Leitsatz (amtlich)
1. § 15 SGB 4 gilt auch für die Feststellung des Grundlohns nach § 180 Abs 4 RVO.
2. Privatentnahmen aus dem Betriebsvermögen sind keine Einnahmen zum Lebensunterhalt iS von § 180 Abs 4 RVO.
Leitsatz (redaktionell)
Grundlohnbestimmung für freiwillig Versicherte - Berücksichtigung von Arbeitseinkommen als sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 S 1 RVO:
1. Das Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit (§ 15 SGB 4) deckt sich nicht mit der engeren Begriffsbestimmung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit iS von § 18 EStG; es umfaßt vielmehr alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten, die iS des Steuerrechts Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Land- und Forstwirtschaft sind.
2. Hat die Krankenkasse Zweifel an der Richtigkeit der Gewinnermittlung des Finanzamts ist sie berechtigt, ergänzende Ermittlungen durchzuführen.
Normenkette
RVO § 180 Abs. 4 S. 1 Fassung: 1977-06-27; SGB 4 § 15 Fassung: 1976-12-23; EStG § 18
Verfahrensgang
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe die Klägerin Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 1978 bis 31. Dezember 1979 zu entrichten hat.
Die Klägerin war in dieser Zeit selbständige Gastwirtin und bei der beklagten Krankenkasse freiwillig versichert. Mit Verwaltungsakt vom 23. April 1979 setzte die Beklagte den monatlichen Beitrag ab 1. Juli 1978 auf 267,76 DM und ab 1. Januar 1979 auf 244,80 DM fest. Dabei ging sie von einem monatlichen Grundlohn von 2.548,07 DM (= Lohnstufe 85) aus, den sie aus den von der Klägerin mitgeteilten Privatentnahmen des Jahres 1977 von insgesamt 46.244,94 DM unter Abzug von Altenteilsleistungen (15.600,- DM) und sonstiger nicht die Lebensführung betreffenden Ausgaben (68,- DM) errechnete. Der Widerspruch, mit dem die Klägerin die Beitragseinstufung auf der Grundlage des für 1976 ausgewiesenen Bilanzgewinns von 8.213,61 DM begehrte, und die Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. September 1979; Urteil des Sozialgerichts -SG- Lüneburg vom 4. Juni 1980). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen die Beklagte verurteilt, die Klägerin in dem streitigen Zeitraum beitragsrechtlich nach dem Mindestgrundlohn (§ 180 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) zu veranlagen (Urteil vom 17. März 1982). In seiner Begründung hat das LSG darauf abgestellt, daß für die Bestimmung des Grundlohns das Arbeitseinkommen der Klägerin heranzuziehen sei. Dieses sei gemäß § 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) der nach allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit. Die Gewinne seien im voraus zu schätzen. Als geeigneter Anknüpfungspunkt böten sich in Ermangelung hier nicht vorliegender besonderer Umstände regelmäßig die Einkommensverhältnisse des Vorjahres an. Nach der Auskunft des Finanzamts Celle vom 2. Juli 1981 sei der nach den Grundsätzen des § 15 SGB IV und der §§ 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der Klägerin in den Jahren 1977 und 1978 negativ. Der Verlust betrage 48.956,- DM im Jahre 1977 und 817,- DM im Jahre 1978. Die betriebsfremden Entnahmen in Höhe von 58.954,- DM (1977) und 56.710,- DM (1978) gehörten nicht zu den sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 Satz 1 RVO. Die den erwirtschafteten Vermögenszuwachs übersteigenden Entnahmen schmälerten das Betriebsvermögen. Sie seien Verbrauch vorhandenen Kapitals und nicht Verbrauch der Erträgnisse dieses Kapitals oder der Arbeitskraft. Verwende der freiwillig versicherte Gewerbetreibende nicht den erarbeiteten Vermögenszuwachs, sondern vorhandenes Betriebsvermögen zum Lebensunterhalt, dann könne allein diese Verwendung der Entnahmen ohne entsprechenden Vermögenszuwachs seine Beitragsveranlagung nicht bestimmen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision vertritt die Beklagte die Auffassung, daß zu den sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 RVO bei selbständigen freiwillig versicherten Mitgliedern nicht nur das Arbeitseinkommen und damit nicht nur Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts zu rechnen seien. Das LSG habe sich bei der Frage, ob betriebsfremde Privatentnahmen zu den sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt zählten, ausschließlich an Kriterien des Einkommensteuerrechts orientiert und damit in unrichtiger Weise einen Grundsatz dieses Rechts auf das Sozialversicherungsrecht übertragen. Sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt seien alle diejenigen Einnahmen, die