[1] Pflegebedürftige Personen in stationären Einrichtungen haben einen Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung. Der Anspruch entspricht inhaltlich unverändert dem bis zum 31.12.2016 in § 87b SGB XI geregelten Anspruch der stationären Pflegeeinrichtungen auf Vergütungszuschläge für zusätzliche Betreuungsleistungen. Mit Inkrafttreten des PSG II zum 1.1.2017 erhält die pflegebedürftige Person einen individuellen Rechtsanspruch auf diese zusätzlichen Betreuungsleistungen gegenüber ihrer Pflegekasse. Daher wurde diese neue Leistung ebenfalls im Leistungskatalog des § 28 Abs. 1 Nr. 9a SGB XI und § 28a Satz 1 Nr. 9 SGB XI aufgenommen. Gemäß § 33 SGB XI werden Leistungen der Pflegeversicherung nur auf Antrag gewährt. Bei pflegebedürftigen Personen, die ab 01.01.2017 stationäre Leistungen (Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege oder vollstatuio-näre Pflege) beantragen, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass konkludent mit die-sem Antrag gleichzeitig ein Antrag auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung nach § 43b SGB XI gestellt wird.

[2] Zugelassene stationäre Pflegeeinrichtungen (vollstationäre Pflegeeinrichtungen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen) erhalten zur Erbringung der Leistungen einen Vergütungszuschlag. Ab 1.1.2017 sind die Einrichtungen verpflichtet, ein entsprechendes Angebot vorzuhalten.

[3] Versicherte Personen, für die bis zum 31.12.2016 ein Vergütungszuschlag geleistet wurde, die aber nicht pflegebedürftig im Sinne des ab 1.1.2017 geltenden Rechts sind, haben keinen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 43b SGB XI. Infolgedessen erhält die stationäre Pflegeeinrichtung für diesen Personenkreis auch keinen Vergütungszuschlag mehr.

[4] Auf das zusätzliche Betreuungs- und Aktivierungsangebot muss die stationäre Pflegeeinrichtung die versicherte Person im Rahmen der Verhandlung und des Abschlusses des Vertrages nachprüfbar hinweisen (§ 85 Abs. 8 SGB XI). Die Pflegekassen haben die notwendige Transparenz durch entsprechende Hinweise in den Leistungs- und Preisvergleichslisten nach § 7 Abs. 3 SGB XI herzustellen.

[5] Ein Anspruch auf Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung besteht ebenso in den Fällen, in denen in der Kurzzeitpflege oder Tages- oder Nachtpflege zugleich ein Anspruch auf Leistungen nach § 45b SGB XI besteht. Von daher schmälert der Anspruch auf Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung nicht den Anspruch der pflegebedürftigen Person auf Leistungen nach § 45b SGB XI. Der Anspruch auf Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung besteht auch bei einem Aufenthalt in der Kurzzeitpflege, wenn in dieser Zeit die Leistungen der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI in Anspruch genommen werden oder der Aufenthalt durch Leistungen nach § 45b SGB XI, das Pflegegeld oder durch eigene finanzielle Mittel finanziert wird (vgl. Ziffer 2 zu § 45b SGB XI).

Beispiel

Eine seit 1.4. pflegebedürftige Person des Pflegegrades 2 hat einen Antrag auf Leistungen der Kurzzeitpflege für die Zeit vom 7.5. bis 28.5. (22 Kalendertage) gestellt. Die Kurzzeitpflegeeinrichtung berechnet für die täglichen pflegebedingten Aufwendungen 64,48 EUR sowie für Verpflegung und Unterkunft täglich 16,23 EUR. Es wird ein Vergütungszuschlag in Höhe von 3,38 EUR täglich abgerechnet.
Berechnung des Entgelts:
Pflegesatz 64,48 EUR x 22 Tage = 1.418,56 EUR
Verpflegung und Unterkunft 16,23 EUR x 22 Tage = 357,06 EUR
Ermittlung des Leistungsanspruchs:

Die Pflegekasse übernimmt nach § 42 SGB XI die pflegebedingten Aufwendungen in Höhe von 1.418,56 EUR, da der Höchstbetrag von 1.774,00 EUR nicht überschritten wird.

Die Einrichtung der Kurzzeitpflege erhält einen Vergütungszuschlag für die Erbringung der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung in Höhe von 74,36 EUR (3,38 EUR x 22 Tage). Der Anspruch auf Leistungen der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung in der Kurzzeitpflegeeinrichtung schmälert nicht den Anspruch der pflegebedürftigen Person auf Leistungen nach § 45b SGB XI. Somit können der pflegebedürftigen Person auf Antrag die entstandenen Aufwendungen für Verpflegung und Unterkunft in Höhe von 357,06 EUR mit dem erworbenen Anspruch auf Leistungen nach § 45b SGB XI von April bis Mai in einem Umfang von bis zu 250,00 EUR erstattet werden. Der pflegebedürftigen Person entsteht ein Eigenanteil in Höhe von 107,06 EUR. Dieser Restbetrag kann mit dem Anspruch auf Leistungen nach § 45b SGB XI in den Folgemonaten (Juni bis Dezember) aufgefangen werden.

[6] Für Beihilfeempfänger und Beihilfeempfängerinnen besteht entsprechend der Regelung des § 28 Abs. 2 SGB XI lediglich Anspruch auf die Hälfte des Vergütungszuschlages nach § 84 SGB XI (vgl. Ziffer 2 zu § 28 SGB XI).

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