Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Versicherungspflicht bei bestehender berufsständischer Versorgung
Orientierungssatz
1. Bei der Befreiung von der Versicherungspflicht wegen bestehender berufsständischer Versorgung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 kommt es nicht auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten an. Maßgeblich ist vielmehr die Qualifikation konkret der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird.
2. Eine berufsspezifische und damit eine befreiende Tätigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn die Tätigkeit dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann.
3. Die Tätigkeit eines Energieberaters ist nicht mit der gestaltenden Tätigkeit eines Architekten in Einklang zu bringen. Sie deckt allenfalls beratende Elemente ab.
4. Dieser Teilaspekt ist unzureichend, die Tätigkeit des Versicherten als Energieberater der Architektentätigkeit nach kammerrechtlichen Grundsätzen zuzuordnen und diese Tätigkeit daher als berufsspezifisch anzusehen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 17.10.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für seine Tätigkeit ab 01.01.2012 als Energieberater bei der Beigeladenen zu 1) (Verbraucherzentrale NRW) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt und hierbei insbesondere über die Frage, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit berufsspezifisch für die eines Architekten ist.
Der am 00.00.1957 geborene Kläger legte im Juni 1976 sein Abitur ab und absolvierte von September 1976 bis Juli 1982 ein Studium Fachrichtung Architektur an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule B. Das Studium schloss der Kläger mit dem Diplom-Ingenieur erfolgreich ab. Der Kläger ist seit dem 01.08.1984 aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Beigeladenen zu 2) (Versorgungswerk der Architektenkammer NRW) und seit dem gleichen Zeitpunkt kraft Gesetzes auch Mitglied der Beigeladenen zu 3) (Architektenkammer NRW). Der Kläger war dann vom 01.01.2001 bis 30.04.2010 als Architekt freiberuflich tätig.
Am 01.01.2012 nahm der Kläger aufgrund eines - zunächst bis zum 31.12.2014 befristeten - Arbeitsvertrags vom 26.09.2011 eine Tätigkeit als Energieberater für die Beigeladene zu 1) auf. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags wurde der Kläger als Energieberater eingestellt. Als Befristungsgrund war in § 4 des Arbeitsvertrags angegeben das befristete Projekt "Sparnachbar - Offensive für Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Privathaushalten Nordrhein-Westfalen" (MHS II).
Dieser Arbeitsvertrag wurde mehrfach befristet; zuletzt bis zum 31.12.2017.
Am 25.01.2012 beantragte der Kläger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.01.2012 für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1). In der Verwaltungsakte befindet sich auch der Praxishinweis der Beigeladenen zu 3) "Architekten als Energieberater".
Mit dem hier streitigen Bescheid vom 16.05.2012 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, es handele sich bei der vom Kläger ausgeübten Beschäftigung als Energieberater um keine berufsspezifische Tätigkeit, weil diese Tätigkeit auch für Absolventen von Diplom-, Bachelor- oder Masterstudiengängen an Universität, Hochschulen oder Fachhochschulen in anderen technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtungen mit dem Ausbildungsschwerpunkt Architektur, Hochbau, Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung, Bauphysik, Maschinenbau oder Elektrotechnik zugänglich sei.
Zur Begründung des am 30.05.2012 eingelegten Widerspruchs legte der Kläger u.a. die Stellungnahme der Beigeladene zu 3) vom 25.06.2012 vor. Diese führte aus, die Berufsaufgabe des Architekten sei die gestaltende, technische, energetische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken i.S.d. § 1 Baukammerngesetz NRW. Aus § 1 Abs. 5 Baukammerngesetz NRW ergebe sich weiter, dass zu den Berufsaufgaben des Architekten auch Beratungsleistungen sowie Sachverständigentätigkeit gehörten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 18.12.2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen erhoben.
Der Kläger hat vertiefend vorgetragen, er sei nur aufgrund seiner Qualifikation als Architekt als Energieberater eingestellt worden. Insbesondere aus der Stellungnahme der Architektenkammer NRW vom 25.06.2012 werde deutlich, dass die Tätigkeit des Klägers ausschließlich Bereiche erfasse, für die er als Architekt eingestellt worden sei. Er absolviere mit seiner Tätigkeit als Energieberater typische Tätigkeiten eines Architekten mit Hochschulabschluss.
Der Kläger und die Beigeladene zu 1) haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2012 in Ges...