Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte, Bevollmächtigter: … |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zu einer für die Klägerin vorteilhafteren Berechnung ihrer Witwenrente; es geht um die Aufteilung eines Jahres-Gesamtentgelts auf Zeiten der Berufsausbildung und sonstige Pflichtbeitragszeiten.
Die Klägerin ist die Witwe des am 11. Januar 1935 geborenen und 1993 verstorbenen Versicherten W. S. hatte in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig im Bergbau vom 5. April 1950 bis zum 31. Mai 1950 als Tagesarbeiter und vom 1. Juni 1950 bis zum 31. März 1951 als Berglehrling gearbeitet, anschließend hatte er dort vom 1. April 1951 bis zum 31. März 1954 eine Lehre als Elektriker absolviert; danach war er weiter als Elektriker beschäftigt. Für 1953 weist der dem angefochtenen Witwenrentenbescheid vom 22. Juni 1993 beigefügte Versicherungsverlauf zwölf Monate Pflichtbeiträge nach einem Entgelt von DM 1.376, 33 auf, für 1954 zwölf Monate Pflichtbeiträge nach einem Entgelt von DM 3.308, 02. Die zwölf Monate des Jahres 1953 wurden - als Pflichtbeiträge für Berufsausbildung - mit dem Mindestwert von jeweils 0, 0750 bewertet, so daß sich 0, 9.000 Entgeltpunkte ergaben; die Monate Januar bis März 1954 wurden ebenfalls mit dem Mindestwert von je 0, 0750 bewertet, so daß insoweit 0, 2250 Punkte angesetzt wurden. Als auf diese Monate entfallendes nachgewiesenes Arbeitsentgelt wurden DM 827, 01 angesetzt, so daß sich für die Monate April bis Dezember 1954 ein Arbeitsentgelt von DM 2.481, 01 ergab, woraus sich (bei einem Durchschnittsverdienst aller Versicherten von DM 4.234,--) 0, 5860 Entgeltpunkte errechneten, für das Jahr 1954 demnach insgesamt 0, 8110 Entgeltpunkte.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, diese Berechnungsweise entspreche nicht der Realität. Um eine gerechte Aufteilung des Entgeltes von 1954 zu erreichen, müsse das Entgelt für die ersten drei Monate des Jahres (Lehre) aus dem Durchschnitt der letzten neun Monate des Vorjahres, vereinfacht allenfalls auf der Grundlage des Gesamtentgeltes für 1953, berechnet werden. Bei letzterer Berechnung ergäbe sich für die Monate Januar bis März 1954 ein Entgelt von DM 344, 08 und für April bis Dezember 1954 ein solches von DM 2.963, 94.
Mit diesem Vorbringen hatte die Klägerin im Widerspruchs- und Klageverfahren keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 30. September 1993, klagabweisendes Urteil des Sozialgerichts [SG] vom 29. September 1994). Hingegen hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte auf Berufung der Klägerin verurteilt, die Witwenrente neu zu berechnen und dabei für die Beitragszeit vom 1. April bis 31. Dezember 1954 0, 7.000 Entgeltpunkte zugrunde zu legen (Urteil vom 9. Mai 1995). Zur Begründung führt das LSG im wesentlichen aus, eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes liege darin, daß nicht geregelt sei, wie verfahren werden müsse, wenn in einem Jahr typischerweise niedrig vergütete Ausbildungszeiten mit "normal" vergüteten Beschäftigungszeiten zusammenträfen und nur ein Gesamtentgelt für das Kalenderjahr bekannt sei. Die Kenntnis der entsprechenden Entgelte sei aber einerseits notwendig, um den von § 70 Abs. 3 Satz 1 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) geforderten Vergleich der Mindestentgeltpunkte mit den tatsächlichen Entgeltpunkten vornehmen zu können, andererseits um die Entgeltpunkte für die nach der Berufsausbildung liegende Beschäftigungszeit nach § 70 Abs. 1 SGB VI in zutreffender Höhe ermitteln zu können. Unter Beachtung des dem Normprogramm des § 70 Abs. 1, Abs. 3 SGB VI innewohnenden Grundgedankens müsse daher versucht werden, die - typischerweise geringe - Ausbildungsvergütung aus dem Jahres-Gesamtentgelt "herauszurechnen", so daß nicht das