dem Versicherten zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zuflössen. Der freiwillig versicherte Selbständige bestreite seinen Lebensunterhalt aus dem Gewinn seiner Tätigkeit und - soweit der Gewinn nicht ausreiche - mittels seiner Privatentnahmen. Das LSG habe übersehen, daß die selbständig Tätigen durch Vermögensumschichtung Einfluß auf die bilanzmäßige Höhe ihrer Einnahmen nehmen könnten. Während sich in der Praxis die Entnahmen aus der Bilanz leicht ermitteln ließen, seien Vermögensumschichtungen nicht immer ohne weiteres erkennbar. Es sei deshalb richtig, den steuerlich nachgewiesenen Einnahmen bzw dem Gewinn des freiwillig versicherten Selbständigen jeweils die Entnahmen gegenüberzustellen und den höheren Betrag der Beitragsbemessung zugrunde zu legen. Allein dieses Verfahren gewährleiste, daß die Beiträge im wesentlichen nach den gleichen Kriterien berechnet würden wie bei den pflichtversicherten Arbeitnehmern. Da hierbei entweder nur der Gewinn oder nur die Entnahmen zu berücksichtigen seien, sei eine doppelte Heranziehung ausgeschlossen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das LSG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, die Klägerin in dem streitigen Zeitraum beitragsrechtlich nach dem Mindestgrundlohn gemäß § 180 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 RVO zu veranlagen. Die Klägerin hatte nach den zutreffenden Feststellungen des LSG in den für die Beitragsbemessung maßgeblichen Jahren keine den Mindestgrundlohn übersteigenden anrechenbaren Einkünfte.
Die Beiträge Versicherungsberechtigter sind nach Hundertsteln des Grundlohns zu erheben (§ 385 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 RVO). Der Grundlohn ist für freiwillig Versicherte nach § 180 Abs 4 RVO zu ermitteln, der durch Art 1 § 1 Nr 5 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S 1069) mit Wirkung vom 1. Juli 1977 eingefügt worden ist. Nach Satz 1 dieser Vorschrift gilt bei freiwillig Versicherten als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt bis zu dem in Abs 1 Satz 3 genannten Betrag, mindestens jedoch der 150. (ab 1. Januar 1979 der 180.) Teil der monatlichen Bezugsgröße. Bei stark schwankenden Einnahmen kann die Kasse als Grundlohn den durchschnittlich auf den Kalendertag entfallenden Teil der in den letzten drei Monaten erzielten Einnahmen festsetzen (Satz 2). Läßt sich kein Grundlohn ermitteln, so bestimmt die Kasse den Grundlohn (Satz 3).
Als beitragsrechtlich relevante Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 Satz 1 RVO kommen bei der Klägerin, da andere Einkünfte unstreitig nicht vorhanden waren, lediglich etwaige Einkünfte iS des § 15 SGB IV aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Gastwirtin in Betracht. Diese Vorschrift gilt auch für die Feststellung des Grundlohns nach § 180 Abs 4 RVO. Allerdings ist in § 180 Abs 4 Satz 1 RVO neben den "sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt" nur das Arbeitsentgelt ausdrücklich genannt, nicht hingegen das in § 15 SGB IV geregelte "Arbeitseinkommen" aus selbständiger Tätigkeit. Dies hindert jedoch nicht, das Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV als Teil der Einnahmen zum Lebensunterhalt zu verstehen, und ist allein kein Grund zu der Annahme, der Gesetzgeber habe in § 180 Abs 4 Satz 1 RVO auch für die in § 15 SGB IV geregelten Einkommen eine vom SGB abweichende Regelung getroffen. Gegen eine solche Folgerung sprechen der enge zeitliche Zusammenhang, in dem beide Vorschriften verabschiedet worden sind, ihr gleichzeitiges Inkrafttreten am 1. Juli 1977 und ihre Entstehungsgeschichte.
In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum SGB IV (BT-Drucks 7/4122, zu § 15) wird ausgeführt, es fehle bisher für das sozialversicherungsrechtlich relevante Einkommen aus selbständiger Tätigkeit an einer klaren und einheitlichen Regelung; § 15 bringe hierzu eine für alle Versicherungszweige maßgebende Begriffsbestimmung. Ein Anhalt dafür, daß das nur für die Pflichtversicherung gelten sollte, ist nicht ersichtlich und auch nicht naheliegend. Da das Einkommen auch schon im Rahmen des bis zum 30. Juni 1977 geltenden § 313a RVO für die Einstufung freiwillig Versicherter bedeutsam war, hätte es, wenn für diesen Personenkreis jetzt etwas anderes gelten sollte, eines entsprechenden Hinweises im Gesetz oder wenigstens in den Materialien bedurft. Da ein solcher fehlt, ist davon auszugehen, daß § 15 SGB IV auch für den Bereich der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung gelten soll.
