Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss der vom Arbeitgeber bezahlten Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung als Arbeitslohn beim Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann.
2. Die Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterliegt als Sachbezug der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG. Für die Berechnung, ob die monatliche Freigrenze eingehalten ist, ist der Zuflusszeitpunkt des Sachbezugs maßgeblich.
3. Im Streitfall war der Leistungsanspruch des Arbeitnehmers vom Fortbestand des Dienstverhältnisses abhängig. Daher führte die zur Erlangung eines Beitragsrabatts erfolgte Vorauszahlung der als Monatsbeiträge kalkulierten Prämien durch den Arbeitgeber nicht dazu, dass der Zufluss des Sachbezugs bei den Arbeitnehmern bei wirtschaftlicher Betrachtung bereits im Zahlungszeitpunkt der Beiträge anzunehmen war. Die fraglichen Zuwendungen erfolgten nicht abweichend von den laufenden (monatlichen) Lohnzahlungszeiträumen.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, 2 S. 11, § 11 Abs. 1, § 38a Abs. 1, § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
1. Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 23. November 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2022 wird abgeändert und die nachgeforderten Steuern werden um folgende Beträge herabgesetzt:
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Lohnsteuer |
Solidaritätszuschlag |
Kirchensteuer |
2014 |
19.731,09 EUR |
1.085,20 EUR |
1.183,86 EUR |
2015 |
18.644,40 EUR |
1.025,44 EUR |
1.118,66 EUR |
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
Tatbestand
Streitig ist, ob jährlich bezahlte Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung den Arbeitnehmern im Kalendermonat der Beitragszahlung als Arbeitslohn zugeflossen sind und ob die 44 EUR-Freigrenze hierdurch überschritten wurde.
Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in F. […].
Mit Gruppenversicherungsvertrag vom 18. Mai 2012 schloss die Klägerin mit der G eine betriebliche Gruppenversicherung für ihre Arbeitnehmer beginnend ab Juni 2012 ab.
Der Vertrag galt zunächst bis zum 31. Dezember 2013. Er verlängert sich stillschweigend jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht zum Ende des Kalenderjahres mit einer Frist von drei Monaten schriftlich ordentlich gekündigt oder von der G außerordentlich gekündigt wird. Versichert werden Zusatzleistungen zur Krankenversicherung (Vorsorge, Reise, Zahnbehandlung, Zahnersatz). Die Klägerin ist Versicherungsnehmerin, Hauptversicherte sind die Arbeitnehmer der Klägerin. Die Teilnahme an der Gruppenversicherung muss für die einzelne Versicherung zu dem Zeitpunkt beginnen, zu dem die Zugehörigkeit zum versicherbaren Personenkreis beginnt (Ziff. 3.2 des Gruppenversicherungsvertrags). Die Versicherungsnehmerin meldet der G diejenigen versicherten Personen, die aus dem versicherbaren Personenkreis ausscheiden (Ziff. 3.6). Die Versicherungsnehmerin informiert den betroffenen Hauptversicherten über die Beendigung von der Teilnahme an diesem Vertrag (Ziff. 3.7). Einen unmittelbaren Anspruch gegen die G haben laut Ziff. 4 die Hauptversicherten. Die Zustimmung der Versicherungsnehmerin ist für die Geltendmachung des Anspruchs nicht erforderlich. Die Versicherungsnehmerin ist zur Zahlung der Beiträge, die dem jeweils gültigen Versicherungsschein zu entnehmen sind, verpflichtet (Ziff. 5.1 und 5.2). Die Fälligkeit ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen (Ziff. 5.2). Die G informiert die Versicherungsnehmerin über die Abbuchungen und Rückzahlungen von Beiträgen im Rahmen dieses Vertrages. Über Änderungen der Versicherungen erteilt die G der Versicherungsnehmerin einen geänderten Versicherungsschein (Ziff. 6.1).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gruppenversicherungsvertrag verwiesen (…).
Nach den „Versicherungsbedingungen für die G betriebliche KV – Auslandsreise – Krankenversicherung (Gruppenversicherung)” müssen die Beiträge für die Versicherung als laufende Monatsbeiträge gezahlt werden (Teil B, Ziff. 2.3 Abs. 1). Sie sind als Monatsbeiträge kalkuliert (Teil C, Ziff. 3.2). Der monatlich zu zahlende Beitrag ergibt sich aus dem jeweils gültigen Versicherungsschein (Teil B, Ziff. 2.1). Die Beiträge sind jeweils am Monatsersten fällig, wenn nichts anderes vereinbart ist (Teil B, Ziff. 2.3 Abs. 2 Buchst. b). Wenn die Versicherungsnehmerin mehrere Monatsbe...