allgemeinen Rentenversicherung bzw der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR Versicherten grundsätzlich in der Weise geschehen, dass bei der Bestimmung des Wertes von Rentenrechten nach dem SGB VI von deren im Beitrittsgebiet versicherten Erwerbseinkommen ausgegangen wurde. Hiervon wurde auch weitestgehend Gebrauch gemacht, während auf andere Grundlagen für die Rentenwertfestsetzung nur noch übergangsweise und in eng umgrenzten Ausnahmefällen zurückgegriffen wurde. Schon mit dem Abschluss des Vertrages vom 18.5.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (STVtr) bestand nämlich wegen der dadurch begründeten Exportierbarkeit der DDR-Renten nur noch in begrenztem Umfang Bedürfnis nach einer übergangsweisen Anwendung des FRG. Diese wurde daher auf den Personenkreis begrenzt, der am Tag des Vertragsabschlusses seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern hatte (Art 23 § 1 Abs 2 S 1 des Gesetzes zu dem genannten Vertrag - StVtrG - vom 25.6.1990, BGBl II 518; vgl zur Unbedenklichkeit dieses Stichtags vor Art 3 Abs 1 GG: BSG Beschluss vom 4.7.1996 - 13 BJ 191/95 - Juris RdNr 6), während umgekehrt alle Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik erst nach diesem Zeitpunkt begründet hatten, nunmehr die von dem bisher für sie zuständigen Rentenversicherungsträger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnete Rente für die dort zurückgelegten Zeiten erhielten (Art 20 Abs 7 StVtr). Mit dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik und dem Inkrafttreten eines einheitlichen Rentenrechts zum 1.1.1992 schwand das Bedürfnis danach, Übersiedler im Wege besonderer staatlicher Fürsorge weiter dadurch individuell in das Sozialgefüge der Bundesrepublik zu integrieren, dass sie fiktiv so behandelt wurden, als hätten sie ihr bisheriges Erwerbsleben in der Bundesrepublik verbracht. Der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik am 18.5.1990 führte zunächst aus Gründen des Vertrauensschutzes (vgl BT-Drucks 12/405, 128) nur noch bei Rentenbeginn vor dem 1.1.1996 (§ 259a SGB VI idF des RÜG), dann aus Gründen der Vereinfachung (BT-Drucks 12/4810, 24 f) nur noch bei einem Geburtsdatum vor dem 1.1.1937 (§ 259a SGB VI idF des Rü-ErgG) zur Anwendung der alten Rechtslage. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funktionieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997 - 4 RA 56/95 - Juris RdNr 18 mwN). Letztendlich musste der Gesetzgeber - wie bei jeder Stichtagsregelung - zwischen dem Vertrauen der Betroffenen in die bestehende und den Gründen für eine andere - für einige Betroffene ungünstigere - Regelung abwägen. Wenn er bei den bis 1937 Geborenen, damals relativ rentennahen Jahrgängen dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und damit einer typisierenden Regelung und nicht einer individuell ausgestalteten Regelung den Vorzug gab, ist dies nicht zu beanstanden (vgl BSG Urteil vom 29.7.1997, aaO, RdNr 19). Für den Personenkreis der ab 1937 Geborenen wirkten sich die Neuregelungen grundsätzlich erst allmählich aus. Erst wenn für den Einzelnen der Versicherungsfall (regelmäßig mit Vollendung des 65. Lebensjahres, dh für am 1.1.1937 Geborene am 1.1.2002) eintritt, erfassen ihn die Neuregelungen. Bis dahin bestand im Regelfall die Möglichkeit, sich auf die Neuerungen einzustellen.
Eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger nicht in ein Zusatzversorgungssystem der DDR einbezogen ist. Da der Kläger nicht über eine Versorgungszusage verfügt, käme einzig eine fiktive Einbeziehung nach § 1 Abs 1 S 1 AAÜG in Betracht (vgl nur BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17). Voraussetzung ist jedoch, dass aufgrund der am 30.6.1990 bestehenden Sachlage aus bundesrechtlicher Sicht ein fiktiver Anspruch auf Einbeziehung bestanden hat. Der an das Inkrafttreten des Neueinbeziehungsverbots des § 22 Rentenangleichungsgesetz (RAnglG) anknüpfende Stichtag des 30.6.1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Einheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit damit die Überführung teilweise von Umständen abhängt, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben, handelt es sich nicht um Rechtsakte oder Vorgänge, die der Bundesrepublik Deutschland zuzurechnen sind. Hieraus erwachsende Nachteile sind daher von ihr auch nicht auszugleichen (BVerfG Beschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1). Da sich der Kläger zum 30.6.1990 bereits nicht mehr im Beitrittsgebiet aufhielt, kommt eine fiktive Einbeziehung demnach ebenfalls nicht in Betracht. Eine Verpflichtung des bundesdeutschen Gesetzgebers, Betroffenen im Nachhinein rentenrechtliche Vergünstigungen zukommen zu lassen, die ihnen das Rentenrecht der DDR versagt hatte, besteht nicht (BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 68).
cc) Entgegen der Ansicht des Klägers verstoßen die mit dem RÜG und dem Rü-ErgG eingeführten Regelungen der Ermittlung von EP nach §§ 256 ff SGB VI schließlich auch nicht gegen Art 14 Abs 1 GG.
Der Kläger hat mit seiner Übersiedlung keine dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG unterliegende Rentenanwartschaft erworben. Durch das FRG begründete Rentenansprüche und -anwartschaften unterliegen jedenfalls dann nicht dem Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden (BVerfG Beschluss vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua - BVerfGE 116, 96, 121 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5). Zwar unterfallen nach der Rechtsprechung des BVerfG rentenrechtliche Positionen grundsätzlich dem Eigentumsschutz (BVerfGE 116, 96, 121 mwN). Regelmäßige Voraussetzung ist allerdings, dass sie im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworben wurden. Im Falle der durch das FRG begründeten Rechte fehlt es am Erfordernis der an einen Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland erbrachten Eigenleistung, die für die Anerkennung einer sozialversicherungsrechtlichen Rechtsposition als Eigentum iS des Art 14 Abs 1 S 1 GG unverzichtbar ist. Nur als Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung, die der besondere Grund für die Anerkennung als Eigentumsposition ist, erfahren rentenversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften den Schutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG.
Selbst wenn man die aus dem FRG abgeleiteten Ansprüche und Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG für den Fall unterstellen wollte, dass sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen Einheit verbinden (offengelassen in BVerfGE 116, 96, 124), hätte der Gesetzgeber mit dem RÜG und dem Rü-ErgG von seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art 14 Abs 1 S 2 GG) einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Der Kläger wäre auch dann nicht in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG verletzt.
Auch für rentenrechtliche Anwartschaften gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Bestandsgarantie des Eigentums erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art 14 Abs 1 S 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl BVerfGE 116, 96, 124 f mwN). Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (BVerfGE 116, 96, 125).
Der Gesetzgeber hatte mit den im Rahmen des RÜG und Rü-ErgG erlassenen Vorschriften zur Ermittlung von EP im Rahmen seiner Befugnis gehandelt, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Rechtsposition der nach dem FRG Berechtigten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Der Untergang der DDR und der Beitritt der neuen Länder gab Anlass zu einer Neuregelung des im FRG geregelten Kriegsfolgenrechts und machte eine rentenrechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich. Die Absicherung im Alter sollte sich in West- und Ostdeutschland an einheitlichen ordnungspolitischen und sozialpolitischen Grundentscheidungen orientieren (vgl BT-Drucks 12/405, 108). Wie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet sollten auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlichen individuellen Entgelte maßgebend sein. Die fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentenrecht hatte ihre Legitimation verloren. Gleichzeitig stellte sich mit dem massiven Anstieg der Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung die Frage nach der Finanzierbarkeit des Systems. §§ 256a, 259a SGB VI dienen demnach dazu, ein an einheitlichen Grundprinzipien orientiertes Rentenrecht zu schaffen und die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.
