Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss aus dem Betriebsrat wegen Verletzung des Datengeheimnisses. Ausschluss aus Betriebsrat bei unberechtigter Einsichtnahme in Personalakten. unbegründeter Zustimmungsersetzungsantrag zu außerordentlicher Kündigung bei zumutbarer Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Nimmt ein Betriebsratsmitglied in einer Vielzahl von Fällen fortgesetzt unberechtigt Einblick in die elektronisch geführten Personalakten, kann dies zum Ausschluss aus dem Betriebsrat führen.
Normenkette
BetrVG §§ 23, 23 Abs. 1, § 103 Abs. 1-2; BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 24.05.2012; Aktenzeichen 58 BV 1750/12) |
Tenor
I. Die Beschwerden der Beteiligten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Mai 2012 - 58 BV 1750/12 - werden zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3) und sowie über dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat.
Der Beteiligte zu 3) ist seit dem 1. April 1998 bei dem Arbeitgeber, der ein Unfallkrankenhaus betreibt, tätig und wurde zunächst als Krankenpfleger beschäftigt. Er verpflichtete sich gegenüber dem Arbeitgeber am 30. März 1998 schriftlich, personenbezogenen Daten nicht unbefugt zu verarbeiten oder zu nutzen. Seit dem 1. Oktober 2001 gehört der Beteiligte zu 3) dem Betriebsrat an. Er ist seit dem 1. November 2011 Vorsitzender des Betriebsrats, nachdem er vom 1. Mai 2003 bis 31. Oktober 2011 stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats war; ferner nahm er die Funktion des EDV-Beauftragten des Betriebsrats wahr. Der Beteiligte zu 3) wurde von seiner beruflichen Tätigkeit zunächst in unterschiedlichem Umfang und ab dem 1. Januar 2005 vollständig freigestellt.
Der Arbeitgeber verwendet in seinem Betrieb das elektronische Personalinformationssystem "Stoff Manager", mit dem personenbezogene Arbeitnehmerdaten verwaltet werden. Es werden dort u.a. die Mitarbeiterstammdaten (Adresse, Foto, Kontoverbindung, Gehalt, Ausbildung, Qualifikation), persönliche Daten der Angehörigen des Mitarbeiters, eine Schwerbehinderung, die Beschäftigungsdaten (Arbeitsvertrag, Qualifikation, Leistungszulagen, Dienstunterbrechungen, Urlaubs- und Krankheitsdaten) sowie Angaben zur Entgeltumwandlung und betrieblichen Altersversorgung gespeichert. Der Zugang zu dem Personalinformationssystem ist durch ein Passwort geschützt.
Ein Mitarbeiter der Personalabteilung suchte am 4. Januar 2012 das Betriebsratsbüro auf, um von dem Beteiligten zu 3) Unterlagen abzuholen. Dabei fiel ihm auf, dass auf dem Bildschirm des Beteiligten zu 3) eine Anwendung des Personalinformationssystems zu sehen war und Mitarbeiterstammdaten geöffnet waren. Der Beteiligte zu 3) beeilte sich, die Bildschirmoberfläche zu schließen und bemerkte, bei dem Bild handele es sich um einen "Screenshot". Die anschließend durchgeführten Ermittlungen des Arbeitgebers ergaben, dass der Beteiligte zu 3) in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis 12. Januar 2012 in insgesamt 253 Fällen von einem Personalcomputer des Betriebsrats aus unberechtigt auf das Personalinformationssystem zugegriffen hatte; wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 20 ff. der Akten verwiesen.
Der Arbeitgeber beantragte am 23. Januar 2012 bei dem Betriebsrat, der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 3) zuzustimmen, was der Betriebsrat mit Schreiben vom 26. Januar 2012 verweigerte.
Mit seiner am 31. Januar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat der Arbeitgeber beantragt, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen. Er hat behauptet, der Beteiligte zu 3) habe sich den Zugang zu dem Personalinformationssystem durch Manipulation der Software verschafft; dass die Systemzugriffe im Rahmen der Betriebsratstätigkeit des Beteiligten zu 3) erfolgt seien, hat der Arbeitgeber bestritten. Mit seinem Hilfsantrag hat der Arbeitgeber den Ausschluss des Beteiligten zu 3) aus dem Betriebsrat verlangt. Mit seinem Verhalten habe der Beteiligte zu 3) in grober Weise gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen.
Der Betriebsrat und der Beteiligte zu 3) haben die Zurückweisung der Anträge des Arbeitgebers beantragt. Der Beteiligte zu 3) habe im Zusammenhang mit der Einführung des Personalinformationssystems das Passwort erhalten, mit dem er in der Folgezeit auf das System zugegriffen habe. Die Zugriffe seien ausschließlich zur Wahrnehmung betriebsverfassungs-rechtlicher Aufgaben erfolgt. Bei dieser Sachlage seien weder eine außerordentliche Kündigung noch ein Ausschluss aus dem Betriebsrat gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat durch einen am 24. Mai 2012 verkündeten Beschluss den Zustimmungsersetzungsantrag zurückgewiesen und den Beteiligten zu 3) auf den Hilfsantrag des Arbeitgebers aus dem Betriebsrat ausgeschlossen. Der Beteiligte zu 3) habe mit den unberechtigten Zugriffen auf das Personalinformationssystem sowohl seine arbeitsvertraglichen Pf...