Rz. 29
Ähnliche leitende Angestellte werden nur dann von § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfasst, wenn sie zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.
Während nach § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG nur die Berechtigung zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern erforderlich ist, verlangt § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG die Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern.
Rz. 30
Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis muss vom leitenden Angestellten selbstständig wahrgenommen werden dürfen. D. h. die Befugnis setzt neben dem rechtlichen Können – z. B. aufgrund einer erteilten Prokura – auch das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis zum Arbeitgeber voraus.
Von einer Berechtigung zur selbstständigen Einstellung kann nicht die Rede sein, wenn sie sich auf die Befugnis beschränkt, intern Vorschläge zu unterbreiten. An der Selbstständigkeit fehlt es, wenn die Entscheidung über eine Einstellung oder Entlassung noch von der Zustimmung einer anderen Person abhängig ist. Es ist z. B. nicht ausreichend, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen von Personaleinstellungen fachlich verbindliche Auswahlentscheidungen trifft. Nach Auffassung des BAG verbietet das Gebot der Rechtssicherheit ein über den Wortlaut hinausgehendes Verständnis des § 14 Abs. 2 KSchG. Die formelle Berechtigung zum Abschluss von Arbeitsverträgen und zum Ausspruch von Kündigungen sei regelmäßig leichter festzustellen, während eine zuverlässige rechtliche Gewichtung informeller Einflüsse auf Personalentscheidungen schwierig sei. Andererseits steht der Annahme der selbstständigen Personalbefugnis nicht entgegen, dass für Einstellungen und Entlassungen Unternehmensvorgaben, wie z. B. Stellenplan oder Budget, zu beachten sind.
Rz. 31
Die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis muss vom Arbeitnehmer auch tatsächlich ausgeübt werden; außerdem muss diese Tätigkeit einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausmachen; sie muss seine Stellung im Betrieb prägen.
Rz. 32
Die Befugnis zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern i. S. d. § 14 Abs. 2 KSchG muss entweder eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl bedeutender Arbeitnehmer erfassen. Entscheidend für das Gewicht der Personalkompetenz ist, welchen Stellenwert die Tätigkeit der Mitarbeiter, die der Betreffende einstellt oder entlässt, für das Unternehmen hat. Es ist ausreichend, dass sich die Befugnis auf eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern (z. B. alle Arbeiter oder alle Angestellten) oder auf eine Betriebsabteilung beschränkt; Voraussetzung ist aber, dass es sich dabei um eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebs handelt. Ein nur eng umgrenzter Personenkreis genügt allenfalls dann, wenn dieser für das Unternehmen, insbesondere für dessen unternehmerischen Erfolg, von Bedeutung ist.
Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen. Es genügt nicht, wenn ein Angestellter nach dem Vertrag die Personalkompetenzen i. S. d. § 14 Abs. 2 KSchG aufweist, diese vertraglichen Kompetenzen aber über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Vertragspraxis die frühere Vereinbarung "überholt" hat. Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der ausgeübten Tätigkeit des Angestellten ausmachen. Sie darf nicht nur "auf dem Papier stehen". Anderenfalls könnte durch die Vertragsgestaltung die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zwingend vorgeschriebene Begründungspflicht des Arbeitgebers bei einem Auflösungsantrag obsolet gemacht werden. Dadurch würde letztlich der durch das KSchG vorgeschriebene Bestandsschutz zur Disposition der Vertragsparteien gestellt. Das wäre gesetzeswidrig.
Rz. 33
Die Frage, ob die Berechtigung zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung nicht nur bei den "sonstigen leitenden Angestellten", sondern auch bei den Geschäftsführern und Betriebsleitern i. S. v. § 14 Abs. 2 KSchG vorhanden sein muss, ist streitig. Nach der Rechtsprechung des BAG ist dies der Fall. Dies wird in der Fachliteratur jedoch anders gesehen.