Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitreduzierung. Flugzeugführer. Begründetes Arbeitszeitverringerungs- und -neuverteilungsbegehren (Flugkapitän DLH). Reduzierung der Arbeitszeit. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Teilzeitbegehren
Leitsatz (redaktionell)
Einem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers ist stattzugeben, wenn ihm keine betrieblichen Gründe i.S.d. § 8 Abs. 4 TzBfG entgegenstehen.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 24.11.2011; Aktenzeichen 21 Ca 3742/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2011, 21 Ca 3743/11, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um Arbeitszeitreduzierung bei Freistellung an den jeweils letzten neun Kalendertagen eines jeden Monats. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 124 bis 126 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 24. November 2011 verkündetes Urteil, 21 Ca 3742/11, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe dem Verringerungs- und Verteilungsverlangen des Klägers entgegenstehende Gründe nicht hinreichend dargelegt. Es sei nicht hinreichend erkennbar, dass ein betriebliches Organisationskonzept der Beklagten bzw. die diesem zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch das Teilzeitbegehren des Klägers wesentlich beeinträchtigt würden. Die Beklagte verweise lediglich pauschal auf vermeintliche Bereederungsprobleme bei dem Muster A 320, wobei nicht ersichtlich sei, warum bei einer Verringerung der Arbeitszeit des Klägers der Flugbetrieb auf diesem Muster nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Aus dem Vortrag der Beklagten sei auch nicht erkennbar, dass die zur Durchführung des Flugbetriebs erforderliche planerische Flexibilität durch die vom Kläger gewünschte Festlegung der freien Tage nicht mehr gewahrt sei. Die Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass ihr durch die beantragte Verringerung der Arbeitszeit unverhältnismäßige Kosten entstehen würden. Es sei nicht konkret vorgetragen, welche zusätzliche Kosten wegen Mehrflugstundenvergütung anderer Flugzeugführer anfallen würden oder dass wegen des Teilzeitbegehrens des Klägers ein weiterer Flugzeugführer ausgebildet bzw. umgeschult werden müsste. Der zu dauerhafter Freistellung an den Weihnachtsfeiertagen führende Teilzeitantrag des Klägers sei ferner bereits deshalb auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagte es unterlassen habe, den Antrag mit dem Kläger zu erörtern und ihn auf die vermeintliche Problematik der Weihnachtsfeiertage hinzuweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 127 bis 130 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 23. April 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. Mai Berufung eingelegt und diese nach aufgrund am 18. Juni 2012 eingegangenen Antrags erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 23. Juli 2012 am 23. Juli 2012 begründet.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag und hält daran fest, dem Teilzeitverlangen des Klägers stünden betriebliche Gründe entgegen. Sie behauptet, die Planbarkeit eines Cockpitmitarbeiters auf dem Muster A 320 sei bei Teilzeitvergabe an den jeweils letzten neun Tagen eines Monats stark eingeschränkt, verweist auf ihre erstinstanzlich eingereichte Übersicht (Anlage B 7, Bl. 63 R d.A.) und meint, hieraus folge, dass der Kläger nicht mehr für alle Umläufe einsetzbar wäre. Die vom Kläger beantragte Freistellung würde dazu führen, dass er nur noch für 63 % aller Umläufe planbar sei. Dies würde dazu führen, dass andere Besatzungsmitglieder häufiger fliegen müssten und zudem häufiger in den Zeiten, in denen der Kläger nicht einsetzbar sei. Die anderen Cockpitmitarbeiter müssten hierbei auch häufiger auf längeren Umläufen eingesetzt werden, da der Kläger schon ab dem 16. eines jeden geraden Monats nicht mehr einsetzbar sei. Die Beklagte meint, der Verteilungswunsch des Klägers führe im Hinblick auf die Urlaubsvergabe an den Weihnachtsfeiertagen zu einer Ungleichbehandlung mit den anderen Mitarbeitern. Sie verweist auf die BV Grundsätze zur Urlaubsvergabe (Anlage B 8, Bl. 74 f d.A.), meint, bereits erstinstanzlich die konkrete Urlaubsvergabe über die Weihnachtsfeiertage 2011 dargelegt zu haben, und behauptet, auch für 2012 sei festzustellen, dass von insgesamt 484 Kapitänen der Beschäftigungsgruppe des Klägers 291 einen sog. "Weihnachtswunsch" abgegeben hätten, wobei dieser in 103 Fällen hätte erfüllt werden können und in 188 Fällen hätte abgelehnt werden müssen. Hinzu komme, dass sich der Kläger für die sog. PT-Touren nicht mehr planen lasse.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 24. November 2011, 21 Ca 3742/11, die Klage abzuweisen.
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