Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Konzertbetriebsrats bei Überwachungsmaßnahmen in Konzernunternehmen. Unbegründeter Feststellungsantrag der Arbeitgeberin zur fehlenden Mitbestimmung des Konzertbetriebsrats bei der Erfassung von Beschäftigten mehrerer Unternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts kann grundsätzlich zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gemacht werden; dazu gehört auch die Frage, welche Betriebsvertretung für die Mitbestimmung zuständig ist.
2. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bezieht sich gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG auf Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können, wobei sich Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats insoweit auch auf Unternehmen erstreckt, die einen Gesamtbetriebsrat nicht gebildet haben sowie auf Betriebe der Konzernunternehmen ohne Betriebsrat.
3. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt; dabei kommt es stets auf die konkreten Umstände im Konzern und in den einzelnen Unternehmen an.
4. Der Wunsch der Arbeitgeberin (oder des Konzernbetriebsrats) nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung ist für die Frage der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ohne Bedeutung.
5. Sind bei dem Einsatz von Überwachungseinrichtungen die einzelnen Betriebsvertretungen aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht in der Lage, das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wahrzunehmen, weil die Überwachungseinrichtungen jeweils die Beschäftigten mehrerer Unternehmen erfassen, besteht ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung, insbesondere wenn bei der Aufnahme oder Wiedergabe von Bildern nicht danach differenziert werden kann, welche Beschäftigten welchen Unternehmens erfasst werden, und es damit nicht möglich ist, Regelungen nur für die Beschäftigten eines Unternehmens zu treffen, ohne dass sich diese nicht zugleich auf die Beschäftigten eines anderen Unternehmens auswirken würden.
Normenkette
BetrVG § 58 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 6; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 12.12.2012; Aktenzeichen 10 BV 17034/12) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Dezember 2012 - 10 BV 17034/12 - geändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Konzertbetriebsrats (Beteiligter zu 2).
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1.) betreibt als Konzernobergesellschaft eines Krankenhauskonzerns das H. Klinikum Berlin-B. (HKBB); bei ihr ist der Konzernbetriebsrat errichtet. In dem Klinikum werden Arbeitnehmer weiterer Konzernunternehmen sowie von Unternehmen, die aus dem Konzernverbund ausgeschieden sind, beschäftigt, ohne dass insoweit ein gemeinsamer Betrieb der Unternehmen besteht. Die Arbeitnehmer werden von den Beteiligten zu 3. bis 7. - teilweise in Ausübung eines Übergangsmandats - vertreten; wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 227 bis 230 verwiesen.
Die Arbeitgeberin setzt im HKBB in der Neonatologie zwei Kameras zur Kontrolle des Zugangs zur Abteilung und zur Flurüberwachung ein. Die Aufnahmen werden ohne Speicherung der Bilder auf insgesamt drei Monitoren angezeigt. Von den Kameras werden Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sowie weiterer Konzernunternehmen erfasst, sofern sie den jeweils überwachten Bereich betreten. Auf die Monitore können nur Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zugreifen.
Auf dem Außengelände des HKBB werden zudem zwanzig Kameras eingesetzt, deren Bilder über Lichtwellenleiter an einen zentralen Schaltschrank übermittelt und durch dort installierte Geräte weiterverarbeitet werden; wegen der Einzelheiten wird auf I. 4. b) bb), cc) der Antragsschrift verwiesen. Von den Kameras werden je nach Standort Arbeitnehmer mehrerer (teils früherer) Konzernunternehmen aufgenommen; insoweit wird auf die Aufstellung Bl. 216 bis 224 verwiesen. Die Bilder werden auf fünf Monitoren in unterschiedlicher Weise wiedergegeben; wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 226 Bezug genommen. Die Monitore werden nur von Arbeitnehmern der Arbeitgeberin überwacht.
Das Arbeitsgericht Berlin setzte auf Antrag des Konzernbetriebsrats durch Beschluss vom 17.02.2011 eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Konzernbetriebsvereinbarung zur Verwendung arbeitnehmerbezogener Daten durch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien" ein; das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin durch Beschluss vom 05.04.2011 zurück. Die Einigungsstelle beschloss in ihrer Sitzung am 17.08.2012 u.a., dass sich ihre Zuständigkeit auf die genannten Kameras und Moni...