Entgelt für den sich an die Ausbildung anschließenden Beschäftigungszeitraum durch die niedrige Ausbildungsvergütung ungünstig beeinflußt werde. Die Tatsache, daß nach der Berechnung der Beklagten das "nachgewiesene" Entgelt für die drei Monate der Berufsausbildung im Jahre 1954 DM 827, 01 betragen haben solle, während der Versicherte im ganzen Jahr 1954 bloß DM 1.376, 33 verdient habe, zeige deutlich, daß diese Berechnung die tatsächlichen Verhältnisse auch nicht annähernd wiedergebe. Es sei daher so zu verfahren wie die Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz nach ihrer Arbeitsanweisung zu § 70 Abs. 3, § 256 Abs. 1 SGB VI: Träfen Zeiten einer Berufsausbildung und einer Beschäftigung in einem Kalenderjahr zusammen und sei lediglich das Entgelt für das Kalenderjahr bekannt, sei ein Entgelt für die Zeit der Berufsausbildung nach der Vergütung des vorangegangenen Jahres zu ermitteln; aus dem Vorjahresentgelt sei das monatliche Durchschnittsentgelt zu errechnen und dieser Durchschnittswert mit der Zeit der Berufsausbildung im streitigen Jahr zu multiplizieren. Das restliche Entgelt entfalle dann auf die Monate der Beschäftigung. In Anwendung auf den Fall der Klägerin ergebe sich daraus für die Zeit der Berufsausbildung vom 1. Januar bis 31. März 1954 ein Entgelt von 3 x DM 114, 69 = DM 344, 07 bei unveränderten 0, 2250 Entgeltpunkten nach § 70 Abs. 3 Satz 1 SGB VI; damit entfielen auf die Zeit vom 1. April bis zum 31. Dezember 1954 ein Entgelt von DM 2.963, 95 und 0, 7.000 Entgeltpunkte. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung des § 123 Abs. 3 SGB VI. Diese Vorschrift enthalte die vom LSG vermißte Regelung über die Berechnungsweise bei der Ermittlung und Aufteilung von Geldbeträgen. Sie sei nach den Gesetzesmaterialien nicht nur auf Monatsrenten, sondern z.B. auch auf Arbeitsentgelte anzuwenden, insbesondere auch in Fällen, in denen Beiträge zusammengefaßt seien und eine konkrete zeitliche Zuordnung nicht mehr möglich sei.
Die Beklagte beantragt:das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 1995 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29. September 1994 zurückzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits nicht zu.
Die Klägerin hat Anspruch auf eine Witwenrente, für deren Höhe es vor allem auf die durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte im Versicherungsleben ihres verstorbenen Ehemannes, des Versicherten ankommt (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Für die einzelnen Kalenderjahre wird dieses Arbeitsentgelt in Entgeltpunkte umgerechnet (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI); die Beitragsbemessungsgrundlage (also das versicherte Entgelt) ist hierzu durch das Durchschnittsentgelt (Anlage 1 zum SGB VI) für dasselbe Kalenderjahr zu teilen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Dieses Jahresprinzip erfährt jedoch u.a. dann eine Einschränkung, wenn Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung (§ 70 Abs. 3 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 - BGBl. I 2261, ab 1. Januar 1997 gestrichen durch Gesetz vom 25. September 1996 [BGBl. I 1461]) - und dies wird die Regel sein - nicht mit dem Anfang eines Kalenderjahres beginnen bzw. dem Ende eines Kalenderjahres abschließen. Denn im Gegensatz zu der Regelung des § 54 Abs. 4 Reichsknappschaftsgesetz [RKG] (§ 1255 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung [RVO]) stellt die Nachfolgevorschrift des § 70 Abs. 3 SGB VI nicht mehr auf die "mit Pflichtbeiträgen belegten Kalendermonate der ersten fünf Kalenderjahre" ab, sondern auf die einzelnen Kalendermonate einer Berufsausbildung, insbesondere auf die ersten 48 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (§ 70 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI).