Die Materialien zu § 180 Abs 4 RVO ergeben nichts Abweichendes. Diese Vorschrift ist während der Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages zum Entwurf des KVKG neu gefaßt worden. In seinem Bericht wurde lediglich zum Ausdruck gebracht, daß zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt auch die Einkünfte gehören, "die ein Unternehmer aus seinem Geschäftsbetrieb zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt" (BT-Drucks 8/338 S 60 zu Art 1 § 1 Nr 5). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Ende 1976 (SGB IV vom 23. Dezember 1976) verabschiedete und gleichzeitig mit der Neufassung des § 180 Abs 4 RVO zum 1. Juli 1977 in Kraft gesetzte allgemein geltende Definition des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) bei der Beitragsbemessung hinsichtlich der Einkünfte Selbständiger sogleich wieder hätte durchbrochen werden sollen.
§ 180 Abs 4 Satz 1 RVO weicht insofern von den Regelungen des SGB IV ab, als statt vom "Gesamteinkommen" (§ 16 SGB IV) von "sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt" gesprochen wird. Das hat - wie das BSG mehrfach entschieden hat (SozR 2200 § 180 Nrn 5, 7, 8, 12, 15) - zur Folge, daß § 16 SGB IV hier nicht anwendbar ist. Die genannten Entscheidungen haben indes nur zum Ausdruck gebracht, daß von § 180 Abs 4 Satz 1 RVO alle dem Lebensunterhalt dienenden Einkünfte erfaßt werden, die Beschränkung auf die zu versteuernden Einkünfte gemäß § 16 SGB IV also nicht gilt. Hiernach können die "Einnahmen zum Lebensunterhalt" iS des § 180 Abs 4 Satz 1 RVO weder mit dem "Gesamteinkommen" nach § 16 SGB IV identifiziert noch als Oberbegriff für das Gesamteinkommen in diesem Sinn und andere Einkünfte verstanden werden. Daraus läßt sich jedoch nicht entnehmen, auch § 15 SGB IV gelte im Rahmen des § 180 Abs 4 RVO nicht. Die "Einnahmen zum Lebensunterhalt" iS dieser Vorschrift bilden keinen Gegensatz zum "Arbeitseinkommen", sondern umfassen es. Deshalb kann im vorliegenden Zusammenhang auf die Regelung des § 15 SGB IV zurückgegriffen werden, die festlegt, wie die Einkünfte Selbständiger, das Arbeitseinkommen, zu bestimmen sind.
Die hieraus folgende weitgehende Anknüpfung des § 15 SGB IV und damit auch des § 180 Abs 4 RVO an das Steuerrecht dient der (kostensparenden) Verwaltungsvereinfachung. Ohne einen entsprechenden Anhaltspunkt kann nicht davon ausgegangen werden, daß gerade ein Gesetz, das wie das KVKG - vornehmlich allerdings im materiellen und nicht im Verwaltungsverfahrensrecht - der Kostendämpfung dient, die kurz zuvor herbeigeführte Vereinheitlichung und Vereinfachung im SGB IV gleich wieder durchbrechen wollte. Hinzu kommt, daß die Einnahmen zum Lebensunterhalt nach § 180 Abs 4 Satz 1 RVO auch ohne Rückgriff auf das Steuerrecht aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln wären. An eben diesem Gedanken ist § 15 SGB IV mit seiner Anlehnung an das Steuerrecht orientiert. Das spricht dafür, es auch hier nutzbar zu machen. Außerhalb des Steuerrechts steht derzeit kein gesetzlich oder anderweit geregeltes System der Einkommensermittlung bei Selbständigen zur Verfügung, das eine weitgehende Einheitlichkeit der Beurteilung gewährleistet. Die Entwicklung eines solchen anderweitigen Systems bei Anwendung des § 180 Abs 4 RVO zu fordern, würde die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung wegen der Vielfalt der zu berücksichtigenden Verhältnisse, der Schwierigkeit der dabei anzustellenden Überlegungen und des nicht abzusehenden Verwaltungsaufwandes überfordern, des weiteren auch eine für die Mitglieder aller Kassen anzustrebende Gleichbehandlung in dieser Frage gefährden. Auch das spricht dafür, daß im Bereich des § 180 Abs 4 RVO für die Ermittlung von Arbeitseinkommen über § 15 SGB IV eine Verbindung mit den Regelungen des Steuerrechts besteht, allerdings mit den Einschränkungen, die sich aus dieser Vorschrift ergeben.
Die Geltung von § 15 SGB IV auch für die Grundlohnbemessung nach § 180 Abs 4 RVO bedeutet, daß das Einkommen aus einem Gewerbebetrieb nach dieser Vorschrift zu ermitteln ist. Der Begriff "selbständige Tätigkeit" in § 15 SGB IV deckt sich nicht mit der engeren Begriffsbestimmung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit iS von § 18 EStG. Er umfaßt vielmehr, wie das BSG mehrfach entschieden hat (SozR 2200 § 1248 Nrn 19, 23 und 36), alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten; das sind im Sinne des Steuerrechts Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit sowie aus Land- und Forstwirtschaft.
