Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnzahlungen in einer gängigen ausländischen Währung sind kein Sachbezug
Leitsatz (amtlich)
Lohnzahlungen in einer gängigen ausländischen Währung sind Einnahmen in Geld und kein Sachbezug. Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG findet auf sie keine Anwendung.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 Sätze 1, 9, §§ 40a, 40
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist, ob auf Arbeitslohn, der in ausländischer Währung bar ausgezahlt wird, die Sachbezugsfreigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzuwenden ist.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr (1998) als Arzt Einkünfte aus einer in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebenen Gemeinschaftspraxis. Die Klägerin war als Arbeitnehmerin in der Praxis mit einem pauschal versteuerten Jahresgehalt von 7 440 DM beschäftigt. Daneben erhielt sie als weiteren Arbeitslohn monatlich 4 000 spanische Peseten übergeben. Für diese Auszahlungen, die umgerechnet jeweils 49,80 DM entsprachen, führte die GbR keine Lohnsteuer ab.
In ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger den von der GbR an die Klägerin gezahlten Arbeitslohn nicht an. Später erlangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) aufgrund einer bei der GbR durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung Kenntnis von dem Sachverhalt. Er sah die Auszahlung der spanischen Peseten als Geldzuwendung an, auf die die nur für Sachbezüge vorgesehene Freigrenze von monatlich 50 DM nicht anwendbar sei. Bei Hinzurechnung zu dem pauschal versteuerten Arbeitslohn werde die Lohngrenze des § 40a Abs. 2 Satz 2 EStG 1998 für die Lohnsteuer-Pauschalierung überschritten, so dass die Klägerin den gesamten Arbeitslohn von 8 038 DM nachzuversteuern habe. Das FA änderte daher den bereits ergangenen Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und erhöhte die Einkommensteuer entsprechend.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 669 veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG. Ausländische Währungen seien kein im Inland anerkanntes Zahlungsmittel und deswegen zur Erfüllung privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen nicht geeignet. Der individuelle Nutzen, den der Empfänger aus ihrem Zufluss ziehe, hänge stark von seiner Person ab. Zuwendungen in ausländischer Währung seien mit der Ausgabe von Tankgutscheinen oder Eintrittskarten vergleichbar und stellten daher Sachbezüge dar.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG und den geänderten Einkommensteuerbescheid aufzuheben.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der der Klägerin zugeflossene Arbeitslohn in voller Höhe bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger zu erfassen ist. Zwar bleibt nach § 40 Abs. 3 Satz 3 EStG i.V.m. § 40a Abs. 5 EStG der pauschal besteuerte Arbeitslohn eines geringfügig beschäftigten Arbeitnehmers bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer außer Ansatz. Dies gilt jedoch nur, wenn die Höhe des Lohns die in § 40a Abs. 2 Satz 2 EStG 1998 bestimmte Grenze ―im Streitjahr 620 DM je Monat (vgl. das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ―BMF― vom 12. Dezember 1997 VI B 6 -S 2334- 244/97, BStBl I 1997, 1034)― nicht übersteigt. Dieser Betrag wurde überschritten, weil auf die Einnahmen der Klägerin in spanischer Währung die sog. Sachbezugsfreigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG keine Anwendung findet. Denn diese Freigrenze gilt nur für Sachbezüge, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind. Das aber können nur solche Einnahmen sein, "die nicht in Geld bestehen".
2. Unter einer Einnahme in Geld in diesem Sinne ist nicht nur das im Inland gültige gesetzliche Zahlungsmittel zu verstehen (anderer Ansicht z.B. Rundshagen in Korn, Einkommensteuergesetz, § 8 Rz. 14). Wie das FG mit überzeugender Begründung ausgeführt hat, stellen daneben jedenfalls auch Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung wie der spanischen Peseta eine Einnahme in Geld und keinen Sachbezug dar (ebenso R 31 Abs. 1 Satz 6 der Lohnsteuer-Richtlinien ―LStR― in der seit 2001 geltenden Fassung; gleicher Ansicht: Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., § 8 Rz. 23; Küttner/Thomas, Personalbuch 2004, Stichwort Sachbezug, Rz. 11; Hartz-Meeßen-Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort Sachbezüge, Tz. 16; Sacher in Horowski/ Altehoefer, Kommentar zum Lohnsteuer-Recht, § 8 EStG Rn. 40; Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Rn. 19; Giloy in Dankmeyer/Giloy, Einkommensteuer, Kommentar, § 8 EStG Rz. 29; Heuermann/Wagner, Das gesamte Lohnsteuerrecht, Teil D Rz. 293). Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Zufluss um ein unbares Fremdwährungsguthaben (sog. Devisen) handelt oder ―wie hier― um von einem anderen Staat herausgegebene Banknoten und Münzen (sog. Sorten).
