Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 1958 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3. Oktober 1956 zurückgewiesen und über die Kosten entschieden worden ist.
Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3. Oktober 1956 wird, soweit es nicht bereits durch das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben ist, aufgehoben.
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 15. April 1954 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 1954 wird auch insoweit aufgehoben, als er die Beiträge für die Beigeladene D. zur Krankenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung betrifft.
Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) haben der Klägerin sowie den Beigeladenen zu 3) und 4) die außergerichtlichen Kosten des ersten und des zweiten Rechtszugs zu erstatten.
Die Beklagte und die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung haben der Klägerin sowie den Beigeladenen zu 3) und 4) die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob die Klägerin, die die von ihr vertriebenen Wollwaren außerhalb ihres Unternehmens in Heimarbeit herstellen läßt, wegen der Tätigkeit der zum Rechtsstreit beigeladenen Frau D., die in der Zeit vom 1. Januar 1953 bis zum 11. März 1954 – ausgenommen den Monat September 1953 – in ihrer Wohnung Kindergarnituren und ähnliche Wollwaren gehäkelt hat, zur Zahlung von Beiträgen der Kranken- und Arbeitslosenversicherung verpflichtet ist.
Die beigeladene Frau D. begann ihre Tätigkeit als Häklerin aufgrund eines von der beigeladenen Frau B. unter ihrem Namen aufgegebenen Zeitungsinserats, in dem Heimarbeiterinnen für Häkelarbeiten gesucht wurden. Frau B. stellte der Frau D. die Häkelnadeln und Wolle zur Verfügung und bestimmte auch das Muster für die von Frau D. in ihrer Wohnung herzustellenden Kinderkleider und -garnituren. Frau B. zahlte die Vergütung für die wöchentlich abgelieferten Waren stückweise, und zwar für ein Kleid 4,30 DM und für eine Garnitur 3,20 DM. Der Verdienst der Frau D. wurde in ein Abrechnungsbuch eingetragen. Ihr wurde während ihrer Tätigkeit auch eine Urlaubsvergütung und Feiertagsgeld gezahlt. Frau D. die für die Anfertigung eines Kleidchens etwa 7 bis. 8 Stunden benötigte, mußte Frau B. gegenüber regelmäßig Rechenschaft über die verbrauchte Wolle ablegen. In wessen Auftrag Frau D. tätig geworden war, kam zwischen ihr und Frau D. nicht zur Sprache. Frau B. erklärte Frau D. jedoch auf eine entsprechende Frage, diese sei wegen des in Frage kommenden geringfügigen Entgelts nicht versicherungspflichtig.
Im Februar 1954 wandte sich Frau D. an die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), die mit Bescheid vom 15. April 1954 die Klägerin aufforderte, für die beigeladene D. die für die Klägerin als Heimarbeiterin tätig gewesen sei und durchschnittlich 28,– DM in der Woche verdient habe, einen Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 345,78 DM zu zahlen. Auf den Widerspruch der Klägerin erließ die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1954, mit dem sie die Beiträge auf 321,78 DM festsetzte.
Die Klägerin erhob Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund. Sie machte geltend, Frau D. habe nur nebenher gearbeitet., auf ihre Arbeitsleistung entfalle ein monatliches Entgelt von nur 60,– DM, weil sie ihren Verdienst mit einigen Mitarbeiterinnen habe teilen müssen. Sie gehöre auch nicht zum Kreise der berufsmäßigen Arbeitnehmerinnen, so daß ihre Tätigkeit nach § 168 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei sei.
Die Klägerin beantragte,
den Beitragsbescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1954 aufzuheben und festzustellen, daß die als Häklerin (Heimarbeiterin) tätige Frau D. in der Zeit vom 1. Januar 1953 bis 31. August 1953 und vom 1. Oktober 1953 bis 11. März 1954 nicht der Sozialversicherungspflicht – Invaliden-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung – unterlegen habe.