Dies bedeutet, wovon die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgehen, daß beim Versicherten für die Monate Januar bis März 1954 0, 2250 Entgeltpunkte (entsprechend 0, 0750 Entgeltpunkte für jeden Monat) bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen sind. Denn die tatsächlich während jener Monate aufgrund des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts erworbenen Entgeltpunkte erreichen diesen Wert nicht. Dies ergibt sich bereits daraus, daß für den Versicherten im gesamten Jahr 1954 Pflichtbeiträge nach einem Entgelt von DM 3.308, 02 verzeichnet sind, während der Durchschnittsverdienst aller Versicherten (Anlage 1 zum SGB VI) für jenes Jahr DM 4.234,-- betrug. Auch unter Berücksichtigung also der Monate April bis Dezember 1954, in denen der Versicherte nicht lediglich eine Ausbildungsvergütung, sondern "normales" Arbeitsentgelt für einen ausgelernten Handwerker bezog, wurden in jenem Jahr insgesamt nur 0, 7813 Entgeltpunkte erreicht (im Gegensatz zu 0, 9.000 Entgeltpunkten bei Berücksichtigung von 0, 0750 Entgeltpunkten für jeden der zwölf Kalendermonate). Die zwischen den Beteiligten allein streitige Höhe des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für die Monate April bis Dezember 1954 ist jedoch weder vom LSG festgestellt noch kann sie aus den von ihm in Bezug genommenen Gerichts- oder Verwaltungsakten entnommen werden. Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen läßt sich nicht ausschließen, daß das vom Versicherten in der streitigen Zeit konkret bezogene Entgelt noch ermittelt werden kann. Anders als die Beklagte und offenbar auch das LSG meinen, besteht in keinerlei Hinsicht eine Beschränkung dahingehend, daß das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Monate April bis Dezember 1954 nur auf der Grundlage der bereits im Versicherungskonto gespeicherten Daten (für das Jahr 1954: so die Meinung der Beklagten; auch der angrenzenden Jahre: so die Meinung des LSG) ermittelt werden dürfte.
Im Gegenteil gilt auch insoweit der Grundsatz, daß der Nachweis der Höhe des für die Rentenberechnung relevanten Arbeitsentgelts ohne Beschränkung auf bestimmte Beweismittelarten geführt werden kann (vgl. BSG vom 24. März 1964, BSGE 20, 275, 278). Die verfügbaren Erkenntnisquellen sind auszuschöpfen. Insoweit gilt nichts anderes als für jede andere anspruchsbegründende Tatsache, soweit keine Spezialregelung besteht (s zu Beschäftigungszeiten i.S. des Fremdrentengesetzes [FRG] BSG vom 17. März 1964, BSGE 20, 255, 256 und zu der an eine Kriegsgefangenschaft anschließenden Krankheit BSG vom 29. November 1978, BSGE 47, 192, 193). Für das Verwaltungsverfahren hat dieser Grundsatz allgemein in § 21 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) seinen Niederschlag gefunden (Amtsermittlung ohne Beschränkung auf bestimmte Beweismittel); im Gerichtsverfahren gelten insoweit die §§ 103 sowie 128 Abs. 1 SGG.
