Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheitsgebot. Vertragsstrafe. Vertragsstrafe und Bestimmtheitsgebot
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag ist rechtlich generell möglich (im Anschluss an BAG, Urteil v. 4.3.2004, 8 AZR 196/03).
2. Die Anknüpfung der Höhe der Vertragsstrafe an die fiktive Höhe einer denkbaren Abfindung nach §§ 9, 10 KSchG, ohne eine Bezifferung vorzunehmen, verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot und führt zur Unwirksamkeit der Vetragsstrafenvereinbarung.
3. Die entsprechende Vertragsstrafenregelung verstößt zugleich aber auch gegen § 307 Abs. 1 BGB, weil sie wegen fehlender Bestimmheit auch eine unangemessene Benachteiligung darstellt.
Normenkette
BGB §§ 611, 611 Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 343 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 01.02.2005; Aktenzeichen 5 Ca 863/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 01.02.2005 Az.: 5 Ca 863/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Leistung einer Vertragstrafe.
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf S. 3 bis 5 des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 01.02.2005 (= Bl. 54 bis 56 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.10.2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten für den Monat August 2004 abzurechnen und den sich aus 4.000,00 EUR brutto ergebenden Nettobetrag an den Kläger zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat mit Urteil vom 01.02.2005 die Klage abgewiesen und die Klägerin verurteilt, den Monat August 2004 abzurechnen und den sich aus 4.000,00 EUR brutto ergebenden Nettobetrag an den Beklagten zu zahlen. Zur Begründung des klageabweisenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht unter anderem ausgeführt, der Klägerin stehe kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Leistung einer Vertragsstrafe in Höhe von 12.000,00 EUR zu. Die vertraglich vorgesehenen Leistungsvoraussetzungen seien zwar erfüllt, jedoch sei die Rechtsfolge nicht hinreichend klar vereinbart. Der Vertragsstrafenanspruch sei der Höhe nach an eine Abfindung geknüpft, welche die Klägerin im Falle einer Kündigung dem Beklagten aber nicht von Gesetzes wegen schulde. Im Falle einer unwirksamen Kündigung sei nicht eine Abfindung zu zahlen, sondern das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Soweit die Klägerin sich auf die sogenannte Faustformel zur Berechnung der Vertragsstrafenhöhe berufe, ergebe sich hieraus auch nicht hinreichend bestimmt die Höhe der Vertragsstrafe. Denn die Faustformel werde von unterschiedlichen Gerichten unterschiedlich gehandhabt. Unabhängig hiervon werde auch die Berufswahlfreiheit des Beklagten nach Artikel 12 GG durch die Vertragsstrafenregelung in unzulässiger Weise eingeschränkt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf S. 6 ff. des Urteils vom 01.02.2005 (= Bl. 57 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – am 22.02.2005 zugestellt worden ist, hat am 18.03.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 22.04.2005 ihr Rechtsmittel begründet.
Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin ausschließlich gegen die Abweisung ihrer Leistungsklage durch das Arbeitsgericht gewandt.
Die Klägerin macht geltend,
bei der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Vertragsstrafe sei zwischen den Parteien klar gewesen, dass hier gleiches Recht für alle gelten solle. Dementsprechend hätte bei vertragswidrigem Verhalten des Beklagten die Klägerin die Zahlung einer Vertragsstrafe in der gleichen Höhe verlangen können, in der üblicher Weise Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes in umgekehrter Konstellation gezahlt würden. Das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend bedacht, dass auch bei einer unwirksamen Kündigung des Arbeitgebers zwischen den Parteien im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches in der Regel eine Abfindung vereinbart werde, für deren Höhe es eine bestimmte „Faustformel” gebe. Ausfluss dieser Praxis sei auch der neu eingefügte § 1 a KSchG. Die Faustformel, welche die Arbeitsgerichte in ständiger Rechtsanwendung praktizieren würde, sei auch für juristische Laien ein geläufiges Rechtsinstitut.
Zumindest sei die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Vertragsstrafe gemäß § 133 BGB auszulegen; hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Parteien vereinbart hätten, dass die Strafe drei Monatsgehälter nicht übersteige. Die vereinb...