Das LSG ist demnach zutreffend davon ausgegangen, daß das Arbeitseinkommen der Klägerin in dem Gewinn bestand, der anhand steuerrechtlicher Vorschriften nach Maßgabe des § 15 SGB IV zu ermitteln war. Ob dabei nur von den Tatsachen auszugehen war, die der Beklagten bis zum Abschluß des Verwaltungsverfahrens bekannt waren, oder ob auch während des gerichtlichen Verfahrens eingetretene oder bekannt gewordene Tatsachen für die Vergangenheit zu berücksichtigen waren, kann hier offen bleiben. Denn sowohl wenn man - wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid - von den Angaben der Klägerin ausgeht, die das Jahr 1977 betrafen, als auch dann, wenn man in der vom LSG für richtig gehaltenen Weise die spätere Auskunft des Finanzamts verwertet, waren die Gewinne trotz Hinzurechnen betriebsfremder Einnahmen stets negativ. Das LSG hat daher im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Klägerin kein dem Grundlohn zurechenbares Einkommen hatte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten durften die betriebsfremden Privatentnahmen, auch soweit diese zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Klägerin verwendet wurden, nicht als sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt berücksichtigt werden. Sie hatten in vollem Umfange zu einer Vermögensverminderung geführt und waren demnach nicht dem erwirtschafteten Gewinn, sondern der Vermögenssubstanz entnommen worden. Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 25. August 1982 (SozR 2200 § 180 Nr 12) in bezug auf die beitragsrechtliche Behandlung von Veräußerungsleibrenten entschieden, daß der Kapitalanteil einer solchen Rente, weil er nur Umschichtung von Kapital darstellt, keine für die Grundlohnberechnung heranziehbare Einnahme ist, so daß der Beitragsberechnung lediglich der Ertragswert der Rente zugrunde gelegt werden darf. Was für den Kapitalverzehr in Form des Verbrauchs des Kapitalanteils einer Veräußerungsleibrente zum Lebensunterhalt gilt, muß auch für den Kapitalverzehr durch vermögensmindernde Privatentnahmen eines selbständig Tätigen aus seinem Betrieb gelten. Dem steht die Gesetzesbegründung zu § 180 Abs 4 RVO (BT-Drucks 8/338, S 60) nicht entgegen, wonach zu den Einnahmen im Sinne dieser Vorschrift auch "die Einkünfte, die ein Unternehmer aus seinem Geschäftsbetrieb zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Familie erzielt oder entnimmt", zu rechnen sein sollen. In seiner Besprechung des oa Urteils des Senats weist Martens (SGb 1983, 161, 162) überzeugend nach, daß diese Gesetzesbegründung keine extensive Auslegung dahin rechtfertigt, auch Entnahmen aus dem Betriebsvermögen seien als Einnahmen zum Lebensunterhalt nach § 180 Abs 4 RVO anzusehen. Vielmehr könne unterstellt werden, mit dieser Gesetzesbegründung habe nur zum Ausdruck gebracht werden sollen, daß auch im Betrieb belassene Einkünfte Einnahmen nach dieser Vorschrift seien. Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, daß in der gesetzlichen Krankenversicherung kein Raum für die Berücksichtigung von Vermögen im Rahmen der Beitragsbemessung ist, und zwar ungeachtet, ob es sich um die Beitragsbemessung für Pflichtversicherte oder für freiwillig Versicherte handelt.
Der Einwand der Beklagten, es sei selbständig Tätigen möglich, durch nicht ohne weiteres erkennbare Vermögensumschichtungen die bilanzmäßige Höhe ihrer Einnahmen zu beeinflussen, mag grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen sein. Der vorliegende Fall bietet aber keinen Anhalt dafür, daß dies auch hier zutreffen könnte. Abgesehen davon würde es jedoch auch dem Prinzip der an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten orientierten Beitragsbemessung zuwiderlaufen, der Krankenkasse lediglich zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten zu gestatten, Privatentnahmen eines freiwillig versicherten Selbständigen ohne Rücksicht darauf, ob sie aus dem erzielten Gewinn stammen oder dem Betriebsvermögen entnommen werden, als beitragsrelevante Einnahmen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen. Es ist vielmehr Sache der Kasse, bei Zweifeln gegenüber der Richtigkeit der Bilanz über die Gewinnermittlungen des Finanzamts hinaus ergänzende Ermittlungen durchzuführen.
Das Urteil des LSG ist sonach zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 1660398 |
BSGE, 235 |