Urteile zur doppelten Haushaltsführung

Über die Erfüllung der Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung kommt es immer wieder zum Streit. Viele Urteile betreffen die doppelte Haushaltsführung von jungen Berufstätigen, die teilweise noch bei ihren Eltern wohnen.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin außerhalb des Orts, an dem er oder sie einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG).

Steuerlich abzugsfähig sind die Fahrtkosten für die erste und letzte Fahrt zwischen Haupt- und Zweitwohnung und für wöchentliche Familienheimfahrten. Außerdem können Mehraufwendungen für Verpflegungen (für die ersten drei Monate), Telefonkosten sowie Umzugskosten angesetzt werden. Daneben sind die Aufwendungen für die Unterkunft berücksichtigungsfähig. Alternativ zum Werbungskostenabzug in der Steuererklärung kann der Arbeitgeber die vorstehenden Mehraufwendungen steuerfrei vergüten.

Finanzielle Beteiligung als Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung

Das für eine doppelte Haushaltsführung zwingende Vorliegen eines eigenen Hausstandes außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte erfordert neben dem Merkmal "Innehaben einer Wohnung" zusätzlich eine "finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung" (des Haupthausstandes; § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Diese Gesetzesregelung zielt insbesondere auf Fälle, in denen ledige Arbeitnehmende außerhalb des Ortes ihrer ersten Tätigkeitsstätte (ggf. zusammen mit Geschwistern) eine unentgeltlich überlassene Wohnung oder ein Zimmer im Haus der Eltern bewohnen. 

Rückwirkende Beteiligung an den Kosten

Eine solche Konstellation gab es auch in einem höchstrichterlich entschiedenen Fall (BFH, Urteil vom 12. Januar 2023 - VI R 39/19, vorgehend Niedersächsisches FG, Urteil vom 18. September 2019 - 9 K 209/18). Der Kläger, ein lediger Arbeitnehmer, bewohnte im Streitjahr in seinem Elternhaus zusammen mit seinem Bruder eine nicht abgeschlossene Obergeschosswohnung. Die Eltern, mit denen er keinen Mietvertrag geschlossen hatte, lebten im Erdgeschoss. Daneben unterhielt er am Arbeitsort eine gemietete Zweitwohnung.

Der Kläger beteiligte sich zwar nicht an den laufenden Haus- und Nebenkosten, überwies jedoch im Dezember des Streitjahres einen Betrag von 1.200 Euro (mtl. Kostenbeteiligung für Januar bis Dezember von je 100 Euro) sowie einen Betrag von 550 Euro (Beteiligung an der Fenstererneuerung). Zudem konnte er nachweisen, dass er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes in Höhe von 1.410 Euro getätigt hatte. 

Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung ab, weil eine erforderliche Beteiligung an den laufenden Haus- und Wohnungskosten nicht rückwirkend herbeigeführt werden könne. Die Beteiligung an der Fenstererneuerung sei im Übrigen nicht verpflichtend gewesen. 

Laufende Beteiligung nicht notwendig

Bereits das Finanzgericht Niedersachsen war dem entgegengetreten und hatte mit seinem Urteil der Klage stattgegeben. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Vorentscheidung bestätigt und ebenfalls den Ansatz von Kosten für eine doppelte Haushaltsführung zugelassen.

Bezüglich der Kostenbeteiligung sieht das Gesetz weder eine bestimmte betragsmäßige Grenze vor noch, dass es sich um eine laufende Beteiligung im Sinne einer mietgleichen Zahlung handeln muss. Deshalb ist eine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung auch durch Einmalzahlungen - einschließlich solcher am Jahresende - möglich. Eine Haushaltsbeteiligung in sonstiger Form, z. B. durch die Übernahme von Arbeiten im Haushalt oder Dienstleistungen für den Haushalt, genügt insoweit jedoch nicht. Auch darf die finanzielle Beteiligung nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern bedarf einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls.

Im Streitfall hielt der BFH die Kostenbeteiligung des Klägers für ausreichend. Die entschiedenen Rechtsfragen haben aufgrund einer Vielzahl vergleichbarer Fallkonstellationen erhebliche praktische Relevanz. 

Eigener Hausstand muss begründet sein

Ein nachfolgendes Verfahren zeigt jedoch die Grenzen der Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung bei Ledigen auf, insbesondere in deren Ausbildungszeit. Ein eigener Hausstand am Ort des Lebensmittelpunkts kann zwar auch gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt werden. Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung sind aber nach Auffassung des Finanzgerichts München (Urteil vom 1. März 2023 - 1 K 2311/20) nicht erfüllt, wenn ein junger Arbeitnehmer weiterhin in den für ihn "fremden" Haushalt seiner Eltern eingegliedert ist. Nach Auffassung der Richter widerspricht es dem gesetzlichen Bild der doppelten Haushaltsführung, wenn bei jungen Steuerpflichtigen, die sich zu keinem früheren Zeitpunkt vollständig aus dem elterlichen Haushalt gelöst hatten und denen bei ihren Eltern noch ihr altes Kinder-/Jugendzimmer zur Verfügung steht, im Regelfall von einer doppelten Haushaltsführung auszugehen sein sollte.

Nach dem Urteil soll das auch dann gelten, wenn das volljährige, aber weiterhin wirtschaftlich nicht selbstständige Kind anschließend auf dem zweiten Bildungsweg die Fachhochschulreife nachholt und studiert, im Hausstand der Eltern über wesentlich großzügigere Wohnverhältnisse als an den auswärtigen Studien- bzw. Ausbildungsorten verfügt und wenn sich das Kind an den Kosten im Rahmen seiner eingeschränkten finanziellen Verhältnisse sowie durch Mitarbeit im elterlichen Betrieb beteiligt hat. Aus der Urteilsbegründung sind aber zudem Zweifel erkennbar, ob die finanzielle Beteiligung in der behaupteten Höhe tatsächlich erfolgt ist.

Nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde ist gegen das Urteil inzwischen eine Revision beim BFH anhängig (Az. VI R 12/23). Die Frage, ob das Innehaben einer Wohnung ein eigenes Recht erfordert, ähnlich wie bei Eigentum oder einem Mietverhältnis, wird somit höchstrichterlich entschieden.

Wichtig: Regelmäßig ist bei älteren, wirtschaftlich selbstständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, zu vermuten, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, sodass ihnen dieser Haushalt als "eigener" zugerechnet werden kann. Bei dieser Gruppe ist diese Voraussetzung für eine evtl. doppelte Haushaltsführung also regelmäßig erfüllt.


Das könnte Sie auch interessieren:

Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung an der Lebensführung erforderlich

Steuerfreier Arbeitgeberersatz für den Doppelhaushalt als Unterkunftskosten

Aktuelle Verwaltungsregeln und neue Streitfragen zu den Reisekosten

Kosten einer Zweitwohnung bei Auswärtstätigkeit


Schlagworte zum Thema:  Doppelte Haushaltsführung, Werbungskosten