Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Beschäftigungsanspruchs eines angestellten Englisch-Lehrers. Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Aufstockungsverlangens
Leitsatz (redaktionell)
1. Beantragt ein angestelter Englisch-Lehrer, seinen Arbeitsvertrag von zehn auf 20 Arbeitsstunden pro Woche zu erhöhen und bezieht er sich dabei auf die Ausschreibung einer offenen Stelle, so ist der Arbeitgeber nicht zum Schadensersatz wegen Zurückweisung des Aufstockungsverlangens verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer die Anforderungen des Stellenprofils (hier: Befähigung zum Lehramt) nicht erfüllt hat.
2. Die Weisung des Arbeitgebers, wonach ein Englisch-Lehrer, der bislang im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen stets im regulären Unterricht, und zwar auch im berufsübergreifenden oder berufsbezogenen Lernbereich eingesetzt wurde, nur noch im Differenzierungsbereich im Fach Englisch zu unterrichten, entspricht nicht billigem Ermessen, wenn es sich bei letzterem Einsatz ausschließlich um eine Tätigkeit in einem sog. Selbstlernzentrum handelt.
Normenkette
TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 29.03.2019; Aktenzeichen 19 Ca 963/18) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.03.2019 - 19 Ca 963/18 - unter Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger als Englischlehrer auch im berufsbezogenen oder berufsübergreifenden Lernbereich zu beschäftigen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Kläger zu 97 % und dem beklagten Land zu 3 %, die Kosten des Berufungsverfahrens dem Kläger zu 96,3 % und dem beklagten Land zu 3,7 % auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt um vertragsgemäße Beschäftigung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Aufstockungsverlangens.
Der am . .19 geborene Kläger hat einen Abschluss als "Bachelor of Sciences in Psychology & Special Sociology" aus den U vom 24.05.1991, den das beklagte Land anerkannt hat.
Er war seit dem 02.09.2002 als Vertretungslehrkraft im Schuldienst des beklagten Landes aufgrund zahlreicher befristeter Arbeitsverträge in Teilzeit beschäftigt und unterrichtete diverse Fächer, vornehmlich Englisch. Sein Einsatz erfolgte an verschiedenen Schulen, darunter Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen und Berufskollegs. Zuletzt war er auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 19./20.12.2012 beschäftigt. Hiernach erfolgte seine bis zum 03.09.2013 befristete Beschäftigung als Lehrkraft mit einer Unterrichtsverpflichtung von 10,00/25,50 Wochenstunden an der G -Schule in L , einem Berufskolleg. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsertrages vom 19./20.12.2012 wird auf Bl. 10 ff. d.A. verwiesen.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit rechtskräftigem Urteil vom 04.12.2014 - 13 Sa 448/14 - erkannt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der arbeitsvertraglichen Befristung zum 03.09.2013 beendet worden ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 03.09.2013 hinaus fortbesteht. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes wird auf Bl. 14 ff. d. A. Bezug genommen.
Der Kläger hat mit E-Mail vom 02.05.2017 bei dem beklagten Land u. a. beantragt, seinen Arbeitsvertrag um 10 Stunden von 10 auf 20 Arbeitsstunden pro Woche zu erhöhen (Bl. 54 ff. d. A.).
Das beklagte Land hat im Mai 2017 zum 25.08.2017 eine Stelle an der G-Schule in L für das Fach Englisch nebst Zweitfach ausgeschrieben. Laut Stellenbeschreibung ist die Stelle für Bewerber mit Lehramtsbefähigung (Gymnasium und Gesamtschule) geöffnet. Wegen der Einzelheiten der Stellenausschreibung 3-BK-3496 wird auf Bl. 52 f. d. A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.05.2017 (Bl. 33 f. d. A.) hat das beklagte Land den Aufstockungsantrag des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung führte es u. a. aus, als sog. "Nichterfüller" in Teilzeit verfüge der Kläger nicht über die notwendige Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle.
Das beklagte Land hat die im Mai 2017 ausgeschriebene Stelle mit Frau K (Fachkombination Englisch/Kunst), einer Lehrkraft mit Lehramtsbefähigung, besetzt.
Nachdem der Kläger mit der am 08.02.2018 eingegangene Klage von dem beklagten Land Schadenersatz wegen Ablehnung des Aufstockungsbegehrens geltend gemacht hatte, hat das beklagte Land aus "Anlass eines Antrags auf Stundenerhöhung" u. a. eine dienstliche Beurteilung und einen Leistungsbericht (Bl. 60 ff. d. A.) erstellen lassen. Hiernach wurden die Leistung und die Befähigung des Klägers als den Anforderungen nicht entsprechend bewertet.
Der Kläger wurde von dem beklagten Land in der Zeit vom 26.02.2018 bis zum 06.07.2018 über seine Tätigkeit an der G -Schule in L hinaus an der E Schule, einem Berufskolleg in D , mit einer Unterrichtsverpflichtung von 8/25,5 Pflichtwochenstunden beschäftigt.
Mit Schreiben vom 04.06.2018 (Bl. 173 d. A.) teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass er ab dem kommenden S...