Sachbezugsfreigrenze bei vorausbezahlten Krankenversicherungsbeiträgen für Beschäftigte

Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen (§ 8 Absatz 2 Satz 1 EStG). Dazu gehört auch die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer entsprechenden Versicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber (vgl. BFH-Urteil vom 07.06.2018 - VI R 13/16, und BMF vom 15. März 2022 - IV C 5 - S 2334/19/10007 :007, Rn. 6). Damit ist die Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 50 Euro monatlich (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) anwendbar.
Betriebliche Gruppenversicherung: Aktuelles Urteil
Im aktuellen Urteilsfall hatte der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer für die Beschäftigten eine betriebliche Gruppenversicherung abgeschlossen. Versichert waren Zusatzleistungen zur Krankenversicherung (Vorsorge, Reise, Zahnbehandlung, Zahnersatz). Die Vertragsdauer betrug pro versicherter Person ein Jahr. Die Beiträge für die Gruppenversicherung waren als laufende Monatsbeiträge kalkuliert und grundsätzlich monatlich zu zahlen. Die Klägerin leistete die Beiträge jedoch als jährliche Vorauszahlung, weil sie hierfür einen Nachlass von vier Prozent erhielt. Die Beiträge beliefen sich je Arbeitnehmenden auf Beträge zwischen 99,19 Euro und 432,92 Euro jährlich.
Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, dass die Beitragszahlung in den Streitjahren zum Zufluss von Barlohn für die Arbeitnehmenden geführt habe und die Freigrenze für Sachbezüge (damals 44 Euro) nicht anwendbar sei. Das gegen den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer geführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Auffassung des Finanzgerichts: Laufender Arbeitslohn
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage nun aber stattgegeben. Die jährlich bezahlten Beiträge zur Gruppenkrankenversicherung seien jeweils im Kalendermonat der Beitragszahlung als Sachlohn zugeflossen und hätten die Sachbezugsgrenze nicht überschritten. Der zugewandte Versicherungsschutz ist nach Auffassung des FG laufender Arbeitslohn (§ 38a Abs. 1 Satz 2 EStG), der den Arbeitnehmenden regelmäßig und nicht einmalig im Kalenderjahr mit der Zahlung der Beiträge durch die Klägerin an die Versicherungsgesellschaft zugeflossen sei. Ein Beitragsrabatt ändere nichts an der vereinbarten monatlichen Zahlungsperiode.
Mit der jährlichen Vorauszahlung der Beiträge ist den Beschäftigten der Sachbezug "Versicherungsschutz" bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht zugeflossen. Zwar erlangten die Arbeitnehmenden als Versicherte einen unmittelbaren Anspruch auf Krankenversicherungsschutz gegen die Versicherungsgesellschaft. Sie hatten jedoch noch keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung für das gesamte Versicherungsjahr. Hinzukommen muss das Fortbestehen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses während des Versicherungsjahres.
Hinsichtlich der Höhe des geldwerten Vorteils hatten die Beteiligten im Streitfall eine tatsächliche Verständigung getroffen, dass die jeweiligen Sachbezugswerte des Versicherungsschutzes den von der Klägerin bezahlten Versicherungsprämien von monatlich zwischen 8,27 Euro und 36,08 Euro je Arbeitnehmenden entsprechen. Die monatliche Sachbezugsfreigrenze war demzufolge nicht überschritten.
Urteil Finanzgericht Baden-Württemberg vom 21. Oktober 2022 - 10-K-262/22;
Mitteilung des FG vom 10. Juni 2023
Eine Revision war zulässig, ist jedoch offensichtlich nicht eingelegt worden.
Achtung:
Zahlt der Arbeitgeber seinen Beschäftigten dagegen einen Zuschuss unter der Bedingung, dass diese mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließen, wendet er Geld und nicht eine Sache zu. In diesen Fällen ist die Sachbezugsfreigrenze nicht anwendbar. Insoweit sind sich BFH und Finanzverwaltung einig und diese Sichtweise wird auch vom FG Baden-Württemberg erneut bestätigt.
Ergänzender Hinweis:
Das aktuelle Urteil ähnelt in seiner Begründung einem BFH-Urteil zum Zufluss von Fitnessstudiobeiträgen. Danach sind Sachbezüge aufgrund der Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm laufender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmenden die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt (BFH-Urteil vom 7.7.2020 – VI R 14/18). Ohne Bedeutung war, dass eine Kündigung der Vereinbarung über die Teilnahme am Betriebssport durch die Beschäftigten nur zum Ende eines Jahres möglich war.
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