Zusammenfassung
Der Arbeitgeber oder das Finanzamt fordern Lohnsteuer nach, wenn beim Lohnsteuerabzug zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde. Nachforderungen können ihre Ursache im Verhalten des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers haben. Bei der Lohnsteuernachforderung ist zwischen der Haftung des Arbeitgebers und der Rückforderung von Lohnsteuer beim Arbeitnehmer zu trennen. Die Nachforderung kann während oder nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres erfolgen.
Arbeitsrecht
Führt ein Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung zu wenig Lohnsteuer an das Finanzamt ab, so hat er gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Freistellung von drohenden Steuernachforderungen. Hat er die fehlende Lohnsteuer nachträglich entrichtet, so verwandelt sich dieser Freistellungsanspruch in einen Erstattungsanspruch. Wird der Arbeitgeber also als Haftender für irrtümlich zu wenig einbehaltene Lohnsteuer vom Finanzamt in Anspruch genommen, so kann er den Betrag vom Arbeitnehmer zurückfordern, weil dieser der Steuerschuldner ist. Es handelt sich um einen arbeitsrechtlichen Anspruch, für den die Arbeitsgerichte zuständig sind. Etwas anderes kann bei einer Nettolohnvereinbarung gelten.
Beide Ansprüche werden einheitlich von tariflichen Ausschlussklauseln erfasst. Eine tarifliche Ausschlussfrist, die auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, beginnt bei Steuererstattungsforderungen frühestens mit der Abführung der Steuern.
Da der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet ist, die Lohnsteuer zu berechnen, kann sich bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers ergeben.
Lohnsteuer
1 Nachforderung durch Arbeitgeber
Reicht der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht aus, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen. Alternativ kann der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückbehalten. Soweit beides nicht möglich ist bzw. nicht gelingt, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen. Das Finanzamt muss die zu wenig erhobene Lohnsteuer dann vom Arbeitnehmer nachfordern.
Verpflichtung zum nachträglichen Einbehalt
Der Arbeitgeber ist berechtigt für bereits abgelaufene Lohnzahlungszeiträume noch nicht erhobene Lohnsteuer nachträglich einzubehalten. Dies gilt, wenn
- ihm ELStAM zum Abruf zur Verfügung gestellt werden oder
- der Mitarbeiter eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug mit Eintragungen vorlegt, die auf einen vorherigen Zeitpunkt zurückwirken.
Der Arbeitgeber ist zur nachträglichen Einbehaltung verpflichtet, wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. Diese Verpflichtung gilt nur, wenn dies wirtschaftlich zumutbar ist. Bei Arbeitgebern mit maschineller Lohnabrechnung gilt diese Voraussetzung regelmäßig als erfüllt.
Nachforderung wegen Gesetzesänderung
Eine Nachforderungspflicht (Änderungsverpflichtung der Lohnabrechnung) des Arbeitgebers besteht insbesondere auch bei nachträglichen Gesetzesänderungen.
Nachträglicher Einbehalt nach Ablauf des Kalenderjahres
Nach Ablauf des Kalenderjahres kann die Lohnsteuer nur einbehalten werden, solange die elektronische Lohnsteuerbescheinigung noch nicht an das Finanzamt übermittelt wurde. Ändert der Arbeitgeber die Lohnabrechnung, muss er den nachzufordernden Steuerbetrag bei der nächsten Lohnzahlung in einer Summe einbehalten.
Pfändungsfreigrenzen unbeachtlich
Die nachträgliche Einbehaltung ist auch insoweit zulässig, als dadurch die Pfändungsfreigrenzen unterschritten werden.
Abzuführende Lohnsteuer übersteigt Nettolohn
Übersteigt der nachträgliche Lohnsteuerabzug den auszuzahlenden Barlohn, ist dieser bis zur Höhe des auszuzahlenden Barlohns vorzunehmen und dem Finanzamt für den übersteigenden Betrag eine Anzeige zu erstatten.
2 Nachforderung durch Finanzamt
Eine Lohnsteuernachforderung durch das Finanzamt kommt in folgenden Fällen in Betracht:
- Der Arbeitgeber will die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nicht sel...