Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus einem ausländischen Staat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Erschütterung des Beweiswertes

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beweiswert einer nach einer ärztlichen Untersuchung am 01.09.2003 erstellten Erstbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit vom 01.09. bis 15.09.2003 bescheinigt, ist erschüttert, wenn der betroffene Arbeitnehmer, dem in der Zeit vom 11.08.2003 bis zum 29.08.2003 Urlaub gewährt war, den für den 29.08.2003 gebuchten Rückflug am 28.08.2003 auf den 11.09.2003 umbucht.

 

Normenkette

EFZG §§ 3-5; ZPO § 286 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 14.09.2004; Aktenzeichen 1 Ca 430/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 14.09.2004 – 1 Ca 430/04 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall für die Zeit vom 01.09.2003 bis zum 15.09.2003.

Der 1946 geborene Kläger ist seit dem 25.09.1978 als Textilarbeiter bei der Beklagten tätig. Seine Vergütung betrug zuletzt durchschnittlich 1.800,– EUR brutto.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Nord-Westdeutschen Textilindustrie Anwendung.

Im Jahre 2002 hatte die Beklagte dem Kläger während des Betriebsurlaubs vom 05.08. bis zum 23.08.2002 Urlaub gewährt. Nach einer der Beklagten übergebenen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war der Kläger in der Zeit vom 23.08. bis zum 10.09.2002 wegen einer Magen-/Darmerkrankung arbeitsunfähig krank.

Im Jahr 2003 war im Betrieb der Beklagten der Betriebsurlaub auf die Zeit vom 11.08. bis zum 29.08.2003 festgelegt.

Eine vom Kläger begehrte Urlaubsverlängerung um eine Woche wurde durch den Personalleiter der Beklagten abgelehnt. Die Beklagte gewährte dem Kläger Jahresurlaub für die Zeit des Betriebsurlaubs.

Der Kläger verbrachte den Urlaub im Jahr 2003 in der Türkei. Der Rückflug war für den 29.08.2003 gebucht. Am 28.08.2003 ließ der Kläger den Rückflug wegen Krankheit auf den 11.09.2003 umbuchen.

Der Beklagten legte der Kläger die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 01.09.2003 vor. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war ausgestellt von dem Arzt Dr. T2xxx. Nach der Bescheinigung ist der Kläger am 01.09.2003 ärztlich untersucht und die Arbeitsunfähigkeit ab 01.09.2003 für die Dauer von 15 Tagen festgestellt worden.

Das Ende der Arbeitsunfähigkeit ist mit dem 15.09.2003 angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 01.09.2003 wird auf Bl. 24 d.A. verwiesen.

Die Beklagte zahlte an den Kläger für die Zeit vom 01.09. bis 15.09.2003 keine Vergütung.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03.11.2003 teilte der Kläger der Beklagten u.a. Folgendes mit:

Herr U1xx hat im Zeitraum vom 01.09.2003 bis 15.09.2003 tariflichen Jahresurlaub in seinem Heimatland Türkei gemacht.

Ausweislich der Aussagen Herrn U1xxx ist er in dieser Zeit unverschuldet arbeitsunfähig erkrankt.

Eine diesen Sachverhalt bestätigende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines behandelnden Arztes im Heimatort Herrn U1xxxx ist Ihnen zugegangen. Für Herrn U1xx ist Ihre Maßnahme zur Aussetzung der Lohnfortzahlung von daher nicht nachvollziehbar.

Die von Ihnen geforderte Beglaubigung der Arbeitsunfähigkeit durch eine hierzu legitimierte Person unterstellt, dass Herr U1xx seine krankheitsbedingte Abwesenheit von der Arbeit zu Unrecht erwirkt, mithin „erschlichen” habe. Ein solcher Verdacht muss zurückgewiesen werden, zudem verletzt er das Ehrgefühl Herrn U1xxx.

Namens und im Auftrag Herrn U1xxx ersuche ich Sie, die Überweisung der Lohnfortzahlung auf das Ihnen bekannte Gehaltskonto Herrn U1xxx vorzunehmen. Die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Mit der vorliegenden am 18.02.2004 erhobenen Klage hat der Kläger den Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 01.09.2003 bis zum 15.09.2003 gerichtlich geltend gemacht.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei wegen seiner Erkrankung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

Der Anspruch sei auch innerhalb der tariflichen Verfallfrist am 03.11.2003 rechtzeitig geltend gemacht worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 913,30 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 25.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Beweiswert der am 01.09.2003 erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erschüttert. Der Kläger habe die Erkrankung vorgetäuscht. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass er den Rückflug schon am 28.08.2003 auf den 11.09.2003 umgebucht habe, die Arbeitsunfähigkeit aber erst am 01.09.2003 festgestellt worden sei.

Im Übrigen erfülle das Schreiben vom 03.11.2003 nicht die Anforderungen, die an eine Geltendmachung nach den tariflichen Vorschriften zu stellen seien.

Durch Urteil vom 14.09.2004 hat das Arbeitsg...

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