Prof. Dr. Peter Wollmert, Prof. Dr. Peter Oser
Zusammenfassung
Die ungebrochene Dynamik und Komplexität der internationalen Rechnungslegung stellt Aufsteller, Prüfer, Berater und Enforcer vor enorme Herausforderungen. Der Bilanz Check-up bietet Entscheidungsträgern im Rechnungswesen einen anwendungsfreundlichen, kompakten Überblick zu den vielfältigen Entwicklungen in der internationalen Rechnungslegung.
1 Neue und geänderte Standards für das am 31.12.2021 endende Geschäftsjahr
1.1 Überblick
Die nachfolgende Übersicht bietet einen Überblick über neue und geänderte IFRS, die erstmals in gesetzlichen EU-IFRS-Abschlüssen für das am 31.12.2021 endende Geschäftsjahr verpflichtend anzuwenden sind (für weitergehende Ausführungen zu den neuen und geänderten IASB-Verlautbarungen siehe die Abschn. 1.2 – 1.4). Ihr liegt der Rechtsstand vom 1.9.2021 zugrunde. Aufgrund von IASB- und EU-Aktivitäten können sich im weiteren Verlauf des Jahres 2021 und in den ersten Monaten des Jahres 2022 Änderungen ergeben.
Bezeichnung |
Veröffentlichung |
Zeitlicher Anwendungsbereich in der EU1) |
durch den IASB |
im EU-Amtsblatt |
Änderungen an IFRS 16: COVID-19 bezogene Mietkonzessionen nach dem 30. Juni 2021 |
31.3.2021 |
31.8.2021 |
1.1.20212) |
Änderungen an IFRS 9, IAS 39, IFRS 7, IFRS 4 und IFRS 16: Reform der Referenzzinssätze – Phase 2 |
27.8.2020 |
14.1.20225.6.2020 1 |
1.1.2021 |
Änderungen an IFRS 4: Verschiebung der Anwendung von IFRS 9 |
|
16.12.2020 |
1.1.2021 |
1) Sofern nichts anderes angegeben ist, sind die Verlautbarungen erstmals in dem Geschäftsjahr anzuwenden, das am oder nach dem angegebenen Zeitpunkt beginnt. Eine vorzeitige Anwendung ist i. d. R. zulässig. Zu Einzelheiten vgl. die Bestimmungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Übergangsvorschriften in den jeweiligen Verlautbarungen. 2) Der IASB sieht hiervon abweichend die verpflichtende erstmalige Anwendung für Geschäftsjahre vor, die am oder nach dem 1.4.2021 beginnen. |
Tab. 1: Übersicht über Verlautbarungen mit Erstanwendungszeitpunkt für am 31.12.2021 endende Geschäftsjahre
Die Beurteilung der (zulässigen oder verpflichtenden) Anwendung von neuen Standards in EU-Abschlüssen zum 31.12.2021 hängt davon ab, ob das EU-Endorsement des betreffenden Standards bis zur Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung (d. h. dem Zeitpunkt, an dem die Abschlusserstellung endet) erfolgt ist. Andernfalls scheidet eine Anwendung regelmäßig aus. Dies gilt unabhängig davon, ob der vom IASB im betreffenden Standard festgelegte Zeitpunkt der erstmaligen verpflichtenden (oder zulässigen) Anwendung vor dem Zeitpunkt des EU-Endorsements liegt. Gleichwohl können insbesondere die IFRIC-Interpretationen auch bei ausstehendem EU-Endorsement grundsätzlich zur Beurteilung von Bilanzierungs- und Bewertungsfragen, für die eine Regelungslücke besteht, herangezogen werden (allerdings nicht deren Übergangsregelungen; zum Vorgehen bei Regelungslücken siehe IAS 8.10 – IAS 8.12).
Über die erstmalige Anwendung neuer oder geänderter IFRS muss gem. IAS 8.28 im Anhang berichtet werden. Hinsichtlich neuer bzw. geänderter Standards und Interpretationen, die vom IASB zwar bis zum Zeitpunkt der Freigabe des Abschlusses veröffentlicht wurden, zum Abschlussstichtag jedoch noch nicht verbindlich anzuwenden sind und vom Unternehmen auch noch nicht angewendet wurden, sind die Angabepflichten nach IAS 8.30 zu beachten. Die Angabepflicht erstreckt sich u. E. sowohl auf Verlautbarungen, die bereits in EU-Recht übernommen wurden, als auch auf solche, über deren Übernahme bis zur Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung noch nicht entschieden wurde.
1.2 Änderungen an IFRS 16: COVID-19 bezogene Mietkonzessionen nach dem 30. Juni 2021
Der IASB hat am 28.5.2020 zunächst die Änderungen an IFRS 16: COVID-19 bezogene Mietkonzessionen veröffentlicht. Die Änderungen enthalten Erleichterungsregelungen für die Bilanzierung von Mietzugeständnissen beim Leasingnehmer, welche aufgrund der COVID-19-Pandemie gewährt werden. Statt zu beurteilen, ob eine Mietkonzession als Modifizierung des Leasingvertrags zu bilanzieren ist, kann der Leasingnehmer die Änderung der Leasingzahlungen so behandeln, als läge keine Modifizierung vor.
Die Erleichterung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Mietkonzessionen als direkte Konsequenz der COVID-19-Pandemie gewährt werden und folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
- Die Veränderung der Leasingzahlungen resultiert in einer gleichbleibenden oder geringeren Gegenleistung des Leasingnehmers.
- Es werden nur Leasingzahlungen verringert, die ursprünglich am oder vor dem 30.6.2021 fällig sind.
- Es gibt keine substanziellen Veränderungen der übrigen Bedingungen des Mietvertrags.
Diese Änderungen sind retrospektiv für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1.6.2020 begannen. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig.
Aufgrund der auch weiterhin anhaltenden Pandemie wurde die Erleichterung durch die vom IASB am 31.3.2021 veröffentlichten Änderungen an IFRS 16: COVID-19 bezogene Mietkonzessionen nach dem 30. Juni 2021 auf alle Leasingzahlungen ausgedehnt, die am oder vor dem 30.6.2022 fällig sind.
Diese Änderungen sind nach dem EU-Endorsement ab dem 1.4.2021 retrospektiv für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1.1.2021 begannen.
Zu beachte...