Verfahrensgang
ArbG Essen (Beschluss vom 06.06.1990; Aktenzeichen 4 BV 29/90) |
Nachgehend
Tenor
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Essen vom 06.06.1990 wird abgeändert. Es wird festgestellt, daß die Betriebsratswahl vom 15.03./16.03.1990 unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Antragstellerinnen betreiben ein Taxiunternehmen mit einer Funkzentrale und 29 Taxen. Der Antragsgegner ist der bei den Antragstellerinnen bestehende Betriebsrat.
In dem gemeinsamen Betrieb der Antragstellerinnen sind 29 Fahrer fest beschäftigt, die die Taxen an den fünf Wochenarbeitstagen – Montag bis Freitag – überwiegend in der Tagschicht fahren. Außerhalb dieser Zeiten setzt die Antragstellerin zu 1) sog. Aushilfsfahrer ein. Diese Aushilfsfahrer fragen jeweils von sich aus nach einer Beschäftigungsmöglichkeit und erhalten ein Fahrzeug, wenn ein solches frei ist. Dabei bestimmen die Aushilfsfahrer selbst die Tage und Stunden, an denen sie fahren möchten. Mit ihnen sind keine Mindest- oder Höchstarbeitszeiten, Präsenz- oder Bereitschaftszeiten vereinbart.
Es kommt vor, daß sich die Aushilfsfahrer kurzfristig für Fahrten anmelden und unmittelbar vor dem vereinbarten Beginn absagen oder daß sie in betriebsarmen Zeiten das Fahrzeug vorzeitig zurückgeben und ihre Tätigkeit beenden. Solange sie sich im Einsatz befinden, haben sie die durch die Funkzentrale vermittelten Fahraufträge durchzuführen. An Vergütung erhalten die Aushilfsfahrer 40 % des eingefahrenen Umsatzes.
Diese Handhabung hielt die Antragstellerin zu 1) in einer mit den Aushilfsfahrern unter dem 21.02.1990 geschlossenen Vereinbarung wie folgt fest:
- M. stellt dem Nutzungsnehmer ein Taxi und ihre Vermittlungszentrale für die Nutzung zur Verfugung.
Für die Nutzung des Taxis und der Vermittlungszentrale, führt der Nutzungsnehmer 60 % des erzielter Umsatzes an M., ab.
Nutzt der Nutzungsnehmer das Taxi an einem Sonntag oder einem Feiertag zwischen 6.00 Uhr und 18.00 Uhr, so sind 50 % des erzielten Umsatzes abzuführen.
M. ist nicht verpflichtet, dem Nutzungsnehmer an dem gewünschten Tag ein Taxi zur Verfügung zu stellen.
Ein Nutzungsanspruch besteht nicht.
- Der Nutzungsnehmer ist nicht verpflichtet, sich an die bei der M. geltenden Schichtzeiten für die festangestellten Mitarbeiter zu halten. Der Nutzungsnehmer kann während der Nutzung des Taxis über die Nutzungszeit frei verfügen und ist an keine Mindestnutzungszeit gebunden.
Die Aushilfsfahrer suchen teilweise regelmäßig für dieselben Wochentage, teilweise unregelmäßig um einen Einsatz nach. Einige sind mitunter über Wochen oder Monate nicht oder nur selten tätig, andere sporadisch oder häufiger mehrmals und dann bis zu sechs Mal in der Woche oder bis zu 15 mal im Monat im Einsatz.
Mit Wahlausschreiben vom 30.01.1990 bestimmte der Wahlvorstand die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder auf 5. Während die Wählerliste der Angestellten 8 Arbeitnehmer aufweist, sind in der Wählerliste der Arbeiter 66 Personen angegeben, nämlich zu den 29 festbeschäftigten Taxifahrern 37 Aushilfsfahrer.
Am 15. und 16.03.1990 fanden die Betriebsratswahlen statt. An diesen Tagen waren insgesamt 15 Aushilfsfahrer im Eirsatz, von denen 7 zur Wahl gingen. Insgesamt gaben 15 Aushilfsfahrer ihre Stimme ab.
Mit Schreiber vom 18.03.1990 teilte der Wahlvorstand den Antragstellerinnen das Ergebnis der Betriebsratswahl mit, wonach aus der Gruppe der Arbeiter vier Fahrer mit 31, 25, 24 und 21 Stimmen (die nächsten Bewerber erhielten 14, 11 und 9 Stimmen) wurden und aus der Gruppe der Angestellten ein Mitarbeiter mit sieben Stimmen gewählt wurde.
In dem am 30.03.1990 beim Arbeitsgericht Essen eingereichten Antrag haben die Antragstellerinnen die Betriebsratswahl angefochten und beanstandet, daß den Aushilfsfahrern, die nicht als Arbeitnehmer, sondern als freie Mitarbeiter zu qualifizieren seien, kein aktives Wahlrecht zustehe und, weil weniger als 51 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt würden, der Betriebsrat nur aus drei Mitgliedern bestehen dürfe.
Die Antragstellerinnen haben beantragt,
festzustellen, daß die Betriebsratswahl vom 15.03.1990 und 16.03.1990 ungültig ist.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Mit Beschluß vom 06.06.1990 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Durch die tatsächliche Handhabung, daß die meisten Aushilfsfahrer mehrmals im Monat eingesetzt würden, sei ein rechtliches Rahmenverhältnis entstanden, das die Tätigkeit der Aushilfsfahrer als auf Dauer angelegte Teilzeitbeschäftigung erscheinen lasse. Die Aushilfsfahrer seien keine freien Mitarbeiter, sondern Arbeitnehmer, weil sie während des Einsatzes weisungsabhängig seien und die Tätigkeit ihnen keinen Gestaltungsspielraum belasse. Zwar sei auch der selbständige Taxiunternehmer zur Durchführung der von der Funkzentrale vermittelten Fahraufträge verpflichtet und damit weisungsgebunden. Ihn unterscheide indessen vom Aushilfsfahrer, daß e...