Der Gesetzgeber durfte im Blick auf das signifikant unterschiedliche Rentenniveau in den beiden deutschen Staaten (vgl Art 20 Abs 3 S 1 GG und BVerfG Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - BVerfGE 112, 368 ff = SozR 4-2600 § 307a Nr 3) mit dem Systemwechsel die Erwartung einer Aufwandsbegrenzung für die gesetzliche Rentenversicherung verbinden. Ebenso liegt auf der Hand, dass eine weitgehende Vereinheitlichung der Wertbestimmung von Rentenrechten auf der Grundlage von DDR-Beitragszeiten den Verwaltungsaufwand reduziert.
Die Regelungen genügen auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber ein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung stand, mit der er seine Ziele ebenso gut hätte erreichen können.
Die zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erforderliche Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an dem Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen das Interesse der Betroffenen an dem Fortbestehen der Ermittlung von EP nach dem FRG überwiegt.
Ob die Neuregelung für die Betroffenen mit Nachteilen behaftet ist oder sich vorteilhaft auswirkt, hängt wesentlich von der individuellen Erwerbsbiographie ab. So ist die Rentenwertfeststellung nach dem individuell beitragsversicherten Erwerbseinkommen im Einzelfall möglicherweise günstiger, wenn ein Versicherter Mitglied der FZR war (§ 256a Abs 2 S 1, Abs 3 SGB VI). Auch ist zu berücksichtigen, dass § 254d Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI für Personen, die - wie der Kläger - am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet hatten, die Rentenwertfeststellung unter Zugrundelegung des günstigeren aktuellen Rentenwerts (West) gewährleistet. Auch soweit demgegenüber die Mehrzahl der Betroffenen zunächst eine Minderung des Werts ihrer FRG-Rentenanwartschaft erwarten musste, die allerdings durch die 40prozentige Rentenminderung auf der Grundlage des verfassungsgemäßen (vgl BVerfGE 116, 96 ff)§ 22 Abs 4 FRG idF des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung vom 25.9.1996 stark relativiert wurde, bleibt die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Trotz des - unterstellten - Eigentumsschutzes der rentenrechtlichen Gesamtposition darf nämlich bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Eingriffs berücksichtigt werden, dass die Anwartschaften zum Teil nicht auf Eigenleistungen beruhen. Ist es aber zur Sicherung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung geboten, rentenrechtliche Positionen zu verändern, so kann der soziale Bezug, der dem Gesetzgeber größere Gestaltungsfreiheit bei Eingriffen gibt, dazu berechtigen, in Abwägung zwischen Leistungen an Versicherte und Belastungen der Solidargemeinschaft vor allem jene Positionen zu verkürzen, die Ausdruck besonderer Vergünstigungen sind. Dies ist hier in Bezug auf die Anwartschaftsteile der Fall, denen Beitrags- und Beschäftigungszeiten außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde liegen (BVerfGE 116, 96 ff, 128 f).
Auch soweit der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes im Rahmen des Art 14 Abs 1 GG zu berücksichtigen ist (vgl BVerfGE 70, 101, 114; 76, 220, 244 f; 116, 96, 124, 130 ff), sind die angegriffenen Regelungen nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Neuerungen für DDR-Übersiedler wirkten zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens grundsätzlich - und so auch im Falle des Klägers - auf noch nicht abgeschlossene Rentenrechtsverhältnisse für die Zukunft ein und verschlechterten insoweit teilweise die betroffene Rechtsposition nachträglich. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig (vgl BVerfGE 116, 96, 132). Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (vgl BVerfGE 116, 96, 132 mwN).