a) Ein derart umfassendes Verständnis legen sowohl der Wortsinn als auch die Verwendung des Begriffs "Geld" in der übrigen Rechtsordnung nahe.
aa) Geld bezeichnet im regelmäßigen Sprachgebrauch ein allgemeines, meist staatlich anerkanntes oder eingeführtes Zahlungsmittel, das abstrakt als Wertmaßstab für alle ökonomischen Güter und Leistungen dient und konkret die Funktionen eines allgemeinen Tauschmittels, eines Wertaufbewahrungsmittels und eines gesetzlichen Zahlungsmittels zur Erfüllung privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen übernimmt (Brockhaus, Die Enzyklopädie in 24 Bänden, 20. Aufl., Stichwort "Geld"; Meyers Großes Universallexikon, 1982, Stichwort "Geld"). Zwar vermag jedes Geld einen Teil der genannten Aufgaben uneingeschränkt nur innerhalb des jeweils eigenen Währungsgebiets zu erfüllen. So war etwa vor dem 1. Januar 2002 in Deutschland die Deutsche Mark das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 des Währungsgesetzes ―WährG― vom 20. Juni 1948, WiGBl Beilage Nr. 5, S. 1, aufgehoben durch Art. 7 Nr. 5 des Dritten Euro-Einführungsgesetzes vom 16. Dezember 1999, BGBl I 1999, 2402). Die Wahrnehmung aller Geldfunktionen im Inland ist für die Geldeigenschaft als solche jedoch nicht entscheidend. So verloren bzw. verlieren Deutsche Mark oder Euro im (außereuropäischen) Ausland nach allgemeinem Sprachverständnis nicht dadurch ihren Charakter als Geld, dass sie in Ermangelung staatlich verordneten Annahmezwangs vor Ort nicht zur Tilgung privatrechtlicher Verbindlichkeiten eingesetzt werden konnten bzw. können. Ebenso wenig kann dann das bloße Verbringen einer ausländischen Währung in das Inland dazu führen, ihr deswegen fortan die ―zweifelsfrei im Herkunftsland gegebene― Eigenschaft als Geld abzusprechen.
bb) In der deutschen Rechtsordnung fehlt es an einer allgemein verbindlichen Definition des Begriffs "Geld". Auch § 1 Abs. 2 WährG enthielt eine solche Bestimmung nicht. Es lässt sich daher regelmäßig nur aus dem jeweiligen Normzusammenhang entnehmen, was unter Geld als Rechtsbegriff zu verstehen ist.
Eine vergleichende Betrachtung ergibt, dass Geld in einer Vielzahl von Vorschriften des Zivil- und des Strafrechts auch die im Verkehr anerkannten ausländischen Zahlungsmittel einschließlich der Sorten umfasst (Verkehrsgeld, Geld im weiteren Sinne, vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl., § 245 Rn. 2). So sieht etwa § 244 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) die Zahlbarkeit einer in einer anderen Währung als Euro ausgedrückten Geldschuld im Inland namentlich vor. § 45 der Insolvenzordnung betrifft die Umrechnung von Forderungen; er stellt explizit Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind, und solche, die in ausländischer Währung ausgedrückt sind, gegenüber. Unter den Begriff des ausnahmsweise trotz Abhandenkommens gutgläubig erwerbbaren Geldes nach § 935 Abs. 2 BGB fallen nach herrschender Meinung auch umlauffähige ausländische Banknoten und Münzen (Landgericht Köln, Urteil vom 14. Februar 1991 34 S 201/90, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1991, 868; Erman/Michalski, Bürgerliches Gesetzbuch, 11. Aufl., § 935 Rz. 4; Soergel/Mühl, BGB-Kommentar, 12. Aufl., § 935 Rz. 12; Staudinger/Wiegand, Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung, § 935 Rz. 24). Zudem unterliegen diese als "Geld" in der Zwangsvollstreckung in gleicher Weise wie inländische Zahlungsmittel der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher (§ 808 der Zivilprozessordnung ―ZPO―, vgl. Stein/Jonas/ Münzberg, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 808 Rdnr. 34; Schilken in Münchner Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 808 Rdnr. 17). Nach § 152 des Strafgesetzbuches schließlich sind die Straftatbestände der Geldfälschung auch auf Geld eines fremden Währungsgebiets anzuwenden.
b) Im gleichen Sinne ist bei systematischer und zweckorientierter Auslegung auch der Begriff "Geld" in § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verstehen.
