Rz. 6
Abs. 1 betrifft die "außerordentliche Kündigung". Dies ist i. d. R. eine Kündigung aus wichtigem Grund (vgl. § 626 BGB, § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, § 64 Abs. 1 SeemG), die das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen, also meist – aber nichts stets (soziale Auslauffrist) – fristlos, beenden soll. Die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund muss für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei den Willen des Erklärenden erkennen lassen, von einer besonderen Kündigungsbefugnis, wie etwa der nach § 626 BGB, Gebrauch zu machen. Erfasst sind daher auch Kündigungen aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist.
Rz. 7
Der Begriff der außerordentlichen Kündigung i. S. v. Abs. 1 meint nicht nur die Beendigungs-, sondern auch die außerordentliche Änderungskündigung. Zwar verweist Abs. 1 Satz 2 lediglich auf § 4 Satz 1 KSchG und nicht (auch) auf dessen Satz 2, der die Änderungskündigung betrifft; andererseits nimmt Abs. 1 den § 7 KSchG insgesamt in Bezug, der in seinem 2. Halbsatz auch den Vorbehalt nach § 2 KSchG bei der Änderungskündigung betrifft. Bei dem Verweis in Abs. 1 Satz 2 lediglich auf Satz 1 des § 4 KSchG liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, denn nach der gesetzgeberischen Absicht soll für alle Fälle der Rechtsunwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung eine einheitliche Klagefrist gelten, also auch im Fall einer Änderungskündigung.
Eine Kündigung nach § 113 InsO ist keine außerordentliche Kündigung, sondern eine ordentliche mit besonderer Kündigungsfrist, sodass § 13 KSchG auf die Kündigung nach § 113 InsO keine Anwendung findet.
Auch ist eine Kündigung nach § 22 Abs. 1 BBiG keine außerordentliche, sondern eine ordentliche Kündigung ohne Geltung einer Kündigungsfrist. Allerdings finden die Regelungen im KSchG zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber auf Auszubildende keine Anwendung, denn nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis aufgrund der Spezialvorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nur aus wichtigem Grund kündigen, und auch § 628 Abs. 2 BGB ist auf Auszubildende nicht anwendbar, weil § 23 Abs. 1 BBiG die speziellere Vorschrift ist. Gleichwohl findet über § 10 Abs. 2 BBiG die Vorschrift des § 13 KSchG auch auf den Berufsausbildungsvertrag Anwendung, sodass z. B. auch die Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses aus wichtigem Grund nach § 22 Abs. 3 BBiG i. d. R. innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG geltend zu machen ist.
Rz. 8
Unterschiedlich wurde beurteilt, ob Abs. 1 bereits vor Vollendung der gesetzlichen Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) gilt mit der Folge, dass der während der Wartezeit gekündigte Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit (auch) der außerordentlichen Kündigung innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG geltend zu machen hat. Die ältere Rechtsprechung verneinte dies.)
Dies ist durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt m.W.z. 1.1.2004, aber auch durch die Änderung des BAG unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung überholt. Der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geltend machen will, hat nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage zu erheben, gleichgültig, ob das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat. § 1 Abs. 1 KSchG betrifft nur das Recht des Arbeitnehmers, sich auf die Sozialwidrigkeit zu berufen, und ist weder systematisch noch seinem Zweck nach Anwendungsvoraussetzung (auch) des § 13 KSchG. Dieser trägt dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung, die Klagefrist für Kündigungen möglichst zu vereinheitlichen.
Rz. 9
Abs. 1 Satz 1 und 2 ist auch auf Arbeitsverhältnisse im Kleinbetrieb anzuwenden; § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 schließt die Vorschriften des ersten Abschnitts des KSchG (§§ 1 bis 14 KSchG) lediglich mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 KSchG und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG aus.