Das Interesse derjenigen Berechtigten an der Beibehaltung der Rentenwertermittlung für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG ist grundsätzlich nicht höher zu bewerten, als es die Gemeinwohlgründe sind, die den Gesetzgeber bei der Neugestaltung bestimmt haben. Die betroffenen Personen durften nicht damit rechnen, dass sie über die gesamte Zeit ihres Versicherungsverhältnisses bis zum Beginn ihrer Rente nicht mehr von Umgestaltungen betroffen sein würden. Es musste den Betroffenen einsichtig sein, dass die Einigung Deutschlands nicht ohne Auswirkungen auch für sie bleiben würde. Sie mussten damit rechnen, dass der Gesetzgeber auf diese Situation durch eine Veränderung des Rentenversicherungsrechts auch zu ihren Lasten reagieren würde. Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit § 259a SGB VI eine nicht zu beanstandende Übergangsregelung geschaffen.
2. Ob die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 18.1.2010 hinsichtlich der ursprünglich streitigen Beitrittsgebietszeiten ggf noch im Wege einer gewillkürten Klageänderung gemäß §§ 153, 99 SGG angegriffen werden kann, lässt sich derzeit ebenfalls nicht abschließend feststellen.
Den geänderten Klageanträgen des Klägers im Berufungsverfahren kann bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 Abs 1 SGG eine gewillkürte Klageänderung entnommen werden, die auch zulässig wäre. Die Beklagte hat sich nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2011 ohne Beanstandung hierauf eingelassen. Indessen ist die geänderte Klage jedenfalls derzeit unzulässig. Dies ergibt sich zwar nicht aus der fehlenden sachlichen Zuständigkeit des LSG, das grundsätzlich nur im Rahmen von § 96 Abs 1 SGG und soweit ihm dies sonst ausdrücklich zugewiesen ist (vgl § 29 Abs 2 bis 4 SGG) als Gericht erster Instanz entscheiden darf. Da das Berufungsgericht nämlich eine Sachentscheidung getroffen hat, ist es dem BSG als Rechtsmittelgericht verwehrt, die sachliche Zuständigkeit zu überprüfen (§ 98 SGG iVm § 17a Abs 5 GVG). Jedenfalls wären aber die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage mangels eines durchgeführten Vorverfahrens nicht erfüllt (§§ 78 ff SGG).
Das LSG wird das Verfahren ggf in entsprechender Anwendung von § 114 Abs 2 SGG auszusetzen haben und der Beklagten Gelegenheit geben müssen, das ausstehende Vorverfahren nachzuholen. Die Beklagte wäre ihrerseits nicht notwendig an einer Sachentscheidung gehindert. Sie hätte zunächst insbesondere zu prüfen, ob die Frist zur Einlegung des Widerspruchs gewahrt ist. Dabei wäre in Rechnung zu stellen, dass die dem Bescheid vom 18.1.2010 beigefügte Belehrung, dass dieser "Bescheid" nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens wird, auch bei Anwendbarkeit dieser Vorschrift unrichtig war, weil der größte Teil des Regelungsgehalts von Verwaltungsakten in diesem Bescheid bei seinem Ergehen gerade nicht streitbefangen war, und die Belehrung bei fehlender Anwendbarkeit von § 96 SGG erst recht ins Leere geht. Damit könnte iS von § 66 Abs 2 S 1 Halbs 2 SGG davon auszugehen sein, dass der Sache nach eine Belehrung erteilt wurde, der der Adressat entnehmen musste, ein Rechtsbehelf sei nicht gegeben, sodass auch der Ablauf der einjährigen Rechtsbehelfsfrist der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs nicht entgegen stünde (BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 28/07 R - BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr 17, RdNr 28 ff). Darüber hinaus könnte die Beklagte ggf auch ungeachtet der Tatsache, dass ggf die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, im Rahmen ihrer Sachherrschaft sachlich über den Widerspruch entscheiden (BSG Urteil vom 12.10.1979 - 12 RK 19/78 - BSGE 49, 85, 87 = SozR 1500 § 84 Nr 3).