Solange nicht die Möglichkeit ausgeschlossen werden kann, nachträglich das konkrete vom Versicherten bezogene beitragspflichtige Entgelt für die Monate April bis Dezember 1954 zu ermitteln, kommt die Rentenberechnung auf der Grundlage einer Schätzung (zur Schätzung eines Arbeitsentgelts S. BSG vom 14. Juli 1988, SozR 4100 § 115 Nr. 2 S. 14 f.) oder auf der Grundlage von Tabellenwerten nach § 256c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI - bis zum 31. Dezember 1995: § 256 Abs. 1a SGB VI - nicht in Betracht. Hiernach ist ein Rückgriff auf Tabellenwerte bei Ermittlung des Arbeitsentgelts nur dann zulässig, wenn dieses "nicht bekannt ist oder nicht auf sonstige Weise festgestellt werden kann". In Anwendung dieser Vorschrift gilt, daß zunächst versucht werden muß, die Haupttatsache zu ermitteln - also das konkrete Entgelt im streitigen Zeitraum. Nur dann, wenn insoweit ein Nachweis nicht geführt werden kann, ist ein Rückschluß aufgrund zuvor oder anschließend erzielten Arbeitsentgelts (als Indiz) erlaubt (zu § 256c SGB VI vgl. z.B. Spegel, MittLVA Württ 1996, 164).
Mit den genannten Vorschriften ist auch der - bisher von keinem der Beteiligten oder den Vorinstanzen beachtete - Weg vorgezeichnet, wie das LSG nach Zurückverweisung vorzugehen hat: Insoweit bietet sich zunächst an, das Arbeitsentgelt für die Monate April bis Dezember 1954 durch beizuziehende Urkunden (Personalunterlagen) des früheren Arbeitgebers bzw. dessen Auskunft festzustellen (nach der Rentenakte hat die R. AG, Zentralarchiv , H. der Beklagten unter dem 14. Mai 1993 die Beschäftigungszeiten vom 5. April 1950 bis zum 31. März 1954, darunter auch die Zeit als Elektrolehrling, bescheinigt: (Bl 24 bis 27R Beklagtenakte); es ist nicht ausgeschlossen, daß dort auch noch Entgeltunterlagen bestehen). Gegebenenfalls genügt auch der Nachweis des Entgelts nur der Monate Januar bis März 1954; dann kann das Arbeitsentgelt für April bis Dezember 1954 als Differenz zum bereits bekannten Jahresentgelt ermittelt werden. Ist auf diese Weise - und auch durch andere Beweismittel (zB sonstige Urkunden, Zeugenaussagen) - ein Nachweis des konkreten Entgelts nicht möglich, so mag, wenn nach den im Versicherungskonto verzeichneten Daten eine tarifliche Entlohnung naheliegt, auch auf Tarifverträge zurückgegriffen werden (nach der "Lohnordnung - über Tage - für den Steinkohlenbergbau der Ruhr vom 1. April 1953 an" ([lose der Beklagtenakte beiliegend]) bezogen Handwerker-Lehrlinge bei Beginn des Berufserziehungsverhältnisses nach Vollendung des 16., aber vor Vollendung des 18. Lebensjahres im dritten Lehrjahr eine Erziehungsbeihilfe von DM 104,--/Monat [rechnet man die Zeit als Berglehrling hinzu, befand sich der Versicherte im vierten Lehrjahr eines Berufserziehungsverhältnisses mit Beginn vor Vollendung des 16. Lebensjahres, wonach ihm eine Erziehungsbeihilfe in Höhe von DM 108,--/Monat zugestanden hätte]).
Damit käme es allenfalls hilfsweise - als Schätzung - auf die vom LSG bereits praktizierte Berechnung des Entgelts für die Monate Januar bis März 1954 auf der Grundlage des Entgelts für 1953 an - ggfs. unter Berücksichtigung anzunehmender Entgelterhöhungen während jenes Jahres; sie hätte Vorrang vor der Heranziehung der pauschalen Tabellenwerte nach § 256c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 und Abs. 3 SGB VI.
