Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines Teilzeitverlangens. Keine Anwendung der Annahmefristen nach dem BGB im TzBfG
Leitsatz (amtlich)
Die einseitige Rücknahme eines arbeitnehmerischen Teilzeitverlangens im Sinne von § 8 Abs. 1, 2 TzBfG ist während der Erörterungsphase des § 8 Abs. 3 TzBfG bis zum Ablauf der Mitteilungsfrist für den Arbeitgeber aus § 8 Abs. 5 TzBfG ausgeschlossen.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 5; BGB § 147; TzBfG § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Entscheidung vom 07.05.2019; Aktenzeichen 2 Ca 1159/18) |
Nachgehend
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 07.05.2019 - Az.: 2 Ca 1159/18 lev - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen, soweit sie noch anhängig ist.
- Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 63 %, die Beklagte zu 37 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
- Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage des Beschäftigungsumfangs des Klägers.
Der Kläger ist seit 01.09.1993 für die Beklagte bzw. die Rechtsvorgängerin tätig. Wegen der Arbeitsbedingungen im Einzelnen wird auf den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26.07.1995 (Bl. 335 ff. d. Akte), geschlossen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, Bezug genommen. Der Kläger erzielte zuletzt im Rahmen einer Vollzeitstelle ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 6.055,32 EUR. Im M. er Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat eingerichtet. Mit Schreiben vom 14.06.2018 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf § 8 TzBfG die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beginnend ab dem 01.10.2018 von 37,5 auf 20 Stunden. Dabei regte er an, die 20 Stunden auf eine fünftägige Arbeitswoche zu verteilen. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis aus verschiedenen Gründen nicht mehr völlig unbelastet. Die Beklagte versuchte, Gesprächstermine mit dem Kläger zu vereinbaren. Zwei vorgeschlagene Termine wurden durch den Kläger jedoch aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit nicht wahrgenommen. Eine schriftliche abschließende Stellungnahme auf den Teilzeitantrag vom 14.06.2018 blieb die Beklagte zunächst schuldig. Mit Schreiben vom 27.07.2018 wandte sich daraufhin der Klägervertreter erneut an die Beklagte (Bl. 66 d. Akte). Neben der Aufforderung, einen bestimmten Urlaubsantrag des Klägers zu genehmigen, heißt es in dem Schreiben anschließend wie folgt:
"Weiterhin hat unser Mandant unter dem 14.06.2018 einen Antrag auf Verringerung seiner Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich, beginnend ab dem 01.10.2018, gestellt. Bis heute ist von Ihnen über den Antrag nicht entschieden worden. Namens und im Auftrag unseres Mandanten haben wir Sie deshalb nochmals aufzufordern, bis zum 31.08.2018 über den Antrag unseres Mandanten vom 14.06.2018 auf Teilzeitbeschäftigung zu entscheiden (...)"
In dem daraufhin erfolgenden Antwortschreiben vom 02.08.2018 (Bl. 70 d. Akte) heißt es auszugsweise:
"Teilzeitantrag
Gerne würde der Bereich sich mit Ihrem Mandanten über den Teilzeitantrag zusammensetzen und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu einer Einigung kommen. Leider konnte bis heute ein solcher Termin aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheiten bzw. Absagen von Terminen durch Ihren Mandanten nicht stattfinden. In dem anberaumten Termin wären auch die durch Herrn L. aufgeworfenen Fragen, soweit berechtigt, erörtert worden. Gerne steht der Bereich weiterhin für Gespräche zur Verfügung. Ihr Mandant mag sich bitte an Frau A. als zuständige Regionale HR-Partnerin oder an seinen Vorgesetzten zwecks Terminvereinbarung wenden."
Am 15.08.2018 kam es insbesondere im Zusammenhang mit weiterer Urlaubsproblematik sowie in der Zwischenzeit ergangenen Abmahnungen zu einem Telefonat zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der "Legal Counsel" Frau C.. In einem in Anschluss an dieses Telefonat aufgesetzten Schreiben der Frau C. vom 22.08.2018 (Bl. 72 d. Akte) heißt es am Ende wie folgt:
"Schließlich hat die Arbeitgeberin noch über den Teilzeitantrag ihres Mandanten vom 14.06.2018 zu entscheiden. Sie hatten mir in unserem Telefonat mitgeteilt, dass Ihr Mandant kein Gespräch zur Erörterung des Teilzeitantrages wünsche und dies ja auch nicht erforderlich sei. Die Arbeitgeberin wird Ihrem Mandanten ihre Entscheidung über den Teilzeitantrag fristgerecht in einem gesonderten Schreiben mitteilen."
Genau eine Woche später ging der Beklagten ein Schreiben des Klägers vom 24.08.2018 zu (Bl. 78 d. Akte), mit dem er seinen Antrag auf Teilzeit mit sofortiger Wirkung zurückzog. In dem Schreiben heißt es zusätzlich:
"Dieser ist aufgrund meines Wunsches auf Entlastung entstanden. Da ich jedoch jetzt gesundheitlich derartig angeschlagen bin, kann ich mir eine Teilzeitstelle nicht leisten."
Einen Tag später, also am 30.08.2018, verfasste die Beklagte ihrerseits ein Schreiben an den Kläger (Bl. 17 d. Akte), in dem es auszugsweise wie folgt heißt:
"Sehr geehrter Herr L.,
wir nehmen Bezug auf...