Auch wenn auf diesem Wege schließlich eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts in Betracht käme, müsste die Klage aus den vorstehend unter 2. genannten Gründen abgewiesen werden.
B. Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs nach dem BerRehaG hat die Beklagte mit dem ursprünglich mit der Klage angefochtenen weiteren Bescheid vom 24.10.2005 und dem auch hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8.8.2006 lediglich beansprucht, verbindlich festzustellen, dass die vom Landesamt für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen anerkannten Verfolgungszeiten "in der Rentenversicherung als Pflichtversicherungszeiten zu berücksichtigen sind". Diese Bescheide sind iS von § 96 Abs 1 SGG durch den ersten Rentenbescheid vom 6.11.2009 ersetzt worden, der seinerseits durch den weiteren Rentenbescheid vom 18.1.2010 ersetzt worden ist. Soweit die Klage aufgrund gesetzlicher Klageänderung den Wert des Rechts des Klägers auf Altersrente gerade im Blick auf die Verfolgungszeiten und das hierfür zugrunde zu legende Erwerbseinkommen betrifft, ist sie bereits aufgrund der derzeit vorliegenden Feststellungen unbegründet.
|
Für Verfolgungszeiten (§ 2 BerRehaG) werden die allgemein anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften durch die Vorschriften des Vierten Abschnitts des BerRehaG (Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung) ergänzt (§ 10 S 1 BerRehaG). Der Nachweis darüber, dass eine Person Verfolgter iS des § 1 BerRehaG ist, und dass Ausschließungsgründe nach § 4 BerRehaG nicht vorliegen, kann exklusiv nur durch eine Bescheinigung nach diesem Gesetz erbracht werden (§ 17 Abs 1 BerRehaG). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind als "für die Ausführung … des … Vierten Abschnitts … zuständige Behörden" an diese Bescheinigung gebunden (§ 22 Abs 3 BerRehaG). Die Bescheinigung enthält nach § 22 Abs 1 BerRehaG in den Fällen des § 1 folgende Angaben: |
1. |
die Feststellung nach § 1 Abs 1, |
2. |
die Bestätigung, dass Ausschließungsgründe nach § 4 nicht vorliegen, |
3. |
Beginn und Ende der Verfolgungszeit (§ 2), |
4. |
Dauer der verfolgungsbedingten Unterbrechung eines Fach- oder Hochschulstudiums vor dem 3.10.1990, |
5. |
Angaben über eine wegen Verfolgungsmaßnahmen nicht abgeschlossene Fach- oder Hochschulausbildung oder sonstige berufsbezogene Ausbildung sowie die voraussichtliche Dauer dieser Ausbildung bis zum regelmäßigen Abschluss, |
6. |
Angaben über die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre, einschließlich Angaben über die |
a) |
Leistungsgruppe nach den Anlagen 1 bis 16 des Fremdrentengesetzes für Verfolgungszeiten vor dem 1.1.1950, |
b) |
Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich nach Anlage 14 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch für Verfolgungszeiten nach dem 31.12.1949, |
c) |
tatsächliche oder ohne die Verfolgung gegebene Zugehörigkeit zu einem zu benennenden Zusatz- oder Sonderversorgungssystem und die jeweilige Tätigkeit oder Funktion, |
7. |
Angaben über eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit zu Beginn der Verfolgung in einem der in § 14 Abs 2 genannten Bereiche oder im Bereich der knappschaftlichen Rentenversicherung. |
Die Bindungswirkung derartiger Bescheinigungen erstreckt sich demgemäß für Verfolgungszeiten nach § 1 BerRehaG neben der Feststellung der Verfolgteneigenschaft und der Verfolgungszeit insbesondere auch auf die Angaben über die Beschäftigung, die ohne die Verfolgung ausgeübt worden wäre einschließlich der Angaben über die Qualifikationsgruppe nach Anlage 13 und den Bereich der Anlage 14 zum SGB VI.
