Doppelte Haushaltsführung: Kostenbeteiligung an der Lebensführung erforderlich
Die notwendigen Mehraufwendungen, die Mitarbeitenden wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, können vom Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei erstattet oder alternativ in der Steuererklärung der Betroffenen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn Mitarbeitende aus beruflichen Gründen außerhalb des Ortes, an dem sie einen eigenen Hausstand unterhalten, beschäftigt sind und auch am Beschäftigungsort wohnen.
Unterkunftskosten bis maximal 1.000 Euro monatlich
Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland werden die tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Nutzung der Wohnung oder Unterkunft höchstens bis zu einem nachgewiesenen Betrag von 1.000 Euro im Monat anerkannt. Die Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit entfällt.
Im Ausland werden die Aufwendungen für den Zweithaushalt in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, soweit sie die ortsübliche Miete für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte mit einer Wohnfläche bis zu 60 Quadratmeter nicht überschreiten.
Zwingende Grundvoraussetzung ist aber neben dem Zweithaushalt ein fortbestehender erster Hausstand. Das setzt neben dem Innehaben einer Wohnung auch eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus (§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 3 EStG). Die Beteiligung ist regelmäßig darzulegen und kann nicht generell unterstellt werden. Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung mit Bagatellbeträgen ist nicht ausreichend.
Eigener Hausstand im Elternhaus?
Ein für die Annahme einer doppelten Haushaltsführung erforderlicher eigener Hausstand kann grundsätzlich auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand von (erwachsenen) Kindern gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt wird. Voraussetzung ist aber auch hier eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung.
Es genügt nicht, wenn Arbeitnehmende z. B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnen oder wenn ihnen eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ist darzulegen und kann auch bei volljährigen Kindern, die bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, nicht generell unterstellt werden.
Bezüglich der Höhe sieht das Gesetz weder eine bestimmte betragsmäßige Grenze vor noch, dass es sich um eine laufende Beteiligung im Sinne einer mietgleichen Zahlung handeln muss.
Aktuelles Urteil: Beteiligung an Lebenshaltungskosten reicht
Die finanzielle Beteiligung darf aber nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH Urteil vom 12.01.2023 - VI R 39/19) nicht erkennbar unzureichend sein. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern bedarf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
Als Vergleichsmaßstab dienen die im Jahr tatsächlich entstandenen Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Wird – wie im Streitfall vor dem BFH – eine Wohnung unentgeltlich überlassen, entstehen insoweit keine Kosten. Im Streitjahr 2015 kaufte der betroffene Sohn aber für sich und seinen Bruder Lebensmittel und Getränke in Höhe von 1.400 Euro. Im Dezember überwies er zudem 1.200 Euro für "Nebenkosten/ Telekommunikation" sowie 550 Euro für "Anteil neue Fenster" auf ein Konto seines Vaters. Diese Kostenbeteiligung hielt der BFH für ausreichend.
Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung
Betragen die Barleistungen mehr als 10 Prozent der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Lebensführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs), ist nach Verwaltungsauffassung von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen.
Bei Ehegatten oder Lebenspartnern mit den Steuerklassen III, IV oder V will die Finanzverwaltung beim Lohnsteuerabzug zudem eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung ohne entsprechenden Nachweis unterstellen (BMF, Schreiben vom 25. November 2020 - IV C 5 - S 2353/19/10011 :006; BStBl 2020 I, 1228, Rz 113). Auch auf den Nachweis der finanziellen Beteiligung in der Steuererklärung wird verzichtet (Rz 114).
Aktuelles Urteil: Fälle mit Auslandsbezug sind ausgenommen
Nach einem aktuellen Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) gilt diese Verwaltungsregelung jedoch nicht bei Fällen mit Auslandsbezug (Urteil vom 21. September 2022 - 9 K 309/20). Die in Deutschland tätige Klägerin führte einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann in Russland. Das Finanzamt hatte die geltend gemachten Kosten einer doppelten Haushaltsführung nicht anerkannt, weil die (ausreichende) finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im gemeinsamen Haushalt nicht nachgewiesen war.
Das FG hat die dagegen gerichtete Klage als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin habe im Streitjahr keinen eigenen Hausstand in Russland gehabt, weil ihre finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung erkennbar unzureichend gewesen sei, sodass kein eigener Hausstand (im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) angenommen werden könne.
Die finanzielle Beteiligung müsse nach Auffassung des Gerichts nicht allein deshalb unterstellt werden, weil die Klägerin verheiratet ist. Die Finanzverwaltung fordert zwar bei reinen Inlandssachverhalten grundsätzlich keine Nachweise zur finanziellen Beteiligung an den Kosten der Lebensführung an, sondern unterstellt diese. Dabei handelt es sich aber um Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Denn nur in diesem Fall ist eine Einreihung in die Steuerklassen III, IV oder V möglich.
Die Regelung führt jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, dass eine Selbstbindung der Verwaltung auch für anders gelagerte Fälle eintritt. Insbesondere kann aus der Regelung nicht geschlussfolgert werden, dass auch bei Auslandssachverhalten wie im vorliegenden Fall eine finanzielle Beteiligung unterstellt werden muss. Es sei in diesen Fällen vielmehr zwingend eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung von mehr als 10 Prozent nachzuweisen.
Hinweis: Das Finanzgericht hatte gegen das Urteil eine Revision zugelassen, die jedoch nicht eingelegt worden ist. Die Entscheidung ist somit rechtskräftig.
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