Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Höhe. Einkommensermittlung. Verletztengeldbezug. keine Verschiebung des Bemessungszeitraums in analoger Anwendung des § 2 Abs 7 S 6 BEEG. keine Berücksichtigung des Verletztengeldes als Einkommen iS des § 2 Abs 1 BEEG. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums gem § 2 Abs 1 BEEG sind die Kalendermonate, in denen der Elterngeldberechtigte Verletztengeld wegen eines Arbeitsunfalls bezogen hat, zu berücksichtigen. Eine analoge Anwendung des § 2 Abs 7 S 6 BEEG idF vom 5.12.2006 ist mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke ausgeschlossen.
2. Das während des Bemessungszeitraums bezogene Verletztengeld ist nicht als Einkommen iS des § 2 Abs 1 BEEG zu berücksichtigen, da es keine steuerpflichtige Einnahme aus nichtselbständiger Tätigkeit iS des Einkommenssteuerrechts darstellt.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Anspruchs auf Elterngeld.
Die 1978 geborene Klägerin war ab 1. Mai 2001 als Zahnarzthelferin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich beschäftigt. Der Nettoverdienst betrug 1.166,84 EUR. Sie war ab 15. Dezember 2005 aufgrund eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig krank und bezog Entgeltfortzahlung bis zum 26. Januar 2006 in Höhe von 1.973,28 EUR sowie anschließend bis 5. Dezember 2006 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 12.171,91 EUR. Vom 6. Dezember 2006 bis 14. März 2007 befand sich die Klägerin in Mutterschutz und erhielt Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 EUR kalendertäglich sowie einen Arbeitgeberzuschuss von 25,89 EUR kalendertäglich. Am 10 Januar 2007 wurde ihre Tochter A-M geboren.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2007 gewährte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 10. März 2007 bis 9. April 2007 Elterngeld in Höhe von 251,68 EUR und anschließend bis zum 9. Januar 2008 in Höhe von 300,00 EUR monatlich. Der Beklagte legte dabei das vom 1. Dezember 2005 bis zum 26. Januar 2006 an die Klägerin als Entgeltfortzahlung geflossene Erwerbseinkommen von insgesamt 1.973,28 EUR (monatlich 166,44 EUR) zugrunde. Dazu führte er aus: Das für den Bemessungszeitraum zugrunde zu legende monatliche durchschnittliche Erwerbseinkommen unterschreite den Betrag von 1.000,00 EUR um 835,56 EUR. Die Ersatzrate von 67 % werde daher um 33 % auf 100 % angehoben. Da sich auch durch die Ersatzratenerhöhung kein monatliches Elterngeld von 300,00 EUR oder mehr errechnen lasse, sei das zustehende Elterngeld auf den monatlichen Mindestbetrag von 300,00 EUR angehoben worden.
Die Klägerin legte dagegen am 12. August 2007 Widerspruch ein und machte geltend, Bemessungsgrundlage für das Elterngeld sei das Verletztengeld, das sie ab Februar 2006 erzielt habe. Zwar treffe es zu, dass sie in den 12 Monaten vor Geburt ihrer Tochter keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dies sei jedoch unverschuldet gewesen. Der Beklagte habe ein Nettoeinkommen von 1.973,28 EUR zugrunde gelegt. Dieses Entgelt müsse jedoch für alle 12 Monate gelten, so dass ihr hiervon monatlich 67 %, d.h. ein Betrag in Höhe von 1.322,00 EUR zustehe.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2007 zurück und führte aus, dass es sich bei dem bezogenen Verletztengeld um eine steuerfreie Lohnersatzleistung handele. Nach dem Gesetzeswortlaut könne Elterngeld jedoch lediglich in Höhe von 67 % des im Bemessungszeitraum erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit errechnet werden.
Dagegen hat die Klägerin am 9. November 2007 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, dass allein Einkünfte aus Erwerbstätigkeit herangezogen werden dürften. Zwar nehme die gesetzliche Regelung auf die letzten 12 Monate vor der Geburt Bezug. Sie sei jedoch unverschuldet an der Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2007 dahingehend abzuändern, ihr weiteres Elterngeld in Höhe von 67 % des zuletzt erzielten Nettoerwerbseinkommens, hochgerechnet auf 12 Monate, hilfsweise nach dem bezogenen Verletztengeld zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Mit Urteil vom 17. Juni 2008 hat das Sozialgericht Lübeck die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Höhe des Elterngeldes zutreffend festgestellt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes könne weder der Bemessungszeitraum verschoben noch das Verletztengeld Berechnungsgrundlage sein. Bei grundsätzlicher Orientierung am Erwerbseinkommen in den 12 Monaten vor dem Monat der Geburt gebe es nur die Ausnahme, dass Kalendermonate, in denen die Berechtigte Mutterschaftsgeld bezogen habe oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen a...