Rz. 2
Seit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts (1. EheRG) am 1.7.1977 findet bei einer Ehescheidung nach den Regelungen der §§ 1587 bis 1587p BGB (bis 31.8.2009) bzw. denen des Versorgungsausgleichsgesetzes (ab 1.9.2009) ein Versorgungsausgleich statt. Grundidee des Versorgungsausgleichs ist die gleichmäßige Aufteilung der in einer Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB, § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen Anwartschaften auf Versorgung wegen Alters oder Erwerbsminderung zum Aufbau einer eigenständigen sozialen Sicherung beider Ehegatten. Ein Versorgungsausgleich ist – vorbehaltlich anders lautender Vereinbarungen (§§ 6 bis 8 VersAusglG, § 1408 Abs. 2, § 1587o BGB) – nur bei Ehescheidungen nach dem 30.6.1977 durchzuführen, und zwar auch dann, wenn eine Ehe bereits vor diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist.
Rz. 3
(unbesetzt)
Rz. 4
Soweit eine Ehe nach dem Eherecht geschieden worden ist, das vor dem 1.7.1977 maßgebend war, findet ein Versorgungsausgleich nicht statt. Der überlebende Ehegatte kann allerdings beim Tod des versicherten geschiedenen Ehegatten und Vorliegen der Voraussetzungen des § 243 einen abgeleiteten Hinterbliebenenanspruch erwerben. Abs. 1 und 2 der Vorschrift enthalten die Voraussetzungen für einen Anspruch auf kleine und große Witwenrente/Witwerrente an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten. Danach besteht bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 nur dann ein Hinterbliebenenrentenanspruch, wenn der verstorbene Versicherte seinem geschiedenen Ehegatten im letzten Jahr vor seinem Tod tatsächlich Unterhalt gezahlt hat oder wenn der überlebende geschiedene Ehegatte im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod des Versicherten einen Unterhaltsanspruch nach den Vorschriften des Ehegesetzes (1946) oder aus sonstigen Gründen gehabt hatte (z. B. aufgrund eines ausländischen Scheidungsurteils oder einer Vereinbarung der geschiedenen Ehegatten zum nachehelichen Unterhalt; Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3).
Rz. 5
Abs. 3 ermöglicht bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Leistung einer Witwenrente/Witwerrente an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten auch ohne Nachweis der in Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 3 genannten unterhaltsrechtlichen Voraussetzungen, solange weder eine Hinterbliebenenrente für einen Ehegatten noch für einen überlebenden Lebenspartner des Versicherten zu leisten ist. Der Anspruch besteht allerdings frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres des geschiedenen Ehegatten (Abs. 3 Satz 1 Buchst. e). Für Todesfälle ab 2012 wird die Altersgrenze von 60 Jahren schrittweise auf 62 Jahre angehoben (Abs. 3 Satz 2). Bei Tod eines Versicherten ab dem Jahre 2029 ist dann die Altersgrenze von 62 Jahren maßgebend.
Rz. 6
Abs. 4 regelt die Anspruchsvoraussetzungen für eine Witwenrente/Witwerrente nach dem vorletzten vor dem 1.7.1977 geschiedenen Ehegatten, wenn die erneute Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt oder eine Lebenspartnerschaft begründet worden ist und diese wieder aufgehoben oder aufgelöst wurde.
Die Regelungen des § 243 zum Anspruch auf Witwenrente/Witwerrente an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten entsprechen im Wesentlichen den bis zum 31.12.1991 in §§ 1265 RVO, 42 AVG, 65 RKG enthaltenen Regelungen für einen solchen Anspruch.
Die Vorschrift wird im Übrigen durch § 243a ergänzt; danach ist die Anwendung des § 243 ausgeschlossen, wenn sich der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach dem Recht bestimmt, das im Beitrittsgebiet gegolten hat. Diesbezüglich wird auf die Komm. zu § 243a verwiesen.