Revision eingelegt (BFH I R 4/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsrecht Deutschlands für Abfindungszahlung eines luxemburgischen Arbeitgebers an einen ehemals in Luxemburg nichtselbständig tätigen Arbeitnehmer. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VI R 24/22)
Leitsatz (amtlich)
1. Durch dieKonsVerLUXV vom 9.7.2012 (BGBl I 2012, 1484) wurden die Regelungen zu Abfindungen in der Verständigungsvereinbarung zwischen Luxemburg und Deutschland vom 7.9.2011 (BStBl I 2011, 853) nicht rechtswirksam in innerstaatliches Recht überführt.
2. Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses sind nicht im Tätigkeitsstaat, sondern im Ansässigkeitsstaat zu besteuern.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; DBA LUX Art. 14 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1; KonsVerLUXV § 10 Abs. 1, 3; AO § 2 Abs. 2; GG Art. 80 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Abfindungszahlung eines luxemburgischen Arbeitgebers an einen nichtselbständig in Luxemburg tätigen Arbeitnehmer in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer einzubeziehen ist.
Der in Deutschland wohnhafte und im August 1956 geborene Kläger war im Streitjahr 2015 bei der Banque … in Luxemburg beschäftigt. Im Rahmen deren Abwicklung und Schließung des Standorts erfolgte eine Einigung auf einen Sozialplan, der u.a. Abfindungen vorsah. Mit Kündigungsschreiben vom 07.05.2015 wurde dem (seit 01.02.1979 dort beschäftigten) Kläger die Kündigung zum 30.11.2015 ausgesprochen (Bl. 79 PA). Nach Unterzeichnung der Vergleichsvereinbarung zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber am 07.05.2015 (Bl. 81 - 84 PA) verlängerte sich die Kündigungsfrist zum 31.05.2016 (Bl. 80 PA).
Im April 2014 beantragte der Arbeitgeber des Klägers eine Steuerbefreiung für die Abfindungszahlungen nach Artikel 115.10 L.I.R. beim Comité de Conjoncture des Ministère de l'Economie (nachfolgend: Konjunkturausschuss); die Bescheinigung wurde am 25.04.2014 ausgestellt (vorgelegt im Klageverfahren vgl. Bl. 54, 59, 64 PA).
Ausweislich der Lohnbescheinigung erhielt der Kläger im Streitjahr 2015 einen laufenden Arbeitslohn i.H.v. 89.338 EUR sowie eine Abfindung i.H.v. 131.339 EUR (Bl. 2 - 6 ESt-Akte; vgl. auch Gehaltsabrechnungen über eine Abfindung i.H.v. 131.339,34 EUR im Juli 2015 bezeichnet als "Gesetzl. Abgangsentsch. Stfr.115/9" / "tarifliche Abgangsentschädigung steuerfrei", Bl. 85 PA).
Im Folgejahr 2016 erhielt der Kläger für den Zeitraum 01.01. - 31.08.2016 von demselben Arbeitgeber weitere Einnahmen i.H.v. 137.773 EUR und 23.075 EUR (vgl. Bl. 42 PA; Abfindung im August 2016 bezeichnet als "ABGANGSENTSCH. STFR. 115/10 / "freiwillige Abgangsentschädigung steuerfrei"; Bl. 86 PA).
Seit September 2016 bezieht der Kläger eine Pension der … d'Assurance i.H.v. 24.904,92 EUR (Bl. 43 PA).
In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 erklärte der Kläger insgesamt einen Betrag von 220.677 EUR als nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Verhinderung der Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 23.04.2012 (nachfolgend: DBA LUX 2012) steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Arbeitslohn und hierzu Werbungskosten i.H.v. 3.319,24 EUR.
Mit Bescheid vom 27.12.2017 behandelte der Beklagte demgegenüber den Arbeitslohn i.H.v. 108.264 EUR als im Inland steuerpflichtig. Diesen Betrag ermittelte er nach der in Luxemburg geltenden Regelung des Artikels 115.9 L.I.R., wonach eine Abfindung bis zum 12fachen des Mindestlohns für ungelernte Arbeitnehmer i.H.v. monatlich 1.922,96 EUR steuerfrei bleibe (Abfindung i.H.v. 131.339 EUR abzüglich 23.075,52 EUR). Dem Progressionsvorbehalt unterwarf er Einkünfte in Höhe von 110.093 EUR (Bl. 30 ff. Rb-Akte).
Zur Begründung seines Einspruchs trug der Kläger vor, er sei einer der letzten aktiv tätigen Arbeitnehmer gewesen, da er für das EDV-System der Bank verantwortlich gewesen sei. Abfindungen im Rahmen eines Sozialplans seien gemäß der Verständigungsvereinbarung vom 07.09.2011 nicht im Ansässigkeitsstaat zu versteuern. Gemäß Artikel 115.9 L.I.R. seien die grundsätzlich steuerpflichtigen Einkünfte unter bestimmten Bedingungen in Luxemburg steuerfrei gestellt. Dies habe der Arbeitgeber unter Anwendung der luxemburgischen Steuergesetzgebung auch nachvollzogen. Hier greife vor allem die Steuerbefreiung für tarifvertraglich fixierte Abfindungen. Zum Nachweis legte er neben seiner Einkommensteuererklärung den Einkommensteuerbescheid aus Luxemburg für 2015 vor, der die Einkünfte unversteuert ließ (Bl. 22 - 24, 25 - 29 Rb-Akte).
Der Aufforderung des Beklagten, die Bescheinigung des Konjunkturausschusses über die Steuerbefreiung nach Artikel 115.10 L.I.R. und die Abrechnung des Arbeitgebers über sämtliche Leistungen ab 2015 in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis vorzulegen, kam der Kläger (zunächst) nicht nach.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Da der Kläger keine Bescheinigung de...