Rz. 9
Bedingung für das Entstehen des Zusatzurlaubsanspruch in dem in § 208 genannten Umfang ist das Vorliegen einer Schwerbehinderung. Durch die Änderung des damaligen § 125 mit dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen kommt es für den Umfang des Anspruchs auf Zusatzurlaub nunmehr auch darauf an, ob die Schwerbehinderung in dem vollen Urlaubsjahr oder nur für einen Teil des Jahres bestanden hat. Die Vorschrift über den Zusatzurlaub enthält in Abs. 2 nun eine § 5 BUrlG vergleichbare Regelung zum Teilurlaub für die Fälle, in denen die Schwerbehinderung erst im Laufe eines Jahres entsteht oder anerkannt wird. Der Zusatzurlaub folgt hinsichtlich seines Bestehens dem Anspruch auf Erholungsurlaub. Die in der Vergangenheit wegen der anderen Formulierung aufgestellten und von der Rechtsprechung bestätigten Grundsätze, dass der schwerbehinderte Mensch, der während des gesamten Urlaubsjahres beschäftigt ist, den vollen Zusatzurlaub erhält, auch wenn seine Schwerbehinderung nur für einen Teil des Jahres besteht (BAG, Urteil v. 21.2.1995, 9 AZR 675/93), sind mit der Gesetzesänderung zum 1.5.2004 nicht mehr anwendbar.
Rz. 10
Abs. 2 Satz 1 bestimmt mit Geltung ab 1.5.2004, dass der Anspruch auf Zusatzurlaub bei Eintritt oder Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft im Verlauf des Urlaubsjahres nicht in vollem Umfang von 5 Tagen, sondern entsprechend den Regelungen für den Erholungsurlaub bei Beginn oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses im Urlaubsjahr nur anteilig bestehen soll. Der Gesetzgeber hat dabei Belastungen aus der Inanspruchnahme des Zusatzurlaubs gesehen, die als Einstellungshemmnisse aufseiten der Arbeitgeber genannt werden. Es erscheint nicht verständlich, wenn der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann in vollem Umfang von fünf Tagen besteht, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft erst am Ende des Kalenderjahres eintritt.
Abs. 2 Satz 2 sieht – entsprechend § 5 Abs. 2 des BUrlG – eine Rundung von Bruchteilen nur in den Fällen vor, in denen Bruchteile mindestens einen halben Tag ergeben. In diesem Fall erfolgt eine Aufrundung auf volle Urlaubstage. Eine Abrundung von Bruchteilen in den Fällen, in denen Bruchteile weniger als einen halben Tag ergeben, erfolgt nicht.
Abs. 2 Satz 3 stellt sicher, dass in den Fällen, in denen neben dem Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft im Verlauf des Urlaubsjahres auch das Beschäftigungsverhältnis nicht das ganze Urlaubsjahr über besteht und deswegen auch der eigentliche Erholungsurlaub nur anteilig gewährt wird, der Zusatzurlaub nicht zweifach vermindert wird. Der bereits verminderte Zusatzurlaub wird dem anteiligen Erholungsurlaub hinzugerechnet.
Beginn des Beschäftigungsverhältnisses: 1.7.2004; tariflicher Erholungsurlaub: 30 Tage; anteiliger Anspruch = 6/12 = 15 Tage
Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft: 15.9.2004; anteiliger Anspruch 3/12, kein Anspruch für den Monat September, da ein Anspruch nur für jeden vollen Monat = 1,25 Tage; keine (Ab-)Rundung des Zusatzurlaubs
Gesamtanspruch auf Urlaub (Erholungs- und Zusatzurlaub) = 16,25 Tage
Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft: 15.8.2004; anteiliger Anspruch 4/12, kein Anspruch für den Monat August, da ein Anspruch nur für jeden vollen Monat = 1,66 Tage; Aufrundung des Zusatzurlaubs auf 2 Tage, da Bruchteil wenigstens ein halber Tag
Gesamtanspruch auf Urlaub (Erholungs- und Zusatzurlaub) = 17 Tage
Rz. 11
Durch Abs. 3 wird nunmehr – und zwar ebenfalls ab dem 1.5.2004 – ausdrücklich eine Kumulation von Ansprüchen auf Zusatzurlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren ausgeschlossen. Der Gesetzgeber ist auch hier auf Kritik vonseiten der Arbeitgeber eingegangen.
Auch wenn die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft durch die nach § 152 zuständige Behörde lediglich deklaratorischen und nicht konstitutiven Charakter hat, so soll auch in den Fällen eines länger andauernden Feststellungsverfahrens und einer unter Umständen auch in ein abgelaufenes oder mehrere vorangegangene Urlaubsjahre rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ein Zusatzurlaub im Grunde nur im laufenden Jahr der getroffenen Feststellung beansprucht werden können. Angewendet werden urlaubsrechtliche Regelungen, also die Vorschriften des BUrlG. Danach ist eine Übertragung des Urlaubs auf das folgende Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitsnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesem Fall muss der Urlaub auch in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, da er andernfalls verfällt.
Ausdrücklich anzuwenden sind nicht tarifvertragliche Regelungen, etwa solche, nach denen der Erholungsurlaub bis zum September des Folgejahres gewährt und angetreten werden kann. Bei solchen handelt es sich nicht um "urlaubsrechtliche Regelungen".