Die sich aus den Anlagen 13 und 14 ergebenden Tabellenwerte basieren auf den in der ehemaligen DDR erhobenen statistischen Angaben und stellen die im Beitrittsgebiet in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen und Berufsgruppen erzielten Durchschnittsverdienste dar. Anlage 13 enthält eine Einstufung der Qualität des bisherigen Berufs und fünf Qualifikationsgruppen, welche sich an den Ausbildungstrukturen in der ehemaligen DDR orientieren. Hinsichtlich der Einstufung ist auf die Qualifikation und die Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit abzustellen. Im Rahmen der Bewertung von Verfolgungszeiten nach dem BerRehaG dienen die Anlagen 13 und 14 zum SGB VI der fiktiven Ermittlung des Einkommens, das der Verfolgte ohne die Verfolgungszeiten unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs voraussichtlich erzielt hätte.
Zutreffend hat daher die Beklagte bereits im ursprünglich angefochtenen Feststellungsbescheid und danach in den Rentenbescheiden die Feststellungen des Landesamtes für Soziales und Familie des Freistaats Thüringen im Bescheid vom 6.7.2005 als bindend zugrunde gelegt (vgl in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 12.2.1998 - 3 C 25/97 - ZOV 1998, 278 f = Bucholz 115, Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr 11; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8.11.2007 - L 21 R 327/05 - Juris RdNr 47; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 15.2.2001 - L 3 RJ 11/00 - Juris RdNr 28 f und Urteil vom 10.11.2010 - L 3 R 11/10 - Juris RdNr 29 f). Die gesetzlich ausdrücklich angeordnete Bindung der Rentenversicherungsträger an die - alle - Feststellungen in der Bescheinigung hindert die Beklagte an der Berücksichtigung abweichender wertbestimmender Elemente im Rahmen der ihr obliegenden Rentenwertfestsetzung und beschränkt deren Überprüfung im Rechtsweg darauf, ob die verbindlichen Feststellungen der Rehabilitierungsbehörde richtig und vollständig übernommen wurden. Dass die Beklagte bei der Ermittlung der EP gemäß § 13 Abs 1 S 1 Nr 2 BerRehaG nicht von den für sie verbindlichen Feststellungen ausgegangen wäre, hat der Kläger indessen weder gerügt noch ist es sonst ersichtlich.
Unter diesen Umständen ist vorliegend nicht näher darauf einzugehen, dass der Kläger im Kern ein Begehren geltend macht, das er wegen der Rechtswegzuweisung in § 27 Abs 1 S 1 BerRehaG nur im Verwaltungsrechtsweg hätte geltend machen können. Diesbezüglich hat das BVerwG (Urteil vom 12.2.1998, aaO) bereits darauf hingewiesen, dass eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Anspruch auf vollen Ersatz der Verfolgungsschäden zu gewähren, nicht gegeben ist. Zwar hat die staatliche Gemeinschaft aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) die Pflicht, Lasten mitzutragen, die ihre Ursache in schicksalshaften Umständen haben, von denen einzelne Teile der Bevölkerung betroffen wurden. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht jedoch ausreichend dadurch erfüllt, dass er den Personenkreis der politisch Verfolgten im Hinblick auf die Einbußen von Berufschancen und deren Folge bei der Rentenversicherung so gestellt hat wie den Durchschnitt der Versicherten mit vergleichbaren Qualifikationen im Beitrittsgebiet. Dass er als Maßstab für den Umfang der Ausgleichsleistungen die berufliche Qualifikation bestimmt hat, ist schon unter Berücksichtigung der in der Regel leichteren Feststellbarkeit der Grundlagen und damit der Reduzierung eines erheblichen Verwaltungsaufwandes sowie der Unsicherheit von hypothetischen Feststellungen über sonstige mögliche Berufsentwicklungen nicht sachwidrig.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten.
Fundstellen