Zusammenfassung
Für Unternehmen, die Personal dauerhaft im Ausland beschäftigen möchten, kommt – alternativ zur Beschäftigung von eigenem Personal – in Betracht, Fremdpersonal für sich tätig werden zu lassen. Hierzu kooperieren sie zunehmend häufig mit einem sog. Employer of Record (EoR). Ein EoR stellt den Arbeitnehmer in dem jeweiligen Tätigkeitsstaat nach Maßgabe der lokalen Regelungen ein und wickelt das Arbeitsverhältnis administrativ ab; tätig wird der Arbeitnehmer auf Weisung des (deutschen) Unternehmens remote aus dem Ausland.
Arbeitsrecht
1 EoR-Konstellation als Dreiecksverhältnis
Infografik: Employer of Record
Rechtsbeziehung zwischen EoR und inländischem Auftraggeber
Zwischen dem EoR und dem inländischen Auftraggeber wird ein Dienstleistungsvertrag geschlossen. Der EoR verpflichtet sich gegenüber dem inländischen Auftraggeber vertraglich dazu, ihm Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, die im Ausland tätig sind. Als Vertragsarbeitgeber ist er dafür verantwortlich, das Arbeitsverhältnis administrativ abzuwickeln. Entsprechend übernimmt der EoR die Lohnabrechnung und führt dazu die jeweils anfallenden Sozialversicherungsbeiträge sowie die Lohnsteuer ab. Ferner meldet der EoR den Arbeitnehmer bei lokalen Behörden an und ist dafür verantwortlich, lokale Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten.
Alle im Zusammenhang mit der Beschäftigung entstehenden Kosten trägt wirtschaftlich der inländische Auftraggeber. Er entrichtet auf Basis eines Dienstleistungsvertrags ein Honorar an den EoR. Das Honorar steht häufig in Relation zu der Bruttovergütung des Arbeitnehmers.
Rechtsbeziehung zwischen EoR und Arbeitnehmer
Der EoR schließt mit dem Arbeitnehmer nach Maßgabe des lokalen Rechts einen Arbeitsvertrag ab und ist dafür verantwortlich, das Arbeitsverhältnis administrativ abzuwickeln (s. oben).
Das disziplinarische Weisungsrecht verbleibt bei dem EoR. In der Praxis wird er dieses regelmäßig jedoch nur in enger Abstimmung mit dem (inländischen) Auftraggeber ausüben.
Rechtsbeziehung zwischen inländischem Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Das fachliche arbeitgeberseitige Weisungsrecht überträgt der EoR auf den (inländischen) Auftraggeber. Praktisch setzt der inländische Auftraggeber den Arbeitnehmer wie einen eigenen Arbeitnehmer ein und gestaltet das Arbeitsverhältnis auf Basis der fachlichen Weisungen inhaltlich näher aus. Der Arbeitnehmer erbringt seine Arbeitsleistungen vollständig remote aus dem Ausland; dies ist jedenfalls theoretisch vorgesehen.
2 Rechtliches Risiko: Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung
Das 3-Parteien-Verhältnis führt dazu, dass die Konstellation wesensmäßig eine Arbeitnehmerüberlassung ist. Eine Arbeitnehmerüberlassung ist nach deutschem Recht streng reguliert; sie ist grundsätzlich erlaubnispflichtig.
Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters ist jedoch fraglich, ob das deutsche AÜG – als öffentlich-rechtliche Norm des Gewerberechts – in dieser Konstellation anwendbar ist. Denn während der EoR seinen Sitz regelmäßig in dem Staat hat, in dem der Arbeitnehmer remote tätig ist, hat der Auftraggeber seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Wäre das deutsche AÜG anwendbar, bedürfte der EoR grundsätzlich einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, die er regelmäßig nicht hat.
Inlandsbezug als Voraussetzung für die Anwendung des deutschen AÜG
Im Ausgangspunkt ist diese Frage aufgrund der Auslandsberührung nach dem sog. Territorialitätsprinzip zu beantworten. Hiernach ist das Recht eines Staates im Wesentlichen dann anwendbar, wenn der Sachverhalt einen hinreichenden Inlandsbezug aufweist.
Der erforderliche Inlandsbezug besteht, wenn
- der Verleiher seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat oder
- der Leiharbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland tätig wird.
Daher bedarf der ausländische Verleiher grundsätzlich einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, sofern der Leiharbeitnehmer in Deutschland tätig wird.
In der typischen Konstellation des EoR hat der EoR seinen Sitz in einem ausländischen Staat. Ob jedoch ein hinreichender Inlandsbezug durch die remote aus dem Ausland erbrachte Arbeitsleistung besteht, ist umstritten:
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer ausschließlich im Ausland tätig, das heißt, er verrichtet seine Tätigkeit physisch im Ausland. Ein hinreichender Inlandsbezug wird auch nicht etwa dadurch hergestellt, dass der Leiharbeitnehmer auf Basis seiner remote erbrachten Arbeitsleistungen "virtuell" in den deutschen Betrieb eingegliedert wird bzw. der deutsche Auftraggeber seine Arbeitsleistungen im Inland verwertet. Daher benötigt der EoR in der klassischen Ausgestaltung nach dem hiesigen Verständnis keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach deutschem Recht.
Bundesagentur für Arbeit verlangt Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
Die Bundesagentur für Arbeit geht unterdessen dazu über, auch für solche Fälle eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung anzunehmen.
Es wird abzuwarten bleiben, wie sich die Rechtsprechung dazu positioniert.
Vermeidung des Inlandsbezugs
Bis eindeutig geklärt ist, ob auf klassische EoR-Konstellationen das AÜG Anwendung findet, sollten deutsche Auftraggeber sorgfältig darauf ...