Die beklagte AOK und die beigeladene Landesversicherungsanstalt (LVA) Niederbayern (Beigeladene zu 1) sowie die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Beigeladene zu 2) beantragten, die Klage abzuweisen.
Das SG hörte die beigeladene D. und eine Reihe von Zeugen – Rudolf D., Ruth U., Anni U., Walburga U., Hanni B. und Frau B. über die Art und den Umfang der von der bei geladene D. verrichteten Häkelarbeiten und wies die Klage ab: Frau D. sei als Arbeitnehmerin der Klägerin nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherungspflichtig, Da sie mehr als 65,– DM monatlich verdient habe, sei sie auch nicht nach § 168 Abs. 2 RVO versicherungsfrei gewesen (Urteil vom 3. Oktober 1956).
Die Klägerin legte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) ein und machte im wesentlichen geltend, Frau D. sei nicht persönlich von ihr abhängig gewesen. Sie, die Klägerin, besitze als Versandgeschäft überhaupt keinen Fabrikationsbetrieb, in den Frau I. eingegliedert gewesen sein könnte; diese habe als Heimarbeiterin im Sinne des § 2 des Heimarbeitsgesetzes (HAG) über ihre Arbeitszeit und ihre Arbeitsmenge selbständig und frei bestimmen können.
Die Beklagte erklärte, die Versicherung der Hausgewerbetreibenden sei in der hier maßgebenden Zeit weder durch Ortsstatut (§ 466 RVO) noch durch Satzung (§ 467 RVO) geregelt gewesen. Die beigeladene LVA legte dem Berufungsgericht die von ihr in Durchführung des § 1436 Abs. 2 RVO aF erlassene Bekanntmachung „über die Erhebung der Beiträge für die Invalidenversicherung der Hausgewerbetreibenden in Niederbayern” vom 7. Juni 1922 vor, der das Reichsversicherungsamt mit Erlaß vom 17. Dezember 1923 „bis auf weiteres” zugestimmt hat.
Das LSG lud auch Frau B. zum Rechtsstreit bei, weil sie nach § 162 Abs. 4 RVO möglicherweise als Arbeitgeberin der beigeladenen Frau D. anzusehen sei.
Das LSG hat durch Urteil vom 22. Juli 1958 die Entscheidung des SG teilweise wie folgt abgeändert:
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 15. April 1954 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1954 werden hinsichtlich der Beiträge zur Invalidenversicherung in vollem Umfang und im übrigen insoweit aufgehoben, als bei der Berechnung der Beiträge ein höheres Entgelt als durchschnittlich 21,– DM wöchentlich zugrunde gelegt worden ist.
Im übrigen wurde die Berufung zurückgewiesen. Die Revision wurde zugelassen.
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Die beigeladene D. habe zur Klägerin in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (§ 165 HVO) gestanden, weil sie ihre Tätigkeit nicht in persönlicher Abhängigkeit ausgeübt habe; sie sei nicht dem Direktionsrecht der Klägerin unterworfen gewesen und habe von dieser keine Weisungen über Arbeitszeit, Arbeitsplatz und Arbeitsleistung erhalten; es habe ihr freigestanden, die von Frau B. abgeholte Wolle zu verarbeiten, unverarbeitet zurückzugeben oder die Bearbeitung nach ihrem Gutdünken hinauszuschieben. Sie habe nicht in der Betriebsstätte ihres Auftraggebers gearbeitet, sondern in ihrer eigenen Wohnung, sei aber keine Unternehmerin gewesen, weil sie im Auftrag und für Rechnung eines anderen tätig geworden sei, der den Unternehmergewinn gezogen, über die Arbeitsprodukte verfügt und die Vergütung einseitig festgesetzt habe. Sie habe daher als Hausgewerbetreibende nach § 166 Abs. 1 Nr. 1 RVO der Versicherungspflicht unterlegen.