Zur Ableitung der entsprechenden Vorgehensweise aus dem Gesetz bedarf es in keinerlei Hinsicht der vom LSG für nötig gehaltenen Ergänzung des "Normprogramms" des § 70 Abs. 1, Abs. 3 SGB VI zur Behebung einer "planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes".
Unzutreffend ist ebenfalls die Ansicht der Beklagten, es sei nur zulässig, das Arbeitsentgelt der Monate April bis Dezember 1954 aus dem im Versicherungskonto verzeichneten Gesamt-Arbeitsentgelt für das Jahr 1954 unter Zuhilfenahme der Berechnungsvorschrift des § 123 Abs. 3 SGB VI zu ermitteln. Diese Vorschrift stellt lediglich ein Werkzeug zur "Berechnung von Geldbeträgen" (so die Überschrift des § 123 SGB VI) dar, wenn ein Gesamtbetrag für einen Zeitraum auf den einem Teilzeitraum entsprechenden Teilbetrag umgerechnet werden soll. Der Beklagten ist zuzugeben, daß nach der Begründung jener Vorschrift (BT-Drucks 11/4124 S. 180 zu § 124 des Entwurfs) die Vorschrift auch "in den Fällen Bedeutung (hat), in denen Beiträge zusammengefaßt worden sind". Diesen Hinweis versieht die Begründung (a.a.O.) jedoch sogleich mit der ausdrücklichen Einschränkung: "und eine konkrete zeitliche Zuordnung nicht mehr möglich ist". Jedenfalls dies schließt die Anwendung dieser Vorschrift dann aus, wenn sie zu evident falschen Ergebnissen führt, wie im vorliegenden Fall. Damit scheiden (entgegen z.B. der Kommentierung von Hauck/Haines/Klattenhoff, SGB VI, K § 123 Rdnr. 8 S. 3 f., Stand: 1994) die Fälle des § 70 Abs. 3 SGB VI mit in aller Regel stark unterschiedlichen Entgelten aus dem Anwendungsbereich des § 123 Abs. 3 SGB VI aus.
Keineswegs kann § 123 Abs. 3 SGB VI die Zielrichtung beigemessen werden, daß eine individuelle Prüfung der tatsächlichen Verteilung von Beiträgen einer Gesamtzeit ausgeschlossen ist. Zwar würde eine Anwendung dieser Vorschrift den Versicherungsträger in die Lage versetzen, eine maschinelle Verteilung von Beträgen (hier: Monatsentgelten) anhand vorhandener Unterlagen durchzuführen; bei Verbindlichkeit einer derartigen Pauschalierung könnten Streitigkeiten über die Höhe vermieden werden. Dies setzt jedoch einen Inhalt jener Vorschrift voraus, den sie - bereits nach der Gesetzesbegründung - nicht hat.
§ 123 Abs. 3 SGB VI steht nicht im Widerspruch zu den allgemeinen Beweisregeln, sondern ergänzt sie lediglich für den Fall, daß ein genauerer Nachweis nicht geführt werden kann. Bezeichnenderweise wird diese Vorschrift auch in der Kommentierung zu § 256 Abs. 1a SGB VI a.F. (im oben zitierten Kommentar: Hauck/Haines/Stahl, SGB VI, K § 256 Rdnr. 16, Stand: 1995) nur für den Fall erwähnt, daß Tabellenwerte für ein Kalenderjahr nach § 256 Abs. 1a Satz 1, letzter Teilsatz SGB VI auf einen Teilzeitraum anwendbar sind, nicht jedoch als eine gegenüber dieser Vorschrift vorrangige Regelung.
Da nicht auszuschließen ist, daß das nach den og Grundsätzen konkret zu ermittelnde Arbeitsentgelt für die Monate April bis Dezember 1954 zuungunsten der Klägerin von den vom LSG zugrunde gelegten Werten abweicht, ist der Rechtsstreit auf Revision der Beklagten an das LSG zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen