0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 4 trat durch das Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) v. 26.5.1994 (BGBl. I. S. 1014) zum 1.1.1995 in Kraft. Abs. 2 Satz 2 wurde durch das 1. SGB XI-ÄndG v. 14.6.1996 (BGBl. I S. 830) geändert. Nach der vorherigen Fassung sollten die Pflegebedürftigen bei vollstationärer Pflege von pflegebedingten Aufwendungen entlastet werden. Mit dem 1. SGB XI-ÄndG ist klargestellt worden, dass diese Entlastung sich auch auf die teilstationäre Pflege erstrecken soll. Darüber hinaus ist der Begriff "pflegebedingte Aufwendungen" dahingehend konkretisiert, dass es sich hierbei um Aufwendungen handelt, die für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift befasst sich mit Art und Umfang der Leistungen der Pflegeversicherung. Sie stellt die verschiedenen Leistungsarten vor und beschreibt deren Zweckrichtung sowie die Einbettung der Leistungen in die verschiedenen Formen des Umgangs mit Pflegebedürftigkeit. Abschließend werden die Gebote von Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Erforderlichkeit hervorgehoben.
2 Rechtspraxis
2.1 Dienst-, Sach- und Geldleistungen
Rz. 3
Abs. 1 Satz 1 beschreibt ganz allgemein, in welcher Form die Leistungen der Pflegeversicherung erbracht werden, nämlich als Dienst-, Sach- und Geldleistungen oder auch als Kostenerstattung, ohne die Voraussetzungen und den Umfang hierfür festzulegen. Dieses geschieht im 4. Kapitel (vgl. §§ 28 ff.). Auch werden in § 4 keine Begriffsdefinitionen zu den einzelnen Leistungsarten gegeben.
Der Gesetzgeber stellt innerhalb des § 4 nicht klar, welche Leistungen etwa Dienstleistungen und welche Sachleistungen darstellen sollen. Etwas überraschend findet sich in § 36 ausdrücklich, dass die häusliche Pflege nicht eine Dienstleistung, sondern eine Sachleistung sein soll. Demgegenüber enthalten die Vorschriften zur stationären Pflege (§§ 41 ff.) die Begrifflichkeit der Sachleistung nicht, so dass möglicherweise die Vorstellung des Gesetzgebers dahin ging, hier eine Dienstleistung anzunehmen.
Eine Geldleistung stellt etwa das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen i. S. d. § 37 dar.
Es ist möglich, Kombinationsleistungen aus Geld- und Sachleistung bzw. Geld- und Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Dies folgt ausdrücklich aus § 38, aber auch aus § 41 Abs. 3.
Der Anteil derjenigen Menschen, welche Leistungen der stationären Pflege in Anspruch nehmen, ist konstant. Er machte im Jahr 2005 wie auch im Jahre 2010 (Stand: Mai 2010) 31,2 % der gesamten Leistungsempfänger aus, wobei Menschen, die in vollstationären Einrichtungen i. S. d. § 43a gepflegt werden, einbezogen sind. Die Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird mithin häuslich gepflegt. (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit)
Ein Sach- und Dienstleistungsprinzip, wie es § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, gibt es im Pflegeversicherungsrecht nicht. Vielmehr werden durch § 4 die Geldleistungen ausdrücklich auf eine Stufe mit den Sach- und Dienstleistungen gestellt. Semantisch missglückt ist die zusätzliche Erwähnung der Kostenerstattung neben den Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Auch die Kostenerstattung stellt eine Geldleistung dar. Charakteristisch für sie ist allein die Tatsache, dass das Geld erst nach Inanspruchnahme und Vorleistung des Leistungsempfängers zur Auszahlung gelangt (vgl. § 91 Abs. 2). Eine dem § 13 Abs. 3 SGB V entsprechende Vorschrift ist dem Recht der sozialen Pflegeversicherung ebenfalls unbekannt. Das BSG indes sieht § 13 Abs. 3 SGB V als Ausdruck eines "allgemeinen Rechtsgrundsatzes" und wendet die Norm analog an (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2001, B 3 KR 27/01 R, SozR 3 2500 § 37 SGB V Nr. 3; BSG, Urteil v. 24.9.2002, B 3 P 15/01 R, USK 2002, S. 56; BSG, Urteil v. 15.11.2007, B 3 P 9/06 R, NZS 2008, S. 599). Die Erstattung von Kosten kann danach dann beansprucht werden, wenn die Pflegekasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie die Leistung zu Unrecht nicht erbracht hat.
Für die in § 4 Abs. 1 aufgeführten Leistungen gelten die allgemeinen Vorschriften des SGB I, so z. B. hinsichtlich der Verzinsung von Geldleistungen (§ 44 SGB I), Verjährung von Sozialleistungen (§ 45 SGB I), Auszahlung von Geldleistungen (§ 47 SGB I), Aufrechnung und Verrechnung von Geldleistungen (§§ 51, 52 SGB I), Übertragung und Verpfändung von Dienst- und Sachleistungen (§ 53 SGB I), hier insbesondere die Unpfändbarkeit der Geldleistungen (§ 54 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 3 SGB I) sowie der Sonderrechtsnachfolge (§§ 56 ff. SGB I).
2.2 Zweckrichtung, Art und Umfang der Leistungen
Rz. 4
Die Leistungen sollen dazu beitragen, den Bedarf der Pflegebedürftigen an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung zu decken. Zur Grundpflege gehören die in § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 aufgelisteten pflegerischen, nicht medizinischen Leistungen bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität.
Rz. 5
Die Behandlungspflege bei häuslicher Pflege umfasst demgegenüber medizinische Hilfeleistungen wie Injektionen, Verbändewechsel und Verabreichung von Medikamenten. Sie stellt bei der häusliche...