Die Gesetzeslücke, die – jedenfalls in der ehemaligen amerikanischen Besatzungszone – nach Aufhebung der §§ 162 und 442 bis 475 a RVO durch Art. 15 Abs. 3 der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17. März 1945 (1. VereinfVO) (RGBl I, 41) entstanden sei, müsse entsprechend dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers dahin ausgefüllt werden, daß bei Hausgewerbetreibenden, soweit sie für fremde Rechnung arbeiteten, derjenige die Beiträge zu entrichten habe, dem der Erfolg der Arbeit zugute komme. Somit seien für die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die beigeladene L. zu entrichten gewesen seien, die für Beschäftigte geltenden Vorschriften anzuwenden §§ §381, 392, 394 RVO). Danach sei der angefochtene Beitragsbescheid, soweit er die Krankenversicherung betreffe, zu Recht ergangen. Dies gelte nach § 75 c des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aF in Verbindung mit der Verordnung des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 19. März 1932 (RABl 1932 S. I 49) und § 206 a AVAVG aF. auch für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. – Der Berechnung der Beiträge könne allerdings nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur ein wöchentlicher Durchschnittsverdienst von 21,– DM zugrunde gelegt werden. – Die beklagte AOK sei aber nicht befugt gewesen, die Beiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter einzufordern, denn die Vorschriften der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs vom 24. April 1942 – Zweite LAV – (RGBl I, 257), die das Lohnabzugsverfahren für die Rentenversicherung eingeführt und die Zuständigkeit der Krankenkassen für den Einzug der Beiträge zur Rentenversicherung begründet hätten, gälten nach § 13 Abs. 3 der Verordnung nicht für die Pflichtversicherung der Selbständigen, zu denen auch die Hausgewerbetreibenden zu rechnen seien.
Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung Revision eingelegt mit dem Antrag,
den Beitragsbescheid der Beklagten vom 15. April 1954, den Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1954, das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 3. Oktober 1957 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 1958, dieses insoweit, als es die Beitragspflicht der Klägerin zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung ausgesprochen hat, aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor: Frau D. sei keine Hausgewerbetreibende im Sinne des § 166 Abs. 1 Nr. 1 RVO gewesen. Im übrigen sei diese Vorschrift durch die 1. VereinfVO aufgehoben worden; die Ausfüllung einer Lücke, wie sie das LSG vorgenommen habe, sei nicht zulässig. Frau D. sei „Heimarbeiterin im Dienste der Frau B. gewesen; Heimarbeiter seien aber weder Arbeiter im Sinne des § 165 RVO noch Hausgewerbetreibend; sie seien daher nicht krarnkenversicherungspflichtig. Aber selbst wenn man Frau D. als Hausgewerbetreibende ansehe, so gelte als Arbeitgeber – nach § 162 Abs. 4 RVO – nicht die Klägerin, sondern Frau B. Diese treffe als Arbeitgeberin auch die Beitragspflicht. In der Zwischenzeit habe die beklagte AOK die Bedeutung des § 472 Abs. 3 RVO, wonach durch Statut bestimmt werden könne, daß der „Auftraggeber” von Hausgewerbetreibenden für die Beiträge hafte, erkannt. Daß es in der vorhergehenden Zeit an einer entsprechenden Bestimmung im Statut oder in der Satzung gefehlt habe, gehe zu ihren Lasten.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Sie führte aus: Die beigeladene Frau L. gehöre dem Kreis der berufsmäßigen Lohnarbeiter an. Die Weisungen seien ihr von der Erfüllungsgehilfin der Klägerin, der beigeladenen Frau B. erteilt worden. Sie hätten sich darauf erstreckt, ob Kinderkleiner oder Ausfahrgarnituren zu häkeln und welche Muster dabei zu verwenden seien. Außerdem sei Frau D. verpflichtet gewesen, die Wolle an bestimmten Tagen abzuholen und die fertige Ware abzuliefern sowie abzurechnen. Sie sei deshalb nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherungspflichtig in der Krankenversicherung gewesen. Daraus folge auch ihre Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§ 69 AVAVG aF) und in der Arbeiterrentenversicherung (§ 1226 Abs. 1 Nr. 1 RVO aF), wenn es auf die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung im Revisionsverfahren auch nicht mehr ankomme. Werde Frau D. hingegen als persönlich selbständig betrachtet, so folge die Versicherungspflicht aus §§ 166 Abs. 1 Nr. 1 RVO und 206 a AVAVG aF. Im übrigen seien die §§ 441 ff RVO auch nach der Aufhebung dieser Vorschriften durch die 1. VereinfVO in der alten Fassung noch weiter in Geltung, was aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Februar 1962 – 3 RK 2/58 – zu schließen sei.
Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb) beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Wie sich aus § 69 Nr. 1 AVAVG aF ergebe, seien Heimarbeiter dann arbeitslosenversicherungspflichtig, wenn sie der Krankenversicherungspflicht unterlägen. Das Reichsversicherungsamt (RVA) habe in ständiger Rechtsprechung Personen, die in abhängiger Stellung in der eigenen Wohnung tätig sind, als Außenarbeiter (Heimarbeiter) anerkannt. Daran habe sich nach der Grundsätzlichen Entscheidung (GE) Nr. 5376 (AN 1940, 245) auch durch die Begriffsbestimmung des § 3 des Gesetzes über Heimarbeit vom 23. März 1934, die der des § 2 des Heimarbeitsgesetzes (HAG) vom 14. März 1951 entspreche, nichts geändert. Es komme hiernach darauf an, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Sei dies zu bejahen, so sei Versicherungspflicht in der Krankenversicherung nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO gegeben. Nehme ein Heimarbeiter hingegen die Stellung eines Selbständigen ein, so sei er nach § 166 RVO versicherungspflichtig in der Krankenversicherung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die beigeladene T. jedoch in einem persönlichen und wirtschatflichen Abhängigkeitsverhältnis zur Klägerin gestanden, so daß sie in der Krankenversicherung nach § 165 RVO und in der Arbeitslosenversicherung nach § 69 AVAVG aF versicherungspflichtig sei.
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Da weder die beklagte AOK, die den angefochtenen Beitragsbescheid erlassen hat noch die beigeladene LVA Revision gegen das. Urteil des LSG eingelegt haben, ist der Beitragsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 1954 bereits insoweit rechtskräftig aufgehoben, als er die Beitragspflicht der Klägerin für die beigeladene Frau D. zur Rentenversicherung der Arbeiter betrifft. Der Senat hat danach nur noch zu prüfen, ob die beklagte AOK die Klägerin im Hinblick auf die Tätigkeit der Frau D. mit Recht zu Beiträgen der Kranken- und der Arbeitslosenversicherung herangezogen hat.
Die beigeladene Frau D. wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht versicherungspflichtig nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO, weil sie nicht Arbeitnehmerin der Klägerin gewesen ist. Zwar stände der Umstand, daß Frau D. die Häkelarbeiten in ihrer Wohnung ausführte, der Versicherungsfplicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO – als Arbeiterin – nicht entgegen; denn auch Personen, die nicht in der Betriebsstätte des Arbeitgebers, sondern in ihrer Wohnung arbeiten, können in einem persönlich abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, Für Beschäftigungsverhältnisse dieser Art hat das ehemalige RVA den Begriff „Hausarbeiter” verwandt (vgl. GE Nr. 5376, AN 1940, 245). Indessen fehlt es hier an einem für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses unerläßlichen wesentlichen Merkmal, nämlich der Weisungsgebundenheit der Frau D. Ein entsprechendes Weisungsrecht ergibt sich in der Regel aus der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb und der damit gegebenen Bindung an einzelne Weisungen des Betriebsinhabers (vgl. BSG 13, 130, 132; 13, 196, 201; 15, 65, 69 und SozR RVO § 165 Bl. Aa 3 Nr. 6, Aa 6 Nr. 8, Aa 22 Nr. 22, Aa 29 Nr. 28, Aa 30 Nr. 29, Aa 33 Nr. 30). Eine solche Abhängigkeit der Frau D. im Verhältnis zur Klägerin hat nach den Feststellungen des LSG nicht bestanden. In dieser Hinsicht ist es zunächst charakteristisch, daß Frau Dettweiler, wie das LSG festgestellt hat, bei Aufnahme ihrer Tätigkeit nicht einmal wußte, daß die von ihr ausgeführten Häkelarbeiten für den Betrieb der Klägerin bestimmt waren. Dessen ungeachtet kommt es für die Frage, ob Frau D. in einem abhängigen Beschäftigungverhältnis zur Klägerin stand, auf die tatsächliche Gestaltung der zwischen den Beteiligten bestehenden Verhältnisse an. Der beigeladenen Frau D. war weder eine Arbeitszeit vorgeschrieben, noch war die Menge der von ihr abzuliefernden Häkelarbeiten bestimmt. Sie konnte sich ihre Arbeit, die sie in ihrer Wohnung verrichtete, selbständig einteilen, andere Personen zur Mitarbeit heranziehen, die Verarbeitung erhaltener Wolle auch unterlassen und die Wolle zurückgeben oder die Arbeit nach ihrem Gutdünken verschieben. Daraus folgt, daß die beigeladene D. der Klägerin gegenüber keine Arbeitsverpflichtung traf. Demnach kommt Versicherungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 RVO nicht in Betracht.
Die beigeladene Frau D. war aber als „Hausgewerbetreibende” im Sinne des § 162 Abs. 1 RVO nach § 166 Abs. 1 RVO versicherungspflichtig. Zwar wurde durch Art. 15 Abs. 3 der 1. VereinfVO, der am 1. Juni 1945 in Kraft treten sollte (Art. 25 Abs. 1 der 1. VereinfVO), bestimmt, daß die Vorschriften, die sich mit der Krankenversicherung der Hausgewerbetreibenden befassen – §§ 162 und 466 bis 475 a RVO –, wegfallen. Der RAM hat jedoch von der ihm durch § 441 RVO – in der Fassung der 1. VereinfVO – eingeräumten Ermächtigung, „das Nähere über die Versicherung … der Hausgewerbetreibenden” zu bestimmen, keinen Gebrauch gemacht. Dem Umstand, daß die §§ 162 und 442 bis 475 a RVO erst am 1. Juni 1945 außer Kraft treten sollten, ist zu entnehmen, daß der damalige Gesetzgeber von der Erwartung ausging, der RAM werde bis zu diesem Zeitpunkt die näheren Bestimmungen über die Versicherung der Hausgewerbetreibenden erlassen haben und damit ohne zeitliche Unterbrechung einen Übergang vom alten zum neuen Recht herbeiführen. Da zwischen dem Wegfall der § 162 und 442 ff RVO und dem Erlaß entsprechender neuer Bestimmungen über die Versicherung der Hausgewerbetreibenden ein unlöslicher Zusammenhang dergestalt besteht, daß die genannten Vorschriften nur unter der Voraussetzung der geplanten Neuregelung aufgehoben werden sollten, diese Neuregelung aber infolge der Kriegsereignisse unterblieben ist und jedenfalls seit Inkrafttreten des Grundgesetzes infolge Erlöschens der Ermächtigung auch nicht mehr im Verordnungswege getroffen werden konnte (vgl. Art. 129 Abs. 3 GG), sind die alten Vorschriften weiter anzuwenden – in gleicher Weise, wie dies der Senat bereits für die durch Art. 15 der 1. VereinfVO aufgehobenen Vorschriften über die Krankenversicherung der unständig Beschäftigten (§§ 441 ff RVO) entschieden hat (vgl. für die frühere Br. Z. SozR RVO § 441 Bl. Aa 1 Nr. 1 und allgemein für die Bundesrepublik SozR RVO § 441 Bl. Aa. 4 Nr. 2).
Als Hausgewerbetreibende im Sinne der RVO gelten die selbständigen Gewerbetreibenden, die in eigenen Betriebsstätten im Auftrag und für Rechnung anderer Gewerbetreibender gewerbliche Erzeugnisse herstellen und bearbeiten (§ 162 Abs. 1 RVO). Die Hausgewerbetreibenden bilden eine Zwischenstufe zwischen den unselbständigen Arbeitnehmern und den für eigene Rechnung arbeitenden Gewerbetreibenden. Sie können über ihre Arbeitszeit, Umfang und Reihenfolge der Arbeit frei bestimmen, können Hilfskräfte heranziehen und insbesondere Familienangehörige zur Unterstützung bei der Arbeit verwenden; sie sind regelmäßig auch nicht gehindert, von verschiedenen Seiten Aufträge entgegenzunehmen. Sie arbeiten in eigener Betriebsstätte, die ihnen häufig gleichzeitig als Wohnung dient. Ihre wirtschaftliche Abhängigkeit ist dadurch gekennzeichnet, daß sie im Auftrage und für Rechnung eines anderen Gewerbetreibenden, z.B. des Inhabers eines Warenvertriebs oder eines anderen Hausgewerbetreibenden oder auch öffentlicher Verbände, öffentlicher Körperschaften und gemeinnütziger Unternehmungen (§ 162 Abs. 2 RVO) tätig sind. Das geschäftliche Risiko trägt der Auftraggeber (§ 162 Abs. 5 RVO), dem andererseits auch der Unternehmergewinn zufließt. Zu den Hausgewerbetreibenden im Sinne des § 162 RVO gehören hiernach auch die Heimarbeiter, sofern sie nicht – wie oben dargelegt – in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehen und daher als „Hausarbeiter” im Sinne der GE Nr. 5376 des RVA anzusehen sind. Dem steht auch die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 HAG vom 14. März 1951 (BGBl. I, 191) nicht entgegen, wonach Heimarbeiter im Sinne dieses – dem Schutz der „in Heimarbeit Beschäftigten” dienenden – Gesetzes Personen sind, die in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit ihren Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern gewerblich arbeiten, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlassen. Sie gelten, auch wenn sich ihre Stellung im. Wirtschaftsleben derjenigen eines Arbeitnehmers nähert, in gleicher Weise wie die Hausgewerbetreibenden im Sinne des § 2 Abs. 2 HAG als Hausgewerbetreibende im Sinne der RVO. Auch die besonderen Vorschriften des HAG über den Arbeits- und Gefahrenschutz, die Entgeltregelung, den Entgeltschutz und die Kündigung sowie die landesgesetzlichen Urlaubsregelungen für die in Heimarbeit Beschäftigten haben auf die versicherungsrechtliche Stellung der nach § 162 RVO als Hausgewerbetreibende anzusehenden Personen keinen Einfluß.
Unterlag die beigeladene Frau D. hiernach als Hausgewerbetreibende der Versicherungspflicht nach § 166 Abs. 1 Nr. 1 RVO, so erhebt sich die Frage, wer die Beiträge für sie aufzubringen und zu entrichten hat. Nach § 472 Abs. 1 RVO sind die Mittel für die Krankenversicherung der Hausgewerbetreibender, durch Beiträge der Hausgewerbetreibenden und ihrerArbeitgeber aufzubringen; für die Verteilung und Zahlung der Beiträge gelten § 381 Abs. 1 RVO und die allgemeinen Vorschriften entsprechend (§ 472 Abs. 2 RVO), jedoch kann das Statut (§ 466 RVO) denAuftraggeber für die Beiträge haftbar machen (§ 472 Abs. 3 RVO). Als Arbeitgeber des Hausgewerbetreibenden gilt nach § 162 Abs. 4 RVO, wer die Arbeit unmittelbar an ihn vergibt, während nach Abs. 5 derselben Vorschrift als Auftraggeber des Hausgewerbetreibenden derjenige gilt, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung er hausgewerblich arbeitet. Aus der entsprechenden Anwendung des § 381 Abs. 1 RVO folgt, daß die Beiträge auch für die Hausgewerbetreibenden jeweils zur Hälfte von ihnen und ihren „Arbeitgebern” getragen werden. Durch ein für die Versicherung der Hausgewerbetreibenden regelndes Statut der Gemeinden oder kommunalen Verbände (§ 466 Abs. 1 RVO) oder durch Satzung des Versicherungsträgers (§ 467 RVO) kann aber auch – wie bereits erwähnt – bestimmt werden, daß der Auftraggeber für die Beiträge haftete. Für den hier unter den Beteiligten streitigen Zeitraum bestand aber keine solche Regelung. – Die Zweite LAV vom 24. April 1942 (KGBl I 252) und die dazu ergangene Durchführungsverordnung vom 15. Juni 1942 (KGBl I, 403) haben die Vorschriften über die Beitragspflicht für die Hausgewerbetreibenden in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht geändert.
Die von der beklagten AOK in Anspruch genommene Klägerin gilt zwar nach § 162 Abs. 5 RVO als Auftraggeberin der Frau D. Die Arbeit wurde aber unmittelbar von Frau D. vergeben, die damit als Arbeitgeberin gilt (§ 162 Abs. 4 RVO). Somit hätte allenfalls die beigeladene B. die Beiträge zur Krankenversicherung für die beigeladene … zahlen müssen (§ 472 Abs. 2 i.V. mit 393 Abs. 1 RVO), die aber von der beklagten AOK nicht in Anspruch genommen ist.
In der Arbeitslosenversicherung richtete sich die Versicherungspflicht der beigeladenen Frau … in der hier in Betracht kommenden Zeit nach der auf Grund des § 75 c AVAVG aF ergangenen Verordnung über die Arbeitslosenversicherung von Hausgewerbetreibenden und Heimarbeitern vom 18. Oktober 1930 (RABl I, 227) idF vom 19. März 1932 (RABl I, 44) und vom 21. März 1934 (RABl I, 62). Danach unterlagen Hausgewerbetreibende und Heimarbeiter grundsätzlich der Arbeitslosenversicherungspflicht, wenn sie nach der RVO krankenversicherungspflichtig waren. Für die beigeladene Frau … die nach § 166 Abs. 1 Nr. 1 RVO als Hausgewerbetreibende der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung unterlag, bestand daher auch Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Beiträge traf jedoch nicht die Klägerin, weil sie – wie oben dargelegt – nicht Arbeitgeberin der Beigeladenen D. gewesen ist (vgl. § 143 AVAVG aF). Gegen die Beitragspflicht der Klägerin spricht auch § 145 Abs. 1 AVAVG idF der Zweiten LAV. Danach werden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Versicherungspflichtige, soweit sie für den Fall der Krankheit pflichtversichert sind, „mit den Krankenversicherungsbeiträgen … in einem Betrag” entrichtet. Mithin waren die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von demjenigen zu entrichten, der zur Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge verpflichtet war. Dies war aber, da eine statutarische oder satzungsmäßige Regelung im Sinne des § 472 Abs. 3 RVO nicht getroffen war, nicht die Klägerin, sondern die beigeladene Frau B.
Der Beitragsbescheid der beklagten AOK in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14. Juni 1954 ist daher, soweit er nicht bereits durch das Berufungsgericht aufgehoben wurde, aufzuheben, weil die Klägerin nicht verpflichtet gewesen ist, für die beigeladene Frau D. Beiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung, zu entrichten.
Dir Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Unterschriften
Richter, Dr. Langkeit, Dr. Schraft
Fundstellen