aa) Danach sind bestimmte Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Für eine derartige Bewertung besteht jedoch bei Geldzahlungen in ausländischer Währung (sog. Valuta) kein Anlass (anderer Ansicht: Kuhlmann, Die Besteuerung der geldwerten Güter im Rahmen der Überschusseinkünfte, 1993, S. 16 f.; Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 8 EStG Anm. 22; Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15. Aufl., § 8 EStG Rz. 11, 150; Jachmann in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Anm. 13; Dürr in Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 8 Rz. 132). Diese können zwar ―anders als das gesetzliche Zahlungsmittel― nicht mit dem Nennwert erfasst werden (zum Nominalwertprinzip vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 17. Februar 1976 VIII R 34/75, BFHE 118, 221, BStBl II 1976, 387). Es genügt jedoch die einfache Umrechnung nach dem jeweiligen Tageskurs.
bb) Für ihre Einordnung als Geld spricht auch, dass die Vereinnahmung ausländischer Zahlungsmittel mit dem Erhalt von Sachbezügen der Art, wie sie vom Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet werden (Wohnung, Kost, Waren und Dienstleistungen), nicht vergleichbar ist (anderer Ansicht offenbar Adamek in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 8 Rz. 10). Ebenso wenig besteht eine Ähnlichkeit mit der Entgegennahme von Gutscheinen. Diesen allen ist gemein, dass ihnen zwar ein abstrakter Wert anhaftet, der jedoch erst durch eine unter Umständen mit erheblichen Schwierigkeiten verbundene Bewertung der Einnahme erfasst werden muss.
Diese Bewertungsschwierigkeiten stellen sich bei der Entgegennahme von Geld nicht. Das gilt in gleicher Weise für inländische wie für ausländische Zahlungsmittel. Letztere können zwar im Inland nicht ohne weiteres zum Eintausch gegen Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Dazu bedarf es jedoch lediglich einer vorherigen Umwechslung in deutsches Bargeld, die ―jedenfalls soweit es sich um Devisen oder um Banknoten handelt― jedes inländische Geldinstitut vornehmen wird. Außerdem können ausländische Noten und Münzen ―beispielsweise auf Reisen― regelmäßig uneingeschränkt im jeweiligen Währungsgebiet zum Erwerb praktisch jeder beliebigen Sachleistung verwendet werden. Daneben eignen sie sich auch im Inland als Mittel zur Wertspeicherung. Mögliche Kursschwankungen stehen dem nicht entgegen, weil sie sich sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Valutenbesitzers auswirken können.
c) Diese Auslegung des Geldbegriffs in § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG deckt sich schließlich auch mit der Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit der Einführung der Sachbezugsfreigrenze (Art. 1 Nr. 13 des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995, BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) verbunden hat. Mit ihr sollte über die bisherigen Möglichkeiten der Festsetzung von Sachbezugswerten nach § 8 Abs. 2 Sätze 6 bis 8 EStG und über die seit 1990 geltende Sonderregelung für Belegschaftsrabatte in § 8 Abs. 3 EStG hinaus etwa auch die Erfassung von Dritten bezogener Waren und Dienstleistungen sowie die Besteuerung der privaten Nutzung betrieblicher Einrichtungen (z.B. des Telefons am Arbeitsplatz) vereinfacht werden. Von der Freigrenze ausgeschlossen sein sollten jedoch diejenigen Sachbezüge, deren Erfassung bereits durch amtliche Sachbezugswerte vereinfacht ist (BTDrucks 13/1686, S. 8). Das zeigt, dass durch die Neuregelung nur die Erfassung bestimmter Einnahmen erleichtert werden soll, deren zutreffende Einordnung und Bewertung ansonsten in keinem vertretbaren Verhältnis zu ihrer steuerlichen Auswirkung stehen würde. Sie hat hingegen nicht die Funktion, es dem Arbeitgeber zu ermöglichen, seinen Arbeitnehmern auf wie auch immer geartete Weise einen monatlichen Gegenwert von 50 DM (jetzt 44 €) steuerfrei zukommen zu lassen. Für die Freistellung von Valutazahlungen besteht schon deshalb kein Anlass, weil deren richtige Einordnung dem Grunde und der Höhe nach im Regelfall keinerlei Schwierigkeiten bereitet (Pust in Littmann/ Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 8 EStG Tz. 27). Im Übrigen findet sich in den veröffentlichten Gesetzesmaterialien kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze auf ausländische Zahlungsmittel auch nur in Erwägung gezogen hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 1275610 |
BFH/NV 2005, 290 |
BStBl II 2005, 135 |
BFHE 2005, 309 |
BFHE 207, 309 |
BB 2005, 34 |
DB 2004, 2786 |
DStRE 2005, 72 |
DStZ 2005, 3 |
HFR 2005, 109 |